Ich hab hier noch ne Kurzstory...Basierend auf der allseits bekannten Knutsch-Folge...Viel Vergnügen!
Der Alptraum von Kommissar Grass – Teil II
„Grazie, signore.“. „Prego, Herr Grass.“. Gerrit nahm den Cocktail vom Tablett und schlürfte ihn genüsslich. Das hatte er sich verdient. Genauso wie seinen gesamten Urlaub. Gerrit war Kripobeamter in München beim K11 und hatte erst vor Kurzem einen nicht ungefährlichen Undercovereinsatz erfolgreich beendet. Er hatte als vermeintlicher Waffenkäufer einen kriminellen Waffenhändler dingfest gemacht. Nach diesem Einsatz hatten ihm der Staatsanwalt und der Polizeipräsident vierzehn Tage Urlaub verordnet, den er auf der italienischen Insel Sardinien verbrachte. Während die Kollegen bei nasskaltem und windigem Wetter in Deutschland arbeiten mussten, genoss der Kommissar bei strahlendem Sonnenschein und warmen Temperaturen seinen Urlaub in vollen Zügen. Er lag wahlweise am Swimming-Pool, der dem Hotel angehörte, oder am wenige Minuten entfernten Strand. Doch so sehr er die zwei Wochen auch genoss, so ganz ließ ihn seinen Einsatz nicht los.
Er war bei den Vorbereitungen in einer leerstehenden Fabrikhalle vor lauter Müdigkeit kurz, aber tief eingeschlafen und hatte einen merkwürdigen Traum gehabt: Der Undercovereinsatz ging schief, seine Tarnung flog auf und es gab Spitzel im K11. Eine von diesen Spitzeln war seine Kollegin Alexandra Rietz. Doch das pikante an der ganzen Geschichte: Bevor Alex sich als vermeintliche Verräterin outete, hatte Gerrit mit ihr ein Techtelmechtel gehabt. Vor lauter Erleichterung, dass sie entgegen seiner Annahme nicht erschossen worden war, küsste er sie und die beiden ließen ihrer Leidenschaft freien Lauf.
Ausgerechnet Alex weckte ihren Kollegen wieder auf und dieser war total erleichtert als er merkte, dass alles nur ein Traum gewesen war. Gerrit hatte seinen Kollegen zwar auch von seinem Traum erzählt – pikante Details hatte er jedoch verschwiegen. Trotzdem verhielt sich der Kommissar seiner Kollegin gegenüber befangen und auch abweisend. Deshalb war er so schnell es ging in den Urlaub verschwunden – Hauptsache er bekam endlich mal wieder einen Tapetenwechsel. „Warum lässt mich dieser verdammte Traum nicht los?“, fragte sich Gerrit, „Es war doch nur ein Traum! Und nichts weiter!“. Das Klingeln seines Handys riss ihn aus seinen Gedanken. Der Kommissar schaute auf das Display, auf dem „Alex Büro“ erschien. Gerrit überlegte kurz, dann er ließ er das Handy einfach weiterklingeln. Mit Alex konnte er zur Zeit einfach nicht sprechen. Weder persönlich noch über das Telefon. Wenig später war das Handy dann auch schon wieder verstummt. Gerrit schaltete es aus, legte sich gemütlich zurück in den Liegestuhl und ließ sich weiter bräunen.
Während Gerrit nun abschaltete, ahnte er nicht, dass sich Alex gerade Gedanken über sein Verhalten machte. „Hey, Alex, was ist denn los?“, fragte Michael Naseband, ebenfalls Kripobeamter, mit dem die Kommissarin gerade in der Kantine Mittagspause machte. „Nichts ist los. Was soll denn auch sein?“, erwiderte sie. „Das frag ich Dich. Du siehst grad etwas abwesend aus.“. „Ach, ich hab doch eben noch unten im Büro versucht Gerrit anzurufen, weil ich wissen will, wie es ihm geht. Er meldet sich ja nicht.“. „Ja und?“. „Er ist nicht ans Handy gegangen.“. „Alex, das hat doch nichts zu bedeuten. Gerrit will einfach seine Ruhe haben und abschalten. Vergiss nicht, wie hart sein letzter Undercovereinsatz war.“. „Ja, aber ich hab das Gefühl, er ist nur nicht dran gegangen, weil ICH angerufen habe. Hast Du bemerkt, wie er sich mir gegenüber verhalten hat, bevor er in den Urlaub geflogen ist? Abweisend und befangen.“. „Auch Unsinn, Liebelein. Und selbst wenn, dafür gibt es bestimmt eine ganz einfache Erklärung. Hat bestimmt auch mit seinem Einsatz zu tun.“. Doch Alex wurde das Gefühl nicht los, dass hinter dem Verhalten ihres Kollegen noch etwas anderes steckte und sie war sich ziemlich sicher, dass er irgendetwas verschwieg.
Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Alex, Michael und der vierte Mann im K11, Robert Ritter, hatten wenig zu tun und waren meistens damit beschäftigt Berichte zu tippen – das heißt, Alex und Michael tippten, Robert wurde herumgescheucht um dies und das zu holen. Wie es sich für einen „kleinen“ Assistenten gehörte, war er nur der Laufbursche und Gehilfe.
Gerrit ließ unterdessen auch von sich hören: Er rief Michael an und erzählte ihm, dass es ihm gut gehe und dass der Urlaub schön sei. Am letzen Abend seines Sardinien-Trips saß der Kommissar etwas wehmütig an der Bar und beschloss, im nächsten Jahr wieder zu kommen. Kaum war Gerrit wieder zurück in München musste er gleich wieder arbeiten. Er übernahm die Nachtschicht, was Alex nutzte um länger dazubleiben um endlich mit ihm unter vier Augen zu sprechen. Ihr Kollege fühlte sich sichtlich unwohl als sie sofort mit der Tür ins Haus fiel und ihm sprichwörtlich die Pistole auf die Brust setzte. „Gerrit, kannst Du jetzt endlich mal erklären, warum Du Dich mir gegenüber seit Deinem letzten Undercovereinsatz so komisch verhältst?!“. „Wovon sprichst Du? Wie verhalte ich mich denn?“. „Das weißt Du ganz genau! Du verhältst Dich mir gegenüber befangen und abweisend. Und ich möchte den Grund wissen. Jetzt!“. „Alex, wenn ich mich Dir gegenüber so verhalten haben sollte, dann tut mir das leid. Das war überhaupt nicht meine Absicht. Liegt wahrscheinlich an dem Einsatz. Der hat mich doch ziemlich geschlaucht.“. Doch die Kommissarin glaubte ihrem Kollegen kein Wort, was diesen dazu veranlasste ungehalten zu werden. Das hatte zur Folge, dass Alex wenig später total verletzt und wütend das Büro verließ. Gerrit war ebenfalls sauer und setzte sich an den Schreibtisch um Berichte zu tippen. Es war absolut nichts los. Keine Straftaten, kein Einsatz, nichts. Irgendwann ließ sich der Kommissar auf der Couch nieder.
Er, Gerrit Grass kam von der Arbeit nach Hause, wo er schon erwartet wurde: Alexandra Rietz hatte sich Zugang zu seiner Wohnung verschafft und wartete auf den Kommissar. Diesem blieb vor Schreck fast das Herz stehen als er seine ehemalige Kollegin sah. Immerhin wurde sie von der Polizei gesucht, weil sie einen kriminellen und mittlerweile verurteilten Waffenhändler mit Informationen der Kripo versorgt hatte. Alex konnte beim Zugriff des SEKs in einer leerstehenden Fabrikhalle jedoch fliehen. „Alex?!? DU?? Was...was machst Du...Du hier???“, stammelte Gerrit und wollte instinktiv nach seiner Dienstwaffe greifen; doch Alex war schneller. „Wag ja nicht Deine Waffe zu ziehen.“, meinte sie ruhig aber bestimmt. „Ich muss mit Dir reden. Erinnerst Du Dich damals an die Vorfälle in dieser Fabrikhalle? Als Du den Waffenhändler hochgehen lassen wolltest?“. Gerrit nickte. WIE konnte er DAS vergessen!! „Nun ja, unser kleines Techtelmechtel damals, Gerrit. Das ist nicht ohne Folgen geblieben.“. Der Kommissar ahnte Schlimmes. „Bist...Bist Du...??“. „Ja, Gerrit. Ich bin schwanger. Du wirst Vater.“. Gerrit schüttelte ungläubig den Kopf. DAS konnte doch nicht wahr sein!! Er wollte auf Alex zugehen, doch jeder Schritt fiel ihm schwer, er kam nur sehr langsam voran. Er schaute in das hämisch grinsende Gesicht seiner ehemaligen Kollegin. Die Worte hallten in seinem Kopf nach. Er hörte sie immer und immer wieder: „Ich bin schwanger. Du wirst Vater. Ich bin schwanger. Du wirst Vater. Ich bin schwanger. Du wirst Vater. Ich bin schwanger. Du wirst Vater.“.
„Alex!! Alex, das kann nicht sein, hör auf!“. „Gerrit...Gerrit...GERRIT!!!“. Der Kommissar schreckte hoch. „Was? Wo bin ich?“. „Im Büro. Es ist punkt 8.30 Uhr. Guten Morgen!“, erwiderte Robert trocken. Gerrit sah sich um. Er blickte in die Gesichter von Alex sowie Michael und schließlich wieder in das von Robert. Der Kommissar vergrub das Gesicht in den Händen. „Gott sei Dank, es war alles nur ein Traum!“, murmelte er. „Was hast Du gesagt?“. „Ach nix.“. Gerrit stand auf und verschwand aus dem Büro um sich frisch zu machen. Als er wieder zurückkam um seine Jacke zu holen, damit er nach Hause fahren konnte, tuschelten seine drei Kollegen im Büro. Besser gesagt Michael und Robert tuschelten, Alex fühlte sich nicht ganz so wohl in ihrer Haut.
„Was gibt’s denn zu tuscheln?“, fragte Gerrit. Seine männlichen Kollegen schauten ihn an und grinsten breit. „Tja, Alter, man sollte im Schlaf nicht so viel vor sich hinbrabbeln.“, meinte Michael. Gerrit ahnte Schlimmes. „Was hab ich denn so gesagt?“, fragte er und gab sich dabei alle Mühe völlig belanglos zu klingen. „Naja...“. „Michael, Robert, bitte!“. Alex’ Stimme klang scharf, aber die zwei hörten nicht auf sie. „Ihr scheint ja ganz schön rangegangen zu sein. Alle beide.“, sagte Michael. „Warum hast Du uns denn dieses pikante Detail verschwiegen?“, ergänzte Robert und sie brachen in schallendes Gelächter aus. Gerrits Gesichtsfarbe wechselte im Sekundentakt von blutrot zu käseweiß und wieder zurück. Er vermied es Alex anzusehen. „Ihr schafft das ja noch nicht einmal im Traum!“, konterte Gerrit betont cool und verschwand dann ohne ein weiteres Wort aus dem Büro. Auch Alex machte, dass sie fort kam, während Michael und Robert schon die Tränen über die Wangen liefen und sich nicht beruhigen konnten.
Gerrit setzt sich in sein Auto und fuhr auf schnellstem Wege nach Hause. Er drehte auf der Fahrt das Radio laut auf und hätte vor Schreck fast einen Unfall gebaut. „In ihren Träumen verarbeiten Sie in gewisser Weise ihre sehnlichsten Wünsche. Und vergessen Sie nicht: Eines Tages können sie wahr werden!“, ertönte die liebliche Stimme einer Radiomoderatorin. Sofort schaltete Gerrit das Radio wieder aus. „Was für ein Schwachsinn.“, murmelte er vor sich hin. Als der Kommissar endlich zu Hause ankam (er wohnte in einer WG) schnappte er sich ein Bier und warf sich in einen der Wohnzimmersessel. Eigentlich trank er nie Bier um diese Uhrzeit, aber in diesem Fall war es Gerrit völlig egal. Er brauchte dies jetzt. Seine Mitbewohner waren alle außer Haus und bei der Arbeit - somit hatte der Kommissar seine Ruhe. Diese hielt jedoch nicht lange an: Es klingelte an der Haustür. Gerrit fluchte, dachte aber nicht daran die Tür zu öffnen. Stattdessen machte er die Stereoanlage an – Hardrock von John Bon Jovi dröhnte aus den Lautsprecherboxen. Der Kommissar hörte nur noch auf die Musik, die nicht sehr leise war, und schoss völlig erschrocken hoch, als die Musik plötzlich verstummte. Er drehte sich um.
„Alex, ach Du....Alex!!!”. „Ja, ich.“. „Aber wie bist Du hier reingekommen?“. „Ich habe doch einen Zweitschlüssel. Und da Du mir nicht die Tür aufgemacht hast, bin ich halt so rein.“. Gerrit wandte sich von seiner Kollegin ab. Er konnte sich denken, warum sie ihn aufgesucht hatte. Wohl war ihm bei dem Gedanken allerdings nicht. Alex fühlte genau das gleiche, aber sie mussten miteinander reden. Und je schneller sie das hinter sich hatten desto besser. „Gerrit.“, fing die Kommissarin an, „Wir müssen reden. Und das weißt Du auch. Ich bin auch nicht wild drauf, aber bringen wir es hinter uns. Das, nun ja, pikante Detail. Ist das der Grund für dein Verhalten mir gegenüber?“. Gerrit nickte langsam. „Und warum hast Du nicht schon früher was gesagt? Wir hätten doch unter vier Augen und in Ruhe darüber reden können.“. „Alex, es war mir unangenehm. Und jetzt lass uns bitte das Thema vergessen. Du kennst jetzt den wahren Grund und ich möchte das nicht noch weiter vertiefen.“. Ein paar Minuten sagte keiner etwas, bis Alex sich schließlich verabschiedete. Doch wirklich zufriedenstellend war das Gespräch ihrer Meinung nach nicht verlaufen. Gerrit dagegen war erleichtert, wieder allein zu sein. Ihm graute es davor am Abend wieder ins K11 zur Spätschicht zu fahren. Immerhin wussten auch Michael und Robert Bescheid. „Wenn auch nur einer von beiden das kleinste Wörtchen erzählt hat, dann gnade ihnen Gott!“, dachte der Kommissar.
Doch keiner seiner beiden Kollegen hatte etwas erzählt. Robert war zwar kurz davor gewesen, aber Michael hatte ihn zurückgehalten. Aber alleine die Tatsache, dass der junge Kommissar was erzählt hätte, machte Gerrit rasend. „Von Taktgefühl hat der wohl noch nie was gehört. Idiot.“, maulte er später im Büro und beschwerte sich bei Alex, die solidarisch war und ihm davon erzählt hatte. Die Kommissarin blieb länger, doch nicht wegen Gerrit, wie sie ausdrücklich gegenüber Michael betonte. Der grinste jedoch nur und machte sich auf den Weg nach Hause. Dass sowohl Alex als auch Gerrit die Nähe des anderen in Wirklichkeit aber genossen, gestand sich natürlich niemand der zwei ein. Die Kommissarin blieb noch die ganze Spätschicht bei ihrem Kollegen. Diesen wunderte das sehr, er traute sich aber nicht nachzufragen.
Am Ende der Arbeit bot Gerrit Alex an, sie nach Hause fahren. Die Kommissarin nahm das Angebot dankend an, doch auf der Fahrt entstand ein verlegenes Schweigen, das keiner zu brechen wusste. Zu allem Überfluss hatten sie noch eine rote Welle erwischt, was die Autofahrt zusätzlich in die Länge zog. Als sie endlich an Alex’ Wohnung ankamen wünschten sie sich eine gute Nacht und waren auf der einen Seite froh, wieder alleine zu sein, auf der anderen Seite schwang aber auch Wehmut mit, den jeweils anderen nicht mehr in der Nähe zu haben. Doch dies sollte sich schnell ändern: In die WG war eingebrochen worden. Die Kollegen waren schon vor Ort, und die Spurensicherung nahm alles unter die Lupe. Allerdings mussten sowohl Gerrit als auch seine zwei Mitbewohner Katrin und Falk diese Nacht woanders verbringen.
Während Katrin bei ihrer besten Freundin und Falk bei seinem Bruder Asyl bekamen, wusste Gerrit erst nicht wohin. Michael zog wie jeden Samstagabend noch um die Häuser und zu Robert wollte der Kommissar erst Recht nicht. Einmal hatte er die, seiner Meinung nach geschmacklos eingerichtete, Bude seines Kollegen gesehen – und das hatte ihm gereicht. So beschloss Gerrit ausgerechnet zu Alex zu fahren. Er rief sie von unterwegs an und schilderte ihr seine Lage. Alex, die am liebsten einen Freudenschrei ausgestoßen hätte (warum wusste sie selber nicht genau), gab ihrem Kollegen grünes Licht, dass er kommen könnte. Zwanzig Minuten später saßen die beiden Kommissare in Alex’ Wohnzimmer. „Alex, danke noch mal. Das ist echt lieb von Dir.“. „Ach, Gerrit, kein Ding. Wozu sind Freunde da? Und nun, was machen wir noch?“. Bevor Gerrit wusste, was er tat, rutsche er näher zu seiner Kollegin und schaute ihr tief in die Augen. Automatisch öffnete er seinen Mund und sagte: „Mir fällt bestimmt was ein. Das heißt, ich wüsste da was...“.