Ich habe hier noch eine Geschichte für euch, auch wenn sie nur kurz ist. Viel Spaß beim Lesen!
Alex in der Todeshölle
Sehr aufgeregt lief ich vor dem Labor auf und ab, wollte einfach nicht begreifen, dass sie noch immer da drinnen war, vermutlich sogar mit einem Virus infiziert, von dem ich noch gar nicht wusste, was es genau war. Ich wollte auch gar nicht wissen, ob auch Lebensgefahr bestand, konnte und wollte mir das gar nicht erst vorstellen, zu sehr liebte ich diese Frau und fragte mich, warum ich sie überhaupt so zeitig hatte gehen lassen, jetzt hatte sie den Salat. Nur weil sie gerade in der Nähe war, als der Einsatz hereingekommen war, hatte sie sich auf den Weg gemacht. Nun musste sie in diesem Labor bleiben, sollte solange dort bleiben, bis dieses Mittel gefunden war, mit dem man diese Krankheit aufhalten konnte. Immerhin war es mit den Ampullen gestohlen worden, in denen dieser Virus aufbewahrt wurde. Entsetzt wurde mir bewusst, dass eine davon zerbrochen sein musste.
Wieder nahm ich meine Wanderung auf, wurde noch nervöser, als ich es ohnehin schon war. Ein Kollege hielt mich am Arm fest, ehe ich gegen einen anderen stoßen konnte. „Fahr endlich nach Hause, du kannst hier doch nichts ausrichten und machst uns hier nur alle verrückt.“, stellte der Kollege fest, der mit mir vor dem Gebäude auf das Ergebnis der Untersuchungen wartete, auch wenn ich das eigentlich gar nicht wissen wollte. „Ich bleibe hier, denn ich habe bei mir zu Hause oder im Kommissariat sowieso keine Ruhe.“, gestand ich mir ein, begann wieder nervös auf und ab zu laufen, ohne tatsächlich zur Ruhe zu kommen. Ich fühlte mich beobachtet, wandte mich rasch um, schaute meinem Gegenüber nur schweigend in die Augen. Mit Entsetzen bemerkte ich meine Hilflosigkeit, da ich keine Ahnung hatte, wie ich sie da heraus holen sollte. Es machte mich einfach nur wahnsinnig, wie sehr, konnte ich einfach keinem sagen.
Endlich erschienen die Kollegen der Spurensicherung, die an diesem Tag besondere Anzüge tragen mussten, um sich selbst vor einer Ansteckung zu schützen. Erwartungsvoll blickte ich ihnen entgegen und wartete auf ihre Erklärungen, die auch bald folgten. Und was ich zu hören bekam, ließ meine Laune auch gleich wieder auf den Nullpunkt sinken. „Kann ich zu ihr?“, fragte ich nur und lief zur Tür, kaum dass bestätigend mit dem Kopf genickt worden war. „Aber du kannst sie nur durch die Scheibe sehen, sie bleibt in Quarantäne.“, rief man mir sicherheitshalber noch nach. Ich hielt es gar nicht für notwendig überhaupt zu antworten. Auf leichten Füßen lief ich zu ihr und merkte meine Nervosität, da ich sie in wenigen Minuten wiedersehen würde, auch wenn es nur durch eine Glasscheibe sein würde.
Mit einem wehmütigen Blick schaute sie mir in die Augen, tastete langsam nach dem kleinen Telefon neben dem Fenster, wollte unbedingt mit mir reden. Versonnen lächelte ich ihr zu. Ich merkte, dass sie an einigen Knöpfen herumdrückte, und hörte schließlich ihr Atem. Sie verzog ihre Lippen, schenkte mir ein zauberhaftes Lächeln und begann plötzlich mit dem Reden. Es blieb mir kaum Zeit, um zu antworten. Am Rande nahm ich einen Mann wahr, der am Boden saß, sich an das Kästchen hinter sich lehnte und uns aus den Augenwinkeln beobachtete. Warum er das tat, wurde mir erst Tage später bewusst. Immerhin war im Augenblick nur sie für mich wichtig, legte eine Hand an die Scheibe, hielt ihren Blick gefangen, nahm ein schüchternes Lächeln wahr, das sich auf ihre Lippen geschlichen hatte. Während ich sie wieder beruhigte, schlich sich ihre Hand auf meine, getrennt nur durch das Glas.
„Wir finden dieses Medikament, ganz sicher …“, beruhigte ich sie wieder, ihr verzweifeltes Gesicht sagte mir jedoch, dass es mir nicht gelingen wollte. „Glaub´ mir einfach, ich möchte dich doch wieder um mich haben.“, erklärte ich ernst. „Ich mache doch ohne dich nur Unsinn!“ Meine Worte zauberte ein atemberaubendes Lächeln auf ihre Lippen und zog mich damit noch weiter in ihren Bann, schmolz wieder einmal dahin – wie schon so oft in den Monaten, in denen wir bereits ein Paar waren. „Sieh zu, dass ich hier heraus komme.“, hörte ich sie sagen und riss mich damit aus meinen Gedanken. Vorerst nickte ich nur, wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Denn zu meiner Schande musste ich gestehen, dass ich Stand der Ermittlungen nicht auf dem Laufenden war. Zu sehr lenkte mich die Sorge um Alex davon ab, und plötzlich musste ich zugeben, dass der Kollege vor dem Haus damit recht gehabt hatte, mich einfach fort zu schicken. Warum ich mich daran nicht gehalten hatte, konnte ich später nicht mehr sagen.
Mein Handy riss mich aus meinen Gedanken. Widerwillig zog ich es aus der Tasche, wollte ich doch nicht abgelenkt werde, und meldete mich. Branco brachte mich auf den neuesten Stand der Dinge, verlangte sehr energisch von mir, dass ich endlich ins Kommissariat kommen und ihn bei der Arbeit unterstützen sollte. Zaghaft sagte ich zu, sah ihr dabei fragend in die Augen. So sah ich, dass sie nickte, schließlich hatte ich auf laut gestellt und so konnte sie das Gespräch mit verfolgen. „Ich hole dich bald hier heraus.“, versprach ich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. „Schließlich bin ich ohne dich doch nichts!“ Sie war klug genug, darauf nichts zu antworten. Mit einem flauen Gefühl im Magen verließ ich sie, konnte die Aufklärung dieses Falles nicht alleine nur Branco überlassen.
Die Arbeit ging trotzdem zum Großteil an mir vorüber. Ab und zu hörte ich dennoch einige Bemerkungen, die demnach nicht ganz zu verachten waren, wie sich später herausstellen sollte. Auch wenn mir ihr Zustand nicht aus dem Kopf ging, mich fragte, wie es ihr wohl gehen mochte, hatte ich das Gefühl, das mir die Zeit davon lief. Ich sah sie schon vor mir, wie sie auf einer Bahre aus dem Labor getragen wurde … tot. Das das auch bald geschehen würde, war der regen Tätigkeit meiner Kollegen zu verdanken. Sie waren um mich herum gewuselt ohne mich aus meiner Benommenheit reißen zu können und erstaunt nahm ich zur Kenntnis, dass Branco mich bat, einfach mit ihm zu kommen. Erst jetzt begriff ich richtig, dass dieses Gegenmittel dank der guten Arbeit der Kollegen bereits auf den Weg zurück in dieses Labor war, um es Alex sowie diesem Nachtportier verabreichen zu können.
Von der Ferne schon sah ich eine Person auf einer Trage liegen, die vor dem dazugehörenden Rettungswagen lag. Ich wartete erst gar nicht ab, dass Branco den Wagen endgültig zum Stillstand gebracht hatte, sondern sprang heraus, kaum dass er vom Gas weggegangen war. Aufgeregt stürmte ich auf die am Boden liegende Person zu. Erfreut bemerkte ich Alex, die unheimlich müde und geschafft zu mir auf grinste. Langsam ging ich neben ihr in die Hocke, erwiderte ihr Lächeln besonders liebevoll, hob zaghaft meine Hand und streichelte zärtlich über ihre Wange. Sie wandte ihren Kopf so, dass sie mir einen Kuss auf die Handfläche drücken konnte. Dabei fixierte sie meinen Blick, versank darin. Im Augenblick hatte ich genau dieses Gefühl bei mir auch. „Endlich habe ich dich wieder …“, murmelte ich glücklich vor mich hin, merkte, wie ihre braunen Augen noch mehr strahlten, als es sonst ohnehin schon üblich war. Meine Worte schienen ihr ausgesprochen gut getan zu haben. „Du musst dich noch bis morgen gedulden, sie werden mich noch ins Krankenhaus bringen, um mich zu beobachten.“, erklärte sie mir trauriger Stimme, das Glitzern war aus den Augen so rasch verschwunden, wie es gekommen war. „Ist schon gut, mein Kleines, ich möchte doch die Alex zurück, die ich so sehr schätze und liebe …“, meinte ich nur, beugte mich zu ihr und küsste sie zärtlicher als sonst. Erst der Sanitäter unterbrach uns, als er durch ein energisches Räuspern auf sich aufmerksam machte. Immerhin wollte er mit Alex endlich in das nächste Krankenhaus fahren, das die weitere Betreuung übernehmen würde.
Widerwillig war ich aufgestanden und zur Seite getreten. Mit einem Anflug von Wehmut blickte ich dem Krankenwagen nach, auch wenn ich wusste, dass ich sie am nächsten Tag wieder in die Arme schließen konnte und um mich haben würde. Gedankenverloren trottete ich neben Branco zum Dienstwagen und war froh, dass er mich nicht auf mein Verhältnis Alex gegenüber ansprach. Wir schwiegen während der ganzen Fahrt ins K11, hingen beide unseren Gedanken nach und waren erstaunt darüber, dass wir rascher an unser Ziel gekommen waren, als wir es uns vorgestellt hatten …