Alex hielt es nicht mehr auf ihren Platz. Sie trat an die Barriere vor, die die Kämpfer umgab. Angsterfüllt und voller Spannung sah sie die beiden Männer an, die sich hier um das Schicksal der Welt duellierten. Sie folgte jeder Bewegung ihres Freundes, verlor dabei aber Gerrit nicht aus den Augen. Und sie sah auch, dass John müde wurde. "Er hat keine Chance", flüsterte Asmodina leise. Sie war neben Alex getreten und sah die Kommissarin fast bedauernd an. "Es scheint dich nicht zu freuen." Alex konnte es nicht glauben, dass sie mit der Tochter des Teufels sprach, mit einer echten Dämonin. "John war ein interessanter Gegner. Seine Fairness hat genervt, aber er hat die Dämonen gefordert und uns gezwungen, stärker zu werden und wachsam zu bleiben. Er hat aus Dämonen, die nur an sich denken, eine loses Team gemacht. Ich fürchte, ohne ihn werden wieder Machtkämpfe ausbrechen." Alex verstand, was Asmodina meinte. "Dann halt Gerrit zurück und beende diesen Kampf." "Ich? Er würde mich mit einem Fingerschnippen erledigen." Sie sah die Frau neben sich irritiert an. "Der Sohn der Finsternis hört leider nicht auf mich." "Leider? Du bedauerst es?" Die Dämonin hob den Kopf und blickte arrogant auf Alex hinab. "Ich bedaure nie etwas." Dann jedoch biss sie sich leicht auf die Unterlippe und sah sich hastig um. "Er hat dich besucht, vor einigen Nächten. Er hat dich besucht und weder verletzt noch getötet. Er ist aufbrausend, nimmt keine Rücksicht mehr auf andere, aber dich hat er nicht angerührt. Wieso?" "Er hat mich verletzt. Mit Worten." Alex senkte den Blick. "Aber es stimmt schon, er hat sich entschuldigt, dass er mir weh tut." "Wieso?" "Wir sind Freunde, Asmodina. Auch wenn er es beharrlich leugnet. Die Freundschaft, die sich im Laufe der Jahre aufgebaut hat, kann auch eine dunkle Seele nicht töten. Er versucht, es zu verdrängen, aber das liegt nicht in seiner Macht." Die Teufelstochter strich sich durch die Haare. "Für welchen der beiden Männer bist du? John oder Gerrit?" "Ich liebe John und würde zerbrechen, wenn er hier stirbt. Aber natürlich fiebere ich auch mit Gerrit mit. Ich will nicht, dass er Schmerzen hat und noch weniger, dass er unterliegt. Sollte er verlieren, würde ich genauso um ihn trauern wie um John." Asmodina sah Alex lange an. "Ihr Menschen werdet alle sterben. Weißt du warum, Polizistin?" Sie schüttelte den Kopf. "Ihr seid so dermaßen kompliziert und habt über das Denken völlig vergessen auf eure Instinkte zu hören." "Da könntest du Recht haben", gab Alex zu. Sie legte gedankenverloren ihren Hände gegen die Barriere. "John, Gerrit, hört auf mit dem Unsinn", bat sie leise. Verwirrt blickte Asmodina auf Alex Hände, die von kleinen weißen und schwarzen Blitzen umzüngelt wurden, als würde die Barriere ertasten, wer dort stand. Die Teufelstochter streckte einen Finger nach der Barriere aus und ein weißer Blitz zuckte nach vorn. Hastig zog sie die Hand zurück. "Du stehst Gerrit tausend Mal näher als ich. Sei verflucht, Menschenfrau." Alex sah der Dämonin verständnislos nach, die mit wütendem Gesicht davonging. In ihren Augen leuchtete allerdings nicht der Hass, der ihren Worten entsprechen würde, sondern tiefe Traurigkeit. 'Ob sie Gerrit liebt?', dachte sie und musste unwillkürlich grinsen. 'Konnten Dämonen überhaupt Liebe empfinden?' Sie wand den Blick wieder den kämpfenden Männern zu, die im Moment allerdings wie erstarrt waren. Gerrit hielt den Kampfstab über dem Kopf und John hockte einige Meter entfernt hinter seinem Schild. Alex spürte die Spannung zwischen den beiden Männern fast körperlich. Und sie sah noch etwas. Ein schwaches Leuchten über den Köpfen der beiden. Kleine Punkte, ein heller über John, ein dunkler über Gerrit, die sich langsam erhoben und aufeinander zu bewegten. Es würde noch Stunden dauern, bis sie sich berührten. Wenn das aber wirklich die Seelen waren, lief dort ein Countdown ab. John musste handeln, sonst würde er die einzige Chance verlieren, die er hatte. Sie presste ihre Handflächen fester gegen die Barriere, die sich kalt und hart wie Glas anfühlte.
Natürlich hatte ich den schwarzen Punkt bemerkt, der sich von Gerrit gelöst hatte. Aber mein Gegner hatte mir keine Atempause gelassen. Ich wusste nicht, ob er sich bewusst war, was gerade geschah und was für eine Bedeutung das für uns beide hatte. Ich war mir dessen bewusst und ich war machtlos. Das einzige, was mir etwas Hoffnung gab, war die langsame Geschwindigkeit, mit der sich unsere Seelen annäherten. So blieb mir etwas Zeit. Gerrit schrie plötzlich auf und riss mich aus meinen Gedanken. Der Kampfstab rauschte mit einer ungeheuren Geschwindigkeit auf den Boden und bohrte sich ein Stück in den eigentlich harten Fels, aus dem der Kampfplatz bestand. Die Erde schwankte, drohte Gerrit umzuwerfen, aber er hielt sich an seiner Waffe fest und konzentrierte sich auf die Energie, die ihn durchfloss und in seinem Kampfstab bündelte. Ich konnte mich nicht in der Hocke halten, schwankte und sank auf die Knie. Weder mein Schild noch meine Waffe halfen mir gegen diese Kräfte. Ich hörte ein unheilvolles Knirschen, dann teilte sich die Erde und ein tiefer Riss entstand. Da das Erdbeben verhinderte, dass ich auch nur eine koordinierte Bewegung machen konnte, kam ich nicht weg. Die anfänglich kleinen Risse, die von dem Punkt ausgingen, wo Gerrit seinen Stab in die Erde gerammt hatte, wurden in Bruchteilen einer Sekunde zu einem Graben. Ich merkte, wie die Erde am Rand wegbrach und ich unweigerlich den Boden unter den Füßen verlor. Ohne etwas tun zu können, stürzte ich in den Abgrund. Dabei verlor ich meinen wertvollen Schild. Er stürzte in die Tiefe und schmolz in einem Lavastrom. Ich selber hing an einem Vorsprung und hätte mir am liebsten in den Hintern gebissen. Da hatte ich Kräfte und Möglichkeiten, die einem normalen Menschen verschlossen blieben und ich war zu dämlich sie zu nutzen. Angestrengt konzentrierte ich mich auf meine Flügel, ließ den Vorsprung los und schoss nach oben. Ich landete gar nicht erst auf dem wackligen Boden, sondern blieb in der Luft. "Ich dachte schon, du hättest deine Flügel vergessen." "Nein, ich wollte mir nur die Kraft sparen." "Ich war lange genug Polizist. Lüg mich nicht an." Gerrit lachte und schoss einen Blitz auf mich ab, dem ich geschickt auswich. Hier oben in der Luft fühlte ich mich leicht und nicht so schwerfällig wie auf dem Boden. Hätte ich doch nur eher daran gedacht, dann wäre ich jetzt noch wesentlich frischer. Aber es war nun mal wirklich schwer, sich daran zu gewöhnen, dass man plötzlich Flügel hatte. Vor allem, wenn man unter Dauerbeschuss eines Gegners stand. Gerrit schien das jedoch nicht sehr zu beeindrucken. "Du kannst mir nicht davonfliegen, John." Er blickte nach oben, wo aus heiterem Himmel ein Blitz auf mich niederschoss. Ich konnte ihm wieder ausweichen, aber jetzt ließ Gerrit mir keine Ruhe mehr. Ein Blitz nach dem anderen ging auf mich nieder und allein meiner übermenschlichen Reaktionsgeschwindigkeit war es zu verdanken, dass ich ihnen ausweichen konnte.
Eine Stunde. Zwei. Ich weiß nicht, wie lange ich kreuz und quer über das Kampffeld schoss, um Gerrits Attacken auszuweichen. Immer wieder ging ich im Sturzflug auf ihn nieder, versuchte ihn mit dem Schwert zu verletzen. Ich fügte ihm einige tiefe Schnittwunden zu, die jedoch weder seine Stärke noch seine Ausdauer minderten. Und leider, was ich innerlich gehofft hatte, auch nicht seine Aufmerksamkeit. Er behielt den schwarzen Punkt, seine dunkle Seele, sehr gut im Blick. Meine konnte er nicht angreifen, er brauchte sie ja. Und nervenderweise hielt er sich immer konsequent zwischen seiner Seele und mir auf. "Vergiss es, John", sagte er grinsend. "Meine Seele kriegst du nicht." Er keuchte ein wenig. Ich war erleichtert, dass auch er irgendwie nur ein Mensch war und langsam müde wurde. Leider wesentlich langsamer als ich. Auch wenn mir das Fliegen leichter fiel als das Laufen, kostete es Kraft. Sollte ich diesen Kampf überleben, würde ich morgen Muskelkater haben, wie ich ihn nie zuvor erlebt hatte. Und ich hoffte darauf, diese Schmerzen erleben zu dürfen. Wieder schoss ich nach unten, das Schwert vor mich gestreckt, doch Gerrit blockte mit seinem Stab den Stoß und schleuderte mich zur Seite. Ich flog einen Salto, holte zur Seite aus und hieb mit dem Schwert seitwärts, diesmal zielte ich genau auf seinen Hals. Und ich schaffte es, Gerrit zu überraschen. Er ging zum ersten Mal in die Knie und hielt sich die Hand gegen den Hals gepresst. Blut lief zwischen seinen Fingern hindurch. "Aua", beschwerte er sich. Seine Augen funkelten mich wütend an. Ich hatte jedoch keine Zeit, mich über diesen Mini-Sieg zu freuen, denn so eine Chance würde ich vielleicht nie wieder bekommen. Ich schoss wieder nach oben und zwar direkt auf Gerrits schwebenden Seelenteil zu.
Nic... bitte bitte, lass die Tischkante ganz... die kann nix für. Ich mach ja schon weiter:
Alle hielten den Atem an, als John auf den dunklen, schwebenden Punkt zuflog. Gerrit kniete auf dem Boden, seine Waffe vor sich liegend und hielt sich den Hals. Er hatte starke Schmerzen, schon deshalb, weil er Schmerzen überhaupt nicht kannte. Die anwesenden Dämonen, allen voran Asmodina, fingen an Flüche in Johns Richtung zu brüllen und forderten Gerrit auf, weiter zu kämpfen. Johns Freunde saßen einfach nur schweigend da, hielten ihm die Daumen und beobachteten Gerrit. Alex, die immer noch dicht an der Barriere stand, hatte alles um sich herum vergessen. Und sie merkte auch nichts. Auch nicht, die dünnen Blitze, die von der Barriere ausgehend, langsam ihren ganzen Körper umfingen. Die Kommissarin wurde förmlich in die hellen und dunklen Energieströme hineingezogen.
Ich sah diesen schwarzen kleinen Fleck, der sich immer wieder veränderte, wie eine kleine Wolke mal durchsichtig wurde, sich dann wieder zusammenzog und eine tiefschwarze Färbung annahm. Er war das Ziel meiner Attacke. Leider musste ich mich sehr konzentrieren, so dass ich Gerrit nicht im Auge behalten konnte. Sollte es mir gelingen, war das eh egal, wenn nicht… eigentlich auch. Immer näher und näher kam ich dem Fleck und war erstaunt, wie unglaublich weit es war. Aber dass in anderen Dimensionen Zeit und Raum nicht so waren wie auf der Erde, war ich ja inzwischen gewöhnt. Mein Herz raste, als ich mein Ziel fast erreicht hatte. Ich hob das Schwert im Flug, holte aus… und wurde von einem eiskalten Windstoß zu Boden geworfen. Als ich aus einer Höhe von gefühlt 20 Metern auf den harten Boden stürzte, blieb mir für einen Moment die Luft weg. Diese Zeit nutzte Gerrit, um sich vollständig zu erholen. Als ich einige Minuten später zu mir kam, lag ich auf dem Boden, feurige Seile züngelten um meinen Körper, wo sie auf meine Haut trafen, brannten sie sich schmerzhaft hinein. Ich war Gerrit ausgeliefert, daran bestand kein Zweifel. Nicht für mich, nicht für meine Freunde und nicht für die anderen Dämonen, die lautstark meine Tod forderten. Ich hob langsam den Blick und sah Gerrit an, trotzig wie ich hoffte. Ihm meine Angst zu zeigen und meine Enttäuschung über mich selber, dazu wäre ich noch imstande gewesen, aber ich wollte keine Schwäche offenbaren. Nicht vor den Wesen und Menschen außerhalb der Barriere. Sein Blick traf den meinen. Er war eiskalt, jeder Funke Humor, den er bis jetzt an den Tag gelegt hatte, war verschwunden. Gerrit war genauso erschöpft wie ich und die Verletzung, die ich ihm zugefügt hatte, machte ihn wütend. Ich spürte, dass er Schluss machen wollte. Wir hatten viele Stunde gekämpft, meist in sehr hohem Tempo und mit großer Aggression. Jetzt hatte er mich. Seine schwarzmagischen Kräfte, die ihm eine Stärke verliehen, die ich von Anfang an gefürchtet hatte, hatten ihm zum Sieg verholfen. Jetzt musste er ihn nur noch besiegeln, mit meinem Tod. Unsere Seelen würden sich in wenigen Minuten vereinigen. Und in dem Moment, wo er mir das Blut aussaugen würde, bekäme er die Macht beider Seelen für sich allein. Gerrit stand fünf, sechs Meter von mir entfernt und hielt seinen Kampfstab in meine Richtung gestreckt. Aus der Spitze züngelten die feurigen Seile, die mich gefangen hielten. Er schwankte leicht, hielt aber die geistige Kraft auf die Fesseln gerichtet. "Es ist vorbei, John", sagte er leise. Seine Stimme zitterte vor Aufregung und Vorfreude. "Weißt du, dass du der erste Mensch sein wirst, den ich als Dämon töte und zu dem ich wirklich eine gefühlsmäßige Bindung habe?" "Welch Ehre", presste ich hervor. "Keine Sorge, ich hatte meinen Spaß. Der Kampf war sehr gut und ich werde dich schnell und schmerzlos töten." Die Dämonen protestierten lautstark. Gerrit wand sich von mir ab und ging noch einige Schritte weg. Dann richtete er seinen Kampfstab wieder auf mich. Er konzentrierte sich und eine grün-blaue Energie züngelte um die Spitze. Die Feuerseile, die mich gefangen hielten, verhinderten jede Bewegung und damit jede Chance, meinem Tod zu entgehen. Panik erfasste mich, ich spürte Tränen in meinen Augen. Ich hatte versagt, die Welt würde untergehen, unermessliches Leid über die Menschen kommen. Aber das alles war mir in dieser Sekunde fast egal. Ich hatte Todesangst und konnte Gerrit nicht mehr ansehen, also schloss ich die Augen.
Michael starrte entsetzt auf die Szene, die er vor sich sah. Er wollte immer noch nicht glauben, worum es hier wirklich ging. Der Weltuntergang. Das klang so dermaßen überdramatisch, so unglaublich. Aber die Tatsache war, dass ein stundenlanger, brutaler Kampf ein plötzliches Ende gefunden hatte und Gerrit hatte seine Waffe erhoben, um John den Todesstoß zu versetzen. Er hatte Angst, Angst vor dem, was jetzt wohl passieren würde. "Alex", murmelte er leise und sah zu ihr hinüber. Sie stand dicht an die Barriere gepresst und starrte auf die Szene vor sich. Was musste sie im Moment durchmachen? Wenn nicht gleich noch ein Wunder geschah, würde John in wenigen Augenblicken tot sein. Er überlegte, ob er zu ihre gehen sollte, aber er kannte Alex. Sie würde allein sein wollen, wenigstens für einige Minuten. Er senkte den Blick und wischte sich über die Augen. Dann sah er zu Suko und Bill hinüber. Beiden standen Tränen in den Augen, Bills Lippen formten unablässig Johns Namen. Die beiden litten Höllenqualen, weil sie John nicht helfen konnten. Die höhnischen Rufe der Dämonen machte es noch schlimmer. "Stirb, Sohn des Lichts", hörte Michael Gerrit ausrufen. Er sah zum Kampfplatz hinüber, hatte dabei auch Alex im Blick und erstarrte förmlich. Die Barriere schien sie förmlich aufzusaugen, Energieblitze umzüngelten ihren ganzen Körper. Aber wie war das möglich? Mit einem Mal ging Michael ein Licht auf. Die tiefe Liebe zu John ließ sie die weiße Energie durchwandern und die tiefe Freundschaft mit Gerrit, die sie immer noch empfand, auch wenn ihr Verstand ihr sagte, dass er jetzt böse war, sorgte dafür, dass die schwarze Energie ihr nichts anhaben konnte. Sie war ein Bindeglied zwischen den beiden Männern und keiner rechnete damit. Als er sah, wie Alex die Barriere durchschritt und auf die Männer zurannte, wollte er aufspringen, sie aufhalten, Gerrit auf sie aufmerksam machen, aber er konnte nicht. Auch die Dämonen waren mit einem Mal ruhig, verwundert darüber, wie ein schwacher Mensch diesen unglaublichen Energiewall durchqueren konnte und neugierig, was jetzt wohl geschehen würde.
Danke dir, Nic So, hier der letzte Teil... eigentlich hatte ich mal drüber nachgedacht, hier die Story komplett zu beenden... bevor ich dann den fünften Teil geschrieben habe.
Ich hatte die Augen geschlossen und wartete zitternd auf meine Ende. Am liebsten hätte ich mich vor Gerrit auf die Knie geworfen, um ihn um Gnade zu bitten, aber er hatte mich vom Boden aufgehoben und seine Fesseln hielten mich aufrecht und ich war dankbar dafür. So ersparte ich mir wenigstens diese Demütigung. "Stirb, Sohn des Lichts", hörte ich Gerrit ausrufen. Ich nickte, öffnete aber nicht die Augen. Das war zuviel verlangt. Die Dämonen brüllten und kreischten, verlangten meinen Tod, meine Freunde hörte ich nicht. Sie fühlten sich wahrscheinlich genauso wie ich. Verängstigt und hilflos. Außerhalb der Barriere wurde es plötzlich sehr ruhig. Ich hörte das Summen der Energie und hoffte, dass Gerrit sein Versprechen hielt und mir einen schnellen und schmerzlosen Tod verschaffte. Das hatte ich mir meiner Meinung nach verdient. Wenigstens das. Das Summen wurde lauter, ich öffnete schließlich doch die Augen und sah den Blitz auf mich zukommen, dann sprang ein Schatten vor mich und fing den tödlichen Strahl ab. Ich verstand nicht, was geschah. War das einer der Engel, der mich retten wollte? Dann erkannte ich sie. Es war Alex. Von der Wucht des Angriffs herumgeschleudert, fiel sie mir praktisch in die Arme. Die Flammenseile waren plötzlich weg, so konnte ich sie auffangen. Ich spürte ihren Körper gegen meinen sinken und ging langsam mit ihr im Arm in die Knie. "Alex?", hauchte ich verwirrt. Sie konnte doch überhaupt nicht hier sein. Sie konnte die Barriere nicht durchqueren. Sie war doch nur ein Mensch, ein schwacher, normaler Mensch. Sanft streichelte ich über ihr Gesicht, welches eiskalt war. Die Augen waren leicht geöffnet, das sanfte Braun wirkte stumpf. Fassungslos presste ich den leblosen Körper der Kommissarin an mich, während mir Tränen über die Wangen liefen. "Du darfst nicht tot sein", wisperte ich in ihr Ohr. "Bitte, Alex. Komm zurück." Schluchzend streichelte ich ihre weichen Haare und küsste sie auf die Stirn und den Mund. In meinem Kopf wirbelten wilde Gedanken, die man in einem Satz zusammenfassen konnte. 'Wieso war sie hier?' Die Luft stand still, kein einziger Laut war zu hören, auch nicht von den Zuschauern. Als mein erster Schock der Verzweiflung Platz machte und meine Fassungslosigkeit für einen Moment der Realität wich, fand ich meine alte Stärke wieder. Ich hob langsam meinen tränenverschleierten Blick und sagte leise zu Gerrit: "Jetzt ist mir alles egal. Jetzt kannst du mich auch töten." Ich ließ die Frau, die ich liebte und die mir so brutal entrissen worden war, auf den Boden gleiten, erhob mich und breitete die Arme seitlich aus. Und dieses Mal konnte ich ihm fest in die Augen sehen.