Jaja mal wieder mein Problem n Titel zu finden xD Aber ich schätz mal manche haben die schon gelesen... ich werd sie trotzdem nochmal on stellen. Also gut ich hoffe mal auf viele Kommis und ordentlich Kritik. Lasst euch nicht von der Länge abschrecken, das ist nur das was sich so gesammelt hat xD Viel Spass beim Lesen!
Kapitel 1
Das war zuviel für Jo. Sie brach zusammen und begann zu weinen. Seit dem Tod ihrer Mutter vor 6 Jahren hatte sie nicht mehr geweint. Aber als sie jetzt am Totenbett ihres Vaters stand konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie hielt immer noch seine Hand in ihrer und konnte nicht glauben das ihr Vater seine Augen für immer geschlossen hatte. Ihr Vater, eigentlich ihr Stiefvater, hatte sich nach dem Tod der Mutter um sie gekümmert, war immer für sie da gewesen. Er hatte in ihr immer mehr eine Freundin als eine Tochter gesehen. War ihr Verbündeter, Lehrer und ihre Stütze gewesen. Er hatte verhindert das sie in Selbstmitleid und Trauer ertrank. Er war immer so lebensfroh und jetzt lag er hier, tot. Vor einer Woche noch hatten sie zusammen gescherzt und nun... Jo schüttelte entschlossen den Kopf. Sie würde stark sein wie sie ihm versprochen hatte. Sie würde sich nicht unterkriegen lassen und ihren Wunsch, wie er Arzt zu werden, in die Tat umsetzten. Komme was da wolle. Sie hatte schon genug von ihm gelernt um schon jetzt eine eigene Praxis aufzumachen. Als ihre Mutter gestorben war, war sie grade einmal 10 Jahre alt gewesen. Er hatte ihren Wunsch verstanden und unterstützt Ärztin zu werden. Und nun, mit grad einmal 16 hatte sie das Zeug einer der besten Ärzte in ganz Australien zu werden, wäre da nicht das eine kleine Hindernis gewesen, das in dieser Welt aber alles bedeutete. Jo war ein Mädchen, sollte also so schnell wie möglich heiraten, und sich dann ausschließlich um ihre Familie kümmern. Auch ihrer zweiten Leidenschaft, den Pferden, würde sie nicht mehr nachhängen dürfen. Wieder einmal wünschte sie sich ein Junge zu sein und ermahnte sich sofort. Sie hatte geschworen die erste und beste Ärztin Australiens zu werden und allen Menschen zu helfen auch, wenn diese sie nicht bezahlen konnten. Und genau das würde sie auch tun. Entschlossen stand sie auf, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und schaute noch einmal auf ihren Stiefvater. Ihm verdankte sie alles. Sie war sich sicher das er sah was sie tat und wiederholte noch einmal ihr Versprechen. „Ich werde es schaffen. Du wirst stolz auf mich sein können.“ Sie ging aus dem Zimmer und nickte, noch völlig in Gedanken, den Leuten draußen zu. Sie hatte sich von ihm verabschiedet und würde sein Gesicht immer in Erinnerung behalten. Dann strafte Jo die Schultern und drängte sich durch die Versammelten. Es schien bald so als hätte sich das gesamte Dorf eingefunden um von ihrem Vater Abschied zu nehmen. Plötzlich hörte sie eine Stimme. „Miss Hale? Miss Hale, warten sie doch!“ Natürlich, der Notar. Sie drehte sich um. „Ja? Was gibt es denn so dringend?“ Sie kannte den Notar gut, ein freundlicher älterer Herr, dessen Persönlichkeit nicht zu seinem Job passte. „Es ist nur, nun der Besitz ihres Stiefvaters,... ich würde mich gerne mit ihnen treffen.“ Jo seufzte. „Gut, ist ihnen Morgen um vier Recht, Mr. Scott?“ „Gerne.“ Sie drehte sich um und flüchtete in den kleinen Stall zu ihrer Stute Lady. Jo fuhr ihr durch die Mähne und seufzte erneut. Sie wusste das es nicht leicht für sie sein würde. „Was werden wir nur jetzt machen, Lady?“
Am nächsten Tag klopfte wie vereinbart Mr. Scott an ihrer Tür. Jo öffnete ihm selber, da sie ihrer alten Amme, die nun als Haushälterin beschäftigt wurde, freigegeben hatte. Sie führte ihn in das Arbeitszimmer ihres Vaters, setzte sich hinter den Schreibtisch und bot ihm den Platz gegenüber an. „Nun?“, begann sie das Gespräch ohne jede Vorrede. Der Notar räusperte sich und suchte nach Worten. „Zunächst einmal sollten sie wissen, dass ihr Stiefvater vor seiner Hochzeit mit ihrer Mutter vor einigen Jahren schon einmal verheiratet war. Aus dieser Ehe ging ein Kind hervor, ein Sohn.“ „Was?“, unterbrach sie ihn. „Ich habe einen Halbbruder?“ „Um genau zu sein sind sie nicht verwandt. Aber wenn man es so betrachtet können sie ihn als ihren Bruder bezeichnen. Mit dem Tod ihres Stiefvaters hat er ihre Vormundschaft bis sie volljährig, dass heißt 21, sind, übernommen.“ „Aber,...“, setzte sie schon wieder an. Aber er redete weiter. „Sollten sie vorher natürlich Heiraten verfällt diese Vormundschaft. Er heißt Rick Duncan und lebt in Alice Springs und...“, er holte noch einmal tief Luft, „sie werden auf seinen Wunsch bei ihm leben bis sie alt genug sind.“ „Aber ich kann Leigh Creek nicht verlassen! Ich bin hier aufgewachsen! Was soll aus dem Haus werden? Und Mrs. Williams? Und Lady?“ „Ihr Stiefvater hat ihnen alles vererbt, was er besaß. Bis sie alt genug sind wird Mr. Duncan das alles für sie verwalten. Außerdem ist er der Meinung, dass es sich für ein junges Mädchen wie sie sich nicht gehört allein zu leben. Es tut mir Leid.“ In seinem Gesicht sah man deutlich, dass er es auch so meinte. Trotzdem schrie Jo ihn an. „Nein, nein, nein! Ich werden niemals Leigh Creek und Lady verlassen! Ich werde Ärztin, wie ich es immer geträumt habe! Und ich werde nicht zu ihrem Mr. Duncan nach Alice Springs ziehen. Ich werde niemals in die Stadt ziehen!“ „Beruhigen sie sich doch! Das bringt doch nichts. Ihr Vormund möchte das sie zu ihm ziehen, also werden sie zu ihm ziehen! Außerdem wohnt er nicht in der Stadt, sondern etwas abseits, auf Amber Park, einer Farm.“ Er stand auf. „Für sie ist in einer Woche ein Platz in einem Zug nach Alice Springs reserviert. Sie sollen Mrs. Williams ruhig mitbringen und ihre Sachen nicht vergessen. Und ich sollte sie warnen. Verpassen sie den Zug nicht! Guten Tag Miss Hale.“ Er warf noch einen Brief zwischen sie und brummte etwas wie „der ist für sie“ und verließ sie. Sie riss den Brief auf. Er trug das Datum von vor einer Woche.
Meine Liebe Joanna,
stand da geschrieben. Jo schnaubte. Sie mochte ihren Namen nicht, weil er sie immer wieder daran erinnerte, dass sie ein Mädchen war und in dem ihr verhassten Körper feststeckte.
Ich habe Mr. Scott gebeten dir diesen Brief im Falle des Todes meines Vaters auszuhändigen. Es tut mir sehr Leid, dass es so gekommen ist. Ich werde alles in meiner Macht stehende tun um dir über diesen Verlust hinwegzuhelfen.
Sie zog die Stirn kraus. Am meisten würde er ihr helfen, wenn sie einfach hier bleiben durfte. Dann überflog sie den restlichen Brief. Es stand nichts weiter Wichtiges darin. Es wunderte sie nur, dass er schrieb, er habe Kontakt mit seinem Vater aufrecht erhalten. Jo wusste von keinen Briefen die ihr Stiefvater ihm geschickt hatte. Sie hatte bis gerade nicht einmal gewusst, dass er existierte. Wie sie dem Brief entnahm war seine Mutter vor 2 Jahren gestorben und er hatte Amber Park übernommen. Er war unverheiratet und zutiefst betroffen über den Tod ihres Stiefvaters. Vielleicht würde Jo es a schaffen ihn zu überreden, dass sie nur zu Hause in Leigh Creek wieder glücklich werden konnte. Dann fiel ihr Blick auf das Ende des Briefes.
Ich freue mich schon darauf dich endlich kennen zu lernen, Vater hat mir viel von dir geschrieben.
Rick Duncan 18.Mai 1876
Ihr Stiefvater hatte ihm also von ihr erzählt. Warum hatte er ihr gegenüber nie etwas erwähnt? Sie verspürte einen Stich. Er hatte immer gesagt sie war ihm wie eine richtige Tochter. Aber warum hatte er nie erwähnt das er einen Sohn hatte? Ob ihre Mutter es gewusst hatte? Dann war es ihr, als ob eine Faust ihren Magen träfe. Hatte ihr Stiefvater ihm auch von ihrem Geheimnis erzählt? Nein, dass hätte er nicht gemacht. Er hatte es versprochen. Aber er hatte auch versprochen, dass sie keine Geheimnisse voreinander haben würden.
2. Kapitel
Eine Woche. Es blieb ihr nur eine Woche um alles hinter sich zu lassen. Ihre Kindheit, ihre Erinnerungen, ihre Freunde. Auch wenn sie sich nie so benommen hatte, wie es sich für sie gehörte, mochten doch alle sie wegen ihrer Hilfsbereitschaft, ihrer Freundlichkeit, ihrer Lebensfreunde und einfach, weil sie sich nicht unterkriegen lies. Jo hatte bei weitem keine einfache Kindheit hinter sich. Ihren Vater hatte sie nie kennen gelernt, es hieß, er sei Soldat gewesen und zurück nach England beordert worden. Ihre Mutter hatte sie jahrelang alleine aufgezogen und versucht sie beide irgendwie zu ernähren. Dann kam ihr Stiefvater, ein angesehener Arzt. Kurz darauf war ihre Mutter verstorben. Hätte sie nicht ihre Freundin, ja beinahe ihre Seelenverwandte gehabt,... Es klopfte. „Jo? Ich weiß das du da bist, mach auf!“ Das war sie, Sheila. „Komm rein Sheila!“ Kaum hatte diese die Tür geöffnet, fielen sich die beiden in die Arme. „Es tut mir Leid, dass ich nicht da war. Ich wusste nicht, dass es so schnell gehen würde“, setzte die junge Aborigine an. „Nein, Sheila, du kannst nichts dafür. Du musstest weg.“ Sie hielt die Freundin ein Stück von sich weg. „Du siehst gut aus. Deine reise zu deinen Ahnen scheint dir gut getan zu haben.“ „Ja, es war toll. Aber was ist mit dir? Du siehst aus wie ein Gespenst! Und mach mir nichts vor, ich kenne dich!“
Das stimmte allerdings. Sheilas Stamm war es gewesen, der Jo und ihre Mutter versorgt hatte, als keiner sonst helfen konnte. Seitdem waren die beiden befreundet. Sheila hatte Jo ein paar Aborigine-Künste gelehrt, letztes Jahr war ihr sogar erlaubt worden, die Freundin auf ihrer Reise zu ihren Ahnen zu begleiten. Diese Erfahrung hatte Jo sehr verändert, sie sah die Rituale der Ureinwohner nicht mehr als albernes Rumgefuchtel an. Außerdem hatte sie vieles über Naturheilkünste gelernt, die schon manches Mal geholfen hatten, als herkömmliche Medizin versagt hatte.
Jetzt seufzte Jo. „Ich muss Leigh Creek verlassen. In einer Woche. Ich muss nach Alice Springs.“ „Was? Aber... das... du... warum?“ „Mein Vormund“, Jo sprach das Wort so verächtlich aus, wie es nur möglich war, „möchte es gerne so.“ „Dein Vormund?“ „Mein Stiefvater hatte einen Sohn.“ „Was?“ „Ja, er verwaltet mein Erbe bis ich volljährig bin.“ Sie verzog das Gesicht. „Dann bekomme ich das, was davon übrig ist, zurück. Bis dahin möchte er, das ich bei ihm wohne. In einer Woche fährt mein Zug.“ „Aber was wird aus dem Haus? Und...“ Sheila erbleichte. „Er wird von deinem Geheimnis erfahren!“ „Wenn er es nicht schon weiß.“ Sie seufzte erneut. Sheila schaute ihr tief in die Augen. „Das glaube ich nicht. Das hätte er nie...“ „Aber Sheila, er hat mir verschwiegen das er einen Sohn hat! Er hat gesagt, für ihn bin ich wie sein eigenes Kind! Sein Kind, das er mehr als 20 Jahre nicht gesehen hat!“ „Dafür gibt es sicher einen Grund. Aber dein ernsteres Problem ist... Alice Springs.“
Wie alle Aborigines mochte Sheila die Städte der Weißen nicht. Sie fühlte sich dort unwohl, abgeschnitten von der Natur. Und Jo, die beinahe wie eine Eingeborene aufgewachsen war ging es nicht anders.
„Alice Springs! Ich werde dort.. ersticken! Ich darf Mrs. Williams mitnehmen, aber das will ich ihr nicht antun. Ich werde sie bitten sich um das Haus zu kümmern. Und... Sheila?“ „Ich werde mich um Lady kümmern.“ „Danke.“ „Du könntest auch einfach eine Weile bei meinem Stamm untertauchen.“ „Nein, auf keinen Fall. Am Ende werdet ihr noch wegen ‚Entführung einer Weißen’ oder so etwas eingesperrt. Das könnte ich nicht ertragen.“ „Aber ich kann dich doch nicht einfach alleine gehen lassen.“ „Ich werde niemals alleine sein. Außerdem könntest du mich ja mal besuchen kommen. Außerdem werde ich ihn überreden, das ich nur hier leben kann.“ „Ich werde dich besuchen kommen, das verspreche ich. Mit Lady.“ Sheila überlegte „Alice Springs... einer meiner Brüder lebt dort. Du kennst ihn.“ Sie lächelte. „John?!“ Jos Gesicht erhellte sich. John war immer da gewesen, auch für sie ein großer Bruder, der ihr gezeigt hatte, wie man sich am besten unsichtbar macht. „Ja, John arbeitet dort auf einer Farm... wie hieß sie noch... Amber Park.“
Jo schaute überrascht auf. „Amber Park? Das ist es! Da muss ich hin!“ Sheilas Augen wurden groß. „Aber, das ist ja... großartig! Und du bist dir sicher?“ „Ja, Mr. Scott hat es erwähnt.“ „Ich verspreche meinen Bruder in den nächsten Jahren viel öfter zu besuchen.“ Sie lachten. Dann meinte Jo ernst. „In den nächsten Jahren wird nicht nötig sein. In einem Monat bin ich wieder hier.“
Es wurde eine der schwersten Wochen in Jos Leben. Die Beileidsbekundungen, der Abschied von Sheilas Stamm, die Beerdigung ihres Vater. Zwischendurch war sie sich sicher, es nicht zu schaffen. Sie war doch erst 16! Mrs. Williams und Sheila, die wieder mit ihm Haus wohnte, taten ihr bestes um sie aufzumuntern. Die Haushälterin hatte sich bereit erklärt, das Anwesen bis zu Jos Rückkehr zu pflegen, auch wenn sie nicht so zuversichtlich war, dass das so bald sein würde. Jo erinnerte sich an einen Abend, an dem die drei noch lange zusammen gesessen hatten und Jos Sachen packten.
Das meiste hatten sie schon gepackt. Jo blieben noch zwei Tage, morgen würde die Beerdigung ihres Stiefvaters haben. Mrs. Williams war grade damit beschäftigt, Jos Kleider zu suchen. Jo besaß genau 2 Kleider, die sie absichtlich tief im Schrank versteckt hatte, und auch diese beiden waren nur schlicht. Aber Jo mochte es nun einmal viel lieber, Hosen zu tragen, da es sich in Kleidern viel schwerer auf Bäume klettern lies und überhaupt alles viel schwerer, umständlicher und unbequemer war. „Irgendwo müssen hier doch deine Kleider liegen, Jo!“ „Welche Kleider denn?“, fragte Jo völlig unschuldig. Mrs.Williams warf ihr einen strengen Blick zu. „Was heißt hier welche Kleider denn? Jetzt tu nicht so als wüsstest du nicht wovon ich rede.“ Sheila unterstützte die Freundin. „Jo und Kleider? Da müssen sie sich irren liebe Mrs.Williams.“ Mrs. Williams sah grade noch den Blick den sich die beiden zuwarfen. Dann fingen sie alle drei an zu lachen. „Ok, ok, sie sind hinter der unteren Schublade.“, gab Jo schließlich nach. Sie hatten an diesem Abend noch viel gelacht.
Viel zu schnell war der nächste Tag vergangen. Jo trug ein neues, kurzes schwarzes Kleid bei der Beerdigung. Ihre Sachen waren bereits alle gepackt. Nach der Beerdigung hatte die gesamte Gemeinde ihr ihr Beileid ausgesprochen und sich von ihr verabschiedet. Jetzt war es Abend, Jo lag in ihrem Bett und starrte vor sich hin. Am nächsten Tag würde ihr Zug fahren. Mrs. Williams und Sheila würden sie zu der kleinen Bahnstation bringen und sich erst dort von ihr verabschieden. Im Dunkeln sah Jo ihren Koffer im Zimmer stehen. Sie schaute sich noch einmal um. Groß war ihr Zimmer nicht eben. Ihr Bett stand in einer Ecke, in einer anderen stand ihr Schrank und daneben eine Kommode. An der dritten Wand, neben der Tür stand ein kleiner Schreibtisch. Außerdem hatte sie einen kleinen Balkon. Ihr Zimmer war nicht eben luxuriös eingerichtet. Für Jo war es genug. Sie schaute in den Spiegel und sah ihr im Mondschein blasses Gesicht zurückstarren. Jo hatte sehr kurze blonde Haare, die ihr wild vom Kopf abstanden, eine gut gebräunte Haut und in ihrem ovalen Gesicht große dunkelviolette Augen, die sie jetzt eindringlich anstarrten. Wenn sie sich hinstellen würde, wäre sie relativ groß und schlank. Jo fand sich nicht sehr hübsch, deshalb wandte sie auch jetzt den Kopf ab und drehte sich zur Wand. Sie zog ihre Beine an und schloss die Arme um sie. Doch nach kurzer Zeit drehte sie sich wieder herum und schaute aus dem Fenster. Dann stand sie auf, öffnete die Tür zum Balkon und schaute hinaus. Kalte Nachtluft wehte um ihre Nase. Ihr Fenster zeigte weg vom Dorf, sie sah nur eine weite Ebene vor sich. Jo atmete tief ein. Dann kam ihr eine Idee. Schnell schlich sie sich wieder ins Zimmer, zog sich eine alte Hose und ein Hemd an und kam wieder heraus. Ihr Zimmer lag im ersten Stock, trotzdem kletterte sie über die Balustrade des Balkons, hielt sich kurz fest und sprang. Wie eine Katze landete sie unten, blieb kurz in der Hocke und schlich dann zum Stall. Lady schnaubte leise, als sie Jo kommen hörte. Eindringlich flüsterte Jo. „Pssst! Sonst hört uns noch jemand!“ Sofort war Lady ruhig und stand still. Jo schlich zu ihr in die Box... ...und ihr Herz blieb beinahe stehen. Jemand legte ihr die Hand auf die Schulter und die andere auf den Mund, wodurch ihr leiser Schrei erstickt wurde. Jo wirbelte herum. Und stand vor Sheila. „Sheila, verdammt, willst du das ich einen Herzinfarkt bekomme?“ Jetzt war es Sheila die leise „pssst!“ flüsterte. „Was willst du hier? Warum schläfst du nicht?“ „Das selbe könnte ich dich fragen! Ich hab dich aus deinem Fenster klettern sehen.“ „Ich wollte noch ein letztes Mal mit Lady ausreiten.“ „Das dachte ich mir fast.“ Sheila hielt Jo irgendetwas hin. Jo sah nur den Mondschein auf Sheilas Haut. „Was ist das?“ „Stoffstreifen, damit Ladys Hufe nicht klappern.“ Jo nahm die Streifen und umarmte die Freundin. „Die solltest du aber wieder abnehmen, sobald du ein Stück entfernt bist.“ „Ja, mach ich. Danke!“ „Mach schnell, ich warte draußen auf dich.“ „Du... was?“ „Ich komme mit.“ „Aber...“ „Jail steht draußen.“ Und schon war Sheila verschwunden.“ Jail, Sheilas Pferd, war wie Lady ein Rappe. Und genau wie Lady war er jetzt vier Jahre alt. Jo machte sich jetzt daran, Lady zu satteln und ihr die Stoffstreifen um die Hufe zu wickeln. Dann führte sie sie auf den Hof, wo Sheila schon ungeduldig wartete. Im Mondlicht, das ihr auf die dunklen Haare fiel und von ihnen reflektiert wurde, sah sie beinahe überirdisch aus. Sheila hatte Recht gehabt, als sie Lady über den kleinen Hof führt man nur ein dumpfes Klacken bei jedem von Lady Schritten. Als sie Sheila erreicht hatte, saßen die beiden auf und ritten schweigend ein gutes Stück in die Nacht hinaus. Dann ließen sie sich von ihren Pferden gleiten und entfernten, immer noch schweigend die Stoffstreifen von Ladys und Jails Hufen. Sie steckten sie in die Satteltaschen, saßen wieder auf und ritten weiter. Lady drängte Jo sie laufen zu lassen, Jail tat bei Sheila das gleiche. Sie fassten die Zügel lockerer und ließen die Pferde laufen. Jail war schnell, aber nicht so schnell wie Lady, die durch die Nacht flog mit Jo auf ihrem Rücken. Jo hörte Jail und Sheila hinter sich schnaufen und fühlte Lady unter sich. Sie blickte zum Himmel und prägte sich all das ein. Das Licht des Mondes und der Sterne, die Wärme des Pferdes unter ihr und die Geräusche der Nacht. Jo trieb Lady, noch etwas schneller zu laufen und beugte sich über ihren Hals. Nach bald einer viertel Stunde hielt sie an und wartete auf Sheila. „Ich werde diese Rennen mit dir echt vermissen Jo.“, seufzte sie, als sie endlich auch kam. Sheila konnte gut reiten, aber bei weitem nicht so gut wie Jo. Jo und Lady waren ein eingespieltes Team, Lady reagierte schon auf die kleinste von Jos Hilfen, worauf Jo sehr stolz war. Sie hatte ihren Vater überredet ihr Lady zu kaufen und angefangen sie zu trainieren. Inzwischen war zwischen Mensch und Pferd eine enge Verbindung entstanden. Manchmal kam es Jo vor, als könnten sie gegenseitig ihre Gedanken lesen. „Was hältst du von einem letzten Bad in unserem See?“, schlug Sheila vor um Jo auf andere Gedanken als den Abschied zu bringen. „Ja, gute Idee.“ Ihr See, das war ein kleiner, abgelegener See, der an drei Seiten von Höhlen umschlossen war. Sie hatten ihn einmal beim Spielen entdeckt und sich geschworen niemandem davon zu erzählen. Jetzt ritten sie lachend und erzählend durch die Nacht. Kurz darauf kamen sie am See an und ließen ihre Pferde hineinwaten. Dann glitten sie direkt von den Pferderücken ins warme Wasser des Sees, der tagsüber von der Sonne erwärmt wurde. Sie planschten und spritzten, lachten und spuckten Wasser. Als sie müde wurden kletterten sie wieder auf ihre Pferde, die ihnen zugeschaut hatten, und galoppierten zurück. Kurz bevor sie ankamen wickelten sie wieder die Stoffstreifen um die Hufe ihrer Pferden und legten das letzte Stück im Schritt zurück. Am Haus angekommen führten sie ihre Pferde in die Boxen, rubbelten sie trocken, versorgten sie und gingen schließlich wieder zum Haus. Sheila sah die Tränen in Jos Augen funkeln und erschrak. Ihre Freundin weinte sonst nie. „Ich werde euch vermissen“, schluchzte Jo und umarmte die Freundin. „Und ich dich erst.“, meinte Sheila und strich Jo übers Haar. Mehr konnte sie im Moment nicht tun. An Jos Fenster angekommen kletterte sie hinauf, zog die immer noch feuchten Sachen aus und legte sich erschöpft ins Bett.
3. Kapitel
Jo sah aus dem Fenster. Draußen flog die Landschaft vorbei, eine ewig rote Fläche. Am Himmel war keine Wolke zu sehen. Es war erst früher Morgen, doch es wurde schon sehr warm. Sie schloss die Augen und versuchte die ewig neugierigen Passagiere um sie herum zu vergessen. Dieses Getuschel die ganze Zeit würde sie noch verrückt machen. Schon als sie sich hierher gesetzt hatte, hatte man begonnen sie auszufragen. Dabei hatte sie ihr bestes gegeben, nichts über sich selbst zu verraten. Als ihre Mitreisenden festgestellt hatten, dass von ihr kein Gespräch zu erwarten war hatten sie angefangen miteinander über sie zu reden. Eine ältere Dame gegenüber bemerkte sicher schon zum zwanzigsten Mal zu ihrer Freundin wie dünn Jo doch wäre, und ihre Frisur erst! Das gehöre sich einfach nicht. Hätte sie kein Kleid an, würde man sie glatt für einen Jungen halten. Und dann erst die Luft in dem stickigen Abteil. Sie öffnete die Augen wieder und riss das Abteilfenster auf. Eine Stunde fuhren sie jetzt schon. Noch zwei Stunden musste sie überstehen, dann einmal umsteigen und dann noch einmal zwei Stunden Fahrt. Jo rutschte tiefer in ihre Ecke und schaute missmutig die anderen Reisenden an. Neben den beiden Damen saß eine schwangere Frau, ihr gegenüber ihr Mann. Und neben Jo hatte sich ein junger Mann gesetzt. Er hatte sich nicht an den allgemeinen Gesprächen beteiligt, sondern Jo nur die ganze Zeit über angesehen. Sie seufzte. Ihr „Vormund“ hätte sie wenigstens mit einer Kutsche fahren lassen können. Wenn sie nicht bald etwas unternahm, würde sie an Langeweile sterben oder einen Hitzeschock erleiden. Sie stand auf und griff nach ihrer Tasche. Unglücklicherweise fuhr der Zug genau in dem Moment um eine Kurve und sie verlor beinahe das Gleichgewicht. Sie hielt sich an der Gepäckablage fest, hing aber trotzdem frei im Raum. „Gute Reflexe“, lobte ihr Nachbar. „Hallo, ich bin Ian.“ Jo nickte ihm kurz zu, dann griff sie in ihre Tasche, holte ein Buch hervor und setzte sich wieder. „Medizin?“, bohrte Ian weiter. „Sieht man doch“, gab sie etwas patzig zurück. Er lächelte. „Mann vielleicht, aber Frau nicht. Wie kommt eine junge Frau wie sie zu so einem Buch?“ „Geerbt.“ „Ohhh, das tut mir Leid.“ Sie antwortete nicht. „Sind sie Ärztin?“ Immer noch gab sie keine Antwort. „Ich habe noch nie eine Ärztin getroffen. Für Menschen oder für Tiere?“ Jo gab vor zu lesen. Er lachte leise. „Verstehe schon, ok“, er lehnte sich zurück und summte. Als sie nicht reagierte, begann er alle ihm bekannten Krankheiten aufzuzählen und das waren anscheinend eine Menge. Schließlich knallte Jo ihr Buch zu. „Was genau ist eigentlich ihr Problem Mr. ...?“ „Gregg. Aber sagen sie ruhig Ian. Miss ...?“ „Das geht sie gar nichts an!“ „Gut Miss Das-geht-sie-gar-nichts-an, was mein Problem ist? Ich finde es faszinierend einen weiblichen Arzt zu treffen. Ich würde gerne Ideen austauschen.“ „Und was wollen sie für Ideen tauschen?“ „Zum Beispiel wer sie unterrichtet hat. Und an wem sie ihre Medizin praktizieren.“ „Das geht sie zwar wirklich absolut nichts an,“, sie funkelte ihn an, „aber mein Vater hat mich unterrichtet. Und ich praktiziere“, sie betonte dieses Wort besonders, „an gar niemandem. Wer würde sich denn von einer Frau behandeln lassen?“ „Meine Tiere sicher gerne. Aber ich nehme an sie sind auf menschliche Patienten spezialisiert?“ „Man könnte es so ausdrücken.“ Als er nicht antwortete las sie weiter. Ihre Mitreisenden, die den Wortwechsel verfolgt hatten begannen sofort wieder zu tuscheln. Ein weiblicher Arzt, ein Skandal! Jo legte ihr Buch weg. Sie würde sich jetzt kaum auf Hautkrankheiten konzentrieren können, also beschloss sie noch eine Weile zu schlafen.
Als sie wieder erwachte fühlte sie sich beobachtet. Sie öffnete die Augen und sah direkt Ian an, der ihr jetzt gegenüber saß. Ansonsten hatte das Abteil sich gelehrt, die Frauen und das Ehepaar waren ausgestiegen. Jo ignorierte Ian und schaute aus dem Fenster. Die Landschaft hatte sich nicht verändert, es sah genauso aus wie zu Hause. Aber sie fühlte in sich, dass sie sich immer weiter von Leigh Creek entfernte. Sie vermisste jetzt schon alles schmerzlich. Aber sie hatte jetzt dringendere Probleme und schob ihr Heimweh beiseite. „Wie lange hab ich geschlafen?“ „Bald zwei Stunden.“ „Zwei Stunden! Mist, ich hätte fast meinen Halt verpasst.“ „Wir müssten in zehn Minuten am nächsten Bahnhof sein. Sie sollten lieber schon mal auf den Gang gehen.“ Sie stand auf und wollte ihre Tasche herunterheben, doch er stand hinter ihr und tat das für sie. „Danke.“, murmelte sie. „Kein Problem, ich muss auch raus.“ Ian holte auch seine Tasche herunter und trug beide Taschen in den Gang, der sich immer mehr füllte. Es freute Jo überhaupt nicht, sich durch dieses Getümmel drängen zu müssen, doch Ian drängelte sich an ihr vorbei und machte ihr Platz. Kurz darauf wurde der Zug langsamer und blieb schließlich stehen. Als sie aus dem Zug auf den Bahnhof sprang, hatte Jo das Gefühl in eine Sauna getreten zu sein. Sofort bildeten sich Schweißperlen auf ihrem Rücken und rannen langsam herunter. Auch ihr Gesicht wurde feucht. ‚Na super, das ist ja wie im Backofen hier’, dachte sie sich. In Leigh Creek war es auch sehr heiß gewesen aber, wenn es zu warm wurde war sie im Haus geblieben. Jetzt stapfte sie immer Ian nach, weg aus dem Gedränge. Auf dem Bahnsteig hatte sich reichlich Sand gesammelt, die kleine Stadt sah sehr heruntergekommen aus. Endlich blieb Ian stehen. „Ich warte jetzt auf den Zug nach Alice Springs. Fahren sie auch weiter?“ „Ja, ich fahre auch nach Alice Springs.“ „Super, dann fahren wir ja zusammen.“ Jo wollte sich lieber keine weiteren zwei Stunden Fahrt mit ihm vorstellen, deshalb sagte sie wenig enthusiastisch: „Ja, super.“ Er lächelte sie nur an.
Als ihr Zug erst einmal den Bahnsteig verlassen hatte dauerte es nicht lange, bis der Zug nach Alice Springs einfuhr. Sie stiegen ein und fanden eich leeres Abteil. Er hievte ihre Taschen wieder über ihre Köpfe und sie setzten sich einander gegenüber ans Fenster. Jo begann zu lesen und das Abteil füllte sich langsam. Ein Mann schlief in einer Ecke, eine Familie spielte Karten. Sie fragten Jo ob sie nicht mitspielen wolle, und sie willigte ein. Sie war ziemlich gut und gewann fast jedes Spiel, sehr zur Freude von Ian, der ihr aus seiner Ecke zusah. Die zwei Stunden vergingen wie im Flug und bald waren sie In Alice Springs angekommen. Auf dem Bahnsteig verabschiedete sie sich von Ian. Jo nahm sich ihre Tasche und machte sich auf den Weg aus dem Bahnhof und hoffte, dass jemand sie abholen würde. Sie quetschte sich durch ganze Menschenmassen und erreichte schließlich das kleine Bahnhofsgebäude. Sie verlies den Bahnsteig. Und sah zum ersten Mal in ihrem Leben Alice Springs. Im Gegensatz zu Leigh Creek war es eine riesige Stadt, die in der Mittagshitze schimmerte. Sie roch den typischen Stadtdunst und sah Menschen an sich vorbeihasten. Auf einen Schlag nahm Jo den Lärm um sich war. Sie zuckte zusammen. Es war einfach so... laut. In diesem Moment war sie sich sicher das sie niemals hier leben könnte.
Sie schaute sich um und erblickte eine Kutsche. Da niemand sie ansprach, war sie sich sicher das diese Kutsche nicht auf sie wartete. Sie verzweifelte. Wurde etwa von ihr erwartet, dass sie lief? Sie war schon dabei sich umzudrehen und den nächsten Zug nach Hause zu nehmen als sie ihren Namen hörte. „Miss Hale?“ Sie drehte sich wieder um und versuchte den Ursprung der Stimme zu suchen. „Joanna Hale? Entschuldigen sie, ich muss...“ Dann sah Jo eine kleine, rundliche Frau hinter einem wahren Koloss hervor kommen. Sie hatte ein freundliches rundes Gesicht, mit braunen Haaren und roten Wangen. Doch im Moment glühte alles, was von ihr zu sehen war rot vor Aufregung. Die Frau lief verzweifelt suchen durch die Menge, kam ihr immer näher. Wieder rief sie. „Miss Hale!“ Entschlossen nahm Jo ihre Tasche und ging auf die Frau zu, ihrer neuen Zukunft entgegen und hoffte, dass sie keinen riesengroßen Fehler beging. Sie atmete tief ein und versuchte sich einzureden, dass alles nicht so schlimm werden würde. Jetzt war sie fast bei der Frau. „Entschuldigen sie, sind sie von Amber Park?“ „Miss Hale! Ich dachte schon ich finde sie nicht mehr.“ Die Frau schloss Jo in ihre Arme, sie ging ihr kaum bis zum Kinn. „Ich bin Betty, die Köchin und Haushälterin auf Amber Park. Mr. Duncan lässt sich entschuldigen, er wollte sie selbst abholen, aber er musste noch einmal weg. Ich bin ja so froh sie gefunden zu haben, Ich dachte schon sie hätten den Zug verpasst, oder...“ Betty redete Atempause weiter und zog Jo dabei immer weiter in Richtung der Kutsche. „...hoffe sie hatten eine angenehme Fahrt...“ Sie wandte sich Betty wieder zu und versuchte ihr zuzuhören. „...warten schon alle ganz gespannt auf sie, alle wollen sie sehen...“ Wieder verlor sie den Faden als sie Ian in der Menge erblickte, der ihr noch einmal zuwinkte. Sie winkte gegen ihren Willen zurück und Betty hörte sofort auf zu reden. „Ein Freund von ihnen?“ „Nur eine Zugbekanntschaft.“ Sie hatten die Kutsche erreicht und Betty begann wieder zu reden, doch diesmal versuchte Jo gar nicht erst ihr zu folgen.
4. Kapitel
Jo saß Betty gegenüber und schaute aus dem Fenster. Die Stadt war wieder der Öde des Outbacks gewichen. Sie sah eine gelbliche Einsamkeit und nur entfernt sah sie noch die Dünste den Himmel verdunkeln. Aber ihr Auge war diesen Anblick gewohnt, deshalb sah sie auch den kleinen Dingo, der sich unter einem verdorrten Busch versteckte, die Vögel, die auf einem einsamen Baum saßen und rings um sich lauter Insekten die in der Erde verschwanden nur um kurz darauf wieder hervor zu kommen. Die leblos wirkende Landschaft wimmelte für ein geübtes Auge wie Jos nur so an Leben. ‚Trotzdem ist es hier nicht halb so schön wie in Leigh Creek‘ Sie war sich sicher das sie ihr Leben in Alice Springs, auf Amber Park, hassen würde. Sie war sich ebenso sicher das sie niemanden dort je mögen würde. Deshalb versuchte sie ihre Freundschaft für Betty zu unterdrücken, versuchte Ian zu vergessen und versuchte nicht die Landschaft draußen zu bewundern. Aber Betty entging nichts. „Der Ausblick ist wunderschön, aber warten Sie erst bis wir da sind! Amber Park ist einfach... traumhaft.“, schwärmte sie. Jo versuchte sie mürrisch anzusehen. Es gelang ihr nicht und sie musste Lachen. „Jetzt hören sie schon auf mich zu siezen! Ich komme mir ja uralt vor:“ „Gut“, gab Betty sofort nach. „Aber nur unter einer Bedingung.“ „Welcher Bedingung?“ „Das sie mich auch Betty nennen.“ „Ich schätze das wird sich einrichten lassen.“ , scherzte Jo und reichte ihr die Hand. „Jo.“, sagte sie schlicht. Betty musste lächeln. Sie wusste sehr wohl das Jo Joanne hieß und hatte an ihrer Unsicherheit und ihrem Unbehagen in ihren Bewegungen abgelesen, dass sie nicht gerne und oft so gekleidet war. Betty zog das ganze ins lächerliche indem sie ihrer jungen Begleiterin die Hand reichte und „Betty.“ , sagte.
Es dauerte eine Weile bis die beiden wieder aufhören konnten zu Lachen. Dann betrachtete Betty Jo sehr gründlich. Ihr kam Jo nicht wie ein junges Mädchen, sondern eher wie eine Erwachsene vor. Die Geschichte hatte sie aber auch hart gezeichnet. Als Betty von Mr. Duncan von Jos Vergangenheit erfahren hatte, hatte sie sich Sorgen gemacht. Kaum ein Mensch hatte schon in so jungen Jahren soviel durchgemacht. Sie hatte Angst, dass das Mädchen psychisch völlig am Ende sein würde. Aber sie hatte sich getäuscht und war ein bisschen Stolz auf Jo. Aber die war ja aus dem selben Holz wie Mr. Duncan, da wunderte sie nichts mehr. Der wachsame Blick, dem nichts zu entgehen schien, aus diesen überraschend lavendel-farbenen Augen, die nur so vor Leben sprühten, war ihr schon früh aufgefallen. Genauso war auch ihr Arbeitgeber. Er sagte nicht viel aber sie wusste immer das ihm nichts entging. Betty hoffte nur, das zweimal der gleiche Dickschädel miteinander klarkommen würden. Auch wenn sie eigentlich nicht verwandt waren, war Rick Duncan doch der letzte, der Jo in dieser Welt noch blieb. Sie schwor sich, um jeden Preis zu verhindern, dass Jo auch dieses Zuhause verlieren würde.
Die Kutsche fuhr jetzt schon bald eine halbe Stunde. „Wie lange müssen wir denn noch fahren?“, fragte Jo, die langsam nicht mehr sitzen konnte. Erst die ewig lange Zugfahrt und jetzt das hier. „In einer halben Stunde müssten wir da sein“ „Eine halbe Stunde noch?“, seufzte sie und sank tiefer in ihren Sitz. Inzwischen war es Nachmittag geworden und Jo hatte zum Mittag nicht viel zu essen bekommen. Ihr Magen knurrte, sie hatte Durst, schwitzte und musste mal auf die Toilette. Außerdem wurde sie immer aufgeregter und angespannter. Sie versuchte sich zu beruhigen. ‚Ich werde eh nicht lange hier leben. Bei der ersten Gelegenheit fahre ich wieder nach Hause.‘ Nach Hause... Amber Park würde niemals ihr Zuhause sein. Nie. Aber wenn sie Betty anschaute, erinnerte die sie sehr an Mrs. Williams. Sie sahen sich fast ein bisschen ähnlich. Sie schob diesen Gedanken weg, denn die Erinnerung an Mrs. Williams und Sheila schmerzte, auch wenn sie sich erst heute morgen von ihnen verabschiedet hatte.
Betty versuchte Jo aufzumuntern und begann ein Gespräch. „Erzähl mir von Leigh Creek! War es dort genauso wie hier?“ „Nein. Dort war es ganz anders.“ Betty musste ein Lachen unterdrücken. Natürlich war es dort besser gewesen. „Der Himmel war blauer und es war nicht so warm. Man hat mehr Vögel gehört und mehr Tiere gesehen. Die Stadt war viel kleine als Alice Springs. Jeder kannte jeden.“, begann Jo zu erzählen. „Sheila und ich sind jeden Sommer mit Lady und Jail am See baden gewesen. Sheila hat mich einmal mit auf eine Reise mit ihrem Stamm genommen. Und Dad hat mich sogar ab und zu...“, sie verstummte. Fast hätte sie verraten, dass sie sich ab und zu mit um die Patienten ihres Stiefvaters kümmern durfte. Das durfte sie niemandem sagen. Nicht einmal Betty. Sie würden ihr ihre Bücher wegnehmen. Sie würden ihr ihren Lebensinhalt wegnehmen. Das musste sie verhindern. Aber Betty fragte nicht nach. „Sheila ist deine Freundin?“ Jo war überrascht. „Ja. Ich kenne sie schon seit ich noch ganz klein war. Wir sind zusammen aufgewachsen. Sie ist eine Aborigine.“, sagte sie um Betty eine Regung zu entlocken, die ihre Augen sofort von deren Gesicht ablesen würden. Aber wieder reagierte Betty nicht wie Jo es erwartet hatte. „Und Lady ist dein Pferd soweit ich weiß. Dann ist Jail wohl Sheilas Pferd?“ „Ja.“ „Erzähl mir über Lady.“
Und Jo erzählte von allem was sie mit Lady, Jail und Sheila erlebt hatte. Betty war eine gute Zuhörerin. Sie hörte einfach zu und fragte an den richtigen Stellen nach. Sie vergaß völlig ihre Angst vor dem Neuen, sah nur noch ihre Erinnerungen vor sich. So war sie ganz überrascht, als die Kutsche plötzlich hielt und die Kutschentür geöffnet wurde. Betty, die die Verblüffung von Jos Gesicht las schmunzelte. „Willkommen auf Amber Park.“, sagte sie und stieg aus. Jo folgte ihr...
... und blieb erstaunt stehen. Amber Park war einfach so... grün. Es wirkte fast wie eine Oase in der Wüste. Sie drehte sich und starrte das Hauptgebäude an. Es besaß zwei Etagen und einen beigen Anstrich. Das Erdgeschoss wurde von einer Offenen Veranda umfasst, die Fensterläden im Obergeschoss waren schlicht und hölzern. Das Haus duckte sich unter zwei riesige Bäume, die zu beiden Seiten standen. Soweit Jo es sehen konnte standen alle Fenster offen, sodass die Gardienen in einem schwachen Wind flatterten. Das Dach glänzte in der Sonne. rechts vom Hauptgebäude ging es zu den Ställen, von denen sie aber nichts sah, da sie von einer Hecke verdeckt wurden. An die Ställe grenzten die Arbeiterhäuser, nicht so groß und schön wie das Hauptgebäude, aber immer noch ansehlich. Links vom Hauptgebäude lag etwas, das Jo stark an einen Garten erinnerte. Allerdings hatte sie noch nie solch einen Garten gesehen. In Leigh Creek waren die Gärten alle klein gewesen, und nur mit Mühe von dem kargen Boden ringsherum abgekämpft und erhalten. Aber dieser Garten stellte eine wahre Explosion an Farben dar. Sie sah Eykalyptusbäume, jede Menge Obstbäume und viele andere Bäume, deren Namen sie nicht kannte. Der Garten war auf zwei Seiten von Büschen umfasst, an denen ebenfalls Früchte hingen. Am Erdboden wuchsen die verschiedensten Arten, Farben und Größen von Blumen. Sogar einen kleinen Teich konnte Jo sehen. Vom Teich führte ein kleiner Bach einmal quer durch den Garten, an einer Schaukel vorbei in den Fluss, der das Grundstück durchquerte. Jo drehte sich um und sah zum ersten Mal in ihrem Leben die Felder von Amber Park. Auf den Baumwollfeldern mühten sich Männer bei der Arbeit, andere Männer bewachten das Vieh auf den Weiden. In einiger Entfernung sah sie einen Wald, von dem sie sich vornahm in so schnell wie möglich zu erkunden. Als Jo erst einmal den Anblick überwunden hatte, stellte sie die Vielzahl an neuen Gerüchen und Geräuschen fest. Der Duft der Blumen, nach den Tieren, nach dem Schweiß der Arbeiter, nach Essen, das auf einem Herd vor sich hinköchelte. Sie hörte Tiere durch die Büsche kriechen, Vögel singen, die Männer rufen, den Fluss rauschen, sogar einen Frosch der im Teich vor sich hin quackte hörte sie.
Jo wusste nicht mehr wie lange sie einfach nur da stand und ihre neue Umgebung anstarrte. Jedes Mal wenn sie sich umdrehte kam es ihr so vor, als hätte sie etwas neues entdeckt. Sie spürte fast die Geheimnisse dieses Ortes. Es war, als würde die Welt außerhalb von Alice Springs in einem anderen Leben existieren, als hätte sie eine Tür durschschritten als sie die lange Auffahrt vom mit Hecken eingefassten Tor zum Haus hinaufgefahren war.
Betty und die Kutsche waren inzwischen verschwunden, Jo stand alleine auf dem Platz vor dem Haus, hatte ihren Hunger völlig vergessen. Da sah sie einen Mann von den Feldern her auf sich zureiten. Der Mann trug einen breiten Hut, sodass sie sein Gesicht nicht sehen konnte. Die Arme waren genauso gebräunt, wie ihre eigenen, fast sogar noch etwas mehr. Er trug ein weißes Hemd, das er halb aufgeknöpft hatte und das Staub verschmiert war, und alte Jeans. Seine Füße steckten in Stiefeln. Alles in allem hob er sich durch sein Aussehen einerseits drastisch und andererseits gar nicht von der Landschaft ab. Seine verschwitzten Sachen und das Haar, das unter seinem Hut vorquoll und in Strähnen vom Kopf abstand sorgten dafür, das er nicht mit der Perfektion der Natur mithalten konnte. Aber andererseits konnte Jo sich niemanden vorstellen, der besser in dieses Bild gepasst hätte. Er gehörte einfach hierher. Jetzt hatte er sie erreicht und sprang von seinem Braunen. Er strich ihm über den Hals, über die Stirn und rieb mit seiner Hand an seiner Nase. Dann wandte er sich an Jo. Sie sah hellblaue Augen aus einem kantigen, dreckigen, jedoch trotzdem hübschen Gesicht hell und klar wie zwei Sterne strahlen. Auch sie sah das sie gemustert wurde. Dann räusperte sich der Fremde und sprach sie an. „Joanne Hale nehme ich an.“ Sofort war jeder positive Eindruck zerstört. „Ja.“ „Ich bin Rick Duncan, ihr Vormund. Herzlich Willkommen auf Amber Park.“
Sorry, dasss ich erst jetzt ein Kommi schreibe...Aber es war SO viel zum nachlesen, das braucht eben seine Zeit...Verzeih bitte..Ich mag die erstem Vier Kapitel sehr...Schade, dass Du nicht weiterschreibst..
Danke ^^ Ich hab ne neue Storie angefangen und werd sie posten wenn sie lang genug ist. Ma sehn wie die Reaktion ist, vllt nehm ich dann auch die hier wieder auf. Ich mag nur nich seitenweise abtippen und hier reinstellen wenns dann doch keiner liest >.<
Nachdem du schon so lieb gefragt hast, hab ich mir die Story gleich mal durchgelesen. Ich mag deinen Stil, du kannst Szenen sehr schön beschreiben. Besonders Amber Park...fast als würde ich mittendrin stehen. Das ist gut =) Die Story hat Potential, dein Stil auch. Ich würd gern mehr von der Story lesen und das ist schon was besonderes. Normalerweise les ich nur das, was Kitty und Gummy fabrizieren, sowie sämtliche Dr. House-Storys, die mir unter die Augen kommen. *lach* Einziger Kritikpunkt: Warum sind das nur 4 Kapitel??? Schreib weiter! lg, Isi =)
Zitat von MiaDanke ^^ Ich hab ne neue Storie angefangen und werd sie posten wenn sie lang genug ist. Ma sehn wie die Reaktion ist, vllt nehm ich dann auch die hier wieder auf. Ich mag nur nich seitenweise abtippen und hier reinstellen wenns dann doch keiner liest >.<
Das kann ich verstehen. Aber bei solch einer Länge brauchen die Leute etwas länger...die lesen das Stück für Stück...und manchmal auch auf verschiedene Tage aufgeteilt....
Ich würd mich riesig freuen, wenn Du hier weiter schreiben würdest!