„Der Krieg hat begonnen“, sagte Florian König zu den Männern, die im Halbkreis vor ihm standen. Mit ernsten Gesichtern nickten sie. Florian leitete eine der vielen Guerillagruppen, die in Kroatien gegen die Übermacht der Serben kämpfte. Die jungen Männer und Frauen, die sich diesen Gruppen angeschlossen hatten, kamen aus den unterschiedlichsten Familien, hatten oft ihre Angehörigen und Freunde verloren und wollten nur noch Rache. Rache an den Serben, die ihr Land überfallen, die Väter und Söhne getötet, die Frauen und Mädchen verschleppt hatten. Unbändiger Hass erfüllte sie und trieb sie ständig voran. Und sie wollten Rache an den Amerikanern, die die Serben unterstützten. Viele der Leute hier wussten, dass die Serben sich das Vertrauen und die Hilfe der Amerikaner mit falschen Mitteln und Bestechungen erschlichen hatten, aber dieses Wissen half ihnen nicht wirklich. Die amerikanischen Soldaten waren Feinde. Florian selber hatte mit ansehen müssen, wie man seine Eltern erschossen hatte. Man hatte ihn zusammengeschlagen und gefesselt, bevor man sich über seine Schwestern hergemacht hatte. Die verzweifelten Hilferufe und die Schmerzensschreie konnte er einfach nicht aus seinem Kopf bekommen. Man hatte ihn damals gezwungen, der Vergewaltigung zuzusehen, bevor man die Mädchen mit Kopfschüssen kaltblütig getötet hatte. Dann hatten die Soldaten Florian in ein Gefängnis gebracht. Sie wollten etwas über das Erbe der Familie, über Vermögen und andere Besitztümer wissen, doch Florian schwieg beharrlich und ertrug die Folter. Zwei Wochen nach seiner Inhaftierung gelang ihm die Flucht. Er hatte sich nach Kroatien durchgekämpft und sich einer Gruppe von Freiheitskämpfern angeschlossen. Durch seinen Wagemut, seine hohe Intelligenz und seine Brutalität gegenüber den Serben und Amerikanern war er schnell zum Führer der Gruppe aufgestiegen. Die anderen Mitglieder achteten und fürchteten ihn gleichzeitig. Florian war unberechenbar und sehr launisch. Seine Laune wechselten oft ohne Vorwarung von einer Sekunde zur anderen. Hin und wieder hatte er eigene Leute hingerichtet, weil er sie für Verräter gehalten hatte. Er hatte nicht immer Recht gehabt. Das Camp der Freiheitskämpfer befand sich an der Grenze zu Serbien, weit im Osten Kroatiens. Im Moment herrschte Stille. Florian und zwei seiner Stellvertreter teilten der Gruppe gerade einen Plan mit. Man hatte sich vorgenommen, ein amerikanisches Soldatencamp zu überfallen und die Amerikaner zu töten. Man wollte diesen Menschen einfach zeigen, wie unerwünscht sie hier waren.
„Wir müssen uns sehr vorsehen“, warnte Rick Digson seinen vorgesetzten Offizier. Kai Ebel nickte leicht. Der Mann war Deutscher, diente aber in der Army als Captain. Sein Vater war Soldat gewesen und vor Jahren in einem Gefecht in Afghanistan ums Leben gekommen. Kai hatte den größten Wunsch seines Vater erfüllt und war in dessen Fußstapfen getreten. Und er war erfolgreich. Mit gerade einmal 28 Jahren war er mit Abstand der jüngste Captain in der ganzen amerikanischen Armee. Diesen Rang hatte er mit Disziplin, Mut und Intelligenz errungen. Sein jahrelanges Training bei den SEALs hatte ihn geprägt und abgehärtet. Und es hatte ihn auf ein Leben vorbereitet, welches er jetzt führte. Im Moment hielt er sich mit seinen Männern in einem Camp in der Nähe der kroatisch-serbischen Grenze auf und versuchte, die Kroaten von Überfällen auf das Nachbarland abzuhalten. Den unbändigen Hass der Kroaten hatte er schon oft zu spüren bekommen und in gewissem Sinne verstand er ihn auch. Er und seine Männer waren Eindringlinge und Kai verstand nicht wirklich, warum die Serben die Unterstützung der Vereinigten Staaten brauchten. Sie hatten weder einen wirklichen Grund, Kroatien anzugreifen, noch waren sie ihrem Nachbarland unterlegen. Er zuckte mit den Schultern. ‘Nicht mein Bier’, dachte er. ‘Die da oben werden sich schon etwas dabei denken.’ „Sir?“ Digson sah seinen Vorgesetzten fragend an. „Entschuldigung“, murmelte Kai. „Ich war in Gedanken. Verdoppeln Sie die Wachen. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass es hier bald sehr brenzlig wird.“ „Sie glauben, diese Wilden grei...“ Weiter kam Digson nicht, denn Kai hatte ihn am Kragen gepackt und drückte ihm die Luft ab. „Nicht Wilde, Lieutenant. Es sind Menschen, die für ihr Land und ihre Freiheit kämpfen. Und auch wenn sie unsere Gegner sind, haben Sie für ihren Mut und ihr Durchhaltevermögen unseren Respekt verdient. Verstanden?“ „Ja, Sir“, röchelte Digson. Kai ließ ihn los und er keuchte schwer. „Führen Sie den Befehl aus, den ich ihnen gegeben habe“, sagte Kai, drehte sich um und verschwand in seinem Zelt. Der böse Blick seines Ersten Offiziers brannte in seinem Rücken.
„Ich bitte dich, Herr, erleuchte meinen Pfad und führe mich auf dem richtigen Weg“, flüsterte Florian. Er kniete in seinem Zelt vor einem Kreuz. Zwischen seinen Händen baumelte eine Kette mit einem kleinen goldenen Kreuz, an welchem eine kleine Jesusfigur hing. Diese Kette hatte einmal seiner Mutter gehört. Es war das Einzigste, was er noch besaß. Langsam erhob er sich und ging zu seinem Tisch. Es war ein selbstgebauter Holztisch, auf welchem einige Waffen und Tarnkleidung lagen. Er zog sich hastig an, bemalte sein Gesicht mit brauner und grüner Farbe und ging nach draußen zu den anderen. „Mirza, Samira, Blacenko, ihr kommt mit mir. Wir legen die Sprengsätze, wie abgesprochen. Danach verschwindet ihr. Ich verbinde die Teile und jage sie hoch.“ „Okay“, sagte die drei gleichzeitig und machten sich auf den Weg. Begleitet von den Hoffnungen und guten Wünschen der anderen.
Nach einer Stunde war alles fertig. Florian wollte die anderen gerade wegschicken, als eine amerikanische Patrouille auftauchte. Die Männer schossen sofort. Samira sackte tödlich getroffen neben Florian zusammen. Der kauerte sich hinter einen Baumstamm und zog seine Waffe. Es war eine amerikanische Maschinenpistole, die er einem Soldaten abgenommen hatte. Danach hatte er den Mann mit dieser Waffe getötet. Hastig entsicherte er sie und visierte einen Soldaten an. Er schoss und traf. Sein Gegner sackte zusammen. Allerdings waren die anderen Soldaten in dem Camp durch den Lärm aufgeschreckt worden. Helle Lichtstrahler zerschnitten plötzlich die Dunkelheit. Florian war geblendet und deckte instinktiv die Augen mit den Händen ab. Das war jedoch ein Fehler. Er hielt die Waffe nicht fest. Sie wurde ihm von einem Soldaten aus der Hand getreten. Der Mann hielt seine Waffe auf Florians Kopf gerichtet. Der kniete vor dem Soldaten und sah ihn aus leicht zusammengekniffenen Augen an. Langsam krümmte der Offizier den Zeigefinger. Florian schloss mit allem ab und machte die Augen zu. Doch der Schuss kam nicht. Stattdessen packten ihn zwei weitere Soldaten und fesselten seine Hände mit Handschellen auf dem Rücken. Sie zogen ihn auf die Beine. Florian blickte sie ein wenig verwirrt an. Der Soldat mit der Waffe holte aus und hieb Florian den Gewehrkolben in den Magen. Mit einem schmerzerfüllten Stöhnen sackte er nach vorn, wurde jedoch von den Soldaten aufgefangen. Ein leichter Brechreiz machte sich in ihm breit. „Bastard“, murmelte einer der Offiziere. Dann brachten sie Florian ins Camp.
Florian lag vor dem Zelt des Captains der Einheit. Er konnte nicht stehen, da die Soldaten ihn zusammengeschlagen hatten. Blut lief sein Gesicht hinab und versickerte in seinem zerschlissenen Pullover. Zwei Soldaten zerrten ihn hoch, als der Captain der Einheit nach draußen trat. Er war ungefähr in Florians Alter und blickte Gefangenen mißbilligend an. „Was ist mit ihm passiert?“, fragte er den Mann, der sein Maschinengewehr nach wie vor auf Florian gerichtet hielt. „Er hat sich gewehrt“, murmelte Digson. „Natürlich. Mit Handschellen.“ Wütend funkelte der Captain Digson an. „Erstatten Sie Bericht.“ „Wir haben ihn und drei seiner Leute dabei erwischt, wie sie Sprengsätze um das Lager verteilt haben. Sie wollten uns in die Luft jagen. Drei sind tot, ihn haben wir gefangen nehmen können. Ich denke, es ist ihr Anführer. Er hat Barry erschossen.“ Wütend sah Kai Florian an. Barry Wigum war sein Freund und engster Vertrauter gewesen. „Bringt ihn in mein Zelt. Ich verhöre ihn.“ Florian wurde in Kais Zelt gebracht und auf einen Stuhl gesetzt. Kai schickte die Soldaten raus und setzte sich Florian gegenüber. Er zündete sich eine Zigarette an, schaltete eine Stehlampe ein und leuchtet Florian ins Gesicht. Der drehte den Kopf zur Seite und kniff die Augen zusammen. „Wie heißen Sie?“ Florian antwortete nicht. Er wollte einfach nur sterben. Hier würde er sowieso nicht lebend rauskommen, also musste er auch nicht reden. „Wie heißen Sie?“, fragte Kai erneut, diesmal schärfer. Florian sah ihn direkt an. Seine Augen hatten sich inzwischen an die Helligkeit gewöhnt. „Nun gut, es geht auch so. Ich heiße Kai Ebel und bin der Captain dieser Einheit.“ Er stand auf und ging einige Schritte. „Wir sind hier, um die Serben zu unterstützen und...“ „Wobei unterstützen?“, fauchte Florian. Kai sah ihn ein wenig erstaunt an. „Bei einem Völkermord? Das schaffen die Serben auch allein. Aber Sie müssen sich ja immer überall einmischen. Verdammte Amerikaner.“ Kai trat einen Schritt auf Florian zu. „Sie können also doch reden. Und sogar in fließendem Englisch.“ „Ja.“ „Dann hören Sie mir zu. Ich bin hier, weil man unser Land um einen Gefallen gebeten hat. Die serbische Regierung kommt nämlich nicht mit Ihren feigen Anschlägen klar.“ „Wir sind nicht feige. Wir nutzen nur unsere einzige Chance. Die Serben sind feige. Sie sind uns überlegen. Aber sie lassen uns nicht unsere Freiheit, sondern ermorden jeden, der gegen sie ist.“ Florian wurde immer lauter. „Und Sie sind feige, Captain. Sie kämpfen einen Kampf, ohne die Hintergründe zu kennen. Sie verstecken sich hinter Befehlen, denn Sie haben Angst, zu erkennen, dass Sie auf der falschen Seite stehen.“ Kai holte aus und schlug Florian mit dem Handrücken mitten ins Gesicht. „Reden Sie nicht in diesem Ton mit mir. Sie sind nicht wirklich in der Position, um mir solche Vorhaltungen zu machen.“ Florian hatte sich auf die Zunge gebissen. Blut sammelte sich in seinem Mund und lief aus seinem Mundwinkel. „Ja, schlagen Sie mich, wenn Sie sich dann besser fühlen. Es ist ja auch so großmütig, auf einen gefesselten und wehrlosen Menschen einzuprügeln.“ „Sie werden meine Fragen beantworten“, zischte Kai leise. „Das schwöre ich Ihnen.“ Er rief Digson rein. „Bringt ihn weg.“ Digson packte Florian und zog ihn hoch. Der ging widerstandslos mit. Am Eingang des Zeltes blieb er stehen und drehte sich um. „Florian König“, sagte er. Kai blickte ihn erstaunt an. „Wieso jetzt?“ „Ich dachte, Sie sollten lieber wissen, an wem Sie sich die Zähne ausbeißen.“ Er wand sich um und ging nach draußen. Eine ganze Weile blickte Kai ihm schweigend nach. Er dachte über Florians Worte nach. Der Mann nötigte ihm einen gewissen Respekt ab. Er hatte einen enormen Stolz. Er war so dünn, dass er kaum stehen konnte, hatte wahrscheinlich wochenlang weder etwas vernünftiges gegessen noch richtig geschlafen, aber sein Wille war ungebrochen.
Florian wurde in einen Holzkäfig gebracht, vor dem sich zwei Wachen postierten. Die Handschellen trug er noch immer. Seine Handgelenke waren inzwischen wund und schmerzten. Mit einem Seufzen setzte er sich auf den Boden und lehnte den Kopf gegen die Holzstämme. Er schloss die Augen und schlief ein. Mitten in der Nacht wurde er geweckt. Digson stand hinter ihm und sah ihn böse an. Der Mann war ein Sadist und Florian hatte Angst vor ihm. Im Gegensatz zum Captain dieser Einheit hatte der Mann Spaß daran, andere Menschen zu quälen. „Einen Mucks und du bist tot“, zischte Digson leise. Er öffnete die Tür und holte Florian raus. Er presste einen Revolver gegen den Hals des Mannes und brachte ihn nach draußen vor die Palisade, die das Lager schützte. Er trieb ihn in den Wald zu einer Lichtung. Dort verpasste er ihm einen Tritt gegen die Kniekehlen, so dass Florian hinfiel und hart mit dem Gesicht auf den Boden aufschlug. Zwei Männer kamen hinter Bäumen hervor. Ängstlich sah Florian sie an. Er war völlig wehrlos. „Du hast heute einen Fehler gemacht. Du hast unseren Freund erschossen. Und dafür wirst du bezahlen.“ Mit der Spitze seiner Stiefel stieß er Florian an der Schulter. Der rollte auf den Rücken. Die zwei Soldaten, die sich bis jetzt zurück gehalten hatten, hievten ihn hoch und hielten ihn fest. Digson grinste böse und schlug zu. Wie ein Wahnsinniger prügelte er auf den wehrlosen Gefangenen ein. Er hieb ihm ins Gesicht, in den Magen, gegen die Brust. Erst als Florian blutüberströmt in sich zusammensackte, ließ er von ihm ab. „Der hat genug“, murmelte Digson. „Für heute.“ Er wartete, bis Florian wach war. Dann presste er ihm den Revolver in den Mund. „Wenn du dem Captain was sagst, mache ich dich kalt.“ Eingeschüchtert und benommen vor Schmerzen nickte Florian. Er wollte nur schlafen. Oder noch besser sterben. Digson brachte ihn zusammen mit den anderen in seine Zelle und ließ ihn allein.
Als Kai Florian am nächsten Morgen sah, traf ihn fast der Schlag. Der Gefangene lag mit blutverkrustetem Gesicht auf dem Boden seiner Zelle. Zitternd sah er Kai an. Der rief den Arzt des Lagers zu sich, der sich um Florian kümmerte. „Nehmen Sie ihm die Handschellen ab“, sagte er zu Kai. Unsicher sah der ihn an. „Glauben Sie mir, Captain. Der tut niemandem etwas. Dazu ist er im Moment nicht fähig.“ „Ich erwarte ihren Bericht“, sagte Kai und schloss die Handschellen auf. Wutentbrannt stapfte er davon. „Digson“, brüllte er zum Tor hinüber. Der kam angelaufen. „Sir?“, fragte er unschuldig. „Wo waren Sie gestern Abend?“ „Ich habe die ganze Nacht mit Preech und Linston Karten gespielt.“ Kai rief die Männer und die bestätigten die Aussage. „Ihr habt sicher gehört, was mit dem Gefangenen passiert ist. Wenn ich herausfinde, wer ihm das angetan hat, wird derjenige es bitter bereuen.“
Einige Stunden später saß Florian in Kais Zelt. Er trug wieder die Handschellen, sah inzwischen aber besser aus. Der Arzt hatte ihm das Gesicht gewaschen und die Wunden versorgt. Kai blickte Florian ernst an. „Es tut mir leid, was passiert ist. Das sind nicht meine Methoden.“ „Ihr Methoden. Amerikanische Methoden. Es ist doch egal.“ Florian konnte kaum sprechen. „Sie haben gestern nur ein Mal zugeschlagen. Die anderen eben einige Male öfter. Ihr seid doch alle gleich. Typisch amerikanisch.“ „Ich sage auch nicht, typisch Kroate. Lassen Sie die Verallgemeinerungen. Sagen Sie mir lieber, wer das war.“ Florian schwieg. „Warum schützen Sie diese Sadisten?“ „Damit es beim nächsten Mal nicht schlimmer wird. Sie werden ja wohl kaum Ihre eigenen Männer bestrafen, bloß weil sie einen Gefangenen etwas derber angefasst haben. Das ist nicht amerikanisch.“ „Verflucht noch mal“, schimpfte Kai über Florians Sturheit. „Ich bin kein Amerikaner. Ich bin Deutscher. Und ich werde diejenigen schon finden, die das getan haben. Vielleicht springe ich nicht sanft mit Ihnen um, aber ich werde Ihnen nicht wehtun, bloß weil es mir Spaß macht, Menschen leiden zu sehen. Ich will Informationen von Ihnen, die mir und anderen Menschen das Leben retten können.“ Florian sah Kai erstaunt an. „Sie sind Deutscher?“ Kai nickte leicht. „Sehr erstaunt, dass ich kein böser Amerikaner bin?“ Leicht schüttelte Florian den Kopf. Dann schluckte er hart. „Ich werde Ihnen nichts über meine Leute verraten, Captain. Warum erschießen Sie mich nicht gleich?“ „Sie haben es aber eilig zu sterben.“ „Vielleicht will ich nur zu meiner Familie“, murmelte Florian. Kai sah die Angst in den Augen des jungen Mannes. Er blickte ihn ernst an. „Ich verspreche Ihnen, Florian, dass die Täter das nicht noch einmal mit Ihnen machen.“ „Die Namen kann ich Ihnen trotzdem nicht sagen.“ „Brauchen Sie auch nicht. Ich weiß sehr genau, wer das getan hat. Aber bevor ich handele, brauche ich Beweise.“ Eine Weile blickten sich die beiden Männer an. Kai nahm eine Zigarette vom Tisch und zündete sie sich an. „Können Sie mir etwas verraten, Florian?“ „Keine Ahnung.“ „Es ist nichts Militärisches. Nur, seit ich hier bin, wundert mich die Hartnäckigkeit der kroatischen Bevölkerung. Sie haben sich von Jugoslawien losgesagt, obwohl sie um die Konsequenzen wussten. Sie kämpften einen aussichtslosen Kampf gegen Serbien, den sie nie gewinnen konnten. Jetzt kämpfen Sie sogar gegen uns. Existiert das Wort aufgeben in ihrem Wortschatz etwa nicht?“ Eine Weile sagte Florian nichts. Dann jedoch sah er Kai ernst an. „Stellen Sie sich vor, jemand würde an Ihre Tür klopfen und Ihnen alles nehmen. Ihre Familie, Ihren Besitz, Ihre Würde. Er würde Ihnen vorschreiben, was Sie zu denken und zu sagen haben. Wenn Sie dagegen verstoßen, würden Sie leiden. Wir hängen an unserer Heimat und an unserer Identität. Wir werden weiterkämpfen, solange wir noch stehen können. Und wenn die ganze Welt unser Gegner wäre.“ Nachdenklich sah Kai Florian an. Er nahm den Schlüssel der Handschellen hervor und schloss sie auf. In einer Hand hielt er seine Waffe. „Keine Dummheiten machen.“ Er schob Florian etwas zu essen und zu trinken hinüber. Dazu legte er ihm eine Zigarette hin. Florian zögerte erst, aß dann jedoch hastig. Er schlang alles hinunter, was Kai ihm vorsetzte. Als er fertig war, nahm er die Zigarette und blickte sie eine Weile an. „Die Marke kenne ich. Sie wird nur in Köln und Umgebung hergestellt.“ Verblüfft sah Kai Florian an. „Das ist richtig. Ich komme aus Mönchengladbach, das liegt bei Köln.“ „Ich weiß.“ „Ich arbeite im Zivilleben in Köln.“ Jetzt war es Florian, der erstaunt war. „Zivilleben? Sie sind kein Berufssoldat?“ „Nein. Genausowenig wie Sie.“ Florian rauchte die Zigarette und wurde dann von Kai in seine Zelle gebracht. Dort harrte er der Dinge, die in der Nacht passieren würden. Er wusste, dass der Erste Offizier von Kai wiederkommen würde. Und er glaubte nicht daran, dass Kai dagegen etwas unternehmen würde.
Florian wollte es zwar nicht, war aber doch eingenickt. Er wurde wach, als Digson ihn hochriss. „Hast ja brav die Schnauze gehalten. Dafür schlage ich heute auch nicht ganz so hart zu.“ Er zog Florian nach draußen und schob ihn vor sich her aus dem Lager hinaus. Im Wald warteten bereits die anderen beiden Soldaten auf ihr Opfer. Sie nahmen Florian zwischen sich, wie in der vergangenen Nacht. Als Digson ausholte, um zuzuschlagen, tauchte hinter ihm plötzlich eine dunkle Gestalt auf. „Wagen Sie es ja nicht, Digson.“ Kais Stimme war eiskalt und schneidend. Erschrocken drehte Digson sich um und blickte seinen Captain an. Preech und Linston ließen Florian sofort los. „Ich wusste es, dass ihr drei es getan habt. Ihr perversen kleinen Schweine.“ „Und das von Ihnen. Wer von uns poppt denn mit Männern rum? Sie wollen den kleinen wahrscheinlich nur ins Bett kriegen.“ Kai hatte die Hände zu Fäusten geballt. Ohne den Blick von Digson abzuwenden, sagte er zu den anderen beiden Soldaten: „Bringt ihn in seine Zelle. Und es gnade euch Gott, wenn er auch nur eine kleine Schramme mehr hat, als jetzt.“ Die Soldaten gingen hastig. Sie hielten Florian fest, damit der nicht stolperte. Sie wussten, dass sie es übertrieben hatten. Und sie würden dafür büßen müssen. Kai wand sein Aufmerksamkeit wieder Digson zu, der plötzlich ziemlich klein und verängstigt wirkte. Hart hieb er ihm seine Faust ins Gesicht. Mit einem Stöhnen kippte Digson nach hinten, doch Kai hielt ihn am Arm fest. „Na, wie gefällt Ihnen das? Florian war gefesselt und wehrlos gegen euch drei. Aber auf sowas steht ihr ja.“ Er schlug erneut zu. Und Digson litt um einiges mehr, als Florian in der vergangenen Nacht. Als er schließlich bewusstlos vor Kais Füßen lag, zog der seinen Revolver und richtete ihn auf Digson. Der öffnete gerade die Augen und wollte einen Schrei ausstoßen, doch Kai trat ihm ins Gesicht. Dann richtete er die Waffe auf die Stirn des Mannes und drückte ab.
Am nächsten Morgen stand die gesamte Einheit vor Kai. Mit hängenden Köpfen standen Preech und Linston neben ihrem Kommandanten. „Es ist zu einigen brutalen Übergriffen auf Gefangene gekommen, wie ihr alles wisst. Digson war der Anführer dieser Aktionen. Er hatte letzte Nacht leider einen Unfall. Er hat mich angegriffen und ich musste ihn erschießen.“ Florian riss erstaunt die Augen auf. Er hockte auf dem Boden und lauschte interessiert Kais Ansprache. Und er musste sich eingestehen, dass er genauso mit seinen Leuten verfahren wäre, wenn er an Kais Stelle wäre. Er entdeckte einige Gemeinsamkeiten zwischen dem Captain und sich selber. Und das gefiel ihm nicht wirklich. „Preech und Linston haben Digson geholfen.“ Er wand sich an die Männer. „Sie werden zusätzliche Wachschichten übernehmen, ihre Essensrationen werden halbiert. Und wenn Sie wieder in den Vereinigten Statten sind, meine Herren, werden Sie sich vor einem Militärgericht wegen Ihrer Taten verantworten. Man wird Sie aus der Armee entlassen und Sie werden lange in einem Gefängnis sitzen. Wegtreten.“ Reginald Donaldson, Kais neuer Erster Offizier trat auf seinen Vorgesetzten zu. „Sie haben richtig gehandelt. Diese Männer waren gemeingefährlich.“ „Ich bin zwar schwul, Lieutenant Donaldson, Arschkriecherei mag ich aber trotzdem nicht. Wegtreten.“ Donaldson verschwand mit hochrotem Gesicht, während einige der Soldaten lachten. Als Kai sich zu Florian umdrehte, sah er auch auf dessen Gesicht ein leichtes Grinsen. Er trat vor den Käfig. „Und? Zufrieden?“ „Mehr entsetzt über die Art und Weise, wie Sie einige Dinge handhaben.“ Kai lächelte und schloss die Tür auf. Der fasste Florian am Arm und brachte ihn in sein Zelt. „Haben Sie ein Problem damit, dass ich die Verhöre allein durchführe? Ich meine, wegen meiner sexuellen Orientierung. Dann könnte auch jemand anders mit dabei sein.“ „Ich hoffe doch, dass Sie mich erst einmal zum Essen einladen, bevor Sie versuchen, mich ins Bett zu kriegen“, konterte Florian. Kai lachte auf. „Sie können gut reagieren.“ „Muss ich auch.“ „Wie meinen Sie das?“ Florian schielte auf das Essen. Kai nickte, befreite ihn von den Handschellen und ließ ihn essen. Mit der Waffe in der Hand saß er auf seinem Bett. „Ich meinte, ich muss kontern können. Ich bin schließlich auch kein ausgebildeter Freiheitskämpfer, wie sie bereits festgestellt haben.“ „Sondern?“ „Ich habe Journalistik studiert und arbeite als Sportmoderator beim Zagreber Staatsfernsehen.“ Erstaunt sah Kai ihn an. „Sie sind Journalist?“ Florian nickte bestätigend. „Ich auch“, gab Kai zu. „Oh“, murmelte Florian. „Sie arbeiten in Köln, haben Sie gestern gesagt. Bei diesem neuen Fernsehsender?“ „Bei RTL, richtig.“ „In welchem Bereich?“ „Ursprünglich als Kommentator und Moderator für Boxübertragungen. Aber seit zwei Jahren moderiere ich die Formel 1 - Übertragungen und bin als Reporter vor Ort tätig.“ Florian verschluckte sich fast. Ungläubig schaute er Kai an. „Unser Sender wollte, bevor dieser dämliche Krieg anfing, auch mal versuchen, die Zuschauer für die Formel 1 zu begeistern. Ich sollte die Moderation der Sendungen übernehmen.“ „Waren Sie mal in Deutschland?“ „Ja. Ich habe ein Jahr lang in Köln studiert.“ Kai lächelte. „Dann können wir das Englisch ja weglassen“, sagte er auf Deutsch. „Ist mir auch lieber“, gestand Florian. Eine Weile unterhielten sich die beiden Männer noch über den Sport. Kai erzählte von seinem besten Freund Heinz-Harald Frentzen, der jetzt auch als Fahrer in die Formel 1 wechselte. Florian unterrichtete Kai von seinem Studium in Köln. Irgendwann wurde Kai wieder ernst. „Was soll ich nur mit Ihnen machen?“, murmelte er und sah Florian fragend an. „Was Sie tun müssen.“ „Mein Befehl lautet, jeden Gefangenen zu verhören und ihn zu erschießen.“ Florian schluckte leicht. „Dann sollten Sie ihre Befehle ausführen. Aber zielen Sie bitte richtig.“ Für Sekunden leuchtete Angst in seinen Augen auf. „Ich hätte an Ihrer Stelle viel mehr Angst. Was haben Sie schon alles durchgemacht, dass Sie den Tod so wenig fürchten?“ „Viel mehr, als viele Menschen ertragen können.“ Florian sah Kai ernst an. „Sie kämpfen auf der falschen Seite, Captain. Sie sollten Kroatien in seinem Freiheitskampf unterstützen, anstatt den Serben bei einem Völkermord zu helfen.“ „Soweit ich weiß, gehen die Serben doch sehr human bei ihren Attacken vor.“ Er sah den Hass in Florians Augen. „Was weiß ich nicht?“ „Soll ich es Ihnen wirklich erzählen?“ „Bitte. Wie soll ich sonst eine vernünftige Entscheidung treffen?“ Florian atmete tief durch. Dann erzählte er Kai von den Greultaten, die er gesehen und ertragen hatte. Die Ermordung seiner Eltern und der gesamten Familie. Die brutale Vergewaltigung seiner jüngeren Schwestern. Ihr Erschießung. Seine eigene Folter und seine Flucht in die Heimat und in die Wälder zu den Freiheitskämpfern. „Ich will Rache, Kai. Rache für den Schmerz, den sie mir zugefügt haben. Rache für die Schmerzen, die meine beiden Schwestern vor ihrem Tod erleiden mussten. Haben Sie eine Ahnung, wie brutal es ist, so etwas zu sehen und nicht helfen zu können? Ich höre noch immer nachts ihre Schmerzensschreie. Ich höre sie, wie sie immer wieder meinen Namen rufen und mich um Hilfe anflehen, während diese sogenannten Soldaten über sie herfallen wie die Tiere. Und sie waren nicht die einzigen Kinder, denen es so ergangen ist. Ich will Rache für jeden Funken Schmerz, den mir diese Mörder zugefügt haben. Und meine Freunde wollen das auch. Deshalb werden wir auch nie aufgeben. Und deshalb habe ich keine Angst vor dem Tod. Denn er ist der einzige, der mich von meinen Qualen erlösen kann. Manchmal fühle ich mich wie tot und wünschte, jemand würde einfach den Abzug betätigen und es zu Ende bringen.“ Kai schluckte hart. Er hatte Tränen in den Augen. Florians Geschichte war ihm sehr nahe gegangen. „Es tut mir unendlich leid.“ „Das sehe ich“, sagte Florian ernst. „Aber es hilft nicht.“ „Ich werde mit dem Präsidenten reden. Man hat ihn reingelegt und er hasste es, reingelegt zu werden.“ Vorsichtig fragte Florian: „Und was wird aus mir?“ „Wir werden heute Nacht in den Wald gehen. Ich lasse Sie laufen, aber verraten Sie mich nicht, sonst rollt mein Kopf.“ Florian schluckte. Er konnte Kai einfach nicht trauen. Aber er nickte. Vielleicht würde er das hier doch überleben. „Wieso lassen Sie mich laufen?“ „Dieser Krieg geht nicht mehr lange und ich will nicht noch mehr Blut an meinen Händen kleben haben.“ Er sah Florian ernst an. „Ich wünschte, wir hätten uns unter anderen Umständen kennen gelernt.“ „Man trifft sich immer zwei Mal im Leben“, sagte der leise. Er bewunderte Kai für seine Aufrichtigkeit ihm gegenüber. Und für seinen Mut, Fehler zuzugeben. Er hätte Kai auf jeden Fall umgebracht, wenn er an dessen Stelle gewesen wäre.
Kai brachte Florian am Abend aus dem Lager und in den Wald. Er schloss die Handschellen auf und blickte ihn an. Langsam zog er eine Karte aus der Tasche. „Wenn die Amerikaner auf eurer Seite stehen, hauen Sie ab. Sonst sind Sie plötzlich der Feind. Hier steht meine Nummer drauf und die Adresse meines Senders. Rufen Sie mich an, wenn Sie Hilfe brauchen.“ Mit zitternden Fingern nahm Florian den Zettel und blickte eine Weile darauf. Dann blickte er Kai kurz an, drehte sich um und rannte er weg. Kai wartete, bis Florian im dunklen Wald verschwunden war. Langsam zog er seine Waffe und schoss zwei Mal in die Luft. Im Lager erzählte er, er hätte Florian vorschriftsmäßig exekutiert.
Kai hielt sein Versprechen und benachrichtigte Präsident Bush über seine neuen Erkenntnisse. Der setzte Himmel und Hölle in Bewegung und bekam die Bestätigung über das brutale und menschenverachtenden Vorgehen der Serben. Die Amerikaner stellten sich dann auch hinter die Kroaten. Die Freiheitskämpfer zogen sich zurück und die Army übernahm den Kampf gegen die Serben. Man zwang Belgrad in die Knie und gab Kroatien seine Freiheit wieder.
Vier Jahre nach dem Balkankrieg saß Kai in seinem Büro bei seinem Sender. Es war Dezember und in wenigen Tagen fing sein Urlaub an. Kai freute sich darauf, obwohl er noch nicht ganz wusste, was er machen sollte. Zeit zum Grübeln hatte er aber nicht, denn Felix Görner betrat das Zimmer und riss Kai aus seinen Gedanken. „Die Sitzung fängt an“, sagte er und ging wieder. Kai erhob sich seufzend und ging hinter ihm her zum Sitzungssaal der Sportabteilung. Es gab noch einige wichtige Dinge zu klären, bezüglich der bevorstehenden Skisprung - Saison, der nächsten Formel 1 - Saison, sowie anderer sportlicher Ereignisse, die von RTL übertragen werden sollten. „Wo bleibt Mahr?“, fragte Kai, als er den Saal betrat. Hans Mahr war einer der obersten Leiter des Senders und interessierte sich immer für solche Besprechungen. „Der kommt etwas später“, sagte Felix und setzte sich neben Kai. „Er hat noch ein Bewerbungsgespräch.“ „Wieso? Will er weg?“ Felix und einige andere, die um die beiden Männer herum saßen, lachten leise. Felix schüttelte den Kopf. „Nein. Will er natürlich nicht. Es hat sich wohl jemand um den Job als Moderator für die Formel 1 - Sendungen beworben. Und Mahr gefiel die Bewerbung, also hat er ihn eingeladen. Wenn der Typ es nicht verpatzt hat, stellt uns der Chef unseren neuen Kollegen sicher vor.“ Kai nickte. Gedankenverloren ließ er seinen Blick durch den Konferenzraum schweifen. Seine Kollegen saßen um den Eichentisch herum und diskutierten leise. Hin und wieder wurde gelacht. ‘Ein neuer Kollege’, dachte er. ‘Na ja. Der Chef sucht ja schon lange nach jemandem für die Moderation. Und ich könnte etwas Hilfe gebrauchen.’
Zur selben Zeit saß Hans Mahr in seinem Büro. Ihm gegenüber saß ein Journalist, der gern beim Sender anfangen wollte. Und nach dem, was Mahr inzwischen von ihm gehört hatte, war er auch dafür. „Ich würde es auf einen Versucht ankommen lassen“, sagte er und erhob sich. Er ging um den Tisch herum und trat vor den Mann. „Letztendlich entscheiden die Zuschauer, ob sie mit Ihnen zufrieden sind. Aber von meiner Seite steht Ihrer Einstellung nichts im Weg.“ Der Mann erhob sich und reicht seinem zukünftigen Chef die Hand. „Danke für Ihr Vertrauen.“ Mahr lächelte und schüttelte die Hand seines neuen Angestellten. Dann blickte er auf seine Uhr. „Es läuft gerade eine Konferenz der Sportabteilung. Es geht um einige dringende Fragen, die noch vor der Winterpause geklärt werden müssen. Alle Ihre zukünftigen Kollegen sind anwesend. Kommen Sie mit, dann kann ich Sie gleich allen vorstellen und Sie ersparen sich das Rumgerenne von Büro zu Büro.“ Zusammen verließen die beiden Männer den Raum und gingen zum Konferenzsaal. Hans Mahr trat in den Raum. Sofort kehrte Stille ein. Es hatte sich inzwischen natürlich herumgesprochen, warum der Chef so spät kam. Und alle waren neugierig. Mahr sah die neugierigen Blicke. „Ja, ja. Es ist schwer, in einem Fernsehsender etwas geheim zu halten. Also, das Formel 1 - Team bekommt Zuwachs.“ „Ist es ein Mädchen oder ein Junge?“, fragte Kai grinsend und brachte die anderen damit zum Lachen. Auch Mahr grinste und winkte dem neuen Mitglied zu. „Kommen Sie rein. Die beißen nicht.“ Als der Mann den Raum betrat, hatte Kai das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Ungläubig schaute er ihn an. „Das ist Florian König. Er ist Kroate, spricht aber akzentfrei Deutsch, da er hier in Köln ein Jahr studiert hat. Er wird die Moderation der Vor- und Nachberichte im nächsten Jahr übernehmen.“ Einige begrüßten Florian mit einem Kopfnicken und einem Lächeln. Ein wenig scheu nickte der zurück. Felix tippte Kai auf die Schulter. „Was ist denn mit dir los? Du bist ja weiß wie eine Wand. Kennst du unseren Neuen?“ Kai nickte leicht und stand auf. Er trat auf Florian zu. Schweigend sahen sich die beiden Männer an. Plötzlich holte Florian aus und schlug Kai mit dem Handrücken gegen die Wange. Kai sah ihn erst erschrocken an, nickte dann jedoch. „Sind wir damit quitt?“ „Ja.“ Die anderen sahen die Männer verblüfft an. Mahr trat neben Florian. „Was sollte denn das?“ „Das hat hiermit nichts zu tun“, sagte Kai. Er seufzte leicht. „Florian und ich kennen uns. Wir sind uns in Kroatien über den Weg gelaufen.“ Felix ging ein Licht auf. „Du warst am Anfang des Kosovo-Konfliktes dort stationiert, nicht wahr?“ Kai nickte. Seine Kollegen wussten, dass er nebenbei in der Armee war und auch hin und wieder bei Einsätzen mitmischte. Aber Kai hatte nie Genaueres davon erzählt. „Ich war als Soldat dort, um die Kroaten daran zu hindern, die Serben anzugreifen. Damals wussten wir noch nicht, wie die Serben gegen ihre Feinde vorgingen. Florian hat als Freiheitskämpfer auf der anderen Seite gestanden. Er hat versucht, unser Lager zu sprengen und wurde dabei gefasst.“ „Und Kai hat das gemacht, was er am Besten kann. Fragen stellen. Nur hatte ich keine Lust, zu antworten. Da ist er etwas grob geworden.“ Florian sah Kai mit einem ganz leichten Lächeln an. „Und das eben war die Revanche“, sagte Kai. Er streckte Florian die Hand entgegen. „Ich bin froh, dass wir uns noch mal sehen. Ich schätze, ich muss mich für Einiges entschuldigen.“ „Nein“, sagte Florian und ergriff sie. „Du hast mir damals das Leben gerettet. Jeder andere Captain der Army hätte mich erschossen. Du hast alles riskiert, um mein Land und mich zu retten. Danke, dass du mich damals hast laufen lassen.“ Kai lächelte erleichtert. Die Ungewissheit, was damals aus Florian geworden war, hatte immer in ihm genagt. Er war erleichtert, dass der den Krieg überlebt hatte. Und er freute sich auf die Zusammenarbeit mit ihm.
Nach der Konferenz, gegen 18 Uhr abends, lud Kai Florian zum Essen ein. Sie wollten ihr Wiedersehen feiern. Die Sympathie, die zwischen ihnen herrschte, hatten sie auch in Kroatien schon gespürt. Sie redeten stundenlang. Weit nach Mitternacht erhob Kai sich träge. Ein wenig benebelt vom Alkohol sah er Florian an. „Wo wohnst du eigentlich?“ „Ich bin erst heute in Köln angekommen“, seufzte Florian. „Ich werde in einem Hotel...“ „Quatsch“, fiel Kai ihm ins Wort. „Du kannst bei mir schlafen.“ Florian nickte und ging mit Kai zu dessen Wohnung. Vor der Tür blieb er zögernd stehen. „Hältst du das für gut?“ „Hast du Angst vor mir, weil ich schwul bin?“ „Nein“, sagte Florian mit einem Funkeln in den Augen. „Sondern weil ich es auch bin.“ Kai schluckte erstaunt, konnte jedoch nicht antworten, da Florian seine Arme um Kais Hals geschlungen hatte und dessen Mund mit seinem Lippen verschloss. Kai erwiderte den zärtlichen Kuss. Er hatte sich in Florian verliebt und zwar, als er ihn das erste Mal gesehen hatte. Er hätte allerdings nicht im Traum daran gedacht, dass Florian diese Gefühle erwiderte. So blieb Florian also bei Kai. Jedoch nicht nur die eine Nacht, sondern für den Rest seines Lebens. Die Arbeitskollegen der beiden Männer konnten nie ganz verstehen, wie sich aus einem Treffen wie dem von Kai und Florian in Kroatien eine solch innige Liebe entwickeln konnte. Aber sie gönnten den beiden Männern ihr Glück.
Ohman....da passt der Satz "ENDE GUT ALLES GUT" wie Faust auf Auge! Ich bin auch froh, dass Bush seinen Fehler eingesehen hat, und die Richtige Seite unterstützt hat! Und worüber ich mich am meisten freue: Kai und Flo*gg* Die beiden haben es echt verdiehnt, glücklich zu sein.
ich muss mir echt mal was besseres einfallen lassen.... da kriegen ja alle ne krise wenn ich insbesondere bei dir aber auch bei anderen immer nur das selobe schreib
Ich will sofort meinen imaginären Anwalt sprechen!!! Es kann ja wohl nicht sein, dass ich diese Story noch nicht gekannt habe!!! *kreisch* Dir mach ich keinen Vorwurf, Kitty...du hast schließlich so viele Stories, dass du leicht mal den Überblick verlieren kannst... Was für eine Geschichte! Ein derartiges Zusammentreffen, unter solchen Umständen....aber man sieht sich ja eben immer zweimal im Leben...und manchmal ist das zweite Treffen besser als das erste. So wie hier. Absolut fantastisch geschrieben, die ganze Kriegssituation ist toll beschrieben, ebenso der Hass der Kroaten auf die Serben. Ein verständlicher Hass, wohlgemerkt. Wenn jemand das mit meiner Familie angestellt hätte...ich wüsste nicht, was ich dann machen würde. *schauder* Jedenfalls bin ich froh, dass die Story trotz des Inhalts noch ein Happy End bekommen hat. Das hat sie ja auch verdient. Lachen musste ich bei Kai`s Frage über den Zuwachs. "Ist es ein Junge oder ein Mädchen?" *lach* Genial. Und total typisch für ihn. lg, Isi =)