Das Warten war unerträglich. Wir saßen im Büro, schwiegen, redeten manchmal über Dinge, die wir schon so oft durchdiskutiert hatten, dass wir sie alle nicht mehr hören konnten. Als die Luft im Büro zu flimmern anfing, hielt ich es erst für optische Täuschung. Doch dann nahm das Portal Struktur an und Gerrit erschien. "Hallo zusammen. So schlechte Laune?" Auch wenn es merkwürdig klingt, ich war erleichtert, ihn zu sehen. "Wann und wo, Gerrit? Ich will nicht mehr warten, das macht mich ziemlich fertig." Er grinste. "Nicht mein Problem." Kurz sah er Alex an. "Ich hoffe, ich habe dich nicht zu sehr verschreckt." "Lass mich in Ruhe", sagte sie verletzt. Dass er darauf nur nickte, war schon so undämonisch, dass ich es kaum glauben konnte. Ich wand mich Gerrit wieder zu. "Was ist nun?" "Morgen, wen es dir recht ist." "Sehr recht." "Sag eine Tageszeit, wo du fit bist, richtig fit." Ich grübelte. Als Langschläfer, der dann etwas Anlauf brauchte, um vernünftig in den Tag zu starten, war mir später lieber als früher. "Zwei Uhr nachmittags." "Merkwürdige Zeit, aber okay. Als Waffen nutzen wir das, was wir haben. Bring meinetwegen einen Panzer mit, es wird dir nichts helfen." "Ich werde nur mein Kreuz dabei haben. Mein Kreuz und den Glauben an das Gute." Gerrit lachte höhnisch. "Wie du willst. Dann trage auch ich nur das Kreuz. Das wird spannend." Er schien unserem Kampf richtig entgegen zu fiebern. "Irgendwelche Wünsche, was den Ort angeht?" "Nicht zu warm, mit atembarer Luft." Michael ließ einen Laut des Unwillens hören. "Warm… Das heißt für einen Londoner wohl nicht mehr als 10 Grad." Gerrit lachte auf. "Der war gut." "Auf wessen Seite stehst du eigentlich?", fragte ich ihn empört. "Auf deiner", versicherte er mir schnell und versuchte, Gerrit einen bösen Blick zuzuwerfen. "Sagen wir 18 Grad und ich werde eine Umgebung schaffen die flach ist. Eine kleine Arena, damit unsere Freunde zusehen können." Er sah die anderen an. Sie nickten hastig. "Beim Weltuntergang in der ersten Reihe sitzen." "Doc, hab dich gar nicht gesehen." Gerrit sah Alsleben an, der ihn seit seiner Ankunft mit offenem Mund betrachtete. "Was ist? Gefall ich dir nicht?" Wir hatten dem Gerichtsmediziner erst einmal beibringen müssen, was überhaupt geschehen war. Und bis Gerrit hier aufgetaucht war, hatte er uns kein Wort geglaubt. "Doch, doch", versicherte er sofort. Dabei starrte er dessen spitze Zähne unentwegt an. "Felsen", sagte ich. "Ich möchte eine Möglichkeit haben, dir auszuweichen." Wenn man das Kampffeld schon selber gestalten konnte, sollte man dies auch nutzen, fand ich. "Klar." Gerrit schien keine Probleme damit zu haben. Er fühlte sich sehr sicher. "Sonst noch was? Ein Liegestuhl zum Ausruhen, eine Bar für einen Drink zwischendurch?" "Nein, danke, nicht nötig." Ernst sah ich ihn an. "Ich weiß, dass du Materie beherrschen kannst. Kannst du sie im Kampf auch so kontrollieren, dass ihnen nichts passiert?" Ich deutete auf die anderen Menschen im Raum. "Unsere Kreuze werden einen Schild um das Kampffeld schaffen. Sie sorgen dafür, dass niemand von außen eingreifen kann und sie sorgen auch dafür, dass nichts, was wir einsetzen, nach außen dringt." "Nichts kann den Schild zerstören?" Gerrit kratzte sich unsicher am Kopf. "Irgendwas wohl schon, aber ich habe die Aufzeichnung nicht so ganz verstanden, was das angeht. Da wir beide die Schilde aufbauen und sie ineinander verwoben sein werden, müsste es eine Macht sein, die wir teilen. Das hat weder mit den Seelen noch mit den Kreuzen zu tun. Daher habe ich keine Ahnung, was gemeint ist." Er nahm sich eine Tasse Kaffee und trank langsam. "Asmodina ist ´ne tolle Frau im Bett, aber Kaffee kochen kann sie echt nicht." Erstaunt riss ich die Augen auf. "Du und… Asmodina?" "Hey, sie ist echt heiß." "Sie ist die Tochter des Satans, heiß trifft es da wohl sehr richtig." Der Anflug eines Lächelns huschte über mein Gesicht, wurde im nächsten Moment allerdings weg gewischt. "Es ist alles gesagt." "Punkt 2 Uhr morgen hole ich dich in die Arena. Sei vorbereitet." Er trat vor mich und sah mich mit seinen schwarzen Dämonenaugen an, die sich plötzlich in seine menschlichen verwandelten. "Ich schwöre dir, dass ich weder mit Tricks noch mit Fallen arbeite." "Auch ich werde das nicht tun." "Wir beide, niemand sonst. Wir sehen uns morgen zu meinem Sieg." Er grinste und entblößte seine spitzen Eckzähne noch weiter. "Das werden wir noch sehen." Er nickte ihm zu. Gerrit wand sich um. "Will wer von euch nicht mit?" Keiner meldete sich. "Gut, dann hole ich euch mit rüber." "Gerrit", hielt ich ihn zurück. "Was wird aus ihnen, wenn ich verliere?" "Die Welt wird sich ändern und auch an ihnen wird es nicht spurlos vorüber gehen. Aber für ihr kurzes menschliches Leben werde ich dir ihre Sicherheit garantieren. Michael, Alex, Suko, Bill und der Doc sollen unter meinem Schutz stehen." Ich sah ihm an, dass er dieses Versprechen ernst meinte. Mit zusammengepressten Lippen nickte ich ihm zu. Er neigte leicht den Kopf und löste sich buchstäblich in Luft auf.
Das mit der Bar und dem Drink...herrlich. Ui, jetzt wirds langsam ernst. Gerrit scheint ja sehr siegessicher zu sein, wenn er sich da mal nicht täuscht. Aber auf der anderem Seite würde ich gerne wissen,was passiert wenn John verliert.
Morgen also war es so weit. Endlich hatte das Warten ein Ende. Ich war erleichtert, unendlich erleichtert. Mit geschlossenen Augen stand ich im Raum, als sich eine Hand auf meine Schulter legte. Es war Bill, ich kannte seinen Griff. Und er und Suko kannten mich. Sie sagten kein Wort, umarmten mich beide und sahen mich aufmunternd an. Ich nickte schweigend und lächelte sie an. Mein Blick fiel auf Alex, der eine Mischung aus Verwunderung über Gerrits Verhalten und nackter Angst um mich ins Gesicht geschrieben stand. Ich griff nach ihrer Hand und zog sie aus dem Büro. "Ich muss hier raus, Alex. Abschalten, wenigstens bis morgen. Hilfst du mir?" Sie schwankte, lächelte mich dann aber breit an. "So gut ich nur kann." Ihr Arm glitt um meine Hüfte. Wir verließen gemeinsam das K11. "Ich liebe dich, John", wisperte sie und blickte auf den Boden. "Ich dich auch, mein kleiner Engel." Wir schlenderten die Straße hinab und in einen Park. "Was soll dieses Spiel von Gerrit?" "Es ist kein Spiel. Alex, diese Fairness ist seine menschliche Seite. Ich habe schon ähnliche Kämpfe ausgefochten. In Welten, die schon hätten tödlich sein können. Mit dem Druck, dass bei einem Fehler meinerseits meine Freunde sterben würden. Völlig geschwächt durch vorherige Misshandlung. Ich bin Gerrit dankbar. Dem Duell können wir nicht entgehen, aber er bietet mir eine Chance auf einen fairen Kampf und damit auf einen Sieg." Ich setzte mich auf eine Parkbank. "Verstehst du, was mir das bedeutet, Alex?" Ich sah ihre wunderschönen braunen Augen und wurde etwas leiser. "Ich muss mir keine Sorgen machen. Nicht um dich, nicht um Suko oder Bill." "Oder Micha", fügte sie hinzu. "Er gehört zu dir. Mehr noch als ich." Mit einem milden Lächeln sah ich sie an. "Er ist ein toller Mensch und für dich so wichtig. Wie gesagt, er gehört zu dir." "Er liebt mich." Sie wurde rot und sah mich verlegen an. "Ich weiß. Und so ungern ich es zugebe, er wäre die bessere Wahl für dich." Ungläubig sah sie mich an. "Willst du mich jetzt mit ihm verkuppeln, weil du Angst hast, morgen…" "Alex, ich will dich in guten Händen wissen. Und er wird dich beschützen. Meine Chancen morgen stehen 50 zu 50, im besten Fall. Ich liebe dich und habe mehr Angst um dich als um mich." "John, Micha wird immer für mich da sein. Dazu muss ich ihm keine Hoffnungen machen, die ich nicht erfüllen kann. Ich liebe ihn nicht." Ihre Augen funkelten, wenn sie über Michael sprach. Klar, da war Dankbarkeit für seine bedingungslose Freundschaft, aber vielleicht auch mehr. Ich zog Alex in meine Arme. Sie kuschelte sich dicht an mich. "Ich liebe dich, Alex. Versprich mir eins. Egal, was morgen passiert, halte dich an Michael. Nimm mir diese Sorge." Sie nickte und legte ihre Beine über meinen Oberschenkel. Halb auf mir sitzend, zog sie sich dicht an mich heran. "Ich verspreche es dir. Aber, John… Du musst es schaffen. Es gibt mehr Menschen als uns fünf und die brauchen auch deinen Schutz. Auch wenn sie es nicht wissen, dass du dein Leben für sie riskierst." Ich legte das Kinn leicht auf ihren Kopf. Meine Entscheidung, wie ich Gerrit schlagen wollte, hatte ich längst getroffen. Ich würde seine dunkle Seele zerstören, auch wenn das meinen eigenen Tod zur Folge hatte. So würde der nächste Sohn des Lichts meine Aufgabe fortsetzen können und Gerrit würde seine Macht verlieren. Das war die sicherste und für alle beste Möglichkeit. Für alle außer Alex und mich.
Suko hatte den entschlossenen Blick des Geisterjägers gesehen. Er kannte ihn lange genug, um zu wissen, dass der seinen Schlachtplan schon im Kopf hatte. Und da Gerrit ihm eine faire Chance ließ, würde alles auf Johns Tod hinauslaufen. Er würde sich selber opfern und den Sohn der Finsternis mit sich nehmen. Trauer stieg in ihm hoch, als er sich das bewusst machte. Bill hatte gute Laune. Dank Gerrits Entgegenkommen hoffte er, genauso wie Michael und Doktor Alsleben, auf einen Sieg des Geisterjägers. Alsleben machte sich Sorgen um Gerrit, genauso übrigens wie Michael auch. Aber Michael versteckte seine Sorge hinter der Aussage: 'Er ist doch selber Schuld, wenn er die falsche Seite wählt.' Wie nah die ganze Entwicklung dem Kommissar ging, merkte Suko erst, als er Michael vor dem Büro in der Sitzecke sitzen sah. Er war blass, in seinen Augen schimmerten Tränen und er rauchte eine Zigarette nach der anderen, was die vielen Stummel im Aschenbecher bewiesen. Der Chinese setzte sich neben ihn. "Es ist unvorstellbar, was morgen passieren wird." "Wie oft wart ihr schon in so einer Situation?" Die Hände des Mannes zitterten. "Häufiger. Aber irgendwie sind wir meist reingerutscht, ohne die Konsequenzen wirklich so offen vor Augen zu haben." "Ich habe mordsmäßige Angst, Suko." "Wir alle haben Angst. Denkst du etwa, es wird leichter, nur weil wir das schon durch haben? Es geht um die Hölle auf Erden und Bill und ich wissen, wie die Hölle aussieht." "Nicht schön?" Auf dem breiten Gesicht des Mannes erschien ein gutmütiges Lächeln. "Nein. Nicht schön. Und auch wenn Gerrit sein Versprechen halten würde und uns schützt, so würde es immer noch die Hölle sein." "Ich mache John keine Vorwürfe." Michael hatte den Wunsch, sich zu rechtfertigen. "Er kann nichts dafür, dass Gerrit so geworden ist." "Das weiß John. Deshalb rechtfertigt er sich auch nicht. Mach dir deshalb keinen Kopf. Er hat ein ziemlich dickes Fell." "Welche Chance hat er morgen wirklich?" Suko schluckte und wendete den Blick ab. "Suko?" Diese Reaktion hatte Michael bei ihm noch nie erlebt. "John wird diesen Kampf nicht überleben, wenn es so läuft, wie er es geplant hat." "Er will sich selber opfern?" "Es ist die beste Möglichkeit, Michael. Die sicherste. Die Welt geht vor." "Aber…" Michael schluckte. Natürlich hatte Suko recht mit seinen Worten. Aber er hatte noch eine andere Sorge. "Woher weißt du, was er vorhat?" "Ich habe es gesehen. Er war zu erleichtert, als Gerrit weg war. Durch dessen Offenheit, was den Ort angeht, wo der Kampf stattfinden wird, hat er alle Möglichkeiten, seinen Plan zu verfolgen. Und John denkt immer zuerst an die anderen." "Wird er es Alex sagen?" "Ich kann es mir nicht vorstellen. Das tut er ihr nicht an. Es würde an seiner Entscheidung nichts ändern und es würde ihr nur noch mehr weh tun." Suko legte ihm eine Hand auf den Unterarm. "Ich habe Kämpfe bestritten, heftiger als manche Menschen es sich vorstellen können, gegen Gegner, die so schrecklich waren, dass viele sterben würden, wenn sie einfach vor ihnen stünden. Aber ich habe nie ein stärkeres Wesen als dich kennen gelernt." Er lächelte ihm zu und stand auf. "Sag es ihr nicht. John wird sich von ihr verabschieden, aber so, dass sie es nicht sofort merkt." Damit verschwand er im Büro. Michael sah ihm erstaunt nach. So ein Kompliment hatte ihm noch nie jemand gemacht. Und das von Suko. Für den Kommissar war es der Beweis, wie viel Angst der um seinen Freund und Kollegen hatte. Diese Angst, dass John den Kampf verlieren würde und das Wissen um die Konsequenzen dieser Niederlage, verband sie auf eine Art und Weise, die tiefer war als es eine langjährige Freundschaft sein konnte. So tief, dass man offen miteinander sprach.
Offen sprach auch ich mit meiner Freundin. Alex hatte mich zum Essen eingeladen und ich ließ ihr die Freude. Wir genossen den ganzen Abend in einem gemütlichen Restaurant und sponnen uns irgendwann eine gemeinsame Zukunft zusammen. Ich bestand auf einen Hund und eine extra große Garage für meinen Bentley, Alex wollte eine tolle Wohnung, besser noch ein Haus und Kinder. Bei dem Wort musste ich lachen. Kinder. Ich und Kinder. Das würde nicht funktionieren. Sie wären so gefährdet durch meine Berufung, dass ich lieber gar keine in die Welt setzen wollte und das sagte ich Alex auch. "Magst du keine Kinder?" "Doch, sehr sogar. Mit meinem Patensohn Johnny bin ich furchtbar gern zusammen. Bill meint immer, ich verwöhne ihn zu doll." "Aber die Dämonen wissen doch, dass du an ihm hängst." Mein Gesicht verdüsterte sich. "Während Sheilas Schwangerschaft war ich ständig dabei, sie aus den Klauen irgendwelcher Dämonen zu retten. Als sie im Krankenhaus lag und den Jungen gerade zur Welt gebracht hatte, wurde der Kleine entführt und wäre fast gestorben." Ich sah wie Alex blass wurde. "Ich liebe Kinder, darum verzichte ich auf eigene. Ich hätte nur noch Angst und auf Dauer könnte ich das psychisch nicht aushalten." Sie nickte und strich mir über die Hand. "Ich verstehe dich, John." "Was ist mit dir? Willst du wirklich so leben? Haus, Kinder?" "Ja. Ich wünsche mir Kinder." "Du wärst sicher eine ganz tolle Mutter. Da bin ich mir ganz sicher." Ich lächelte ihr zu, was sie zu einem Lachen verleitete. "Wenn du meinst." Wir begaben uns auf den Heimweg, das heißt, zu Alex nach Hause. Hier landete wir ziemlich schnell im Bett.
Die Stunden vergingen. Mit geschlossenen Augen, äußerlich ruhend und innerlich vollkommen aufgewühlt, lag ich im Bett. Alex lag in meinen Armen, auch sie war noch wach. Wir hatten uns beide ziemlich verausgabt, auch um zu vergessen, was morgen auf uns zukommen würde. Inzwischen war morgen. Draußen ging langsam die Sonne über der Stadt auf. Es war kurz nach halb 5 und in mir stieg eine Angst hoch, die ich bisher gut hatte verdrängen können. Am liebsten würde ich hier liegen bleiben und mir die Decke über den Kopf ziehen. Aber diese Option hatte ich nicht. Alex Hand strich über meine nackte Brust nach oben und streichelte schließlich meine Wange. Ihre Finger tasteten über meine Haut, schienen jedes Detail aufnehmen und festhalten zu wollen. Sie wollte mich in Erinnerung behalten, dessen war ich mir vollkommen bewusst. Und auch wenn es mir wahnsinnig weh tat, ich ließ sie gewähren. Als sie anfing, kleine Küsse auf meiner Brust zu verteilen, schloss ich die Augen und atmete langsam und tief durch. Mit einer unendlichen Zärtlichkeit verführte Alex mich. War der Sex zwischen uns bisher immer wie ein Sturm, ein leidenschaftlicher, wilder Aufschrei gewesen, war es dieses Mal wie ein Hauch, ein Flüstern, ein Streicheln. Es war keine Leidenschaft im eigentlichen Sinne des Wortes, sondern Hingabe und Liebe. Und Verzweiflung. Grenzenlose Verzweiflung. Als wir schließlich unsere Erfüllung erlangten, war die Sonne längst aufgegangen. Alex lächelte mich an und küsste mich, bevor sie mit einem leisen Seufzen in meinen Armen einschlief. Ich war von der letzten Stunde, oder war es mehr gewesen, völlig verzaubert. Noch nie hatte ich so viel mit einer Frau gefühlt, noch nie das Zusammensein mit einer Frau so intensiv erlebt. Alle meine Sinne waren geöffnet, auch jetzt noch. Meine Nerven waren übersensibel und empfänglich für jeden noch so kleinen Reiz. Ich spürte die Wärme von Alex Haut, ihren Atem auf meinem Hals. Die Sonnenstrahlen, die über uns glitten und uns wärmten, der leichte Wind der durch das angekippte Fenster ins Zimmer drang. Es war so ein schöner Moment, ein vollkommener Augenblick. Sollte ich heute sterben, hatte ich das Paradies bereits gesehen und erlebt. Was für Gedanken. Müde kippte mein Kopf zur Seite, meine Augenlider fielen zu. Das letzte, was ich im Moment des Einschlafens noch wahr nahm, war die leere Packung Kondome, die Alex irgendwann in der Nacht dort hingeworfen hatte und ein Gefühl, als hätte ich was vergessen.
Michaels blickte nervös auf seine Armbanduhr, als Alex und ich das Büro betraten. Ich grüßte Suko und Bill, die am Fenster standen, stumm, nickte Michael zu, dem Doc, der auf Alex Platz saß und dem Staatsanwalt, der im Raum auf und ab lief und erst stehen geblieben war, als er uns bemerkte. Sie alle sahen so besorgt aus, dass die positiven Gefühle, die die letzte Nacht in mir hinterlassen hatte, drohten zu verschwinden. Aber das wollte ich nicht. Ich wollte mit diesem Gefühl von Liebe und Vertrauen in den Kampf gehen, denn dafür kämpfte ich doch schließlich. Dafür lohnte es sich zu kämpfen und wenn nötig auch zu sterben. Alex löste sich von mir, trat hinter Michael und umarmte ihn kurz. Ich sah, wie er ihr über den Unterarm strich und sie anlächelte. Dann nahm sie zwei Tassen Kaffee und kam zurück zu mir. Wir setzten uns schweigend auf das Sofa und tranken den noch heißen Kaffee. Keiner von uns redete ein Wort. Es gab einfach nichts zu sagen. Alles wäre lächerlich oder überflüssig gewesen. Oder es hätte mich verängstigt oder abgelenkt und diese Schuld wollte niemand auf sich laden. Michael räusperte sich leise. Als ich aufsah, deutete er auf eine Banane, die er auf dem Tisch liegen hatte. Ich musste lächeln aufgrund seiner Fürsorglichkeit. Er hatte unter seiner rauen Schale wirklich einen butterweichen Kern. Doch ich lehnte ab. Essen bekam ich jetzt eh nicht runter. "Nach dem Kampf", sagte ich leise. "Okay, ich heb sie dir auf." Dankbar nickte ich ihm zu. Herrgott noch mal, ich war so fertig, dass mir Tränen in den Augen brannten, ohne dass ich genau sagen konnte, warum. Ich blickte nach unten auf meine Oberschenkel und sah, dass sie zitterten. Nervös war ich vor jedem Kampf, aber so ängstlich war ich noch nie gewesen. Gut, bisher war ich immer so plötzlich in große Kämpfe reingerutscht, dass ich nie Zeit hatte, mich zu ängstigen. Um irgendetwas halbwegs sinnvolles zu tun, holte ich mein Kreuz unter dem Hemd hervor, nahm ein sauberes Taschentuch und fing an, es zu polieren. So lange ich es hatte, das hatte ich noch nie getan, obwohl es mir schon so oft das Leben gerettet hat. Ich rieb an dem Silber herum bis es funkelte. Mit dem Zeigefinger fuhr ich über die Buchstaben an den Enden. 'Ich brauche euch heute mehr denn je', bat ich die Erzengel in Gedanken, die dieses Kreuz geweiht hatten. Die Minuten vergingen rasend schnell. Irgendwann trat Suko neben mich und legte mir die Hand auf die Schulter. Als ich ihn ansah, versuchte er mir aufmunternd zuzulächeln, was ihm misslang. "Es ist Zeit", sagte er leise und rang hörbar um Fassung. Ich sah auf meine Uhr. "Ja." Es waren noch fünf Minuten. Langsam erhob ich mich und umarmte Suko fest. "Tu, was du für richtig hältst", flüsterte er mir heiser ins Ohr. Bill trat auf ich zu. Auch er umarmte mich fest. Die Tränen in seinen Augen hatte ich jedoch noch gesehen. "Pass auf dich auf, John. Ich könnte Johnny nie beibringen, dass dir was passiert ist. Du packst das, klar?" Ich nickte, konnte ihm aber nicht in die Augen schauen. Kirkitadse schüttelte mir die Hand. Er wünschte mir viel Glück. Der Doc nickte mir aufmunternd zu. Ich hörte ein 'Geben Sie Ihr Bestes' aus seiner Richtung. Alex stand vor mir, als ich mich umwandte und schlang die Arme um meinen Hals. Sie rang nach Worten, doch ich schüttelte nur mit dem Kopf. Wir hatten uns alles gesagt, was es zu sagen gab. Also küsste sie mich schweigend. Irgendwann trennte ich mich widerwillig von ihr und schob sie Michael in die Arme, der hinter sie getreten war. Wie immer, wenn sie wegen mir traurig war, fand sie Trost bei ihm. Ich sah den Mann an, traf seinen besorgten Blick und lächelte leicht. "Pass auf sie auf. Bitte", flüsterte ich. "Selbstverständlich. Mach ich doch immer." Er reichte mir die Hand. "Ich wünsche dir alle Kraft, die du brauchst." "Danke, Michael." Ich nickte ihm zu. 'Gerrit, ich bin fertig', dachte ich. 'Du kannst kommen.'
Gerrit hockte auf dem Bett, welches er sich erschaffen hatte. Auch er hatte mit Hilfe einer Frau etwas Kraft getankt. Jetzt war er kribbelig auf den Kampf. Immer wieder sah er auf seine Armbanduhr und hoffte, dass die Zeit schneller verging. Asmodina, die neben ihm in eine dunkelblaue Samtdecke gerollt war, streckte sich und stand auf. Sie zog sich ein schwarzes Samtkleid zur Feier des Tages an und kämmte sich die Haare. Dann sah sie ihren Freund an. "Bist du fertig?" Er nickte und zog sich mit einer einzigen Handbewegung an. Lächelnd schoss er ein blaues Energieband auf sie ab, welches sich um ihre Taille wickelte und zog sie damit an sich. "Wünsch mir Glück." "Das muss ich nicht, du wirst gewinnen. Du bist stärker." Sie küsste ihn. "Viel Glück, Sohn der Finsternis." Er grinste und transportierte sich mit der Frau im Arm zur Kampfarena. Dann schnippte er mit dem Finger und holte so seinen Gegner und dessen Freunde zu sich.
Ich hasste Dimensionsreisen. Zum Glück beherrschte Gerrit den Transport bereits sehr gut. Ich merkte nur kurz ein Ziehen im Magen, um mich herum verschwamm alles, dann war ich am Schauplatz meines Kampfes angelangt. Im ersten Moment konzentrierte ich mich auf Gerrit, aber der stand ziemlich lässig ungefähr 10 Meter vor mir. Er deutete mit den Händen um sich und gab mir die Zeit, mir alles genau anzusehen. Wenn dieses hier nicht der Schauplatz eines monumentalen Kampfes werden sollte, wäre es direkt schön. Unter mir war kurzes grünes Gras zu sehen, hinter mir lagen Felsen herum, einige spitz, andere oben abgeflacht, so dass man hochklettern konnte. Sie waren geschätzt drei bis vier Meter hoch. Das Kampffeld war durch das Gras begrenzt, oval und maß ungefähr 60 Meter am schmalsten Punkt und 90 Meter am weitesten. Auf einer Seite standen Bänke für die Zuschauer und… ich stutzte und sah Gerrit an. "Was ist das?" "Eine Popcornbar", sagte der grinsend. "Es gibt da auch Trinken." "Pop… Sag mal, kann es sein, dass du das ganze hier nicht ernst nimmst?" Er funkelte mich wütend an. "Ich nehme es sehr ernst. Aber unsere Zuschauer müssen deshalb nicht hungern." Ungläubig schüttelte ich den Kopf und sah meine Freunde an, die auf den Bänken saßen, weit weg von Gerrits Anhängern. Als mein Blick den von Asmodina traf, winkte sie mir zu. Ich verdrehte die Augen. Gerrit verbreitete seine Art von Humor anscheinend schon in der Welt der Dämonen. Ich schloss die Augen und atmete tief durch. Bei jedem anderen Gegner wäre das mein Tod gewesen. Aber Gerrit wartete geduldig. Das Klima war mild, nicht zu feucht oder zu trocken, alles war perfekt für mich. Eine Sonne hatte Gerrit nicht am Himmel erschaffen, daran merkte ich auch, dass wir uns in irgendeiner dämonischen Dimension befanden und nicht mehr auf der Erde. Langsam öffnete ich mein Hemd und legte mein Kreuz frei. Dann sah ich Gerrit an. "Ich danke dir." "Wofür?" "Für die Fairness." "Es ist zu meinem eigenen Vorteil." Er nickte und nahm sein Kreuz ab. "Bist du so weit?" Ich zögerte. "Ich habe eine Bitte, Gerrit." Er horchte interessiert auf. "Sollte ich unterliegen, vernichte meinen Körper. Es liegt in deiner Macht, was mit ihm geschieht." Er zögerte kurz, nickte dann aber. "Liefer mir einen Kampf, den ich nie vergesse und ich werde dich respektvoll behandeln, wenn ich gewonnen habe." "Solltest du gewinnen." "Das steht außer Frage", sagte er mit einem überheblichen Grinsen. Er hob sein Kreuz in die Höhe. "Bereit?" "Ja." Ich folgte seinem Beispiel und wir gingen langsam aufeinander zu. Als die Kreuze nur noch wenige Millimeter voneinander entfernt waren, merkte ich, dass mein Kreuz sich erwärmte. Blitze züngelten um meine Hand und legten sich um meinen Körper. Eine Wärme durchdrang mich, eine Stärke, die ich nie zuvor erlebt hatte. Ich spürte, wie ich den Boden unter den Füßen verlor. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass auch mit Gerrit etwas vor sich ging. Er war, wie damals bei seiner Verwandlung in einen Dämon, von einem schwarzen Kokon umhüllt. Und auch er schwebte in der Luft. Ich schloss die Augen und gab mich den Mächten hin, die mich durchdrangen. Sie wollten mir nichts Böses, sie wollten mich Stärken. Mein Kreuz leuchtete immer stärker und schien sich plötzlich aufzulösen. Das Silber überzog meine Hand, meinen Arm, meinen ganzen Körper. Es legte sich auch um meinen Kopf, so dass ich Angst hatte, zu ersticken, aber dann bemerkte ich, dass es nur eine lose Maske war. Sie gehörte zu meinem Helm, den ich jetzt trug. Als das Gleißen verlosch, sank ich langsam wieder zurück auf den Boden. Aber wie. Außer dem Helm trug ich eine silbern glänzende Rüstung, Handschuhe aus einem leichten Metall, eine Hose, ebenfalls silbern glänzend und dazu passende Stiefel. In der rechten Hand hielt ich ein Schwert, circa ein Meter lang, beidseitig geschliffen und am vorderen Drittel gezackt. Am anderen Arm hatte ich ein Schild, dreieckig, die Ecken waren abgerundet und es war circa 1,50 Meter hoch. Obwohl ich in dieser Rüstung steckte, fühlte ich mich leicht, das Metall schien überhaupt kein Gewicht zu haben. Ungläubig zog ich das Schwert durch die Luft, es hinterließ Streifen aus verschiedenen Farben und ich war mir sicher, dass dieses Schwert die Kraft einiger Elemente besaß. "Wahnsinn", murmelte ich. Dann sah ich Gerrit an. Auch er trug eine Rüstung, schwarz und mit einem leicht grünlichen Schimmer um sich herum. In den Händen hatte er einen Kampfstab, so groß wie er selber und an beiden Enden mit Eisen besetzt. Er schien ebenfalls etwas verwirrt über seinen Aufzug und besah sich ganz genau. Dann klappte er das Visier seines Helmes runter, schob es wieder hoch und nickte. Er drehte den Stab mit beiden Händen, so dass er durch die Luft wirbelte und rammte ihn dann auf den Boden. Ein Erdbeben erschütterte die Kampfarena und riss uns beide von den Füßen. Wir rappelten uns auf und Gerrit grinste mich schief an. "Upps… Sorry, ich hab das wohl noch nicht ganz unter Kontrolle." "Den Eindruck habe ich auch", brummte ich in seine Richtung. "Nun reg dich mal nicht auf. Flieg doch, wenn es dir hier unten zu wacklig ist." Verständnislos sah ich ihn an. Er deutete mit seinem Daumen auf seinen eigenen Rücken. Ich wand den Kopf ein Stück und konnte nicht glauben, was ich dort sah. Flügel. Starke, riesige, weiße Flügel. Vorsichtig konzentrierte ich mich darauf und bewegte sie. Mit zwei kräftigen Schlägen erhob ich mich in die Luft, flog eine Looping und landete auf einem Felsen. Hier oben bemerkte ich auch das Netz, was sich um das Kampffeld gelegt hatte. Es sah aus wie ein Drahtzaun aus weißen und schwarzen Quadraten. Nichts konnte hindurch, weder raus noch rein. "Wahnsinn." Ich deutete mit dem Schwert auf Gerrit, zog mir mit der anderen Hand das Visier vors Gesicht und stürzte mich dann aus einer Höhe von drei bis vier Metern auf ihn. Mit dem Schwert schlug ich nach ihm, er hob den Kampfstab und wehrte den Schlag ab. Unsere Waffen sprühten Funken, als sie aufeinander trafen. Ich schwebte vor Gerrit in der Luft, unsere Augen waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Der Kampf war eröffnet.
Popcorn... Wo er Recht hat hat er Recht, die Zuschauer sollen auch was vom Kampf haben. Jetzt geht der Kampf erst richtig los. *bibber* Mit Flügeln, Schwerter... Was kommt da noch?
Alex starrte mit offenem Mund auf das, was aus John geworden war. Ein Ritter mit Flügeln. Sie sah Michael an, doch der war ebenso fasziniert. Sie schob ihre Hand in seine und schmiegte sich gegen ihn. "Meinst du, er hat eine Chance?", fragte Bill Suko. "Hat er nicht", raunte Asmodina und rutschte näher zu dem Grüppchen rüber. "Nicht die geringste. Auch wenn sein Aufzug ganz eindrucksvoll ist." Suko und Bill sahen sie vorsichtig an. Alex funkelte sie böse an. "John wird es schaffen, zum Teufel noch mal." Die rothaarige Frau lachte. "Genau dahin wird Sinclairs Seele gehen. Zu Papa. In die Hölle." Erschrocken rutschte Alex näher zu Michael rüber, der schützend den Arm um sie legte. Alle wanden sich wieder dem Kampf zu. Asmodina raschelte mit einer Tüte und hielt sie Alex unter die Nase. "Popcorn?"
Gerrit konnte zwar nicht fliegen, aber unglaublich hoch und weit springen. Das merkte ich, als ich ihn zu Boden gerungen hatte und er mich einfach mit einem Energiestoß zurück stieß und dann mit einem Sprung eine Distanz von 20 Metern überquerte und auf einem Felsen landete. Grinsend sah er mich von oben an, als ich mich aufgerappelt hatte. Er hob die Arme und schoss einen Energieblitz auf mich, dem ich ausweichen konnte. Ich sprang auf und rannte auf ihn zu, schlug mit den Flügeln und erhob mich. Das Schild schirmte mich vor weiteren Attacken seinerseits ab, so dass ich mich ihm nähern konnte. Als ich ihn fast erreicht hatte, sprang er mit einem Salto rückwärts vom Felsen herunter. Ich landete auf dem Felsen und sah Gerrit an. Er schaute zu mir hoch und feuerte einen roten Energieblitz auf mich. Ich riss das Schild hoch, spürte aber den Einschlag nicht und blickte daran vorbei. Der Blitz schwebte in einem Meter Entfernung vor mir und schoss plötzlich wieder auf mich zu, traf mich gegen den Helm und schleuderte mich vom Felsen hinab. Hart landete ich auf dem Rücken. "Aua", murmelte ich, hatte aber eine wichtige Lektion gelernt. Gerrit konnte die Energie, die er erzeugte, auch noch kontrollieren, wenn er sie abgeschossen hatte. Hoffentlich half mir das mal noch, denn im Moment stand Gerrit über mir und hielt mir den Kampfstab gegen den Hals. "Schon müde?" Ich schlug mit dem Schild nach seiner Waffe, rollte mich zur Seite und sprang auf die Beine. "Bin nur noch nicht ganz warm gelaufen." "Ach so." Er hob den Stab und parierte eine Folge von Schlägen, mit der ich ihn eindeckte. Einer der Schläge erwischte ihn am Arm, Blut quoll aus der Wunde. "Autsch", sagte er, mehr vor Schreck als vor Schmerz. Er hatte noch nie eine Wunde gehabt, es war für ihn eine neue Erfahrung. Gegenseitig trieben wir uns im Nahkampf über das Kampffeld, mal schlug ich und er parierte, mal war es umgekehrt. Dass wir uns dabei mit einer Geschwindigkeit bewegten, die für das menschliche Auge kaum fassbar war, bemerkten wir gar nicht.
Je länger der Kampf dauerte, desto mehr schien die Luft um uns herum zu pulsieren. Sie lud sich förmlich mit der Energie auf, die unsere Waffen bei jedem Aufeinandertreffen freisetzten. Diese Energien waren wie ein Nebel. Der von meiner Waffe weiß, der von Gerrits schwarz. Dieser Nebel verband sich mit der Barriere, die uns von unseren Zuschauern trennte. Aber gleichzeitig war er so durchsichtig, dass sie alles sehen konnten, was geschah. Und da gab es einiges zu sehen. Obwohl wir uns seit Stunden duellierten, war es keineswegs langweilig. Gerrit und ich wechselten uns ab beim Angriff, so dass sich jeder mal ausruhen konnte. Wir waren, wie ich es vermutet hatte, nahezu gleich stark. Auch Gerrit schien zu der Auffassung zu kommen und hielt eine Weile inne. Er hob seinen Kampfstab, wirbelte ihn vor sich im Kreis, immer schneller und schneller, dann stieß er ihn leicht nach vorn. Ein ungeheurer Luftstoß riss mich von den Beinen und warf mich über einen Felsen, hinter dem ich überrascht liegen blieb. Gerrit hatte also keine Lust mehr auf einen normalen Waffenkampf. Er setzte Magie ein. Einer Magie, der ich mangels Kenntnisse meiner eigenen Kräfte und mangels Übungszeit, nichts entgegen setzen konnte. Langsam erhob ich mich und trat hinter dem Felsen hervor. "Du versteckst dich nicht und schindest Zeit." Gerrits Kampfstab wirbelte bereits wieder durch die Luft. "Das ist edel, aber dumm." Er stieß den Stab nach vorn und sandte einen erneuten Luftstoß gegen mich. Instinktiv riss ich das Schild hoch und konzentrierte mich. Es leuchtete weiß auf, schien sich zu vergrößern und dieses Mal hielt ich dem Angriff stand. "Ich bin nicht dumm. Denn zwei Mal legst du mich mit demselben Angriff nicht rein." Gerrit schien etwas irritiert, weil ich seiner Magie trotzen konnte, doch er fing sich schnell wieder. Konzentriert schloss er die Augen. Seine Hände fingen an zu glühen. "Mag sein, John, aber ich habe einen Vorteil. Ich habe nichts zu verlieren. Meine ganze Kraft, all meine Macht ist nur für diesen Kampf in mir. Und ich werde alles nutzen, um dich zu besiegen." "Versuch es. Aber wie du siehst, habe auch ich eine Kraft in mir, die deine blockieren kann." "Du nutzt sie aber nur, um dich zu verteidigen, so wie die gute Seite es immer macht. Ihr greift nie selber an, das ist eure Schwäche. Denn auch das Verteidigen kostet Kraft. Ich nutze diese Kraft lieber zum Angriff." Sein Kampfstab leuchtete rot, dann schoss er eine Feuerwand auf mich zu. Wieder konzentrierte ich mich auf mein Schild und konnte den Angriff einfach wegstecken, ohne dass ich verletzt wurde. Es war zwar heiß geworden, aber mehr auch nicht. Gerrit ließ mir jetzt keine Ruhe mehr, attackierte mich mit Feuer, Eisstürmen, Windstößen und Giftwolken, die mir den Atem raubten. Außerdem ließ er die Erde beben, indem er seinen Kampfstab auf den Boden schlug.
Und er hatte Recht, ich konnte mich relativ gut verteidigen, erlitt keine schweren Verletzungen, aber ich wurde müde. Mein rettender Schild und das Schwert wurden immer schwerer in meinen Händen, mein Atem ging keuchend und Schweiß lief mir über das Gesicht. Ich hob den Blick und sah Gerrit an, der leider noch sehr, sehr fit aussah. Grinsend erwiderte er meinen Blick und hielt mit seinem Angriff inne. "Was ist? Brauchst du eine Pause? Käffchen?" Sauer sah ich ihn an. "Ich bin Engländer", erinnerte ich ihn in einem Anflug von Galgenhumor. "Okay. Dann eben einen Tee." Langsam ging mir sein Humor auf den Geist. "Nein, danke", sagte ich. Er zuckte mit den Schultern. Sein Lächeln verschwand, stattdessen hob er wieder den Kampfstab. Ich zog mich hinter mein Schild zurück, wusste nicht, was ich sonst machen konnte. Leider sah ich so Gerrits Grinsen nicht. Ich merkte nur, dass kein Angriff erfolgte und hob ein wenig den Kopf. Gerrit stand breitbeinig da, den Kampfstab über dem Kopf, die Augen geschlossen. Er sammelte seine Energie, das sah ich sofort. Also tat ich das einzige, was mir einfiel, schloss ebenfalls die Augen und zog mich wieder hinter mein Schild zurück. Konzentriert baute ich meine Verteidigung gegen Gerrits gleich folgenden Angriff auf. Nur leider hatte ich keine Ahnung, welche Macht er in sich hatte.