„Bist du zu einem Michael Schumacher mutiert? Auf der Autobahn wirst du kein Weltmeister werden, das sage ich dir.“, meinte Alex plötzlich, als Michael keinerlei Anstalten machte, langsamer zu fahren. „Pah, du hast doch keine Ahnung, was so alles in mir steckt. Aber du könntest es vielleicht dieses Wochenende herausfinden.“, schlug Michael belustigt vor. Alex lachte schallend los. „Muss dass denn sein?“, fragte sie, als sie sich endlich wieder beruhigt hatte. „Meines Wissens habe ich so etwas gar nicht gebucht. Ich muss deswegen dann aber nicht mehr bezahlen, wenn ich nach dem unbekannten Michael suche?“ „Alex, ich lasse mich doch von dir nicht bezahlen, echt.“, knurrte Michael ungehalten, ihre Frage hatte ihn ein wenig aus der Fassung gebracht. „Ich kenne doch dein Einkommen, Kollegin, und ich bin nicht bereit, es dir aus der Tasche zu ziehen.“ „Ach, wie nett von dir, ehrlich. Verdienst du doch nebenbei?“, erkundigte sich Alex, neugierig geworden. Sie wandte sich ihm zu, beobachtete ihn sekundenlang unverwandt. „Nein, nein. Das habe ich doch gar nicht notwendig, das weißt du doch. Aber jetzt mal im Ernst. Die Besitzerin dieser Agentur ist eine alte Freundin von mir. Ab und zu helfe ich bei ihr aus, wenn Not am Mann ist.“, erzählte Michael plötzlich. „Und ich bin also so ein Notfall, oder wie darf ich das sonst verstehen?“, erkundigte sich Alex empört. Erschrocken hielt er kurz die Luft an, schüttelte kurz, aber heftig den Kopf. „Du hast Ideen, Alex, also ehrlich. Ein klein wenig Entscheidungsfreiheit habe ich schon. Als ich deinen Namen gelesen habe, habe ich darauf bestanden, dich zu begleiten. Ich kann es doch nicht zulassen, dass du von einem wildfremden Mann begleitet wirst.“, erklärte Michael ernster, als er es eigentlich beabsichtigt hatte und konzentrierte sich wieder auf die Straße vor sich.
Erschrocken zuckte er zusammen, als er von Alex in den Oberarm geboxt wurde. „Was soll das denn, Liebelein?“, wollte er wissen, konnte gerade noch verhindern, dass er mit der zweiten Hand über den Oberarm fuhr. „Und wie viel kriegst du dafür?“, wiederholte sie ihre Frage. „Nichts, Alex, rein gar nichts. Um das Geld, das du vielleicht zahlen solltest, kannst du dir ein paar neue Klamotten kaufen.“, bemerkte er gut gelaunt. „Sei dieses Wochenende einfach nur der Mensch, den ich so sehr schätze.“ Irritiert schüttelte Alex den Kopf. „So ein Blödsinn aber auch. Zeige mir etwas, das es ohne Bezahlung gibt. Wir arbeiten doch auch, weil wir dafür Geld bekommen.“, gab sie zu, noch immer ziemlich erstaunt über seine Aussage. „Warum um alles in der Welt willst du dafür nichts bekommen?“
Michael lachte kurz auf, er amüsierte sich köstlich über ihre Frage. „Ganz so es nun auch wieder nicht, Alex. Bei „Einsätzen“, die über das ganze Wochenende gehen, werden meine Ausgaben abgegolten, mehr aber auch schon nicht.“, erzählte Michael endlich. „Warum tust du so etwas? Hat dich diese Person von der Agentur mit irgendetwas in der Hand?“, erkundigte sich Alex neugierig. Belustigt grinste er vor sich hin. „Nein, Alex, hat sie nicht. Aber da ich ein ausgesprochen gutartiger und netter Mensch bin, helfe ich ab und zu aus, sollte Not am Mann sein. Und bevor du mich weiter löcherst, Alex, will ich dir freiwillig sagen, dass die Besitzerin eine alte Freundin ist.“, gab Michael zu. „Als Dank für meine Hilfe schaut sie ab und zu bei mir vorbei und bringt meine Wohnung wieder auf Vordermann.“ Alex grinste vor sich hin. „Warum hab ich mir das gedacht? Und ich muss zugebe, dass es dir ähnlich sieht.“, gestand sie belustigt. „Solange sie nur deine Wohnung wieder in Schuss bringt …!“ Sie brach plötzlich ab, als ihr bewusst wurde, was sie da überhaupt in den Raum stellte. Erschrocken schaute sie zu Michael, der nur angestrengt auf die Straße starrte. Sein Gesicht war zur Maske erstarrt, so konnte daraus absolut nichts lesen. Er hielt es gar nicht für notwendig darauf zu antworten. Alex schluckte hart, merkte selbst, dass es nicht richtig gewesen war, was sie gerade gesagt hatte. Da war ihr Mund wieder rascher als ihre Gedanken gewesen. Betroffen kaute sie an ihren Lippen herum, ohne tatsächlich zu wissen, was sie nun überhaupt sagen sollte. Im Moment würde es wohl besser sein, still da zu sitzen und aus dem Fenster zu schauen.
„Ich brauche einen Kaffee, außerdem sollte ich tanken.“, stellte Michael nach endlosen Minuten des Schweigens fest. Ohne auf ihre Reaktion zu warten bog er bei der nächstbesten Gelegenheit in eine Raststation ein. Außerdem wartete er gar nicht ab, ob sie überhaupt etwas sagte, parkte sein Auto vor dem Haus, in dem das kleine Lokal lag und stieg aus. Er warf die Tür hinter sich zu, ging darauf zu. Erst als er merkte, dass Alex ihm nicht folgte, wandte er sich wieder dem Auto zu. Durch die Scheibe auf der Fahrerseite schaute er in den Innenraum, sein Blick wurde fragend. Erst als Michael sie mit einer Handbewegung aufforderte, auszusteigen, tat sie es auch endlich. Langsam ging sie auf ihn zu, sich wundernd, dass er auf sie wartete. Immerhin hatte sie mit einer ausgesprochen dummen Bemerkung seine gute Laune kaputt gemacht. „Komm …“, bat er nur, drehte sich wieder dem Gebäude zu. „Warte …“, hörte er Alex leise sagen. Abwartend blickte er stehen, wusste nicht, wie er richtig reagieren sollte. Er beließ es einfach dabei, stehen zu bleiben und zu warten. „Es tut mir leid …“, sagte sie einfach, wartete lange auf seine Reaktion. Langsam wandte er sich zu ihr um und starrte sie aus großen Augen an. Im ersten Moment wusste er nicht, was er von ihrer Entschuldigung halten sollte. „Schon gut, Alex, überlege halt, was du sagst.“, brummte er endlich. „Den Kaffee darfst du übrigens zahlen!“ Alex grinste ihn schief an. Das war der Michael, den sie so gut kannte. „Natürlich lade ich dich ein, welche Frage. Am Tank beteilige ich mich auf.“, versprach sie. „Ist klar, Alex. Komm einfach mit. Über die Bezahlung können wir ja noch immer reden.“, meinte Michael belustigt und merkte, dass sie über seine Worte schon sehr erleichtert reagierte.
Sie kamen die restliche Strecke rascher voran, als sie es sich gedacht hatten. Zu seinem Erstaunen schlief Alex doch nicht ein, je näher sie ihrem Ziel kamen, umso aufgeregter und nervöser wurde sie. „Beruhige dich doch, Alex.“, bat Michael lächelnd. „Es dauert ja nicht mehr lange, und deine Nervosität nützt doch eh keinem.“ Verlegen schaute sie zu ihm hinüber, überlegte sich eine Antwort, als Michael an den Straßenrand fuhr und sie erwartungsvoll anschaute. „Kannst du mir vielleicht den Weg zu deiner Mutter beschreiben, ich war doch noch nie hier.“, gab Michael zu, sein Blick wurde bittend. „Weißt du was, Michael, ich werde fahren, das ist doch viel einfacher.“, stellte Alex fest. Ehe er antworten konnte, öffnete sie die Autotür und stieg rasch aus dem Wagen. Irritiert folgte er ihr mit den Augen, erst ein Geräusch neben sich löste seine Erstarrung. Eilig stieg er aus, um Alex Platz zu machen.
Auf raschem Weg fuhr sie zur Wohnung ihrer Mutter, in der sie seit ihrer Scheidung vor wenigen Jahren alleine lebte. „Das ist aber schnell gegangen.“, meinte Michael anerkennend. „Besser hätte ich es gar nicht machen können.“ „Spinner …, beeilen wir uns. Ich sollte mich noch frisch machen und mich umziehen.“, erwiderte Alex. „Natürlich, war wohl klar. Aber einmal im Ernst, Alex, ich brauche auch eine Dusche, sonst kannst du mich völlig vergessen.“, meinte Michael, während er beide Reisetaschen von der Rückbank des Autos holte. „Das wäre keine so gute Idee, echt, ich bauch doch heute eine perfekte Begleitung.“, lachte Alex, wollte ihm ihre Reisetasche abnehmen. „Lass mal, ich mach das schon, bin doch ein Kavalier.“, erklärte Michael so ernst, dass Alex es nicht mehr für notwendig hielt, ihm genau das zu bestätigen. Sie sah ihm nur in die Augen und lächelte ihm leicht zu.
Anette Rietz schien die Straße vor ihrem Wohnhaus beobachtet zu haben, sie kam ihnen bereits im Treppenhaus entgegen. „Da bist du ja endlich, Alex. Ich habe erwartet, dass du früher kommst.“, rief sie aufgeregt aus und konnte den Vorwurf in ihrer Stimme nicht vermeiden. Schuldbewusst schaute Alex ihrer Mutter in die Augen. „Tut mir leid, Mama, ich bin einfach nur zu spät aufgestanden.“, gab Alex kleinlaut zu. „Ist ja klar … ah, Herr Naseband, was machen Sie denn hier?“, erkundigte sich ihre Mutter erstaunt, erst jetzt hatte sie die Begleitung ihrer Tochter wahrgenommen. „Alex hat mich gebeten, sie zu begleiten.“, erklärte Michael schlicht, warf Alex einen raschen Blick zu, lächelte ihr aufmunternd zu. Er merkte jedoch, dass Anette misstrauisch wurde, wandte sich ihr zu und schaute sie fragend an, da er nicht wusste, was dieser Blick zu bedeuten hatte. „Alex, was ist das jetzt, du wolltest ihn doch ursprünglich gar nicht mitnehmen.“, stellte Anette ziemlich irritiert fest, während sie Alex beim Ankleiden zusah. Hilflos zuckte diese mit den Schultern. „Ich weiß, dass ich das gesagt habe, weil er mir vor Wochen schon mal gesagt hat, dass es ihm viel zu viel wird, mir immer zu helfen. Ich solle mir doch jemanden anderen dafür suchen.“, knurrte Alex, als sie an dieses Gespräch zurückdachte, bei dem er ihr genau das gesagt hatte. „Ich versteh das jetzt nicht, Alex. Was macht er dann hier? Nicht, dass es mir stört, dass Herr Naseband hier ist, verstehe mich nicht falsch. Ich wundere mich eben nur.“, gestand Anette. „Hör mir damit auf, Mama, das ist so eine Geschichte, die ich dir vielleicht irgendwann einmal erzählen werde.“, versprach Alex, wandte sich der Tür zu, die sich inzwischen geöffnet hatte. Michael kam fertig angekleidet in das Zimmer, das Alex in ihrer Kindheit mit ihrer Schwester bewohnt hatte. „Das ist jetzt aber nicht wahr, oder? Kann es sein, dass du ganz vergessen hast, dich fertig zu machen, dich anzuziehen, während du geplaudert hast?“, fragte er sichtlich enttäuscht, als er Alex kurz gemustert hatte. Entschuldigend schaute sie zu ihm auf, machte sich erst gar nicht die Mühe, ihren nur mit Unterwäsche bekleideten Körper zu verhüllen. Mit Genugtuung nahm sie seinen bewundernden Blick zur Kenntnis, mit dem Michael sie wohlgefällig betrachtete. Ehe sie ihn jedoch darauf ansprechen konnte, räusperte sich Anette energisch und zerstörte damit eine wunderbare Stimmung, die Alex noch nicht einordnen konnte und wollte. Sie schüttelte kurz den Kopf, sah kurz zu ihrer Mutter, ehe sie meinte: „Ich mache mich doch schon fertig, Mama, versprochen! Aber lasst mich kurz alleine, damit ich auch rasch fertig bin.“ Während ihrer wenigen Worte wanderte ihr Blick zu Michael, er verlegen zur Seite schaute. Anette nickte bestätigend, nahm ihn an der Hand und zog ihn mit sich aus dem Raum, sodass Alex alleine zurückblieb.
„Ich hab Kaffee gemacht, als Alex unter der Dusche gestanden hat. Während wir auf sie warten, werden wir uns eine Tasse genehmigen.“, schlug Anette vor. Begeistert nickte Michael. „Der Kaffee wird mir gut tun, Frau Rietz, glauben Sie mir.“, erklärte er mit einer Überzeugung, die ihm Alex´ Mutter auch sofort abnahm. „Immerhin bin ich die ganze Strecke von München bis hierher gefahren, und das verlangt doch glatt nach einer Stärkung.“ „Das kann ich mir fast denken … Wollen sie mir nicht die Milch aus dem Kühlschrank geben, Herr Naseband?“, fragte Anette bittend. Michael nickte, blickte sich suchend um und hielt auch bald das Gewünschte in der Hand.
Genüsslich schlürfte er das heiße Getränk, starrte vor sich auf das bunte Tischtuch und war mit seinen Gedanken viel zu weit weg. So bekam er gar nicht mit, dass Alex die kleine Küche betrat. Erst als sie neben ihm stand, ihn leicht berührte zuckte er zusammen und schaute ihr in die braunen Augen. Verträumt lächelte er zu ihr auf, machte ihr sofort Platz, in dem er ein Stück zur Seite rutschte. Mit der flachen Hand klopfte er auf die Sitzfläche neben sich, erwartungsvoll blickte er ihr in die Augen. Betont langsam ließ sich Alex neben ihn sinken, ihn dabei nicht aus den Augen lassend, versank sogar darin. Sie spürten beide das Knistern zwischen ihnen, lächelten sich schüchtern zu und nahmen absolut nichts mehr um sich herum wahr. Erst als eine Tasse Kaffee lautstark vor Anette hingestellt wurde, war es mit der tollen Stimmung endgültig vorbei. Irritiert sahen sie zu Frau Rietz, die nur hilflos aber auch irgendwie entschuldigend die Schultern hob. Sie hatte sehr wohl bemerkt, dass sich ihre beiden Besucher nur auf sich konzentrierten, und sich etwas anzubahnen schien, dass Anette noch nicht zuordnen konnte.
„Danke, Mama.“, meinte Alex, lächelte ihrer Mutter zu, während sie die Tasse zu sich zog und auch gleich den ersten Schluck nahm. „Ah, das tut gut.“, murmelte sie vor sich hin, ehe sie wieder trank. Anette räusperte sich, um die ganze Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Demonstrativ warf sie einen Blick auf ihre Armbanduhr. „Alex, lass dir nicht allzu viel Zeit, schön langsam sollten wir nämlich fahren. Du weißt doch, dass Tante Melanie eine eigene Ansicht von Pünktlichkeit hat. Und ich muss zugeben, dass ich mit ihr heute absolut nicht darüber diskutieren möchte.“, bemerkte Anette, entschuldigend schaute sie zwischen den Beiden hin und her. Alex seufzte kurz auf, wusste sie doch um die Eigenarten ihrer Tante Bescheid und fragte sich zum wiederholten Male, warum Geschwister so unterschiedlich sein konnten. Im Augenblick war sie sogar dankbar dafür, dass Anette und nicht deren Schwester ihre Mutter war. Alex trank den letzten Schluck ihres Kaffees, schnappte sich die bereits leeren Tassen der anderen und stellte diese samt ihrer eigenen in den kleinen Geschirrspüler. An der Tür wandte sie sich um, blickte Anette und Michael erwartungsvoll an.
„Wir haben es doch eilig, Mama, nicht wahr?“, wollte Alex wissen. Als ihre Mutter nickte, fuhr sie schließlich fort: „Dann sollten wir endlich fahren!“ Anette warf einen raschen Blick auf die Uhr oberhalb der Tür, erschrocken starrte sie sekundenlang darauf und sprang endlich rasch auf. „Du hast recht, Alex. Kommen Sie, Herr Naseband! Wir fahren doch mit ihrem Auto?“, fragte sie neugierig, interessiert blickte sie zu Michael auf. Ehe er antworten konnte, hörte er Alex´ lachen. Irritiert sah er zu ihr hinüber. „Mama, du hast doch gar kein Auto und meines steht in München. Es bleibt Michael doch gar nichts anderes übrig, als mit seinem zu fahren.“, stellte Alex belustigt fest, als sie sich wieder beruhigt hatte. „Kommt einfach mit!“ Ihr Blick wurde bittend, blieb am Blau seiner Augen hängen und versank wiederum darin. Nach einem kurzen Augenblick riss sie sich davon wieder los und wandte sich rasch ab. Noch wusste sie nicht, was mit ihr geschah. In den nächsten Stunden würde sie wohl Gelegenheit haben, es herauszufinden und war sich jedoch nicht sicher, ob sie es auch wissen wollte. Erst als Anette die Wohnungstür lautstark hinter sich zuzog und absperrte, wurde Alex aus den Gedanken gerissen. Etwas verunsichert sah sie zwischen Michael und ihrer Mutter hin und her. Keiner der zwei schien ihre Verwirrung wahrzunehmen, Alex war so erleichtert darüber, dass sie kurz geräuschvoll aufatmete.
Der Weg zur Kirche war ausgesprochen kurz, sodass sie in wenigen Minuten am Ziel waren. Der kleine Platz vor dem alten Gebäude war bereits mit Menschen übersät. Michael hielt kurz die Luft an, fragte sich, was an diesem Nachmittag wohl auf ihn zukommen würde. Er schaute rasch zu Alex hinüber, versuchte in ihrem Gesicht zu lesen, ganz wurde er aus ihrem Mienenspiel jedoch nicht schlau. „Ich wusste gar nicht, dass so viele Leute zu dieser Hochzeit kommen. Du hast gar nichts davon erzählt, Mama.“, bemerkte Alex vorwurfsvoll und drehte sich zu Anette um, die hinter ihr saß und unruhig hin und her rutschte. „Damit habe ich doch gar nicht gerechnet, Alex. Herr Naseband, wir sind gerade an einem Parkplatz vorbei gefahren.“, rief Anette aufgeregt. Die bevorstehende Hochzeit schien ihre Schatten voraus zu schicken. Rasch trat Michael auf die Bremse, fuhr die wenigen Meter wieder zurück und parkte endlich ein.
Kaum stand der Wagen, öffnete Anette die Tür und stieg aus. Mit flinken Beinen lief sie auf die Menschenmenge zu, wurde von einigen wenigen umringt und war aus diesem Grund auch nicht mehr zu sehen. Irritiert beobachtete Michael das Ganze, wusste im ersten Moment nicht, was er davon halten sollte. „Geht es bei euren Familienfeiern immer so zu?“, erkundigte er sich endlich, neugierig geworden. Belustigt lachte Alex auf. „Natürlich, Michael, das ist erst der Anfang.“, meinte sie, als sie sich wieder beruhigt hatte. „Aber lass uns aussteigen, wir sind sowieso zu spät dran.“ Nach einem kurzen Blick auf die Uhr nickte Michael nur bestätigend, schwang seine Beine aus dem Wagen und erhob sich langsam. Behutsam schloss er die Autotür hinter sich, um auf die andere Seite zu gehen und Alex die Türe zu öffnen. Mit einem anerkennenden Lächeln blickte sie zu ihm auf. „Sieh einer an, Michael ist ja doch ein Kavalier.“, stellte sie fest, langsam ging sie neben Michael auf die Menschenmenge zu, die aufgeregt vor sich hin schnatterte. Alle warteten auf das Fahrzeug, in dem die Braut sitzen würde. Die wenigen Minuten, die noch auf fünfzehn Uhr fehlten, vergingen aufgrund des Wartens ausgesprochen langsam. Interessiert beobachtete Michael seine Umgebung, schüttelte insgeheim über die Ausgelassenheit um sich herum den Kopf. Aber was hatte er eigentlich erwartet?“, fragte er sich irritiert, blickte sich wieder um und kam sich mit einem Mal so einsam und verlassen vor. Alex wuselte noch immer zwischen den Leuten hin und her, ohne darauf zu achten, dass Michael so völlig allein gelassen herumstand, nicht zu wissen schien, was er mit sich anfangen sollte. Denn auch Anette hatte sich unter das Volk gemischt.
Zwischen den Beiden knistert es, soso...Vll. wir ja noch was draus. Na toll, erst nimmt Alex Micha mit und dann lässt sie ihn einfach stehen. Tz tz tz...
Den nächsten Kommi bekommst du erst nächste Woche, da ich Besuch bekomme.
Danke für dein Kommi, viel Spaß mit deinem Besuch ... das Wetter passt ja im Augenblick ja auch. Hier gibts trotzdem den nächsten Teil.
Erst als ein Wagen mit der Braut angefahren kam, wurde es plötzlich ganz still auf dem Platz, neugierige Augen wandte sich dem Auto zu, darauf wartend, was nun geschehen würde. Es dauerte einige Minuten, bis eine sehr zaghafte Stimme sich Gehör verschafft hatte, die darum bat, sich in einer Zweierreihe aufzustellen, mit dem Bräutigam an der Spitze. Jetzt erst öffnete sich die Autotür, Alex´ Cousine Regina stieg aus und strich sich das Brautkleid glatt. Es fiel aber Hüfte sanft herab, während das Oberteil eng am Körper lag und von dünnen Trägern gehalten wurde. Statt eines Schleiers trug sie nur einen weißen Haarschmuck. Michael fiel als erstes die leuchtenden Augen der Frau auf, sie schien sich auf diesen Tag gefreut zu haben. Alles an ihr strahlte diese Glückseligkeit aus.
Mit langsamen Schritten legte der kleine Menschenzug den kurzen Weg zur Kirche zurück. Irgendwie hatte Alex es geschafft, Michael davon zu überzeugen, sich sehr weit vorne in diesem Zug einzureihen. Ihm erklärte sie es damit, absolut nichts versäumen und in der Kirche soweit vorne wie nur irgend möglich sitzen zu wollen. Mit einem leichten Lächeln nahm Michael es zur Kenntnis, ja akzeptierte es sogar. Immerhin kannte er die große Neugier seiner Kollegin zur allzu genau. Sie würde diese Trauung mit all ihren Sinnen in sich aufsaugen und weiterhin davon träumen, endlich auch vor dem Altar zu stehen. Nur hatte sie noch nicht den richtigen Mann fürs Leben gefunden. Je länger sie der Zeremonie folgten, umso bewusster wurde ihr das, wusste jedoch nicht, wie sie es hätte ändern sollen.
Verträumt warf sie dem neben ihr sitzenden Michael einen raschen Blick zu. Ja, er war schon ein feiner Mensch, ein guter Freund, wenn nicht sogar der Beste, den sie überhaupt gehabt hatte. Alex konnte jedoch nicht sagen, ob sich etwas mehr entwickeln würde, erinnerte sie sich doch an den kurzen Augenblick in der Küche ihrer Mutter, bei dem es zwischen ihnen beiden gehörig geknistert hatte. Sie war so in Gedanken versunken, dass das Geschehen nun doch vollkommen an ihr vorüberging. Erst als Michael sie leise in die Seite stieß, erwachte sie aus ihren Träumereien. Verlegen hob sie den Blick, sah ihm in die Augen und nahm sein spitzbübisches Lächeln wahr. „Du träumst ja vor dich hin?“, bemerkte Michael flüsternd. Alex nickte leicht vor sich hin, hatte er doch mehr als recht. Sie hoffte darauf, dass er nicht weiter fragen und die Trauung sie beide wieder voneinander ablenken würde. Sie ahnte bereits, dass das nicht der Fall sein würde, zu sehr beschäftigten sich ihre Gedanken mit dem Mann an ihrer Seite. Sie zuckte leicht zusammen, als eine Hand die ihre nahm und seine Finger mit ihren verknotete. Sie lächelte vor sich hin, als sie seine Wärme spürte. Langsam hob sie ihre Augen, als sie seinen Blick auf sich spürte, und die Brautmesse ging weiterhin an ihnen vorüber.
Anette stieß ihre Tochter in die Seite, als Alex es nicht für notwendig hielt, die Sitzbank zu verlassen. Irritiert schaute sie zu ihrer Mutter, erst als Michael sie sachte mit sich zog, bewegte sich Alex, folgte ihm aus der Kirche, die meisten Menschen hatten sie bereits verlassen und warteten davor, bis alle da waren und es sich herumgesprochen hatte, in welchem Lokal noch gefeiert werden sollte.
Aufgeregt kam Melanie auf ihre Schwester zu. „Anette, gut, dass ich dich endlich treffe.“, meinte sie gut gelaunt. „Ich verstehe nicht, weshalb du so spät gekommen bist!“ „Tante Melanie, das ist meine Schuld. Ich bin zu spät nach Osnabrück gekommen. Mama kann doch gar nichts dafür.“, bemerkte Alex zerknirscht, da sie den Gesprächsbeginn mitbekommen hatte. Ungehalten wandte sich ihre Tante ihr zu. „Wieso hab ich mir das gedacht?“, erkundigte sich Melanie, ihre Stimme passte genau zu dem Blick, mit dem sie Alex musterte und zog gleichzeitig missbilligend eine Braue hoch. „Aber pünktlich warst du ja noch nie.“ Alex stampfte ungehalten mit einem Fuß auf, auch Anette ließ ein unwilliges Schnauben hören, und Michael, der nicht weit von Alex entfernt stand und auf sie wartete, hielt kurz die Luft an, denn er spürte die Spannung ebenfalls, die zwischen den Frauen herrschte. Warum Alex dann überhaupt hierher zu dieser Hochzeit gekommen war, konnte er einfach nicht verstehen. Außerdem wusste er genau, dass es nicht stimmte, was diese Tante von Alex behauptete, denn er kannte seine Kollegin als überaus pünktliche Persönlichkeit.
Ein lautes Räuspern riss ihn aus seinen Gedanken. „Komm, Michael, wir sollten zum Wagen gehen, es sind schon alle eingestiegen. Beeilen wir uns.“, bat Alex, während sie ihn an der Hand nahm und ihn mit sich zog. „Dieser Mann ist mir noch gar nicht aufgefallen. Ist das ihr Freund?“, erkundigte sich Melanie, plötzlich neugierig geworden, vergessen war die kleine Diskussion zwischen ihr und ihrer Nichte. Rasch wandte sich Anette ihrer Tochter zu, sah ihr einen kurzen Augenblick nach und drehte sich wieder Melanie zu. „Ja, das ist ihr Freund.“, bestätigte sie endlich. „Wieso hast mir das niemand erzählt?“, wunderte sich Melanie. „Du machst mir Spaß, Melanie, ich wusste doch bis heute auch noch gar nicht, dass sie überhaupt einen Freund hat. Du weißt doch auch, dass meine kleine Alex über so etwas nicht spricht, sie stellt mich einfach vor vollendete Tatsachen.“, erklärte Anette, ging darüber hinweg, dass sie selbst Alex geraten hatte, einen Begleiter mitzubringen. Noch wusste sie nicht, warum nun doch wieder Michael mitgekommen war, obwohl sie ihn nicht um Hilfe hatte bitten wollen. Anette nahm sich vor, ihre Tochter so bald als möglich nach dem Grund dafür zu fragen.
Mit quietschenden Reifen blieb Michael vor den beiden Frauen stehen, ließ die Scheibe herunter, um endlich zu fragen: „Wollen die Damen nicht mitfahren? Wir werden doch sicherlich erwartet!“ Erschrocken blickte sich Anette um, erst jetzt bemerkte sie, dass sie und ihre Schwester die letzten auf dem kleinen Vorplatz waren. „Ich wollte doch mit Regina fahren!“, murmelte Melanie verunsichert vor sich hin, blickte sich unschlüssig um, bemerkte außer sich keinen mehr. „Tante Melanie, zier dich doch nicht so, steig einfach bei uns ein, neben Mama ist doch sicherlich noch Platz für dich.“, bemerkte Alex, die bereits auf ihre kleine Diskussion mit ihrer Tante völlig vergessen hatte, erntete jedoch vorerst nur einen bösen Blick. „Wie du willst … Michael, ich denke, wir sollten fahren, schau mal, die Kolonne fährt schon los.“, bemerkte Alex nur. Erst als Michael einige Meter gefahren war, kam Leben in Anettes Schwester. „So wartet doch auf mich …“, rief Melanie plötzlich aufgeregt, lief die wenigen Schritte zum Wagen, der mittlerweile wieder stehengeblieben war, da Michael im Außenspiegel gesehen hatte, dass in die ältliche Frau plötzlich Leben gekommen war. „Wusste ich es doch…“, murmelte er undeutlich. „Ihr Frauen seid doch alle gleich, wie alt ihr auch seid.“ Alex bedachte ihn mit einem bösen Blick, als sie seine Worte begriff und konnte sich die Bemerkung: „Michael, der Frauenverstehen!“ nicht verkneifen. „Natürlich … war wohl klar, dass du das sagst.“, meinte er belustigt. „Kannst mir vielleicht jemand sagen, wohin wir müssen, leider habe ich die anderen verloren.“ Ehe Alex´ Tante irgendetwas sagen konnte, um etwa ihren Unmut zu äußern, riss Anette Rietz das Wort an sich. In wenigen Sätzen schilderte sie Michael den weiteren Weg.
Es dauerte nicht mehr allzu lange, bis sie an dem kleinen Gasthaus angelangt waren, das am Stadtrand und etwas abseits der Straße gelegen war. Vor dem Gebäude stellte Michael das Auto im hintersten Winkel des großen Parkplatzes ab. „Komm, Melanie, machen wir uns auf den Weg, ich möchte mir doch nichts entgehen lassen!“, rief Anette aufgeregt, kaum dass der Motor abgestellt worden war. Immerhin wusste sie, wie ihre jüngere Schwester auf das Zuspätkommen reagieren würde. Durch ihre wenigen Worte war Melanie der Wind aus den Segeln genommen worden. Langsam kroch sie aus dem Auto, schlug die Tür lautstark ins Schloss, um ihren Unmut auszudrücken, schwieg jedoch vorsichtshalber. Am Gesicht ihrer Schwester konnte sie jedoch erkennen, dass es auch besser so wäre. So lief sie mit flinken Beinen zu dem kleinen Haus, hinter dem ein großer Gastgarten lag. Tische und Sessel standen bereits darin, noch war darin nichts für einen Betrieb hergerichtet, da es bis in den Vormittagsstunden geregnet hatte.
Alex folgte ihrer Tante, Anette und Michael im Schlepptau. Interessiert blickte sie sich im Gasthaus um, es war mit dunklem Holz getäfelt, ein Teil der Wände und die Decke, dazwischen war es hell, fast schon weiß tapeziert worden. Sie folgte dem Wirbel, den die Hochzeitsgäste bereits verursachten. An der Tür blieb Alex stehen, blickte sich kurz um. Einige Gäste liefen noch aufgeregt auf und ab, um anhand der unzähligen Tischkärtchen ihren Platz zu finden. Sie selbst wollte warten, bis die Leute endlich saßen. Erst als Anette mit beiden Armen winkte, erwachte Alex aus ihrer Erstarrung. Mit raschen Schritten ging sie auf ihre Mutter zu, blickte diese fragend an. „Sieh mal, Alex, hier sind unsere Plätze. Wo ist denn Herr Naseband?“, erkundigte sich Anette neugierig, während sie sich suchend umschaute. Hilflos zuckte Alex mit den Schultern. „Das weiß ich nicht, ich denke, dass er mal für kleine Jungs ist.“, murmelte sie vor sich hin. Plötzlich stahl sich ein boshaftes Lächeln auf ihr Gesicht. „Vielleicht ist er auch Tante Melanie in die Hände gefallen.“, meinte sie belustigt. Anette schaute ihrer Tochter entsetzt in die Augen, schüttelte schließlich ungläubig den Kopf. „Das sollte nicht der Fall sein, Alex, du kennst ja deine Tante. Wenn sie die Freunde ihrer ganzen Verwandtschaft in die Finger bekommt, ist wohl alles zu spät. Sie wird Herrn Naseband mit ihren vielen Fragen löchern.“, bemerkte Anette entschuldigend. Entsetzt zog Alex die Luft heftig durch die Nase ein, langsam schüttelte sie den Kopf. „Das muss nicht sein, Mama. Ich befürchte, dass Tante Melanie herausfinden, dass Michael und ich nur Kollegen sind.“, brummte Alex und blickte sich suchend um. Sie wunderte sich vorerst nur über den verwunderten Blick ihrer Mutter, wusste den aber nicht ganz zu deuten. „Weißt du, mein Kind, ich sehe euch beide noch vor mir, als ihr vor mir in meiner Küche gesessen seid. Ich hatte den Eindruck, dass da noch mehr daraus werden könnte.“, bemerkte Anette mit einem breiten Lächeln auf den Lippen. Alex hielt kurz erschrocken die Luft an und stellte mit Entsetzen fest, dass ihre Mutter es doch bemerkt hatte. Sie selbst hatte absolut keine Lust, darauf einzugehen, sondern schmunzelte nur versonnen vor sich hin. Zu spät wurde ihr bewusst, dass Anette sie noch immer beobachtete und wissend vor sich hin lächelte. „Ich werde nach Michael suchen.“, meinte Alex, um eventuell weiteren Fragen über ihre Gefühle gegenüber Michael aus dem Weg zu gehen. „Ja, geh du nur, Alex, schau du nur nach ihm.“, meinte Anette, zwinkerte Alex belustigt zu, ehe diese fast fluchtartig den Saal des Gasthauses verließ.
Anette blickte ihrer Tochter nur lächelnd nach und konnte ihr plötzliches Weglaufen sogar verstehen, kannte sie doch zur Genüge die fürchterliche Neugier ihrer Schwester, deren Fragen einem schon durch und durch gehen konnten, wenn sie es darauf anlegte.
Alex brauchte einige Minuten, um Michael und ihre Tante zu finden. Die Zwei standen vor dem Lokal, unterhielten sich ausgezeichnet, lachten sogar gemeinsam. Alex konnte vorerst nur den Kopf schütteln, ehe sie auf die beiden zutrat und sich energisch räusperte. Langsam wandten sich Melanie und Michael zu ihr um. „Da bist du ja endlich, Alex, ich wusste doch, dass du mich nicht alleine lassen kannst.“, meinte Michael mit einem breiten Grinsen auf den Lippen. Auch Alex lächelte, sagte schließlich: „Das ist es nicht alleine, Michi, aber ich kenne meine Tante nur zu gut.“ Diese machte sich dadurch bemerkbar, dass sie Entrüstung mit einem Fuß aufstampfte, während sie ihre Hände gleichzeitig in die Hüfte stemmte. „Was genau willst du damit sagen?“, erkundigte sich Melanie aufgebracht. Mitleidig schaute Alex ihr in die Augen. „Weißt du das nicht wirklich, Tante Melanie? Schau mich jetzt nicht so an, Tantchen. Du fragst doch jeden Menschen aus, der eventuell als Partner deiner Verwandtschaft in Frage kommt.“, bemerkte Alex ironisch. „Das stimmt doch gar nicht.“, rief Melanie, schnappte einige Male fassungslos nach Luft und wandte sich ohne ein weiteres Wort zu sagen ab. „Bloß nicht …“, war das letzte, was sie von Alex zu hören bekam, ehe sie wieder im Haus verschwunden war.
Alex lauschte den Schritten, welche in der Tiefe des Gasthauses verhalten. Als nichts mehr zu hören war, wandte sie sich wieder zu Michael zu. „Komm, wir sollten Tante Melanie folgen, wer weiß, was sie meiner Mutter nun auftischt. Und ich möchte ihr das nicht wirklich antun, manches Mal kann meinte Tante Geschichten auch mit wenigen Worten so ändern, dass es für sie gut aussieht.“, bemerkte Alex, nahm seine Hand und zog ihn mit sich, um Michael erst gar nicht die Möglichkeit zu geben, überhaupt irgendetwas sagen zu müssen. Er war so überrascht von ihrem Tun, dass er völlig darauf vergaß, überhaupt darüber nachzudenken und folgte ihr deshalb schweigend.
Alex war erstaunt darüber, dass ihre Tante neben der Braut saß, sich sogar angeregt mit ihr zu unterhalten schien, während die Plätze neben ihrer Mutter noch frei waren. „Na endlich, da seid ihr ja endlich. Wo ward ihr denn so lange?“, erkundigte sich Anette belustigt, während Alex und Michael neben ihr Platz nahmen. „Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte ich meinen, dass ihr alleine sein wolltet.“, fuhr sie nach wenigen Augenblicken fort und lächelte ihrer Tochter spitzbübisch an. Alex´ Blick wurde entrüstet. „Sonst geht es dir noch gut, Mama? Du weißt doch genau, dass wir nur gut befreundet sind.“, empörte sie sich mit gesenkter Stimme, konnte nur noch über Anette und ihre unsinnigen Gedanken den Kopf schütteln. Alex´ Mutter kicherte nur vor sich hin und wandte sich dem Kellner zu, der sie danach fragte, was sie denn zum Trinken wolle. Alex brauchte nicht lange, um zu überlegen, sondern äußerste ihren Wunsch sogleich.
Nach und nach wurde auch das Essen aufgetragen, nachdem das Bedienungspersonal nach den Wünschen der Gäste gefragt hatte, die aus einer kleinen Speisekarte aus wenigen Speisen auswählen konnte. Deshalb konnte auch schnell aufgetragen werden. Je mehr Menschen aßen, umso ruhiger wurde es in dem Saal, nur eine kleine Musikgruppe spielte leise vor sich hin. Alex empfand die Lautstärke als angenehm, auch wenn die Lieder, die gespielt wurden, nicht unbedingt ihrem Geschmack trafen. Sie hob den Kopf, warf Michael einen fragenden Blick zu, mit einer eindeutigen Bewegung ihrer Augen deutete sie auf die Drei-Mann-Band. Zerknirscht nickte er. „Dir gefällt es wohl auch nicht?“, murmelte er mit vollem Mund, ließ sich von seinem Essen absolut nicht ablenken. Alex hatte deshalb Mühe ihn zu verstehen, nahm jedoch an, dass es eine Antwort auf ihre Frage gewesen sein musste. Trotzdem lauschte sie gebannt der Musik, das Gemurmel der Menschen konnte sie dennoch nicht verstehen, deshalb konnte sie sich an einer Unterhaltung nicht wirklich beteiligen. Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, störte es Alex im Augenblick absolut nicht, dass sie mit niemanden reden sollte und musste.
Im Augenblick spürte sie die plötzlich aufsteigende Müdigkeit. Zu lange war sie an diesem Tag bereits wach, ärgerte sich darüber, dass sie auf Michaels Vorschlag, während der Autofahrt zu schlafen, nicht eingegangen war, sondern ihn einfach nur vollgetextet hatte. Zwischen zwei Bissen gähnte sie verstohlen hinter vorgehaltener Hand. „Du hättest doch schlafen sollen, kleine Alex, ab und zu kannst du schon auf mich hören.“, bemerkte Michael mit einem breiten Grinsen auf den Lippen. Erschrocken wandte sich Alex ihm zu, nahm mit Entsetzen zur Kenntnis, dass er sie beobachtet haben musste. „Warum schaust du auch zu mir herüber?“, wollte sie ungehalten wissen und hörte sein leises Lachen. „Und warum interessierst du dich auch für Dinge, die so völlig uninteressant sind?“, erwiderte er mit einer Gegenfrage. „So uninteressant fand ich das gar nicht.“, gab Alex zu. „Ich war nur entsetzt darüber, dass ich einige Dinge über dich nicht gewusst habe, obwohl wir oft tagelang zusammen unterwegs waren.“ „Kannst du mir erklären, warum ich dir Dinge erzählen sollte, die so vollkommen unnötig und unwichtig sind?“, erkundigte sich Michael neugierig. Hilflos zuckte Alex mit den Schultern. „Ich weiß doch auch nicht, Micha, aber normalerweise bin ich für dich so etwas wie ein Beichtstuhl, es gibt wenig Dinge, von denen ich absolut nichts weiß.“, stellte sie fest. „Siehst du, Alex, du sagst es doch selbst, das wenige erzähle ich zum Teil Gerrit, weißt du. Ich bin sogar erstaunt darüber, dass er bisher sogar dicht gehalten hat.“, meinte Michael anerkennend und widmete sich doch wieder seinem inzwischen kalt gewordenen Essen. Er verzog leicht das Gesicht, schob den Teller von sich weg und bemerkte: „Kalt schmeckt es ja doch nicht so gut.“ Alex kicherte vor sich hin, hatte sie doch während ihres Gespräches aufgegessen. „Du solltest vielleicht doch nicht so viel reden, Michi, und essen. Aber das haben dir vielleicht deine Eltern vor Jahren schon erklärt.“, meinte sie belustigt. Michael hielt es nicht für notwendig, darauf überhaupt zu antworten, sondern tat ihren Einwand mit einer wegwerfenden Handbewegung ab.
Ui, du warst ja recht fleißig in den letzten Tagen, mit on stellen.
Micha mit volem Mund redet man nicht.*kicher* Zwischen den 2 knistert es nochmal gewaltig, wenn die Mutter das schon so sieht. Und wenn nicht mal die Tante dazwischen funkt.
Danke für dein Kommi, hier gibts wieder einen Teil:
Anette räusperte sich lautstark, um die Aufmerksamkeit ihrer Tochter wieder auf sich zu lenken. Langsam wandte sich Alex ihrer Mutter zu und blickte diese fragend an. „Ich komme mir hier ein wenig verloren vor, Alex …“, sagte Anette vage und sah sich irritiert um. „Ich habe keine Ahnung, warum ich überhaupt eingeladen worden bin.“ Milde lächelte Alex ihrer Mutter zu. „Mama, du weißt doch auch, dass Regina ständig bei dir in der Küche gesessen hat, wenn sie zu Hause Streit hatte, du warst doch sozusagen ihr Seelentröster, jedenfalls war das so, solange ich hier gelebt habe.“, erwiderte Alex. „Das ist doch heute auch noch so, Regina sitzt doch sicherlich noch einmal in der Woche bei mir und redet, ohne von mir überhaupt eine Antwort zu erwarten.“, gab Anette zu, nachdenklich starrte sie zur Braut hinüber. „Ich hoffe für Regina, dass diese Hochzeit nicht das Verkehrte war.“ Erstaunt musterte Alex ihre Mutter. „Was genau meinst du damit?“, wollte sie wissen. Anette Rietz zuckte kurz die Schultern, genau so, als bräuchte sie etwas Zeit, um einen klaren Gedanken fassen zu können. „Weißt du, Alex, ich überlege hin und her, seit ich weiß, dass sie heiratet. Ich denke, diese Hochzeit ist so etwas wie eine Trotzreaktion ist, auch wenn sich Melanie in der letzten Zeit etwas geändert hat, und ich glaube, dass Regina es ihrer Mutter einfach nur zeigen will …“, versuchte Anette zu erklären, auch wenn sie selbst merkte, dass es nicht viel einbrachte. Alex schaute sie sekundenlang schweigend an, schüttelte endlich den Kopf und murmelte: „Das erörtern wir lieber bei einem Kaffee, wenn du mich mal in München besuchen kommst. Heute ist nicht der Tag, das zu besprechen.“ Bestätigend nickte Anette. Trotz des doch vorhandenen Lärmpegels hatte sie Alex ganz gut verstanden. „Wie recht du hast, Alex, lassen wir uns diesen Tag hier nicht mit unnötigen Diskussionen verderben.“, schlug Anette vor, was von ihrer Tochter auch sofort angenommen wurde. „Ich werde mal zu Regina gehen und ein wenig mit ihr plaudern. Wann habe ich schon die Gelegenheit dazu.“, bemerkte Alex, während sie ihren Sessel zurückschob und sich erhob. „Schau mich nicht so an, Michael, du kannst ja in der Zwischenzeit mit meiner Mutter reden. Außerdem findest du sicherlich jemanden hier, mit dem du über Fußball herziehen kannst.“ „Lass nur, Alex, du hast sicher längere Zeit keine Möglichkeit mehr dazu zu reden, also solltest du es jetzt ausgiebig tun. Ihr Frauen habt doch genug Themen, über die ihr euch auslassen könnt.“, stellte Michael belustigt fest, er zwinkerte ihr gut gelaunt zu. „Außerdem kann ich mir von deiner Mutter Dinge erzählen lassen, die du mir verschweigst.“ Alex holte empört Luft, wusste im ersten Augenblick nicht, was sie von seiner Aussage halten sollte. „Untersteh´ dich …“, knurrte sie nur und gab ihm einen leichten Klaps auf den Hinterkopf. „Hey …“, rief Michael leise aus, grinste sie jedoch im selben Augenblick auch sofort wieder an. Alex erwiderte dieses Lächeln strahlend, dankbar dafür, dass er ihr den leichten Schlag nicht übel nahm und verschwand rasch, um ja sicher zu gehen, dass er es sich nicht doch noch anders überlegte.