Habe wieder eine Geschichte für euch, die nicht unbedingt in diese sinnliche Zeit passt. Ich glaube, dass ihr es mir nicht allzu krumm nehmen werden. Außerdem ist sie nicht allzu lang, trotzdem viel Spaß beim Lesen!
DANKESCHÖN
Geschockt verfolgte ich, wie sie zu Boden sank, ganz langsam – wie in Zeitlupe. Erst, als sie hart auf dem Boden aufschlug, wachte ich aus meiner Erstarrung auf. Ich lief auf sie zu, sank neben ihr auf die Knie. Vorsichtig bettete ich ihren Kopf auf meinen Schenkeln!
„Hol’ einen Arzt!“, rief ich Gerrit zu, als er auf mich zugelaufen kam. „Schon erledigt!“, hörte ich ihn sagen, nahm es aber nicht zur Kenntnis. Zu sehr war ich mit ihr beschäftigt und stellte fest, dass dieser Einsatz gründlich daneben gegangen war, ein Querschläger hatte sie am Hals getroffen, ihr eine tiefe Wunde gerissen. Um uns bildete sich bereits eine Blutlache, irgendwie hatte ich das Gefühl, dass jeder Arzt zu spät kommen würde. Sanft streichelte ich ihre Wange, ein leises Stöhnen war zu hören, dann war es ruhig um uns. Zu ruhig für meinen Geschmack. Langsam senkte ich meinen Blick. Alex lag noch immer in meinen Armen, doch sie bewegte sich nicht mehr. Erschrocken versuchte ich ihren Puls zu fühlen. Bald schon merkte ich, dass es vergeblich war. Hilflos hob ich den Kopf und suchte Gerrits fragenden Blick. Bedauernd schüttelte ich den Kopf, ich merkte, wie sich meine Augen mit Tränen füllten. Langsam bahnten sie sich ihren Weg über meine Wangen. Sie tropften auf ihr Gesicht herab, ich versuchte zwar sie wegzuwischen, doch es war vergeblich....! Ein Schluchzen war zu hören, erschrocken schaute ich mich um, ich hatte Angst, dass mich jemand hören könnte. Doch alle waren damit beschäftigt, den Einsatz zu beenden, niemand achtete auf mich.
Gerrit stand neben uns, fassungslos schaute er auf das Geschehen vor sich, begreifen konnte er es noch immer nicht. „Ihre schusssichere Weste war völlig umsonst.“, bemerkte er leise, ich konnte nur nicken, das musste genügen. Meine Gedanken konnte ich in diesem Augenblick nicht in Worte fassen, zu sehr war ich von den Ereignissen um mich herum immer noch gefangen. Der Querschläger, der Alex´ Hauptschlagader am Hals zerfetzt hatte, dröhnte noch immer in meinen Ohren, die Blutlache verrann immer mehr, niemand konnte ihr mehr helfen, unsere gemeinsame Zeit war dahin. Während ich sie noch in meinen Armen hielt, liefen die letzten Wochen vor meinen Augen ab. Ich sah wieder ihr strahlendes Gesicht, als sie mir noch vor wenigen Stunden erzählte, dass sie ein Kind erwartete .... von mir. Ich war so glücklich darüber gewesen ...... jetzt war alles vorbei, so rasch, so unbarmherzig. Warum ließ ich diesen Einsatz überhaupt zu, warum hatte ich sie eigentlich nicht daran hindern können, mitzufahren? Diese Fragen schwirrten in meinem Kopf herum, Antworten darauf konnte ich keine finden, während ich noch immer weinend auf sie hinabschaute. Es kam mir vor, als würde sie schlafen, wäre da nicht diese hässliche Wunde gewesen.
Das Folgetonhorn der Rettung kam immer näher, am Rande nahm ich wahr, dass der Arzt und einige Sanitäter aus dem Wagen sprangen und auf uns zuliefen. Ich schüttelte nur den Kopf und murmelte ein: „Zu spät!“
Stunden vor der Beerdigung stand ich alleine vor ihrem offenen Sarg. Ich wollte einfach mit ihr alleine sein, mich ungestört von ihr verabschieden können. Wusste nicht, wie ich die letzten Tage überstanden hatte. Gerrit war mir zwar eine große Hilfe gewesen, ohne ihn wäre ich sicherlich verloren gewesen. Er hatte, ohne lange zu fragen, alles in die Hand genommen, mich einfach von allem abgeschirmt
Danke, Alex, für die letzten Jahre,
danke für deine Liebe, die mich in dieser Zeit stets begleitet hatte, egal wie ich mich verhalten hatte, du hast mich in meinem Handeln einfach nur bestärkt,
Dankeschön,
ich weiß, dass ich dich für den Rest meines Lebens lieben werde, keiner wird je an dich heran kommen ....!
Langsam ging ich am Sarg entlang, vorbei an all den Kränzen, die um ihn herum lagen, um mich neben ihren Kopf zu stellen, lange starrte ich in ihr Gesicht, bis es zu verschwimmen begann, weil sich meine Augen wieder mal mit Tränen füllten. Während ich hemmungslos weinte, streichelte ich über ihre kalten Wangen, küsste ein letztes Mal ihre blassen Lippen. Nach einem letzten Blick auf ihr Gesicht verließ ich die Aufbahrungshalle. An der Tür wandte ich mich noch einmal um, schaute sie noch einmal aus der Ferne an, ehe sie endgültig aus meinem Leben verschwand.