Es kommt ja nicht oft vor, dass ich was Produktives zu Stande bringe ... auch dieses Mal ist es wieder nur ein One-Shot geworden. Inspiriert wurde ich hierbei durch ein Projekt, welches ich auf fanfiktion.de gefunden habe. Die Autorin des Projekts ist informiert und hat ihr okay gegeben, dass ich meine kleine Idee veröffentlichen darf. Somit bewege ich mich auch in diesem Bereich auf festem Grund ...
Schweigend lag er da, starrte durch die Dunkelheit an die Decke. Das ganze Haus war totenstill, das Einzige, was er hörte, war das Ticken der Uhr zu seiner Rechten und die gleichmäßigen Atemzüge zu seiner Linken. Er dachte nach, musste nachdenken, es war wichtig für ihn, stellte es doch so viel in Frage. Leicht drehte er den Kopf nach links. Die etwa kinnlangen blonden Haare, die jetzt, da es dunkel war, noch heller schienen, als sonst. Die feinen, ästhetischen Züge, auf dem völlig entspannten, schlafenden Gesicht. Das gleichmäßige Atmen, der Brustkorb, der sich regelmäßig hob und senkte. Er wand den Blick ab, schaute nun nach rechts. Soweit er es im Dunkel erkennen konnte, zeigte die Wanduhr 3.25 Uhr an. Leise seufzend schlug er die Bettdecke beiseite und stand auf. Hatte er heute Nacht überhaupt schon geschlafen? Nur in Boxershorts lief er durch die Wohnung, die nicht seine war. Von dem Gehalt, welches er als Kriminalkommissar bekam, hätte er sich diesen Luxus niemals leisten können. Wieder seufzte er leise. Ja das war er, Kriminalkommissar. Kriminalkommissar Robert Ritter. Er durchquerte den Flur, das Wohnzimmer und öffnete schließlich die Balkontür. Die warme Spätsommernacht und der helle Vollmond luden in dazu mehr als ein. Draußen angekommen sog er die klare Nachtluft ein und betrachtete den Sternenhimmel. Fünf Tage. Es waren doch nur fünf lächerliche Tage! Rief er sich ins Gedächtnis. Vor fünf Tagen hatte dieser Undercovereinsatz angefangen, hatte er das Leben als Sebastian Meißner begonnen. Hätte ihm vorher jemand gesagt, wie diese fünf Tage sein bisheriges Leben infrage stellen würden, hätte er vermutlich gelacht und die entsprechende Person für verrückt erklärt. War es möglich, dass man sich selbst neunundzwanzig Jahre nicht richtig kannte? Dass es da etwas in einem gab, das man bisher nicht beachtet, nicht geduldet oder nicht hatte sehen wollen? Oder konnte man es bisher wirklich weder sehen noch erahnen? Diese Fragen beschäftigte ihn, ließ ihn nicht schlafen. Wieder seufzte er, versuchte seine Gedanken zu ordnen, das Chaos zu sortieren. „Ach hier bist du“ Er brauchte sich nicht umzudrehen, brauchte nicht zu sehen, wer da sprach, er wusste es ja. Allein das Hören der Stimme ließ ihm einen wohligen Schauer über den Rücken laufen. Er hörte, wie sich Schritte näherten. Spürte, wie sich zwei Arme von hinten um seinen nackten Oberkörper legten, ihn sanft an den anderen warmen Körper drückten. „Basti, komm zurück ins Bett … bitte.“, wurde ihm ins rechte Ohr geflüstert, bevor ihn wieder diese, bisher unbekannte und doch so interessante und angenehme Mischung aus weichen Lippen und kratzigen Bartstoppeln am Hals berührte und mehrere sanfte Küsse darauf verteilte. „John …“ begann er, sprach dann aber nicht weiter. Er sah in den dunkelblauen, sternbedeckten Himmel. Was tat er hier eigentlich? Was tat sein Körper mit ihm? Warum weigerte er sich auf einmal seinem Kopf zu gehorchen, wie er es sein Leben lang getan hatte? John Coleman, 31 Jahre alt, gebürtiger US-Amerikaner, seit 13 Jahren wohnhaft in München und Besitzer des Clubs „Cool Man“, was eine kleine Hommage an seinen Nachnamen darstellte, wie er gern erklärte, war seine Zielperson. Er, Robert Ritter, sollte als Sebastian Meißner herausfinden, ob der Clubbesitzer in die Drogenverkäufe in seinem Laden involviert war oder diese sogar förderte. John hörte auf ihn zu küssen, legte sein Kinn auf die Schulter des Kommissars und sah ihn von unten herauf an. „Stimmt etwas nicht?“ fragte der Ältere vorsichtig, während seine Hände über den Bauch des anderen streichelten. In Roberts Kopf überschlugen sich die Gedanken. Da war sein Job, den er vernachlässigte. Die Gefühle, die er sich nicht erklären konnte. Die Erinnerungen an die Frauen, die bisher in seinem Leben eine Rolle gespielt hatten. Die Lügen, die er John jeden Tag neu vorspielte. Die Frage, wie viel Robert Ritter denn in Sebastian Meißner war. Oder hatte dieser bereits ein Eigenleben entwickelt? Gab es überhaupt ein zurück? Wollte er überhaupt zurück? Das alles überspielte er, seine Lippen formten ein leichtes Lächeln. „Alles in Ordnung.“, antwortete er ruhig. „Schau mal, wie schön der Sternenhimmel heute aussieht.“, fügte er an, um das Thema zu wechseln, sich selbst von seinen Gedanken abzulenken. „Ja, du hast recht. Wirklich schön“, antwortete der Clubbesitzer und zog den Jüngeren näher an sich. Robert ließ es zu, lehnte sich an ihn, hatte das Gefühl, als könnte er sich fallen lassen. John war ja da, er würde ihn halten, würde ihn schützen, nichts konnte ihm passieren. Beinahe erschrocken über seine eigenen Gedanken stoppte er, versuchte nicht zu denken. Was war das nur, dass hier gerade mit ihm passierte? Warum er? Warum jetzt? Wieder starrte er einfach nur in den Himmel, seine Gedanken ordneten sich etwas. War es der Himmel oder John, der beruhigend auf ihn wirkte? Nach einigen Minuten durchbrach er das Schweigen, das zwischen ihnen geherrscht hatte. „John … ich muss mit dir reden …“, begann er und drehte sich um, sah in die blauen Augen seines Gegenübers. Irgendwie verließ ihn jetzt doch wieder der Mut. Er wollte ihm die Wahrheit sagen, wollte mit den Lügen aufhören, aber er konnte es nicht, brachte es nicht über sich. War es seine Berufsehre? Angst vor den Konsequenzen, wenn alles aufflog? „Ich bin … ich habe …“ mehr brachte er nicht hervor. John sah ihn an, ein Lächeln spielte um seine Lippen, es wirkte milde, verstehend. Konnte er wissen, was alles durch Roberts Kopf flutete? Ihm Angst machte in dem Meer aus Gedanken zu ertrinken, nicht mehr zu wissen wer und was er war? „Du hast noch nie etwas mit einem Mann gehabt, bist unsicher, ob du das willst … du hast Angst vor dir selbst, deinen Gefühlen …“ formte John die Worte, die Robert sich nicht zu denken traute. „Aber das brauchst du nicht … hab’ keine Angst. Du wirst wissen, was gut für dich ist.“ Johns Gesicht hatte sich Roberts genähert, so dass er die letzten Worte nur flüstern brauchte, damit der andere sie verstand. Schließlich berührte er Roberts Lippen mit seinen, verwickelte ihn in einen sanften Kuss, auf den der Kommissar erst zögernd einging, ihn dann aber unterbrach. „Du hast recht …“ begann er und wagte nicht, ihn anzusehen. „… vielleicht habe ich Angst vor meinen Gefühlen … aber da ist noch etwas.“ Nun starrte er wirklich zu Boden. Er musste die Frage stellen, auch wenn er Angst vor der Antwort hatte. „Nimmst du Drogen? … Dealst du mit dem Zeug?“ Wenn John jetzt ‚ja’ sagte, alles zugab, weshalb er gegen den Clubbesitzer ermittelte. Er müsste seine Kollegen darüber informieren, müsste ihn festnehmen, anzeigen, ins Gefängnis bringen … Sein Kopf versuchte ihm einzureden, dass ein ‚ja’ die bessere Alternative wäre, für ihn selbst. Er könnte dann wieder Robert Ritter sein, in seinem eigenen Leben leben, John wäre nicht mehr da, seine Gefühle könnten wieder in normalen Bahnen laufen. John wäre nicht mehr da. Dieser Satz hallte in seinem Kopf nach und verursachte ein Ziehen in seinem Magen. Seine Gefühle hofften ganz eindeutig auf ein ‚nein’ und rebellierten somit schon wieder gegen seinen Kopf, der doch bisher immer die Kontrolle übernommen hatte. Er versuchte erneut das Chaos aus seinen Gedanken zu verdrängen. Zum Glück antwortete John und erlöste ihn aus der Stille. „Drogen? Ich … nein, wie kommst du denn auf so was?“ fragte er ruhig. Er legte seine Hand an Roberts Kinn und dirigierte dessen Kopf so, dass er ihm in die Augen sehen konnte. Robert konnte erkennen, dass er wirklich so ruhig war, wie es die Stimme vermuten lies. Auch Johns Augen strahlten Ruhe aus, wirkten immer noch so milde, wie kurz zuvor. „Der Barkeeper im Club, Nico oder wie er heißt …“ begann der Kommissar leise, wurde aber von John unterbrochen. „Verkauft er immer noch dieses Dreckszeug an die Gäste?!“ Johns Augen waren schlagartig dunkler geworden, wirkten nun wütend, wie auch seine Stimme. Robert hatte diesen Ausdruck noch nie in seinem Gesicht gesehen und nickte nur. „Dieses Mal fliegt er endgültig raus!“ murmelte John immer noch wütend, schien dabei mehr mit sich selbst zu sprechen, als mit Robert, denn er hatte den Blick von ihm abgewandt. „Du … wusstest es?“ fragte Robert leise und beinahe vorsichtig. John drehte sich wieder zu ihm, sah ihm direkt in die Augen und antwortete, nun wieder ruhiger. „Er hat das schon einmal gemacht. Damals hat er mir geschworen es nicht wieder zu tun, hat mich regelrecht angebettelt, ihn nicht zu entlassen oder anzuzeigen. Ich habe ihm geglaubt … leider, wie sich jetzt zeigt.“ John seufzte. „Jetzt hat er die Chance verspielt, er fliegt und ich gehe zur Polizei. Meinen Club lasse ich mir nicht von einem Dealer ruinieren!“ Robert fühlte sich unendlich erleichtert. John war allem Anschein nach unschuldig! Ein Lächeln zeichnete sich über sein Gesicht. Vorsichtig griff er nach Johns Hand. „Bitte entschuldige, dass ich dachte, du hättest etwas damit zu tun.“ sagte er leise. Roberts Hand fuhr langsam an Johns Arm hinauf, lag nun auf seiner Schulter. „Schon okay …“ begann John gerade, wurde aber von seinem Gegenüber unterbrochen. Die Hand des Jüngeren lag inzwischen in Johns Nacken, die andere streichelte vorsichtig und unsicher über seine Seite. Roberts Lippen lagen auf Johns, geboten ihm inne zu halten, nicht weiter zu sprechen. Der Ältere gehorchte, genoss die weichen Lippen auf seinen, erwiderte den Kuss sanft. Robert hatte gerade eine Grenze überschritten, die er nie zu überschreiten geahnt hätte. Er küsste einen Mann, John, aus freien Stücken. Er selbst hatte den Kuss begonnen, nicht sein Gegenüber, nicht John war es gewesen, er selbst hatte es getan. Hatte es getan, weil er das Bedürfnis danach in sich gespürt hatte, er wollte die weichen Lippen spüren, Johns Zärtlichkeit genießen. John der Name kreiste durch seinen Kopf, verstärkte das Kribbeln in seinem Bauch. Hunderte Schmetterlinge schienen dort gerade den Sieg über seinen Kopf zu feiern und er hatte nichts dagegen, er hoffte sogar, dass die Feier lange dauerte.
Wow...Ein hammer One Shot. Einfach unglaublich! Ich bin total begeistert! Ein Hoch auf deine Kreativität.
Robert tat mir richtig Leid, mit diesem Konflikt. Aber gut, dass John sauber ist. Die Gedanken hast du sehr eindringlich geschildert. Ich konnte mich richtig darin verlieren. Einfach klasse.
Schade finde ich es nur, dass es nicht weiter geht. Ich würde sooo gern wissen, ob Robert John noch die Wahrheit sagt und wie John darauf reagiert. Und vorallem, was aus diesem Barkeeper, Nico, wird...
Kann ich dich viellleicht zu einer Vortsetzung überreden?