Sengende Hitze lag über den weißen Felsen der Teufelsklamm und die Luft flimmerte. Ein einsamer Wanderer folgte den Biegungen der Schlucht. Er war in grobes, graues Tuch gehüllt, welches mit ärmlichen Flicken besetzt war. Plötzlich tauchten mehrere Bewaffnete aus einer Abzweigung der Schlucht auf und bildeten einen lockeren Halbkreis um den Wanderer. „Wer bist du und was willst du hier?" fragte einer der Bewaffneten barsch. „Nur ein armer Pilger auf dem Weg zum Tempel des Shadrach." krächzte der Wanderer und verneigte sich, „Und wer seid ihr, edle Herren?" „Wir sind Tempelsoldaten und haben den Auftrag die Priester zu schützen." Inzwischen hatte sich einer der Soldaten dem Wanderer von hinten genähert und zog ihm die Kapuze aus dem Gesicht. Die Soldaten wichen entsetzt zurück: Der Wanderer war eine Frau - eine Frau, deren einst schönes Gesicht von wulstigen Narben entstellt wurde, die sich kreuz und quer über Stirn, Nase und Wangen zogen. Die Nase schien mehrmals gebrochen gewesen zu sein. Die Frau grinste und krächzte: „Ich weiß, dass ich kein schöner Anblick bin." Mit diesen Worten zog sie die Kapuze wieder ins Gesicht und wandte sich ab. „Scher dich weg, du Hexe, Shadrach wird dir kaum helfen." bellte einer der Soldaten und zog seine Waffe. Die Frau wich zurück: „Aber, edler Herr, ich bitte euch, ihr müsst mich durchlassen. Nur Shadrach ist in der Lage mir zu helfen." „Nichts da, du kommst hier nicht durch." entgegnete der Soldat und stieß mit dem Schwert nach ihr. Behände wich die Pilgerin aus und warf den ärmlichen Mantel beiseite. Die Soldaten keuchten überrascht auf - die Pilgerin trug eine prächtige, gepflegte Rüstung und hatte im nächsten Moment ein glänzendes Schwert in der Hand: „Ich warne euch nur einmal: Kommt mir einer von euch zu nahe, dann sehe ich mich gezwungen ihn zu töten!" Die Soldaten zögerten. „Was ist denn hier los?" fragte eine klare, männliche Stimme hinter der Pilgerin. Diese wirbelte herum. Ein Soldat mit rotem Mantel lehnte an den Felsen und musterte die Gruppe. „Verzeiht, edler Herr, aber ihre Soldaten wollten mich hindern zum Tempel zu gehen." erklärte die Pilgerin. Der Soldat sah zu der Gruppe Wachsoldaten und sagte drohend: „Wenn ich zurückkomme werde ich mich darum kümmern. Und wenn ihr erlaubt, werde ich euch persönlich begleiten." Die Pilgerin schlüpfte wieder in den Mantel: „Das ist nicht nötig. Ich finde den Weg schon allein." Sie wandte sich um und setzte ihren Weg fort. Einer der Soldaten kam zögernd näher: „Entschuldigt, Haupt-mann, aber es war meine Schuld. Ihr Gesicht...hat mich total verwirrt, aber ihre Augen, als sie mich mit dem Schwert in der Hand ansah. Waren ihre Augen jetzt grün oder silbern?" Der Hauptmann sah der davoneilen-den Pilgerin nach: „Ich weiß es nicht..."
Zwei Stunden später hatte die Pilgerin das Ende der Teufelsklamm erreicht und bestaunte nun die Tempelanlage, die in dem anschließenden Kessel gebaut worden war. Eilig schritt sie auf die Stadt zu. Ein gigantischer Felsbogen überspannte als natürliches Tor die Straße. Säulen säumten den Weg bis zum eigentlichen Tempeltor, und an ihren Füßen wachten unheimliche Steinskulpturen über die Straße: Basilisken, Lindwürmer, geflügelte Dämonen und Diwahs. Die Pilgerin musterte unbehaglich die Steinfiguren und hastete an ihnen vorbei. Nach ihr endlos erscheinenden Minuten hatte sie es geschafft, und sie durchschritt das Tor zum heiligen Bezirk, dessen Herz der Tempel war. Sie sah sich suchend um. „ Ja ist es denn die Möglichkeit? Die große Heldin von Jakirama kommt nach Hause." rief eine der Pilgerin wohlbekannte Stimme und im nächsten Moment versank sie in der Umarmung einer älteren Frau. Lachend löste sich die Pilgerin: „Sei mir gegrüßt, Valeria." Die Frau stemmte in die Hüften: „Sei mir gegrüßt, Valeria. Ist das Alles? Wo bleibt deine Erziehung, Rami?" Die Pilgerin lachte: „Hallo Valeria, es tut gut dich wieder zu sehen. Ich habe euch alle so vermisst." Valeria lächelte und strich der Pilgerin über das Gesicht und musterte sie besorgt: „Mir scheint aber, dir hat das Leben in der Arena nicht so gut getan, Ramiraza." Ramiraza zuckte mit den Schultern: „Du weißt doch: Niemand darf sich dem Befehl der Sash-hada widersetzen." Valeria schnaubte: „Aber es ist wider die Natur die eigene...ach, es ist schön, dass du wieder da bist." Ramiraza musterte die Frau, die sie aufgezogen hatte: „Was ist unnatürlich?" Valeria schüttelte den Kopf und zog Ramiraza mit sich: „Es ist nicht gut, heute auf der Straße zu sein." Ramiraza nickte: „Ich weiß. Deswegen bin ich zurückgekommen. Jemand muss das alles beenden." Valeria führte Ramiraza zu dem Haus, in dem sie dreizehn Jahre ihres Lebens verbracht hatte, und das sie seit acht Jahren nicht mehr gesehen hatte. Als Valeria die Tür geschlossen hat-te, drehte sie sich zu ihrer Ziehtochter um und fragte energisch: „Was hast du gesagt?" Ramiraza sah sie aus unergründlich silbergrünen Augen an: „Ich sagte, dass mit diesen Grausamkeiten Schluss gemacht werden muss! Deswegen bin ich zurückgekommen." Valeria schüttelte den Kopf: „Oh nein, junge Dame, du wirst nichts in dieser Hinsicht tun. Ich verbiete dir, dein Leben sinnlos zu vergeuden. Niemand kann Shadrach und seinen Priestern die Stirn bieten. Niemand, hörst du?" Ramiraza sah sie an: „Mutter, ich war Gladiatorin für die Sash-hada...Was glaubst du, wer mir das angetan hat? Die Sash-hada, nachdem ich einen Kampf verloren hatte. Eine Priesterin Azjelas hat mir geholfen, aber gegen das Gift war sogar sie machtlos. Ich habe die letzten zwei Jahre bei den Azjel-saan verbracht..." „Der Schwesternschaft der Azjela?" vergewisserte sich Valeria. „Ja", erwiderte Ramiraza ernst, „Sie haben mir beigebracht, die mir eige-ne Zauberkraft zum Guten zu verwenden, und sie haben es mir ermöglicht all das Leid zu vergessen. Ich bin jetzt eine von ihnen, eine Azjel-saan." Valeria zog Ramiraza an sich: „Mein armes Kind. Du weißt nicht was du dir vorgenommen hast. Aber eines solltest du wissen, egal was du tust, ich achte deine Entscheidungen." Ramiraza blickte sie mit Augen voller Tränen an: „Danke, Valeria." Diese löste sich von ihr und sagte:" Ich nehme an, dass du heute Abend zuschlagen willst. Also, dein Zimmer wartet auf dich. Ich wecke dich recht-zeitig¦." Ramiraza stand auf und verließ den Raum. Seufzend sah Valeria ihr nach: „Ich habe die Lady ge-warnt, dass ihr Vorhaben nie ein gutes Ende nehmen würde."
„...Nein, bitte nicht." Ramiraza starrte ängstlich auf den Dolch, den ihr Gegner in der Hand hielt. „Jetzt ereilt dich das Los der Arena, Ramiraza." Grinsend kam ihr Gegner näher und näher. Mit einem sadistischen Lä-cheln stieß er zu und taumelte im nächsten Moment nach hinten, die Hände an den Hals gelegt und starrte sie ängstlich an. Nach Luft schnappend ging er in die Knie und mit Augen, die sie überrascht ansahen, kippte er zu Boden. Die Menge sprang auf und ein Ruf wurde immer verständlicher: „Sie hat Zauberei angewendet. Das ist verboten." Ramiraza erhob sich taumelnd: „Nein, das war ich nicht, nein, bitte...ich..."
Ramiraza fuhr aus dem Schlaf. Valeria saß bei ihr auf dem Bett: „Du hast schlecht geträumt." Ramiraza strich sich mit der Hand über die Stirn: „Was ist los?" Valeria lächelte warm: „Es ist später Abend und das Essen ist fertig." Ramiraza seufzte und stand auf. Valeria hatte ihr eine Schüssel mit Wasser hingestellt und auf dem Stuhl lag ein schwarzer Mantel. „Ich warte auf dich." sagte Valeria und verließ das Zimmer. Ramiraza wusch sich, schlüpfte in die Rüstung und zog den schwarzen Mantel darüber. Dann folgte sie Valeria in die Küche. Auf dem Tisch stand ein Teller dampfender Suppe und eine Scheibe offenfrischen Brotes lag daneben. Ramiraza setzte sich und aß gehorsam. Als sie fertig war, stand sie auf und brachte das Geschirr zur Ablage: „Ich habe es nicht vergessen." Valeria nickte stumm und musterte sie. Ramiraza schlang nochmals die Arme um Valeria. Diese zauste ihr zärtlich die roten Haare: „Ich bin stolz auf dich, Rami. Du schaffst es bestimmt." Ramiraza löste sich: „Leb wohl, Valeria. Ich werde dich nie vergessen." Dann verließ Ramiraza das Haus und verschwand in der Nacht.
Das zuckende Licht verzerrte die Schatten an der Wand zu dämonenhaften Wesen. Moschus- und Neiyadenrauch stiegen von den vielzähligen Kohlebecken auf und tränkten die Luft. Auf dem mit einem schwarzen Samttuch verhängten Altar lag ein etwa zehnjähriges Mädchen. Um den Altar nahmen dreizehn, in blutrote Seide gekleidete Gestalten Aufstellung. „Heiliger Gebieter, der Sieg wird dein sein." begannen sie mit einem dumpfen Gesang, der sich crescendoartig steigerte, bis ein Gong erschallte, und der Gesang abrupt erstarb. Eine schwarze Gestalt näherte sich dem Altar: „Ist das Opfer bereit?" „Ein unschuldiges Mädchen, gebadet in kaltem Wasser und getauft in Lammblut." erfolgte die einstimmige Antwort. „Gut." erwiderte die Gestalt und kam näher. „Sash-hada, wir erwarten euch." antworteten die Priester. Die Oberpriesterin kam näher und blickte auf das betäubte Mädchen herunter. Sie griff nach dem bereitgelegten Messer und hob den Arm. Das Messer glitzerte silbern in der Höhe. „HALT." schallte eine Stimme durch den Tempel. „Wer wagt es ein Ritu-al für Shadrach zu stören?" fragte die Sash-hada zurück. „Derjenige, der Shadrach in die Dunkelheit zurückschicken wird." antwortete der Fremde und kam näher. Die Sash-hada sah ihm entgegen und versuchte zu ergründen, wer es sein könnte. „Versucht er erst gar nicht, ihr werdet es sogleich erfahren. " mit diesen Wor-ten streifte der Fremde die Kapuze aus dem Gesicht. „Ramiraza,...Du?" Ramiraza lächelte kalt: „Wen habt ihr sonst erwartet, Sash-hada?" Sie schlug den Mantel zurück und zog das Schwert, das Nuami, eine Schwes-ter-saan, ihr geschenkt hatte: „Ich denke, du weißt, warum ich zurückgekommen bin. Ich habe Jakirama nie vergessen." Die Sash-hada lächelte:" Und du hast dich nie gefragt, warum? Ich musste doch etwas tun, um meine Tochter zu retten. Die Tochter, die mir folgen soll." Ramiraza erstarrte. " Nein. Mutter, dass kann nicht dein Ernst sein. Ich soll deine Nachfolgerin werden." rief einer der Priester und trat vor. " Sei still, Hedorianne. Du warst nie dazu ausersehen mir zu folgen. Deine Zauberkräfte sind verschwindend schwach. DU WIRST DEINER JÜNGEREN SCHWESTER DIENEN!" befahl die Sash-hada. Ramiraza hatte sich von ihrem Schreck erholt:" Da muss ich dich leider enttäuschen, Mutter, ich bin nicht deine Tochter. Man nennt mich RAMIRAZA NA-HALL SONNENFEUER und Azjela ist meine Mutter." " Nun gut, es soll sein, wie du willst, aber die Folgen musst du tragen." die Sash-hada lachte spöttisch und ließ den Arm sinken. Das Messer beschrieb einen flimmernden Halbkreis und bohrte sich in den Körper des betäubten Mädchens, das sich aufbäumte und für einen kurzen Moment öffneten sich verschleierte, grüne Augen, wurden klar und verzweifelt. Dann erschlaffte der Körper und das Mädchen sackte zusammen. Die Sash-hada zog das Messer zurück, weiße Kleider färb-ten sich rot. Der schwere, metallische Blutgeruch war für einige Momente stärker wie die Duftkräuter. „Nein", Ramiraza eilte zum Altar und kniete nieder, „Das ist nicht gerecht. Das Mädchen war unschuldig." Plötzlich tauchte ihre Schwester neben ihr auf und hielt ihr einen Dolch an die Kehle: „Du wirst mir meinen Platz nicht wegnehmen. Ich werde die nächste Hohepriesterin." Unbeirrt hielt Ramiraza Hedoriannes Blick stand und sagte sanft: „Du kannst mich töten, wenn du willst, aber ich will nicht werden, was ich werden soll. Shadrach ist ein blutrünstiges Monster ohne Gerechtigkeitssinn. Hedorianne, du bist meine Schwester, egal was passiert." Hedorianne ließ den Dolch sinken: „Ich glaube dir." In diesem Moment fegte ein heißer Wind durch den Saal. Ramiraza sah arlamiert auf. Hinter der Sash-hada war ein widerliches, schwarzes Monster aufgetaucht. Es sah aus wie ein Abkömmling einer Schlange und eines Schakals mit tückischen roten Augen, die unheilvoll glühten. Am meisten erschreckte Ramiraza jedoch die Aura des Bösen, die das Monster umgab. Mit einem Brüllen stürz-te sich Shadrach auf Hedorianne: „Wer bist du, Menschlein, dass du dich gegen meine Befehle wendest?" Ramiraza zögerte nicht und sprang vor Hedorianne: „Verschwinde Shadrach, hier ist kein Platz für deines-gleichen." Das Monster streckte sich genüsslich und grinste: „Ha, ein tapferes Mädchen, wirklich. Willst du dich gegen deinen Vater stellen?" Ramiraza gab ein ersticktes Schluchzen von sich: „Das ist nicht wahr!" Sie hob den Dolch auf, der noch immer neben Hedorianne lag und schleuderte ihn auf die Sash-hada: „Verzeih mir, Mutter, aber das ist der einzige Weg." Shadrach brüllte auf, als der Dolch die Priesterin durchbohrte. „Dafür wirst du bezahlen. Auch wenn du meine eigene TOCHTER bist...Das kann ich dir nicht durchgehen lassen. Sie war deine Mutter." „Sie war mir genauso wenig Mutter wie du mir VATER...Und Hedorianne?" brüllte Ramiraza herausfordernd und blitzte Shadrach aus fast silbernen Augen an. „Sie ist die Tochter eines Schwächlings." erklärte Shadrach verächtlich. „Vielen Dank, dass du mich als Schwächling bezeichnest, aber das können wir jetzt entscheiden, ob ich es wirklich bin." sagte eine Ramiraza wohlbekannte Stimme. Sie drehte sich langsam herum: „Ihr?" Der Hauptmann sah sie leicht lächelnd an: „Ich bin Jelian tian Windwächter. Mehr musst du nicht wissen, Tochter der Sonnenfeuer. Und du bist nicht die Tochter von dem Möchtegerndrachen da." Shadrach brüllte auf: „Möchtergerndrache? Was fällt dir ein?" Jelian grinste spitzbübisch: „Was mir einfällt? Nachdem du hier aufgetaucht bist, dachte ich mir: Schauen wir mal, was der alte Gurkenzauberer so treibt. Und bei was ertappe ich ihn? ... Beim Lügenerzählen! Du weißt ganz genau, dass Ramiraza nicht deine Tochter ist." Der Dämon brüllte erneut und ein Beben erschütterte den Tempel. „War das etwa Alles?" fragte Jelian unschuldig und blickte Shadrach aus saphirblauen Augen an. Shadrach zischte und begann in einer unbekannten Sprache zu murmeln. „Halt, das ist unfair", erklärte Jelian energisch, „Am bes-ten ihr haltet euch fest, Mädchen." Im selben Moment erschütterte ein weiteres, viel heftigeres Beben den Tempel. Jelian hob die Hände und begann in einer melodischen Sprache zu singen. Shadrach war auf ein-mal von Blumen bedeckt und leuchtete. „Ist das Alles, was du beherrschst, Windwächter? Spielereien?" frag-te der Dämon lauernd. „Nein, ich kann noch viel mehr. Aber du weißt genauso gut wie ich, dass es uns ver-boten ist, uns in das Leben der Sterblichen einzumischen. Nur der vermoderte Drachendämon musste mal wieder beweisen, dass die Gebote der Götter nicht für ihn gelten. Diesmal werde ich es zu verhindern wis-sen..." Shadrach lachte hallend: „Du? Du willst mich aufhalten. Du hast schon das letzte Mal versagt und dabei in das Schicksal einer Sterblichen eingegriffen. Ein Windwächter wie du ist kein Gegner für mich." Jeli-ans Gesicht spiegelte seine Gefühle wieder: Seine Augen waren dunkel vor Schmerz, aber die Lippen waren schmal und seine ganze Haltung drückte Entschlossenheit aus:“Das letzte Mal, als wir uns begegnet sind, habe ich Fehler gemacht, das ist wahr. Fehler, für die ich gebüßt habe. Nur diesmal werde ich nicht auf dich hereinfallen...ich weiß, was ich von dir zu halten habe!" Shadrach begann erneut in der fremden Sprache zu zischen und seine Klauen leuchteten in einem blutroten, pulsierenden Licht; Jelian fuhr mit seinen melodischen Beschwörungen fort und erstrahlte in hellem, weißem, aber dennoch sanftem Licht. Der Raum begann zu verschwimmen und verzerrte alle Formen. Von Schmer-zen gepeinigt wand sich Ramiraza am Boden. Sie sah noch das helle, schmerzhaft gleißende Licht, als die Zauberkräfte der beiden Kontrahenten aufeinander trafen und verlor dann das Bewusstsein... Als sie wieder zu sich kam, setzte sie sich auf und sah sich um. Sie war von tiefer Dunkelheit umgeben, die ihre Augen nicht durchdringen konnten. Vorsichtig tastete sie sich in die Richtung, in der sie Hedorianne vermutete und stieß an einen liegenden Körper. Mit fliegenden Fingern taste sie ihn ab und erstarrte. „Oh nein, Hedorianne, bitte." rief sie verzweifelt und barg den Kopf der Schwester im Schoß. „Weine nicht, kleine Ramiraza." sagte eine Stimme. Sie sah auf: „Wer seid ihr?" „Wer ich bin? Das wisst ihr sehr genau." erklärte die Stimme des Hauptmanns bestimmt. „Jelian?" fragte Ramiraza unsicher. „Wer sonst?" „Wo seid ihr?" fragte sie zaghaft weiter, denn seine Stimme klang so nah. „Ich stehe direkt vor euch." entgegnete Jeli-an, und blickte traurig in die stumpf wirkenden, grünen Augen, denen jegliches Silberfunkeln fehlte. „Ich kann euch nicht sehen. Warum ist es so dunkel?" Ramiraza wurde panisch - irgendetwas stimmte nicht. „Hast du das Lichtspiel beobachtet?" wollte Jelian wissen. Sie nickte nur. „Das heilige Licht von Pelan. Du hast etwas angesehen, was nicht für deine Augen bestimmt war. Dieses Licht ist zu hell für deine Augen. Es tut mir leid, aber du bist blind." erklärte Jelian geduldig. „Blind?" wiederholte Ramiraza entsetzt und begann zu schluchzen, „Meine Schwester ist tot; ich bin blind; Das darf doch nicht wahr sein. Ist das der Lohn dafür, dass ich helfen wollte?" „Nicht, bitte..." Jelian strich ihr sanft über das Haar und das Gesicht. Auf einmal war es Ramiraza als würde Hedorianne sich bewegen und tatsächlich - Hedorianne atmete wieder. „Aber das ist unmöglich." hauchte sie ungläubig. „Warum?" fragte Jelian mit einem amüsierten Unterton in der Stimme. „Ramiraza?" fragte Hedorianne verwirrt und setzte sich auf. „Es ist alles in Ordnung." antwortete diese sanft, „Jelian, es ist ein Wunder." „Mit wem redest du eigentlich?" wollte Hedorianne wissen. „Mit dem Hauptmann, der uns geholfen hat." entgegnete Ramiraza verwirrt. Sie spürte, wie Hedorianne ihr mit einer Hand über das Gesicht strich: „Deine Narben,...sie sind weg. Hier, sieh!" Hedorianne hielt ihrer Schwester ein Schwert vor das Gesicht. „Lass es gut sein. Ich sehe es ja doch nicht. Ich bin blind." Hedorianne musterte ihre Schwester: „Dann werde ich bei dir bleiben und dir helfen. Jemand muss für dich sorgen." Ramiraza schüttelte den Kopf: „Nein! Ich will dir nicht zur Last fallen. Außerdem gibt es jemanden, der mir helfen wird - Nuami, eine Azjel-saan wie ich." „Glaubst du, ich könnte auch..." fragte Hedorianne zögernd. Ramiraza lächelte warm: „Sicher. Sie werden dich aufnehmen." Die beiden Schwestern erhoben sich und Hedorianne half Ramiraza den düsteren Ort zu verlassen. Die Strahlen der aufgehenden Sonne fielen auf Ramirazas Gesicht, und sie fühlte de-ren Wärme. „Ich grüße dich, Herrin Azjela" flüsterte Ramiraza ergriffen. Im selben Moment begann sich der dunkle Schleier vor ihren Augen zu lichten; wie ein Kind bestaunte Ramiraza den strahlenden Sonnenaufgang in seiner Farbenvielfalt. Nach einer Weile zog sie ihr Schwert und betrachtete schweigend ihr Gesicht. Für einen Moment glaubte sie, Jelians Gesicht neben dem ihren zu sehen. „Für dich, meine Tochter!" wehte seine Stimme leise mit dem Wind...
Also ich kannte die Story noch nicht, hab sie aber jetzt gelesen... die ist klasse. Schade, dass du nicht 24 Stunden am Tag schreiben kannst. Dein Stil ist einzigartig.