Vergeblich versuchte ich, sie zu erreichen, warf mein Handy schließlich zornig auf meinen Schreibtisch. „Mist!“, brummte ich ungehalten vor mich hin. Der Kollege, der gerade das Büro betrat, schaute mich ziemlich irritiert an, legte einige Akte auf den Schreibtisch und verschwand rasch wieder. Er wollte mit mir einfach nichts zu tun haben, noch schien er sich über mein Verhalten zu wundern.
Ich überlegte lange, wie ich sie erreichen sollte, ohne zu irgendeinem Ergebnis zu kommen. Deshalb wurde ich immer unleidlicher, meine Kollegen mieden mich aus diesem Grund, und auch Mikes Besuche wurden immer seltener, ohne dass ich damals verstand, warum er das tat und brachte es nicht mit meiner misslungenen Suche nach Alex in Verbindung. So wurde ich zum Einzelgänger, obwohl mir Freunde immer sehr wichtig gewesen waren und ich gerne in Gesellschaft war. An naheliegende Dinge dachte ich nämlich absolut nicht, und wenn ich heute noch daran denke, ärgere ich mich noch immer darüber. Probierte ich es einmal auf dem Handy, war es nicht eingeschaltet und die Mailbox meldete sich nur. Wie oft ich darauf gesprochen hatte, konnte ich schon gar nicht mehr sagen. Ich wunderte mich nur, dass sie nicht darauf reagierte. Und jedes Mal, wenn ich im Auto saß, um nach Osnabrück zu fahren, kam etwas dazwischen, meist ein dringender Einsatz.
Ich wurde immer unleidlicher, was ich sogar selbst merkte, hatte aber nicht die nötige Energie, etwas an mir zu ändern. Erst ein Anruf vom Staatsanwalt Kirkitadse weckte mich aus meiner Lethargie. Erstaunt meldete ich mich, als ich gelesen hatte, wer mich anrief, denn ich hatte seine Nummer noch immer auf dem Handy gespeichert. „Ah, Herr Naseband, gut, dass ich Sie erreiche.“, begann der Staatsanwalt das Gespräch. „Herr Kirkitadse ...“, rief ich begeistert, als der schwieg. „Worum geht es denn?“ Sein Beginn hatte mich neugierig gemacht, gespannt wartete ich darauf, dass er endlich weiterredete. Lange brauchte ich darauf nicht zu warten. „Wissen Sie, Herr Naseband, ich war in den letzten Monaten nicht ganz untätig und habe erreicht, dass Frau Rietz und Sie wieder zurück nach München versetzt werden.“, erklärte der Staatsanwalt ernst und schwieg, um darauf zu warten, dass ich etwas antworten konnte. Fürs Erste brachte ich kein Wort über die Lippen, meine Gedanken überschlugen sich. „Sie meinen, Herr Kirkitadse, dass Sie erreicht haben, dass Frau Rietz und ich in München wieder Dienst versehen sollen?“, wollte ich vorsichtig wissen, da ich nicht wusste, was ich von dem Gehörten halten sollte. „Ja, genau das meine ich. Ich konnte die Polizeidirektion davon überzeugen, dass wir viel zu wenig Personal haben, und es war ein Leichtes, sie zu überreden, dass Sie, Herr Naseband, wieder hierher versetzt werden.“, erzählte der Staatsanwalt, leise vor sich hinlachend. Auch ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, wusste ich doch, dass ich bei dieser Frau noch immer einen Stein im Brett hatte, immerhin hatten wir vor Jahren eine kurze, aber umso heftigere Affäre. „Wäre es Ihnen möglich, in zwei Wochen bei mir vorbei zu schauen?“, erkundigte sich Kirkitadse, da ich außer ein leises Kichern nichts von mir gegeben hatte. „Ich denke schon, Herr Staatsanwalt …!“, meinte ich und blätterte in meinem Kalender. „Ich werde da sein.“ Kirkitadse zeigte seine Begeisterung durch ein kurzes aber erfreutes Lachen. „Ah, Herr Naseband … bevor ich es vergesse, nehmen Sie bitte Frau Rietz mit, ich kann sie leider nirgendwo erreichen.“, gab er zu und beendete das Gespräch, nachdem er von mir nur noch ein knappes „Ja“ zu hören bekam.
Ziemlich irritiert starrte ich auf mein kleines Telefon, das vor mir auf dem Schreibtisch lag. Noch wusste ich nicht, was ich von dem Gespräch halten sollte. Ich begriff nur, dass ich nach München fahren und dort auf den Staatsanwalt treffen sollte. Noch verstand ich nicht ganz, warum das K11 plötzlich wieder entstehen sollte, obwohl doch überall gespart werden sollte. Verträumt lächelte ich vor mich hin, als mir bewusst wurde, dass ich den Auftrag hatte, Alex mitzunehmen. Aber auch ich wusste nicht, wo sie sich befand.
Langsam kam mir der Gedanke, dass ich sie eventuell über ihre Dienststelle erreichen konnte. Einige Zeit kramte ich in meinem Gedächtnis danach, da ich zwar wusste, dass sie mir erzählte, wo sich ihr neuer Arbeitsplatz befinden würde, aber ich hatte mir außer dem Ort leider nichts gemerkt. Und ich konnte keinem sagen, wie sehr ich mich in diesem Augenblick darüber ärgerte, es nicht getan zu haben.
Erstaunlicherweise erfuhr ich nicht, wo Alex sich aufhielt. Der Grund war simpel und einfach: Ich klang nicht glaubhaft genug, niemand wollte mir glauben, dass ich ebenfalls bei der Polizei arbeitete, obwohl es ein leichtes gewesen wäre, es zu überprüfen. Ungehalten beendete ich an diesem Tag die Suche nach ihr und verschob es einfach auf einen anderen. Aber ich machte mir noch stundenlang über Alex Gedanken, die mich nur noch unwirscher und deprimierter machten. Endlich hatte ich die zündende Idee, und ich fand sie so gut, dass sich meine Laune auch sofort wieder hob und ein Lächeln auf meine Lippen zauberte.
Emilie nahm mich so in Anspruch, dass ich völlig auf meine Umwelt zu vergessen schien. Nur Jürgen holte mich oft genug aus dieser Isolation heraus, in dem er übergangslos ein Gespräch begann, oder er nahm mich mit Emilie in die nächste Stadt mit, wenn er dort einige Dinge zu erledigen hatte. Dort lebte ich auf, obwohl ich auf dem Hof gerne wohnte, und mich dort unheimlich wohl fühlte. Oft genug schnappte ich mir das Pferd, das mein Vater mir vor ein paar Jahren geschenkt hatte, und unternahm damit ausgedehnte Ausritte, wohl wissend, dass sich Emilie in guter Obhut befand, gut gefüttert und frisch gewickelt war. Und Jürgen genoss es, sich mit dem kaum zwei Monate alten Mädchen zu beschäftigen, sollte es ausnahmsweise einmal wach sein. Immer wieder betonte er, dass er für seine beiden Töchter viel zu wenig Zeit gehabt hatte, als sie selbst noch Kinder waren. Jürgen wollte es an seinen Enkeln wieder gut machen, auch wenn er meine kaum dreijährige Nichte kaum zu Gesicht bekam.
Ich kam von einem meiner Ausflüge zurück, als ich ein Auto vor dem Wohnhaus entdeckte, das ich nicht kannte. Ziemlich verwundert starrte ich es eine Weile an, ohne dahinter zu kommen, wem das Fahrzeug gehörten konnte. „Alex ...!“, unterbrach eine leise Stimme meine Gedanken, ich erschrak leicht und wandte Martin, dem Arbeiter meines Vaters, den Kopf zu. Erwartungsvoll schaute ich ihm in die Augen. „Ich nehme dir das Tier ab, ihr habt Besuch.“, sagte Martin nur und wartete meine Antwort erst gar nicht ab, sondern nahm mir die Zügel einfach aus der Hand. Erstaunt schaute ich ihm nach, als er das Pferd in den Stall führte, um es dort vom Sattel zu befreien und zu säubern. Erst als Martin mit dem Tier verschwunden war, wandte ich mich dem Wohnhaus zu, darauf hoffend, dass mich niemand dabei beobachtete, wann ich es betrat.
Über das Telefonbuch hatte ich die Nummer herausgefunden und rief auch gleich an. „Rietz ...“, meldete sich Alex´ Mutter. Ein erleichtertes Lächeln schlich sich auf meine Lippen. „Guten Morgen, Frau Rietz ...“, begann ich das Gespräch und wurde auch gleich wieder unterbrochen. „Herr Naseband, sind Sie das?“, stoppte sie meine Rede sogleich, denn sie hatte mich an meiner Stimme wiedererkannt. „Ja, Frau Rietz, hier ist Michael Naseband. Ich wollte nur nachfragen, ob Sie mir die Telefonnummer von Alex geben können, ich kann sie nämlich nirgends erreichen.“, gestand ich beschämt. Ich hörte ein leises Lachen. „Das können Sie auch gar nicht, Herr Naseband, das Handy liegt bei mir in einer Lade, ausgeschaltet. Alexandra hat es hier vergessen, bevor sie zu ihrem Vater gefahren ist.“, erzählte Anette bereitwillig. „Und die Telefonnummer von Alex´ Vater kann ich Ihnen leider nicht sagen.“ Ihre Stimme klang bedauernd. „Kein Problem, Frau Rietz, die krieg ich schon heraus, aber Sie haben mir schon sehr geholfen, danke.“, antwortete ich, doch ehe ich das Gespräch beenden konnte, verwickelte sie mich in eines, ohne dass ich herausfinden konnte, was sie eigentlich von mir wollte, aber ich war dankbar über diese kleine Abwechslung.
Lange dauerte es nicht und ich hatte die Nummer von Jürgen Rietz vor mir liegen. Eine Weile starrte ich auf Zettel, auf dem ich sie aufgeschrieben hatte, endlich schüttelte ich über mich selbst den Kopf. Ich wunderte mich über mich selbst, denn auf das Naheliegendste war ich gar nicht gekommen. Ohne weiter darüber nachzudenken, tippte ich auf meinem Handy herum und wartete einige Zeit darauf, dass jemand das Gespräch entgegen nahm. Endlich meldete sich ein ziemlich atemloser Jürgen Rietz. Erfreut darüber, dass er mich an der Strippe hatte, verwickelte er mich genauso wie Alex´ Mutter in ein Gespräch, von dem ich ebenfalls nicht entnehmen konnte, was er eigentlich von mir wollte. Es dauerte einige Augenblicke, dass ich ihm klarmachen konnte, was ich überhaupt wollte. „Natürlich kommst du, welche Frage! Ich freue mich doch, wenn ich dich nach so langer Zeit wiedersehe, außerdem habe ich genug Platz für dich, wenn du gleich auch noch das Wochenende hier verbringen möchtest.“, meinte Jürgen, ich konnte ihn fast vor mir sehen, mit einem Lächeln auf den Lippen. Ich wusste doch, dass er immer gehofft hatte, dass aus Alex und mir ein Paar werden würde. Nur die Versetzung in verschiedene Städte hatte dies eigentlich verhindert. Immerhin konnte ich mir auch heute noch vorstellen, mit Alex den Rest meines Lebens zu verbringen. Es wusste nur noch keiner davon.
Ziemlich enttäuscht stellte ich fest, dass Jürgen allein war. Ein mildes Lächeln umspielte seine Lippen. „Sie ist doch nur ausgeritten, ich denke, dass sie bald wieder hier sein wird, Emilie muss doch bald gefüttert werden.“, erzählte er und hoffte damit eigentlich, mich zu beruhigen. Doch genau das Gegenteil löste er damit aus, denn fassungslos stellte ich fest, dass ich einiges von Alex nicht zu wissen schien. Aufgeregt begann ich, in der riesigen Wohnküche auf und ab zu laufen, endlich blieb ich vor einem Kinderbettchen stehen, das einsam in einer Ecke stand. Lange starrte ich auf das kaum zwei Monate alte Kind hinab. „Das ist Emilie, sie ist sieben Wochen alt.“, erzählte Jürgen stolz. Rasch wandte ich mich um, sah mein Gegenüber lange an, ohne irgendetwas zu sagen. Meine Gedanken schwirrten in meinem Kopf herum, ohne dass ich sie ordnen konnte. „Hat Alex von Emilies Vater irgendetwas erzählt?“, brachte ich endlich mühsam hervor. „Nein.“, murmelte Jürgen bedauernd, in seinem Blick schlich sich so etwas wie Mitleid, ich schien ihrem Vater Leid zu tun.
Im Hof war ein Pferd zu hören, langsam wandte ich mich dem Fenster zu, sah aber nur mehr das Tier, das von einem von Jürgens Arbeiter in den Stall zurückgeführt wurde. „Alex kommt ...“, meinte er überflüssigerweise, milde lächelte er mir zu. Ehe wir weiterreden konnten, wurde die Tür stürmisch aufgestoßen, und Alex stand im Raum. Kurz standen wir uns gegenüber, ohne etwas zu sagen oder irgendwie zu reagieren. „Alex ...“, murmelte ich endlich, ohne darauf zu hoffen, von ihr gehört zu werden. Langsam kam sie auf mich zu, ohne mich aus den Augen zu lassen. Alex wurde immer rascher, so dass ich mich nun endlich ebenfalls in Bewegung setzte – wenn auch nur langsam. Sie brachte ein „Michael ...“ über die Lippen, fiel mir dabei um den Hals. Behutsam legte ich meine Arme um sie und presste sie an mich. Ohne darauf zu achten, dass wir nicht alleine waren, küssten wir uns so sanft und zärtlich wie irgend möglich, dass wir diesen Kuss gar nicht lösen wollten. Ich nahm nichts mehr um mich herum wahr, bestand nur mehr aus Gefühlen, die ich für Alex empfand. In den letzten Monaten hatte ich mir nichts anderes gewünscht, als sie wieder im Arm zu halten und mit ihr zu schmusen. Im Moment schienen all die Wünsche der letzten Wochen in Erfüllung zu gehen, wenn es im Hintergrund nicht ein leichtes Nörgeln gegeben hätte. Widerwillig lösten wir uns voneinander, lächelten uns kurz an. „Daran sollte ich mich wohl gewöhnen, solange dich unsere Tochter noch braucht.“, murmelte ich vor mich hin und bemerkte Alex´ Blick auf mir ruhen. „Woher weißt du es?“, wollte sie erstaunt wissen. Milde lächelte ich auf sie herab. „Alex, ich brauche doch nur eins und eins zusammenzählen.“, erwiderte ich, wehmütig blickte ich ihr in die Augen. „An der ganzen Geschichte stört mich nur, dass du es mir nicht schon früher gesagt hast, obwohl wir einige Male miteinander gesprochen haben!“
Erschrocken hielt ich die Luft an, presste mich einen kurzen Augenblick noch enger an ihn, ehe ich mich von ihm löste und nervös im Raum umherwanderte. Erst jetzt bemerkte ich, dass Jürgen die Küche verlassen und uns alleine gelassen hatte. Es dauerte einige Zeit, bis ich mich wieder Michael zuwandte und ihn eine Weile schweigend musterte. „Ich weiß, dass ich dir erzählen hätte sollen, dass du wieder Vater wirst, aber ich wusste einfach nicht, wie ...!“, gestand ich leise. Michael hielt meinen Blick gefangen, und ich wusste nicht, wie er es schaffte, dass ich den meinen nicht wieder abwandte. Ich bemerkte sein zaghaftes Lächeln, ehe er sich umwandte und zu Emilies Bettchen ging. Behutsam hob er das kleine Mädchen heraus und kam langsam auf mich zu. Interessiert blickte Emilie zu ihrem Vater auf, begleitet von undefinierbaren Lauten. Sie musterte ihn und wusste nicht, was sie von dem Menschen halten sollte, der sie auf seinen Armen herum trug. Ich war darüber erstaunt, dass Michael ausgesprochen sanft mit dem kleinen Mädchen redete, sodass sie gar nicht erst auf die Idee kam, eventuell weinen zu müssen.
„Meinst du, dass sie Hunger hat?“, fragte Michael, als er mit Emilie vor mir stand. Sie gluckste vor sich hin und wedelte mit den kurzen Ärmchen aufgeregt umher. Ich warf einen raschen Blick auf die Uhr, wiegte bedächtig den Kopf hin und her. „Ich denke schon, aber du kannst sie ohne weiteres noch ein wenig auf dem Arm halten. Es schadet nichts, wenn ihr euch kennenlernt.“, stellte ich fest. „Wie man sieht, fühlt sie sich bei dir sehr wohl.“ Versonnen lächelte er vor sich hin und meinte leise vor sich hingrinsend: „Ich habe eben eine besondere Wirkung auf euch Frauen!“ „Spinner ...!“, brachte ich mühsam hervor. „Aber ein ganz Süßer ...!“ Diese Worte schienen wie Balsam auf seiner Seele zu sein, sein Gesichtsausdruck verriet es mir. „Aber warum sehen wir uns fast ein Jahr nicht, Alex. Ich weiß, dass wir uns damals getrennt haben, aber ich habe gehofft, dass wir uns ab und zu sehen werden.“, murmelte Michael vor sich hin, während er die gutgelaunte Emilie weiterhin beobachtete. „Ich glaube nicht, dass sie hungrig ist, sie möchte einfach verhindern, dass wir uns miteinander beschäftigen können.“, meinte Michael. Er hob den Blick und hielt meinen für einen kurzen Augenblick gefangen. „Und du meinst, dass sie merkt, dass ihre Eltern ein klein wenig miteinander schmusen wollen. Immerhin haben sie fast ein Jahr aufzuholen.“, bemerkte ich, grinste ihn schief an und senkte schließlich beschämt die Augen, als mir bewusst wurde, was ich da eben in den Raum gestellt hatte. Ich hörte ein leichtes Lächeln, sah jedoch nicht zu ihm auf.
Das Gespräch schlief wieder ein, um uns wurde es ruhig, hin und wieder war Emilie zu hören. Sie schien sich auf Michaels Armen durchaus wohl zu fühlen. „Warum bist du eigentlich gekommen, und woher weißt du, wo ich bin?“, wollte ich plötzlich wissen, schaute Michael wieder in die Augen. Er lachte kurz auf. „Weißt du, Liebelein, ich habe da so meine Verbindungen ... aber nun mal ganz im Ernst, ich habe bei deiner Mutter angerufen, sie hat mir erzählt, dass du hier bist.“, gab ich zu. „Außerdem wusste dein Vater auch, dass ich komme!“ Irritiert schaute ich ihn an, denn davon hatte ich bisher noch nichts gewusst. „Warum sagt mir das denn keiner?“, wunderte ich mich und überlegte gerade, wie ich auf diese Geschichte reagieren sollte, als Emilie zu brüllen begann. Erschrocken wandten sich Michael und ich uns ihr zu. Ich merkte ihm an, dass er unruhig wurde und im Augenblick nicht zu wissen schien, was er mit einem brüllenden Baby anfangen sollte. „Gib sie mir, Micha ...“, bat ich, lächelnd stellte ich fest, dass es mit einem Anflug von Erleichterung sogar gerne tat. Mit einem schreienden Kind konnte er eindeutig nichts anfangen, stellte ich belustigt fest.
An der Tür wandte ich mich noch einmal zu ihm um. „Ich bin oben, in meinem alten Kinderzimmer, dort werde ich Emilie wickeln und füttern.“, erklärte ich und wartete seine Antwort erst gar nicht ab, sondern machte mich rasch auf den Weg nach oben, da Emilie auf meinem Armen immer unruhiger geworden war, ihr Brüllen war bereits äußerst zornig geworden. Ich hatte durch mein rasches Verschwinden nicht mehr die Möglichkeit zu bemerken, dass Michael ziemlich ratlos zurückgeblieben war.
Verwirrt blieb ich in der Küche allein zurück, starrte auf die nicht ganz geschlossene Tür und hörte noch immer ihre Schritte, die sich langsam entfernten und deshalb immer leiser wurden. Ich überlegte gerade, ob ich ihr folgen sollte, als Jürgen die Tür schwungvoll aufstieß und gut gelaunt die Küche betrat. Grinsend kam er auf mich zu und ließ sich auf den eben frei gewordenen Sessel fallen. Erwartungsvoll erwiderte ich seinen Blick, nicht wissend, was nun auf mich zukommen würde.
„Ich wusste gar nicht, dass du Emilies Vater bist.“, stellte Jürgen nach kurzem Schweigen fest. „Ob du es glaubst oder nicht, bis vor kurzem wusste ich noch gar nicht, dass ich wieder Vater geworden bin. Aber es kann gar nicht anders sein, Jürgen, Alex und ich haben uns erst getrennt, als wir unsere Dienste in verschiedenen Städte angetreten haben.“, erzählte ich leise, starrte vor mich hin, ohne Jürgen wirklich wahrzunehmen, zu sehr schwankten meine Gedanken wieder an unseren letzten Abend ab, der so wundervoll gewesen war, sodass ich noch immer davon zehrte. Seither hatte ich nämlich keine dauerhafte Beziehungen mehr gehabt, zu sehr hatte ich an ihr gehangen und sie geliebt. Noch immer fand ich es äußerst seltsam, dass wir uns so rasch aus den Augen verloren hatten, obwohl wir vereinbart hatten, wenigstens miteinander zu telefonieren.
„Ich verstehe nicht, dass Alex mir davon nichts erzählt hat, denn bisher war ich für sie so etwas wie ein Beichtstuhl.“, bemerkte Jürgen, auf mich wirkte er sehr betrübt. „Und du wunderst dich natürlich darüber, nicht wahr?“, lachte ich, und als er nur erstaunt nickte, fuhr ich fort: „Von Alex weiß ich, dass du es immer gerne gesehen hättest, wenn wir zusammengekommen wären.“ Betreten senkte Jürgen den Blick, rutschte nervös auf seinem Sessel hin und her. „Seid ihr das nicht?“, wunderte er sich, als er mir wieder in die Augen sah. Bedauernd schüttelte ich den Kopf. „Nicht mehr, Jürgen, leider ... ich wollte einfach keine Fernbeziehung mehr führen.“, gab ich zu. „Und Alex hat es verstanden.“ Obwohl ich mir da selbst nicht ganz sicher war. Ich konnte nur von mir selbst sagen, dass ich unheimlich darunter gelitten hatte, sie nicht mehr zu sehen, nicht mehr mit ihr zusammenzuarbeiten. Aber gerade das würde sich ändern, sollte sich Alex dazu entscheiden, zu arbeiten anstatt in Mutterschutz zu gehen. Erschrocken atmete ich ein und hielt kurz die Luft an, bevor ich sie wieder entweichen ließ. Immerhin hatte ich vergessen, Alex davon zu erzählen, dass sie mit mir nach München fahren sollte. Rasch erhob ich mich, während ich den Stuhl hastig zurückschob. „Entschuldige mich ...“, rief ich von der Tür her, die ich leise ins Schloss zog, wartete erst gar nicht seine Antwort nicht ab.
Liebevoll trocknete ich das kleine Mädchen ab, sie quiekte vergnügt vor sich hin, da sie nach Herzenslust strampeln konnte, ohne von der Windel beengt zu werden. Leise summte ich vor mich hin, während ich begann, Emilie wieder zu wickeln und anzuziehen. Ich wusste zwar, dass meine kleine Tochter mir absolut nicht zuhörte, zu sehr war sie damit beschäftigt, sich zu bewegen und sich im Badezimmer umzusehen, obwohl ich sie in diesem Raum schon oft genug gebadet hatte. Aber da ich an diesem Abend unheimlich glücklich war, kam ich dem Bedürfnis nach, erst vor mich hinzusummen und endlich lautstark zu singen. Ich rechnete ja nicht damit, dass mir jemand zuhören konnte. Mit Emilie auf den Arm ging ich zurück ins Zimmer, das ich selbst als Jugendliche bewohnt hatte, jetzt schlief mein Baby darin. Ich wusste, dass Emilie darauf wartete, von mir gefüttert zu werden, und ich genoss es, ihr beim Trinken zuzusehen. Die Ruhe um mich herum tat mir an diesem frühen Abend besonders gut. Warum das an diesem Tag so war, konnte ich beim besten Willen nicht mehr sagen.
Da ich die Zimmertür nicht geschlossen hatte, hörte ich auf der Treppe leise Schritte – immerhin lag der Raum neben dem Stiegenhaus. Lauschend hob ich den Kopf, aber da ich mit dem Rücken zur Tür saß, fiel es mir nicht gerade leicht zu sehen, was sich hinter mir abspielte. Ich merkte daher nur, dass sich die Schritte nicht weiter entfernten, sondern näher kamen. Ehe ich aber irgendwie reagieren konnte, stellte ich fest, dass jemand hinter mir stehen blieb. Neugierig wie ich nun einmal war, wandte ich mich um, sah aus den Augenwinkeln, dass sich jemand zu mir herunterbeugte und mich in die Halsbeuge küsste.
„Michael ...“, flüsterte ich, verträumt lächelte ich vor mich hin. „Ja, ich bin es...“, wisperte er in mein Ohr und knabberte daran. Mein Lächeln wurde zu einem leisen Kichern. Ein wenig rutschte ich auf dem Sessel so, dass ich Michael in die Augen schauen konnten. Seine Augen strahlten mich an. „Na, ihr beiden ...“, meinte er sanft, behutsam streichelte er über meine Wangen, er lächelte mich liebevoll an. Langsam kam sein Gesicht näher, bis er mich endlich zärtlich küsste. Ich kippte völlig in diesen Kuss, nahm nichts mehr um mich herum wahr und wollte ihn auch nicht lösen. Erst Emilie schaffte es, mich von ihrem Vater abzulenken, als sie begann auf meinem Arm unruhig herumzuwetzen. Sehr irritiert schaute ich auf das Kind hinab, lächelte es schließlich liebevoll an.
„Es wird wohl noch einige Zeit dauern, bis sie uns nicht mehr stört ...“, stellte Michael fest, seine Stimme klang bedauernd. Ich blickte zu ihm auf und nickte ihm zu. Langsam neigte ich meinen Kopf, bis ich seine Hüfte spürte und mich dagegen lehnen konnte. „Alex ...“, hörte ich seine Stimme, lauschte nur ihrem Klang, ohne ihm zu antworten. Ich wartete einfach darauf, ob er nicht weiter sprechen würde. „Ich kann es noch immer nicht begreifen, dass wir uns aus den Augen verloren haben, obwohl ich von einer Fernbeziehung nichts halte.“, fuhr er wie erwartet fort, er drückte meinen Kopf behutsam an sich und streichelte über mein Haar. „Weißt du, Alex, ich könnte Kirkitadse noch immer in der Luft zerreißen, dass er es zugelassen hat, dass man uns in verschiedene Städte versetzt hat.“ Ich schwieg, weil ich ein wenig über seine Worte nachdenken wollte. „Und warum haben wir es einfach zugelassen, Micha?“, fragte ich nach wenigen Sekunden und wusste selbst, dass es darauf keine sinnvolle Antwort geben konnte. Deshalb sagte er auch nichts darauf. „Und Kirkitadse möchte, dass wir beide nach München kommen, er konnte nämlich die Polizeipräsidentin davon überzeugen, dass es ohne uns eigentlich gar nicht funktioniert.“, meinte Michael plötzlich. „Am Montag gegen Mittag sollen wir bei ihm sein!“ Aus großen Augen starrte ich zu ihm auf, wusste vorerst nicht, was ich darauf überhaupt sagen sollte. Außerdem kam es mir so vor, als wäre es ihm gerade wieder eingefallen, mir von dem Münchenbesuch zu erzählen.
„Warum weiß ich davon nichts, Micha? Wenn Kirkitadse dich angerufen hat, so hat er das bei mir auch getan.“, stellte ich fest, mein Blick wurde fragend. Michael lachte kurz auf. „Alex, denk doch mal nach.“, bat er mich. „Kirkitadse hat dich doch nicht erreicht und sich gar nicht erst die Mühe gemacht, nach dir zu suchen. Er erwartet von mir, dass ich dich mitbringe.“ Ich schüttelte fürs Erste nur fassungslos den Kopf, da ich nicht wusste, was ich darauf sagen sollte. Deshalb war es mir sogar mehr als recht, dass Emilie mich ablenkte. Inzwischen war sie mit dem Trinken fertig geworden und aus dem Grund ein wenig ungeduldig geworden. Immerhin war sie gewohnt, nach dem Essen schlafen gelegt zu werden. Wegen unserer Unterhaltung hatte ich einfach auf mein kleines Mädchen vergessen. Entschuldigend schaute ich Michael in die Augen und widmete mich dem Baby auf meinem Arm.
Ungeduldig ging ich durch den Raum, wartete darauf, dass Emily ins Bett gebracht hatte. In meinen Augen dauerte mir das viel zu lange. Ich wandte mich um, denn inzwischen war ich vor dem Fenster stehen geblieben. Erst jetzt bemerkte ich, dass Alex mit dem Säugling noch immer auf dem Sessel saß und sich mit Emily befasste. Die Kleine gluckste vor Vergnügen, und ich konnte mir ein leichtes Lächeln nicht verkneifen. Es war herrlich anzusehen. Es kam mir vor, dass auch Alex ganz darin aufging, sich mit Emilie zu befassen und sie schien so weit weg zu sein, nicht mehr hier bei mir. Fast schien ich darüber ziemlich enttäuscht zu sein. Mit einem Anflug von Entsetzen bemerkte ich, dass ich so etwas wie Eifersucht empfand. Ich wusste noch nicht, was ich nun davon halten sollte und schüttelte über mich selbst den Kopf, begriff einfach nicht, dass ich auf mein eigenes Kind eifersüchtig sein sollte. Immerhin kannte ich dieses Spiel schon von früher, von Mike. Aber ich musste mir eingestehen, dass ich genau das bereits vergessen oder einfach nur verdrängt hatte.
Als mir die Wartezeit endgültig zu lange geworden war, ging ich zur Tür und wandte mich dort zu Alex um. „Ich schaue mal nach Jürgen, vielleicht bracht er Hilfe.“, meinte ich nur. Sie lachte leise auf. „Das glaube ich zwar nicht, Micha, aber gut ...“, erwiderte Alex. „Es dauert bestimmt nicht mehr lange, versprochen!“ „Das sagen sie alle, die Mütter.“, murmelte ich nur kopfschüttelnd, endlich zog ich die Türe hinter mir ins Schloss.
Ich fand Jürgen im Wohnzimmer, hinter einem kleinem Schreibtisch, einige Papiere ordnend. Erschrocken fuhr er auf, als er meine Schritte hörte. Seine Lippen verzogen sich zu einem breiten Lächeln. „Ah, Michael, hat Alex dich aus dem Kinderzimmer geworfen?“, fragte er belustigt. Ich schüttelte vorerst nur den Kopf, ehe ich auch vor mich hingrinste. „Natürlich nicht, und das weißt du auch.“, erwiderte ich. „Aber ich hatte nicht die Geduld, darauf zu warten, bis Alex mit Emilie fertig ist.“ Beschämt senkte ich den Kopf, ich wusste nicht, warum ich das tat. Vermutlich konnte ich ihrem Vater nach diesem Satz nicht in die Augen sehen, wusste nicht, was ich zu verbergen suchte. Wieder lachte Jürgen leise vor sich hin. „Ja, Alex geht völlig darin auf, die kleine Emilie zu versorgen.“, bemerkte er. „Mit Mühe konnte ich sie davon überzeugen, wieder mit dem Reiten zu beginnen.“ Nach den wenigen Stunden, die ich Alex mit Emilie erlebt hatte, konnte ich mir das durchaus vorstellen. Vermutlich würde ich es mir daher unheimlich schwer fallen, mich zwischen Mutter und Tochter drängen zu können, auch wenn sich Alex sehr gefreut hatte, mich nach den langen Monaten wieder zu sehen. Auch die von mir ausgegangenen Zärtlichkeiten hatte sie erwidert, sie anscheinend sogar sehr genossen. Noch wusste ich nicht, wie sie reagieren würde, wenn Emilie einige Stunden schlafen würde.
Bevor Jürgen und ich weiterreden konnten, öffnete sich die Tür und ein blonder Frauenkopf guckte durch den entstandenen Spalt. „Ah, da seid ihr beide also.“, stellte eine mir sehr vertraute Stimme fest, während sie sich endgültig in den Raum schob. Langsam kam sie auf uns zu, lächelnd. Ich konnte nicht sagen, wem dieses Lächeln mehr galt, mir oder ihrem Vater, jedenfalls erwiderte ich es verschmitzt. „Schläft Emilie schon?“, fragte Jürgen nur, um irgendetwas zu sagen. Begeistert nickte Alex, sie begann zu strahlen. „Natürlich, Papa, du weißt doch, dass sie nach dem Füttern immer so müde ist, dass sie fast sofort einschläft.“, antwortete sie, ließ sich neben mir nieder. Belustigt grinste sie zu mir auf und zwinkerte mir zu.
„Na du ...“, brachte er nur hervor, ich merkte, dass es ihm nicht leicht fiel, die beiden Worte hervorzupressen. Mit Mühe konnte ich ein Schmunzeln verhindern. Da wir uns vollkommen aufeinander konzentrierten, bemerkten wir nicht, dass mein Vater das Zimmer wortlos verließ, und es dauerte eine lange Zeit, bis es in unser Bewusstsein eindrang, dass es um uns herum vollkommen ruhig geworden war, und es kein Rascheln von Papier mehr gab. Langsam senkte er seinen Kopf zu meinem, seine Lippen begannen mit den meinen sanft zu spielen, ehe wir uns besonders zärtlich und liebevoll küssten. Wir nahmen nichts mehr um uns wahr, am Rande bekamen wir mit, dass sich eine Türe leise schloss. Erst ein lautes Räuspern ließ uns auseinanderfahren. Ziemlich irritiert schauten wir uns an, ehe wir uns meinem Vater zu wandten, der wieder den Raum betreten hatte.
„Ich störe ja nur ungern, ihr beiden, aber ich habe noch so einiges zu tun.“, stellte er fest, während ein breites Grinsen sein Gesicht spaltete und zwinkerte mir belustigt zu. „Vielleicht sucht ihr euch ein anderes Plätzchen, um ungestört zu sein.“ Sein Blick wurde wissend, wie so oft in all den Jahren schien er mich zu durchschauen, und ich merkte, wie ich errötete, meine Wangen schienen zu glühen. Ich versteckte mein Gesicht an Michaels Körper, sein Arm wanderte um meine Schultern, und er küsste mein Haar. Endlich schaute ich wieder meinem Vater in die Augen und war ihm dafür dankbar, dass er Rücksicht darauf nahm, dass ich mit Michael alleine sein und mit ihm sehr viel Zeit verbringen wollte. Er verlangte nur, dass ich nicht vollkommen auf Emilie vergessen sollte. In den Stunden, die ich mit Michael verbrachte, übernahm er die Aufsicht. Es kam mir vor, als ob er es sogar sehr gerne tat, wusste er doch, dass ich in den nächsten Tagen mit Michael und Emilie wegfahren würde und selbst nicht genau wusste, wann und ob ich wiederkommen würde, um meine Zeit mit ihm und all seinen Pferden zu verbringen.
Ich verfolgte meinen Vater mit den Augen, während er zu seinem Schreibtisch ging, bemerkte sein spitzbübisches Lächeln, das er zu verstecken suchte. Doch da ich ihn nur zu gut kannte, blieb es mir nicht verborgen und hinterfragte es aus diesem Grund auch gar nicht.
Ich wand mich aus Michaels Armen und erhob mich. Erwartungsvoll blickte ich auf ihn herab, streckte ihm meinen Arm entgegen. „Komm mit mir, ich weiß ein lauschiges Plätzchen für uns beide.“, lockte ich ihn und zwinkerte ihm verstohlen zu. „Wenn das kein Versprechen ist ...“, nuschelte er, auch er stand auf und nahm meine Hand fest in seine, vergrub seine Finger in meinen. Schweigend ließ er sich von mir mitziehen, neugierig, wohin ich ihn führte.
Natürlich verging das Wochenende viel rascher als uns beiden lieb war. Alex, Emilie und ich verbrachten viel Zeit miteinander, so hatte ich die Möglichkeit, das kleine Mädchen kennenzulernen und es lieb zu gewinnen. Deshalb konnte ich mir eine Zeit ohne sie nicht mehr vorstellen, auch wenn ich an diesem Morgen noch nicht wusste, was mich in München erwarten würde.
Wie lange ich schon wach im Bett lag, konnte ich an diesem Morgen nicht mehr sagen. Alex schlief noch immer in meinem Arm, sie kuschelte sich an mich und seufzte kurz auf, doch sie wachte nicht auf, obwohl ich sie bald würde wecken müssen. Im Nebenraum war Emilie schon zu hören, es konnte nicht mehr lange dauern, und sie würde mit ihrem Brüllen das ganze Haus wecken. Deshalb zog ich meinen Arm unter Alex hervor, die Gefahr in Kauf nehmend, sie zu wecken. Sie bewegte sich langsam, schlug die Augen auf und blinzelte mich verschlafen an. „Was ist los?“, murmelte sie. „Emilie macht sich bemerkbar, bleib noch im Bett, ich werde sie wickeln und mit ihr wiederkommen.“, versprach ich, schlüpfte aus dem Bett und ging rasch zur nur angelehnten Tür. „Michi ...“, hörte ich Alex erschrocken rufen. Langsam wandte ich mich ihr zu, fragend schaute ich zu ihr. „Zieh dir doch etwas über ...“, bat sie mich kleinlaut, während sie mich von oben bis unten musterte und sich gierig über die Lippen leckte. Ein leichtes Lächeln schummelte sich auf mein Gesicht, als ich an mir hinab sah. „Meinst du, dass Emilie mein Outfit stören könnte? Und dein Vater ist sicher schon bei seinen Tieren, er kann mich gar nicht sehen ...“, bemerkte ich belustigt und verschwand, ehe Alex noch irgendetwas sagen konnte. Außerdem war Emilies Unmut schon deutlich zu hören, sodass ich mich beeilte, in ihr Zimmer zu kommen, um sie beruhigen zu können.
Das kleine Mädchen schien mich gehört zu haben, sie wurde zwar ein klein wenig leiser, brabbelte jedoch noch weiter vor sich hin. Erst als ich sie aus dem Bettchen hob, schaute sie zu mir auf und beäugte mich neugierig. „Na, meine Kleine, haben wir gut geschlafen?!“, fragte ich, obwohl ich genau wusste, dass sie mir noch nicht antworten konnte. Aber ich erreichte vorerst, dass sie abgelenkt war und wissen wollte, was mit ihr geschah, währen ich zum Wickeltisch ging und dort genau das tat, was ich von Alex in den letzten beiden Tagen gesehen hatte. Denn ich musste zu meiner Schande gestehen, dass ich diese Dinge völlig aus meinem Gedächtnis gestrichen, ja völlig vergessen hatte, wie es bei Mike damals gewesen war. Heute konnte ich diese Einstellung von damals überhaupt nicht mehr verstehen. Gut gelaunt nahm Emilie zur Kenntnis, dass ihre kleinen Beinchen frei waren und sie sie ungestört bewegen konnte. Sie tat es mit einer Freude, die mich zu einem Lächeln reizte. „Kleine Emilie, du hältst anscheinend nicht viel davon, wieder angezogen zu werden?“, schmunzelte ich vor mich hin und tat dem Mädchen dann doch seine Windel um.
Ich war so in meiner Arbeit vertieft, dass ich Alex nicht kommen hörte. Erst als ich mich beobachtet fühlte, drehte ich kurz den Kopf, nicht ohne das kleine Mädchen auf dem Wickeltisch aus den Augen zu lassen. Ich bemerkte Alex, die am Türstock lehnte und uns – Emilie und mich – neugierig betrachtete, mit einem feinen Lächeln auf den Lippen. „Du machst dich gut.“, stellte sie anerkennend fest. „Du bist als Vater angenommen.“ Geschmeichelt schmunzelte ich vor mich hin, sah sie auf mich zukommen, irritiert hörte ich Emilie, die wieder auf sich aufmerksam machte. Mein Interesse wurde wieder auf unsere Tochter gelenkt, die sich bisher zwar mit sich selbst beschäftigt hatte, aber mittlerweile Langeweile bekommen zu haben schien. „Ich werde sie fertig anziehen, füttern kann ich sie jedoch nicht.“, bemerkte ich bedauern. Da Alex selbst nichts sagte, konnte ich ihre leisen Schritte hören, als sie endlich zu mir kam und mich von hinten umschlang. Ich spürte ihre warme Haut an meiner, denn auch sie hatte sich noch nichts über gezogen.
Ein breites Grinsen legte sich auf meine Lippen, als ich sie spürte. „Wie war das noch gleich ...?! Sollte ich mir nicht etwas anziehen, Alex. Erkläre mir, warum du es nicht auch getan hast!“, bat ich belustigt und streichelte über ihre Hände, die noch immer auf meinem Bauch lagen. Ich hörte nur ihr leises Kichern, wartete für meine Begriffe viel zu lange auf ihre Antwort, die mir Alex jedoch schuldig blieb, da Emilie lautstark zu brüllen begann. Mein Blick wurde entschuldigend, als ich meinen Kopf zu Alex drehte. „Du solltest sie wohl füttern, noch kann ich dir dabei nicht helfen.“, bemerkte ich bedauernd. „Kein Problem, das bekomme ich gerade noch hin, glaub mir.“, erwiderte sie kichernd. „In ein paar Monaten wirst du sie füttern können, das versprech´ ich dir.“ Ich macht mir gar nicht die Mühe, darauf zu antworten und stellte mit Bedauern fest, dass sich Alex von mir löste, um sich um unsere Tochter kümmern zu können.
Ich hatte die ganze Fahrt nach München verschlafen, zu ruhig war es im Auto gewesen. Denn auch Emilie schlief ein, sobald wir im Wagen saßen, und Michael konzentrierte sich auf den Straßenverkehr. Erst als eine Autotür lautstark zugeschlagen wurde, wachte ich auf. Irritiert blickte ich mich um, es dauerte eine Weile, bis ich mich wieder zurecht fand. Erfreut stellte ich fest, dass wir bereits vor dem Gebäude angelangt waren, in dem Kirkitadses Büro lag. Nach und nach wurde mir bewusst, dass Michael bereits ausgestiegen und gerade dabei war, Emilies Kinderwagen aus dem Kofferraum des Fahrzeuges hob. Verschlafen rieb ich mir die Augen und gähnte vor mich hin, sodass ich das kleine Mädchen neben mir auch weckte. Sehr irritiert schaute sich Emilie um, schien zu überlegen, ob sie schreien sollte oder nicht. Da Michael die Türe öffnete, wurde wieder in ihren Gedanken unterbrochen und begann, ihren Vater interessiert zu mustern.
„Ah, seid ihr schon wach?“, erkundigte sich Michael belustigt und lächelte mir verschmitzt zu. Noch immer ein wenig verschlafen nickte ich, erwiderte sein Lächeln strahlend, versank im Blau seiner Augen, während Emilie neben mir vor sich hinplapperte. Ihr schien der Schlaf ausgesprochen gut getan zu haben, obwohl sie bald auch Hunger haben würde, und ich den Staatsanwalt dann wohl vertrösten würde müssen, bis mein kleines Mädchen auch wieder satt war. Rasch stieg ich aus, um Emilie ebenfalls aus dem Wagen zu holen.
Gemeinsam mit Michael betrat ich das Gebäude und schob den Kinderwagen vor mir her. Ich merkte seinen Stolz als wir zum Aufzug gingen, lächelte verträumt vor mich hin. Immerhin hatte ich mir oft genug gewünscht, eine kleine Familie zu haben, nur die Versetzung hatte dies zu meinem Bedauern verhindert. Schließlich waren Michael und ich schon ein Paar gewesen, ehe wir von der Auflösung unseres Kommissariats erfahren hatten, und die neuen Dienstorte waren bereits festgesetzt gewesen, konnten nicht mehr geändert werden. Aus diesem Grund trennten wir uns, denn keiner von uns beiden wollte eine Fernbeziehung führen, auch wenn ich gehofft hatte, dass wir uns doch ab und zu sehen würden, wir verloren uns rascher als geplant aus den Augen. Im Augenblick sah es so aus, als würden wir an unseren früheren Dienstort wieder gebraucht werden.
Noch immer in Gedanken versunken waren wir beim Büro des Staatsanwalts angelangt, erstaunt nahm ich es zur Kenntnis, da wir meiner Meinung nach viel zu rasch im Vorzimmer von Kirkitadse angelangt waren. Da uns seine Sekretärin noch von früher her kannte, kam sie erfreut auf uns zu, kaum dass wir den kleinen, aber freundlich eingerichteten Raum betreten hatten. „Sie werden bereits erwartet.“, stellte die ältliche, bereits in die Jahre gekommene, aber äußerst gutmütige Frau fest, nachdem sie uns begrüßt hatte. „Aber natürlich hat er nicht all zu viel Zeit, wie Sie sich vorstellen können, das hat sich in den letzten Monaten nicht geändert.“, bemerkte Frau Überlackner gutmütig. „Lassen Sie das Kind hier, ich werde darauf aufpassen.“ Begeistert nahm ich das zur Kenntnis, auch wenn ich mein Kind selten aus den Augen ließ, aber in den letzten Minuten hatte ich krampfhaft überlegt, was ich mit Emilie machen sollte, während unserer Unterhaltung mit dem Staatsanwalt, immerhin war sein Büro nicht das größte, wie ich von meinen früheren Besuchen noch wusste. „Das würden Sie tatsächlich tun?“, fragte ich deshalb erleichtert. „Natürlich, Frau Rietz, ich liebe doch Kinder ...!“, erklärte Frau Überlackner ernst. Ehe ich antworten konnte, wurde die Türe aufgerissen, und Kirkitadse stand vor uns.
„Ah, da sind Sie ja schon, kommen Sie herein!“, bat er aufgekratzt und gut gelaunt wie selten zuvor. Ich konnte mich nicht daran erinnern, ihn jemals so gesehen zu haben. Ehe ich dem Staatsanwalt in sein Büro folgte, warf ich seiner Sekretärin einen fragenden Blick zu. Frau Überlackner nickte mir nur beruhigend zu, und so folgte ich Michael erleichtert. Kirkitadse wartete, bis wir uns gesetzt hatten, mit einem breiten Lächeln auf den Lippen, was mich mehr verunsicherte, als ich zugeben wollte. Erwartungsvoll starrte ich dem Mann in die Augen, mit dem ich Jahre zusammengearbeitet hatte, und stellte fest, dass ich ihn im Augenblick nicht einschätzen konnte. Mein Blick wanderte zu Michael und bemerkte, dass auch er ein wenig verunsichert war. Was um alles in der Welt würde auf uns zukommen, fragte ich mich, stellte plötzlich mit Entsetzen fest, dass ich mir in den letzten Tagen über diesen Besuch hier keinerlei Gedanken gemacht hatte. Für mich waren nur Emilie und Michael wichtig gewesen, nicht zu vergessen, die Liebe, die wieder erwacht war, kaum dass er in der Küche meines Vaters vor mir gestanden war.
Kirkitadse schien meine kurze Abwesenheit bemerkt zu haben, er räusperte sich kurz, sodass ich mich wieder ihm zuwandte und darauf wartete, was er uns zu sagen hatte. „Sie wundern sich wahrscheinlich, weshalb ich Sie hierher gebeten habe?“, begann er endlich das Gespräch, darauf wartend, wie wir reagieren würden. Michael und ich schauten uns rasch in die Augen, gleichzeitig nickten wir. „Natürlich fragen wir uns, warum wir nach so langer Zeit wieder hier sitzen. Das letzte Mal sagten Sie uns, dass man uns versetzt hat. Was kommt jetzt wohl?“, wollte Michael neugierig wissen. Der Klang seiner Stimme verriet mir jedoch, dass er noch immer ein klein wenig gekränkt deswegen war. Der Staatsanwalt lachte leise vor sich hin, während er zwischen uns hin und her blickte. „Wissen Sie, Herr Naseband, ich konnte die Polizeidirektion davon überzeugen, dass es für mich keine besseren Mitarbeiter gibt als Sie und Frau Rietz.“, erklärte er endlich, wieder ernst geworden. „Schauen Sie mich nicht so entgeistert an, mit erstem Mai werden Sie wieder hier in München arbeiten.“ Ich hielt kurz die Luft an, denn damit hatte ich absolut nicht gerechnet, mein Blick wanderte zu Michael hinüber. Auch er schien über Kirkitadses Aussage ein wenig aus der Fassung geraten zu sein. Er hielt kurz die Luft an, ließ sie langsam auch wieder entweichen. „Was soll dass denn nun werden, Herr Staatsanwalt? Erst reißt man uns auseinander, nur weil wir zu hohe Kosten verursachen, und jetzt soll auf einmal alles wieder ganz anders sein?“ wollte Michael leicht ungehalten wissen, er schüttelte vorerst nur ungläubig den Kopf. Kirkitadse nahm diese Frage erschrocken zur Kenntnis, schien im Moment nicht mehr zu wissen, was er sagen sollte. Mir warf er einen hilflosen Blick zu, darauf hoffend, in meinem Gesicht eine Antwort finden zu können.
Ehe ich jedoch irgendetwas sagen konnte, war aus dem Vorzimmer Kindergeschrei zu hören. Irritiert schaute der Staatsanwalt zwischen Michael und mir hin und her, bevor er sich der sich leise öffnenden Tür zuwandte. „Noch einen Moment, Frau Überlackner, ich bin noch nicht fertig.“, meinte er streng. „Ich weiß, Herr Staatsanwalt, aber ich finde kein Essen für Emilie ...“, erwiderte Kirkitadses Sekretärin bedauernd. Rasch erhob ich mich. „Das können Sie auch gar nicht, Frau Überlackner, Emilie wird noch gestillt.“, erklärte ich. An der Tür drehte ich mich zum Staatsanwalt um. „Entschuldigen Sie mich bitte, ich sollte mich um meine Tochter kümmern.“, erklärte ich und wartete seine Antwort erst gar nicht ab, sondern eilte zu meinem Kind.
Ich konnte mir ein leichtes Lächeln nicht verkneifen, zu sehr erheiterte mich sein Blick. Der Staatsanwalt schien im ersten Moment nicht zu wissen, was er von ihrer Aussage überhaupt halten sollte. „Frau Rietz hat eine Tochter?“, staunte mein Gegenüber. Bestätigend nickte ich. „Warum weiß ich davon nichts?“, fragte Kirkitadse irritiert, noch schien er nicht begreifen zu wollen, dass Alex vermutlich die nächsten Monate ausfallen würde. „Ich denke, dass man auf ihrer Dienststelle weiß, dass Frau Rietz seit Wochen im Mutterschutz ist.“, meinte ich nur, mehr wollte ich eigentlich dazu nicht sagen, doch ich kannte Kirkitadse gut genug, um zu wissen, dass er dieses Thema nicht so stehen lassen würde. „Da werde ich auf Frau Rietz wohl verzichten müssen.“, brummte er nach wenigen Augenblicken des Überlegens ziemlich unfreundlich. Erschrocken nahm ich das zur Kenntnis, wusste ich doch, dass sich Alex sicherlich für Emilie entscheiden würde, sollte Kirkitadse auf die absurde Idee kommen, sie zu fragen, sofort wieder im K11 anzufangen. Ruckartig hob der Staatsanwalt den Kopf, sah mir fest in die Augen. Ich konnte sehen, dass ihn noch etwas beschäftigte und es nur nicht in Worte fassen konnte – noch nicht.
„Frau Rietz hat also ein Kind.“, murmelte er vor sich hin, so, als könnte er diese Tatsache nicht verstehen. Bestätigend nickte ich, überlegte krampfhaft, wie viel ich ihm von Emilie erzählen sollte, immerhin war das ja Alex´ Aufgabe, fand ich. „Ja, Herr Kirkitadse, Emilie ist gerade mal sieben Wochen alt.“, brachte ich dann doch über meine Lippen, nicht ohne Stolz wie ich selbst feststellte. Der Staatsanwalt schien es bemerkt zu haben, betrachtete mich einige Augenblicke und schien dahinter gekommen zu sein, dass er mich nicht zu verstehen schien. Deshalb schüttelte er leicht den Kopf, darauf hoffend, das Gehörte auch verarbeiten zu können. Im Nebenraum war das leise Lachen von Alex und Frau Überlackner zu hören, während ich noch immer dem Staatsanwalt gegenüber saß und nicht wusste, wie ich mich richtig verhalten sollte. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich vorerst gar nicht bemerkt hatte, dass sich hinter mir die Türe leise öffnete. Erst als Emilie lautstark rülpste, wurde ich auf sie und ihre Mutter aufmerksam. Mit einem strahlenden Lächeln wandte ich mich zu den Beiden um. Erst jetzt bemerkte ich, wie sehr sie mir gefehlt hatte, auch wenn sie nur eine kurze Zeit nicht neben mir gewesen war.
Ich erhob mich, machte einige Schritte auf Alex und unsere Tochter zu. „Na, ihr beiden ...“, hörte ich eine Stimme flüstern, die sich zu meinem Entsetzen als meine entpuppte. Alex schaute zu mir auf und schenkte mir ein wunderschönes Lächeln, das mich endgültig um den Verstand brachte. Da Emilie meine leise Stimme vernommen hatte, drehte sie ihren kleinen Kopf in meine Richtung und starrte mich mit ihren großen braunen Augen an. Das kleine Mädchen schien mit mir im Moment nichts anfangen zu können. „Na, kleine Maus ... komm zu ...“, erschrocken unterbrach ich mich und blickte Alex rasch in die Augen. Ich merkte, dass sie den Kopf leicht schüttelte, und ich verstand auch sofort. Noch sollte niemand wissen, dass ich der Vater des kleinen Mädchens war. Lange würden wir das zwar nicht aufrecht halten können, aber ich wollte ihrer stummen Bitte entsprechen. „Gib mir Emilie ...“, bat ich trotzdem, denn ich wollte das kleine Mädchen im Arm halten, seine Nähe spüren, war ich doch unheimlich stolz auf meine kleine Tochter, auch wenn ich erst seit wenigen Tagen von ihrer Existenz wusste. Und ich ahnte selbst, dass ich diese Tatsache Alex noch vorhalten würde. Immerhin hatten wir in den letzten Monaten oft genug miteinander telefoniert.
Kirkitadse beobachtete uns nur schweigend, da er nicht zu wissen schien, wie er sich verhalten sollte. Sein Blick wanderte zwischen uns Dreien hin und her, blieb endlich an mir und Emilie haften. „Herr Naseband ... wussten Sie, dass Ihnen dieses Kind gut steht?! Haben Sie eigentlich schon daran gedacht, nochmals Vater zu werden?“, wollte er plötzlich nachdenklich wissen. Ich hielt erschrocken die Luft an, warf Alex einen ziemlich hektischen Blick zu und nahm ein beruhigendes Lächeln auf ihren Lippen wahr. „Ich könnte mir das tatsächlich noch einmal überlegen ...“, murmelte ich vor mich hin, verträumt schaute ich auf den Säugling in meinem Arm. Emilie war inzwischen eingeschlafen, wie immer nach dem Trinken. Im Schlaf verzog sie ihr Gesicht, was mir ein Schmunzeln entlockte. Erst ein leichtes Klopfen lenkte uns von dem Kind ab. Erwartungsvoll wandten wir uns der sich öffnenden Tür zu. Kirkitadses Sekretärin trat ein. „Sie sollten zu Gericht!“, bemerkte sie, und ich merkte, dass sie sich nicht sehr wohl in ihrer Haut zu fühlen schien. Ich konnte nicht verstehen, warum das so war. Immerhin war ich bisher der Meinung gewesen, dass sich Frau Überlackner sich mit dem Staatsanwalt soweit gut verstehen würde, dass der Umgang auch unkompliziert sein musste. Erst als ich Kirkitadses ungehaltenen Blick bemerkte, konnte ich mir das eigenartige Verhalten seiner Untergebenen vorstellen. „Ist schon gut ...“, brummte der Staatsanwalt und erhob sich. Für ihn war unser Gespräch beendet. „Also, Herr Naseband, Frau Rietz, wir sehen uns am ersten Mai wieder hier...!“, fuhr er fort, hielt aber jedoch erschrocken inne und sah zu Alex. „Ich vermute, dass Sie sich vorerst um Ihre Tochter kümmern werden, Frau Rietz, nicht wahr? Aber ich werde Ihnen Ihren Platz freihalten, versprochen.“ Beruhigend lächelte er ihr zu. „Aber ich muss jetzt tatsächlich zu Gericht ...“, entschuldigte sich Kirkitadse, langsam ging er zur Tür und öffnete sie wieder.