Mit grimmiger Miene, aber der Größe eines Gentleman ertrug der entthronte Champion Roger Federer seine erste Pleite nach 65 Rasen-Siegen in Serie gegen seinen Dauerrivalen Nadal. Damit musste er den Traum begraben, als erster Tennisprofi sechsmal in Serie die All England Championships zu gewinnen. Kleiner Trost: Federer bleibt Weltranglisten-Erster - und das schon seit 232 Wochen.
Rafael Nadal beendete die Wimbledon-Regentschaft Federer mit einem entschlossenen Spiel. Wie ein Wirbelwind im stürmischen London fegte der Spanier am Sonntag zweieinhalb Sätze lang über den "Heiligen Rasen", ehe Federer noch einmal zurück ins Spiel kam. Zwei Regenpausen und weitere zweieinhalb Sätze später hatte Nadal den Schweizer niedergerungen - mit 6:4, 6:4, 6:7, 6:7, 9:7. Überwältigt sank der 22jährige rücklings ins Gras, rannte dann mit Tränen in den Augen zu seiner Familie und bedankte sich auch noch bei Kronprinz Felipe und dessen Frau Letizia.
Federer möchte Sampras' Rekord übertreffen Das Jahr 2008 hat Federer doch noch den 13. Grand-Slam-Titel eingebracht. Mit Autorität setzte sich der Schweizer im US-Open-Final gegen den Schotten Andy Murray 6:2, 7:5, 6:2 durch.
Erstmals seit 2001 war Federer ohne Einzel-Titel auf Hartplatz nach New York gereist. Bei seinen letzten Auftritten in Toronto, Cincinnati und Peking war er jeweils früh gescheitert. Doch der «Big Apple» ist seine Welt. Zum fünften Mal in Folge siegte er beim US Open, was seit 1924 (Bill Tilden) keinem mehr gelungen war. Eine Bestmarke stellte er - schon fast obligatorischerweise - auch auf: Er ist der erste Spieler, der an zwei verschiedenen Grand-Slam-Turnieren fünfmal in Folge triumphieren konnte. «Nach dem Verlust der Weltranglisten-Führung gleich zurückzuschlagen, ist das beste Szenario, das ich mir vorstellen konnte», sagte Federer nachdem er die Trophäe und einen Siegercheck von 1,5 Millionen Dollar entgegengenommen hatte. «Ich musste in diesem Jahr einige harte Niederlagen bei den grossen Turnieren einstecken - mit dem Halbfinal beim Australian Open und den beiden Finals in Paris und Wimbledon. Auch deshalb bedeutet mir dieser Titel sehr viel.»
111-minütige Machtdemonstration
Gegen Murray, der erstmals in einem Grand-Slam-Final stand, zeigte Federer rasch, wer der Chef auf dem Platz ist. Beim Stand von 2:2 reihte er sechs Games in Folge aneinander. Der Schotte hatte dann seine beste Phase, als er im zweiten Satz das Rebreak schaffte und sich kurz darauf nochmals drei Möglichkeiten zu einem Servicedurchbruch erspielte. Federer wehrte sie alle ab, auch dank der Mithilfe eines Linienrichters. Ein Ball von Federer war hinter der Grundlinie gelandet. Murray verzichtete auf die Challenge, spielte weiter und verlor den Punkt.
Das wohl entscheidende Game der Partie sicherte sich Federer aber ohne fremde Hilfe und auf magistrale Weise mit einem überaus angriffigen Returnspiel zum 7:5-Satzgewinn. «Ich hatte eine gute Taktik gewählt. Mein Spielplan funktionierte fast perfekt», freute sich der Weltranglisten-Zweite, der aber diesbezüglich nicht ins Detail gehen wollte: «Ich werde in Zukunft sicherlich noch einige Male auf ihn treffen.» Offensichtlich war, dass er den zweiten Aufschlag von Murray als grössten Schwachpunkt erkannt hatte. Diesen griff er konsequent an, zum Teil mit «chip and charge».
Mit dem Gewinn des zweiten Satzes hatte Federer Murray, der im Halbfinal Rafael Nadal geschlagen hatte, der letzten Hoffnung beraubt. Der Rest der Partie war eine Demonstration des Schweizers. Volleys, Winkelspiel, Passierbälle, Gewinnschläge von der Grundlinie - Murray bekam das ganze Schlag-Repertoire Federers zu sehen. Bis zum 5:0 gewann der Brite gerademal fünf Punkte. Nach 111 Minuten - der Frauenfinal am Vortag hatte länger gedauert - stand Federers 34. Matchgewinn in Folge beim US Open fest.
Sampras im Visier
Murray, der die letzten beiden Begegnungen vor dem Endspiel in Flushing Meadows gegen den Schweizer gewonnen hatte, zollte dem nunmehr fünffachen US-Open-Champion Respekt: «Er ist wahrscheinlich der beste Spieler aller Zeiten. Er scheidet bei grossen Turnieren nie früh aus. Dass er das French Open noch nicht gewonnen hat, liegt nur daran, dass er mit Rafael Nadal immer auf den grössten Sandspieler aller Zeiten trifft.»
Mit dem 13. Grand-Slam-Triumph hat Federer aus seinem bereits sehr ordentlichen Jahr ein gutes gemacht. Nur noch ein Major-Titel fehlt ihm, um die Bestmarke von Pete Sampras zu egalisieren. Er liegt weiterhin im Fahrplan. Sampras hatte seinen 13. Titel im 43. Versuch gewonnen, der Schweizer im 38. «Eines ist klar, ich will nicht bei 13 bleiben. Das wäre schrecklich», antwortete Federer auf die Frage, ob 13 für ihn eine Unglückszahl sei.
Erster French-Open-Titel für Federer Roger Federer hat es geschafft. Der Schweizer gewinnt erstmals das French Open und macht damit seinen Karrieren-Grand-Slam (endlich) perfekt. Federer bezwang in seinem vierten French-Open-Final in Serie den Schweden Robin Söderling, die Nummer 25 der Weltrangliste, nach 1:55 Stunden klar mit 6:1, 7:6 (7:1), 6:4. In den drei Jahren zuvor scheiterte Federer jeweils am Spanier Rafael Nadal, der 2009 in den Achtelfinals an Söderling scheiterte. Damit realisierte Federer seinen 14. Majortitel und egalisierte die Bestmarke von Pete Sampras. Ebenso bedeutungsvoll ist die Komplettierung des Karrieren-Grand-Slam: Siege an allen Majorturnieren schafften bei den Männern vor Federer erst Fred Perry, Don Budge, Rod Laver, Roy Emerson und als einziger in der Neuzeit Andre Agassi. Söderling hatte im Achtelfinal den vierfachen Paris-Sieger Rafael Nadal bezwungen. Gegen Federer hat der Schwede nunmehr von zehn Duellen alle verloren.