So, von mir dann mal wieder was Neues. Nur kurz ein paar Anmerkungen. Erstens: Die Story hat trotz des Titels keinen wirklichen Bezug zur Kirche, das bekommt ihr aber erst am Ende mit, tut bitte überrascht *zwinker* Zweitens: Sie ist praktisch die Nachfolgerstory von 'Auf der anderen Seite'. Es ist aber jetzt nicht nötig, die Story noch mal zu suchen und zu lesen. Die 10 Gebote spielt nämlich zwei Jahre später und hat einen eigenen Handlungsstrang. Nur die Grundsituation ist dieselbe (was ich genau meine, werdet ihr im ersten Kapitel erfahren, also keine Panik). Für Fragen, Kommis und negative Kritik bin ich immer zu haben.
Die zehn Gebote
1. Gebot
Die Birne in der Straßenlampe flackerte unregelmäßig und tauchte die Szene in der Seitengasse in ein schauriges Licht. Leichter Nieselregen fiel auf die Mülltonnen, die hier standen und in denen die Ratten raschelten und nagten. Ebenso überzog er die beiden Männer, die sich hier befanden, wie mit einem feuchten Tuch. Einer von ihnen stand mit dem Rücken dicht an die Mauer gepresst, die die Straße am Ende in eine Sackgasse verwandelte. Das Gesicht des Mannes war verzerrt, die Augen aufgerissen, ebenso der Mund. In der kalten Luft bildeten sich kleine Wölkchen vor seinen Lippen, wenn er ausatmete. Der Blick war starr auf sein Gegenüber gerichtet und nahmen das Bild, welches sich ihm bot, in sich auf. Turnschuhe, durchnässt vom Regen, Jeans, ein schwarzes Sweatshirt auf dem ein silbernes Kreuz prangte. Die Kapuze des Mannes war tief ins Gesicht gezogen. Seine linke Hand hielt eine Waffe, die sich jetzt langsam hob. "Ey, Mann… was soll der Schei?" Rick, Türsteher eines Bordells in München und rechte Hand seines Chefs, wollte noch weiter zurückweichen, aber dafür war kein Platz mehr vorhanden. Sein Gegenüber hatte ihm einfach die Waffe an den Kopf gehalten und in diese Gasse gestoßen, als er von seiner Arbeit nach Hause wollte. Er hatte nicht ein Wort gesagt. "Wer bist du? Was habe ich dir getan?" Der Unbekannte hob langsam den Kopf. Aber da das flackernde Licht in seinem Rücken war, blieb sein Gesicht im Schatten. Seine Lippen bewegten sich, als er sprach, der Rest seines Körpers war vollkommen ruhig. "Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir." Dann entsicherte er die Waffe, richtete sie auf die Brust seines Gegenübers und drückte ab. Ohne einen Laut sank der Leichnam von Rick auf die dreckige Straße. Sein Mörder trat auf ihn zu, zog einen schwarzen Stift aus seiner Tasche und schrieb eine Eins auf dessen Stirn. Dann wand er sich um und ging davon, während das Blut von Rick sich mit dem stärker werdenden Regen vermischte und in einem Gully der Straße versickerte.
"Morgen, Alex. Croissant?" "Lecker." Alex nahm Michael das Frühstück ab. "Danke, Schatz." Sie hauchte ihm einen Kuss auf den Mund. "Du hast mir echt gefehlt. Ich dachte, du würdest schon abends kommen." "Du hast mir auch gefehlt. Blöde Weiterbildung, war ziemlich stressig. Ich war gestern einfach zu müde und wollte nicht mehr fahren. Warum musst ich da eigentlich allein hin?" Er drückte den Knopf für die Etage, wo ihr gemeinsames Büro lag. "Weil du dienstälter bist." Michael lachte über Alex Wortschöpfung. "Gut die Klippen umschifft, junge Dame." Er zog sie in seine Arme und küsste sie. "Hast du was dagegen, wenn ich heute Abend bei dir vorbei komme?" Sie lehnte sich ein Stück zurück und sah ihn an. "Ich bestehe darauf." Die beiden Kommissare sahen sich glücklich strahlend an. Sie waren seit einem Jahr zusammen, hatten es bisher aber nicht für nötig erachtet, zusammen zu ziehen. Da sie sich bei der Arbeit den größten Teil des Tages sahen, war es manchmal ganz gut, in eine eigene Wohnung kommen zu können. Und wenn sie etwas Zweisamkeit brauchten, konnte man das ganz gut spontan entscheiden. Es war letztendlich genau das, was sie beide wollten, auch wenn Alex ihre Meinung in den letzten Wochen ein wenig geändert hatte. Sie war nur noch nicht dazu gekommen, mit Michael mal darüber zu sprechen. Aber das konnten sie sicher bei einem gemütlichen Abendessen noch nachholen. Während sie an Michael gekuschelt dastand und sich wieder einmal freute, dass sie sich ihre Gefühle füreinander endlich eingestanden hatten, musste sie mit einem Lächeln an die lieben Kollegen denken. Denn nachdem sie und Michael sich vor gut einem halben Jahr endlich durchgerungen hatten, es öffentlich zu machen und die Kollegen eine Weile getratscht hatten, war auch in dieser Hinsicht wieder Ruhe eingekehrt. Irgendwie war so alles in Ordnung wie es war, nur dass Alex sich nach etwas mehr Zusammengehörigkeit sehnte. Denn Michael war nicht mehr nur ihr Freund, sondern er war der Mann, mit dem sie alt werden wollte. "Hey, so in Gedanken?", fragte Michael sie und streichelte ihr über die Wange. "Ist etwas?" "Nein. Lass uns heute Abend darüber reden oder in den nächsten Tagen. Ist nichts Dringendes." "Okay." Er hauchte ihr erneut einen Kuss auf den Mund. Fahrstühle waren schon was Tolles. Man kam von A nach B und konnte sich in dieser Zeit auch noch mit anderen Dingen beschäftigen. Mit schöneren Dingen. Fünf Minuten später betraten sie Hand in Hand ihr gemeinsames Büro und fanden ihren Kollegen Gerrit arbeitend vor. Während er mit einem Kuli langsam eine Zahlenreihe abfuhr, tippte er mit der anderen Hand eben diese Zahlen in einen Taschenrechner. Als er fertig war, schrieb er das Ergebnis auf und tippt sich dann mit dem Kuli gegen die Nase. Er verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf. "Nicht gut. Überhaupt nicht gut", murmelte er leise. "Was ist nicht gut?" Gerrit hob den Blick und sah Michael an. "Hey, wieder da? Morgen, Alex." "Ja, bin gerade wieder in München angekommen. Ich habe noch nicht mal meine Sachen aus dem Wagen geladen." "Morgen, Gerrit." Alex setzte sich auf ihren Platz und sah zu Gerrit hinüber, der ihr zunickte, sich dann aber wieder seiner Rechnung widmete. Michael trat neben ihn und blickte auf die Abrechnung, die vor Gerrit lag. "Was machst du um diese Uhrzeit hier? Deine Dienst fängt doch erst in zwei Stunden an." "Ich muss die Abrechnung fertig machen, sonst bekomme ich Ärger. Mir sitzt eben nicht nur das Finanzamt im Nacken, sondern auch der Polizeipräsident." Gerrit fuhr sich über die Augen. "Ich hätte nicht gedacht, dass es so schwer ist, ein Bordell profitabel zu führen." "Du bist eben zu nett. Deine Preise sind niedrig und deine Prostituierten verdienen eine Menge. Außerdem nimmst du aus Mitleid auch Damen auf, die nicht mehr so gefragt sind." Michael grinste. "Ich bin aber nicht bereit, das 'Red Tycoon' einfach den Bach runter gehen zu lassen." Vor zwei Jahren hatte sich Gerrit im Zuge der Ermittlungen gegen einen mehrfachen Mörder und internationalen Drogenhändler im Rotlichtmilieu eingeschleust. Da man ihm völlig freie Hand gelassen hatte, hatte er seine Chance ergriffen, als der Besitzer des 'Red Tycoon' ermordet worden war und hatte das Bordell übernommen. Wochenlang hatte er sich um die Mädchen dort gekümmert und auch um die anderen Angestellten, bis ihm die Überführung von Costino Roguez gelungen war. Durch die Fürsprache von Staatsanwalt Kirkitadse hatte man Gerrit nach Abschluss des Falls erlaubt, das Bordell weiter zu führen. Er hatte den ehemaligen Türsteher Ben als Geschäftsführer eingesetzt und behielt von oben ein Auge darauf. Als sich das langsam rum sprach, dass Gerrit Besitzer eines Bordells war, hatte er sich von einigen Leuten ziemlich fiese Sprüche anhören müssen. Bis zu dem Tag, als er einen der Sprücheklopfer mit einem seiner Mädchen in Aktion angetroffen hatte. Seitdem hielten sich komischerweise auch alle andere zurück. Michael und Alex waren zwar etwas skeptisch gewesen, standen aber natürlich hinter Gerrit und halfen ihm so gut sie konnten. Sie trafen sich öfters mal am Abend im Bordell, tranken etwas und schauten zu, wie der Laden lief. Alex war allgemein von Bordellen nicht begeistert, da sie fand, dass die Mädchen dort immer ausgebeutet wurde, aber dem widersprachen Gerrits weibliche Angestellte mit so einer Vehemenz, dass auch sie irgendwann eingesehen hatte, dass die Mädchen freiwillig bei ihm waren. Denn Gerrit war immer der erste, der einer der Damen half, wenn sie aussteigen wollte. Er vermittelte ihnen Arbeitsplätze, unterstützte sie teilweise sogar noch finanziell, wenn es nötig war. Leider machte sich seine nette Art in seinen Büchern nicht so gut. Da er den Mädchen fast die gesamten Einnahmen ließ, bekam er kaum etwas rein. Aber die Ausgaben blieben natürlich. Und das war sein Dilemma, weshalb er morgens um halb acht mit Kopfschmerzen an Michaels Schreibtisch saß. "Rede doch einfach mal mit den Mädchen. Vielleicht verzichten sie freiwillig auf einen Teil ihres Anteils. Ich denke nicht, dass sie es drauf ankommen lassen, dass du das 'Tycoon' verkaufen musst." Alex zuckt leicht mit den Schultern. "Vielleicht kann ich an meinem Gehalt noch ein wenig…" "Gerrit, du nimmst dir 500 Euro im Monat von den Einnahmen und auch nur, um beim Finanzamt was angeben zu können. Das ist absolut unglaubwürdig." Michael sah sich die Zahlen an. "Ich stimme Alex zu. Rede mit den Mädchen. Wie viel Prozent ihrer Einnahmen nimmst du eigentlich an dich?" "Zehn", sagte er zögernd. Alex schüttelte den Kopf. "Kein Wunder, dass die anderen Zuhälter in der Stadt so schlecht auf dich zu sprechen sind, wenn deine Mädchen mehr Geld verdienen als du." "Wenn alle Mädchen der anderen Typen zu dir wollen, das freut die nicht gerade." Michael sah Gerrit besorgt an. "Was die Anzahl der Unfälle zeigt, die du in den letzten zwei Jahren hattest." "Unfälle", knurrte Gerrit leise. "Ich weiß, dass die anderen nicht gut auf mich zu sprechen sind. Aber deshalb werde ich meinen Führungsstil nicht ändern." Bevor die Kommissare sich weiter darüber streiten konnten, wie man ein Bordell führen sollte, betrat Kirkitadse den Raum, mit einer Akte unter dem Arm. "Rick Baumann ist tot." "Der Türsteher vom 'Blue Hours'?" "Genau der, Herr Grass. Der Mann stand unter loser Observierung, da wir vermutet haben, dass er für einen Drogenhändlerring noch nebenbei arbeitet." "Was meinen Sie mit loser Observierung?" Michael verscheuchte Gerrit jetzt von seinem Platz und setzte sich. "Dass wir einfach hin und wieder ein Auge auf ihn geworfen haben, wenn Leute frei waren. Wir haben versucht herauszufinden, für wen er noch arbeitet, außer für Bernd Wutkowski, den Besitzer des 'Blue Hours'." "Tja, ist uns wohl jemand zuvor gekommen. Gibt es Hinweise, irgendetwas?" "Baumann starb heute morgen gegen fünf Uhr in der Seitengasse hinter dem Bordell. Er war wohl auf dem Weg von der Arbeit zu seinem Wagen. Leider hat es sehr doll geregnet, so dass viele Spuren weggewaschen wurden. Er wurde mit einem einzigen Schuss ins Herz getötet, war wohl sofort tot und das einzig Sonderbare an dem ganzen Mord ist die Zahl, die der Täter ihm auf die Stirn geschrieben hat. Eine Eins." Alex sah Michael mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Das könnte heißen, dass es sich um einen Serientäter handelt." "Ein Serientäter im Milieu. Herr Grass, passen Sie auf sich auf." Gerrit sah Kirkitadse an und nickte. "Ja, klar. Kein Problem." Er schwankte etwas. "Herr Kirkitadse, dürfte ich für ein paar Stunden ins 'Red Tycoon'? Ich muss da was klären." "Hören Sie sich bei Ihren Leuten nach Hintergründen zu dem Mord um, dann dürfen Sie meinetwegen gehen." Dankbar ging Gerrit zur Tür. "Danke." Er sah Michael und Alex an. "Treffen wir uns heute Abend im Club?" "Klar." "Warum nicht?" Michael winkte ihm nach. Als Gerrit zur Tür raus war, sah er Kirkitadse an. "Sie lassen ihn gehen? Während der Arbeitszeit?" "Herr Grass ist unser wichtigstes Bindeglied zum Rotlichtmilieu. Es ist in der Chefetage bekannt, wie gut er zu den Mädchen ist und dass das 'Red Tycoon' am Rande der Pleite steht. Es ist für alle das beste, wenn Herr Grass den Laden halten kann. Für uns und auch für seine Angestellten. Er hat sechs vorbestrafte Leute als Türsteher, einer leitet jetzt sogar seinen Laden. Keine hat je wieder eine Straftat begangen, nicht mal einen Zettel wegen Falschparkens bekommen. Die Mädchen haben fast alle Drogen genommen, als Herr Grass das Bordell übernommen hat, jetzt haben drei einen regulären Job, zwei machen eine Ausbildung. Und die, die jetzt als Prostituierte arbeiten, sind größtenteils clean und vor allem gesund. Was wollen wir mehr?"
Gerrit wollte die Hintertür zu seinem Laden aufschließen, doch die Tür war offen. Er zog seine Waffe, schob sich vorsichtig durch den Türspalt in den Abstellraum und von dort durch einen Flur in den Hauptraum des Ladens. An der Theke saßen Melanie und Ben. Melanie war Gerrits dienstälteste Prostituierte. Die beiden waren in ein Gespräch vertieft und bekamen es gar nicht mit, dass Gerrit plötzlich neben der Bar auftauchte. Lächelnd steckte der die Waffe weg und belauschte seine beiden Angestellten ein wenig. "Glaub mir, Mel, der Boss kriegt echte Probleme. Wir alle verdienen mehr Kohle als er." Sie nippte an einem Glas Wasser. "Das weiß ich und es ist schön, so gut zu verdienen. Aber ich würde schon auf einen Teil der Kohle verzichten, wenn es Gerrit als Chef hier halten würde. Selbst wenn wir hier keine Kohle verdienen würden, ginge es uns Mädchen immer noch besser als in jedem anderen Puff dieser Stadt." "Sehen die anderen das auch so?" "Wenn sie schlau sind, ja." Mel lächelte. "Ben, wir wissen alle, was für ein saumäßiges Glück wir hatten. Keiner von uns pocht auf den Konditionen, zu denen wir hier arbeiten." "Das höre ich gern." Gerrit trat aus dem Schatten und ging hinter die Bar. Er öffnete eine Flasche Champagner und goss drei Gläser ein. "Was ihr hier gerade besprochen habt, liegt mir schon seit Wochen quer im Magen." "Dann rede doch mit uns, Boss." Ben nahm das Glas und lächelte. "So böse sind wir doch nicht, oder?" "Nein. Aber ich habe euch Dinge versprochen, die ich jetzt nicht halten kann. Und ich fühle mich echt mies deshalb." "Du wirst nie ein gescheiter Zuhälter." Melanie lachte hell. "Nicht mehr in diesem Leben." "Ich bin Polizist, kein Zuhälter. Maximal bin ich noch der Besitzer eines Bordells, aber mehr nicht." Gerrit trank einen Schluck von dem Champagner. "Dass ich euer Chef geblieben bin, hat nur damit zu tun, dass ich euch nicht hängen lassen wollte." "Und wir sind dir echt dankbar dafür." Nina betrat die Bar und ging langsam zu Gerrit hinüber. Sie war 16, als Gerrit sie von der Straße in sein Bordell geholt hatte. Obwohl sie hier eigentlich nicht hätte sein dürfen, hatten die Kollegen ein Auge zugedrückt, vor allem, nachdem das Mädchen mit Gerrits Hilfe vom Heroin weg gekommen war. Sie schmiegte sich in Gerrits Arme, der sie lächelnd ansah. "Hey, Kleine. Warum bist du schon hier?" "Weil Ben uns alle hergebeten hat. Er wollte mit uns über den Laden, die Gehälter und dich reden." Gerrit sah Ben erstaunt an. Der zuckte mit den Schulter. "Ich bin dein Geschäftsführer, Boss. Auch wenn ich von der Buchhaltung keine Ahnung habe und du alles machst, heißt das nicht, dass ich nicht mitbekommen hätte, wie schlecht es um das 'Red Tycoon' steht." "Leute, Leute, Leute. Tut mir echt leid, dass ihr euch deshalb Sorgen gemacht habt." Er zog Nina mit zu einer der Sitznischen. Sie ließ sich auf seinem Schoß nieder und schmiegte sich mit geschlossenen Augen gegen ihn. "Steht es wirklich so schlecht um uns, dass wir schließen müssen?" "Schließen? Wie kommst du denn auf die Idee, Nina? Ich habe einen festen Job, das 'Tycoon' läuft wunderbar. Ich würde ohne Probleme einen Bankkredit bekommen, um den Laden weiter zu führen." "Aber Schlösser hat gesagt…" Gerrit schob Nina von sich runter und sprang auf. "Schlösser? Was wollte Schlösser von dir?" Inzwischen kamen mehr und mehr von Gerrits Angestellten. Seine fünf weiteren Türsteher Ali, Nico, Daniel, Timo und David, Mikos, ein Grieche, den Gerrit vor zwei Monaten als Barkeeper eingestellt hatte, Rainer Wichert, der Hausmeister des Bordells, Berta und Diana, die zwei Putzfrauen und die restlichen Mädchen, die für Gerrit arbeiteten. "Schlösser hat mich angesprochen und wollte mich abwerben", sagte Nina leise. "Aber ich habe ihm gesagt, er kann mich mal." Dieter Schlösser war der Besitzer des 'Silent Rooms'. Das Bordell lag keine fünf Autominuten entfernt und Gerrit machte dem Mann richtig Konkurrenz. Nicht unbedingt, weil das 'Red Tycoon' besser war, aber die Mädchen liefen Schlösser reihenweise weg und waren zu Gerrit gewechselt. Schlösser war vorbestraft, wegen Körperverletzung und die Opfer waren immer seine Mädchen gewesen. "Schlösser hat auch mich versucht abzuwerben", sagte Monika. Sie kam aus Tschechien und arbeitete seit einem Jahr für Gerrit. "Ohne Erfolg, selbstverständlich." "Mich auch." Tanja hob leicht den Finger. Ben schüttelte den Kopf. "Er hat auch bei Ali und mir nachgefragt. Pass bloß auf, Gerrit. Der Typ ist echt schlecht auf dich zu sprechen." "Solange ihr mir treu bleibt." Lautstark und vielstimmig versicherten ihm seine Angestellten ihre Treue, was ihn zu einem breiten Grinsen veranlasste. "Mal gucken, ob ihr das in ein paar Minuten immer noch sagt. Leute, ich brauche mehr Geld, um den Laden zu halten. Keine Sorge, mein Gehalt erhöhe ich mir nicht, aber ich muss echt an eure Kohle, sonst geht hier alles den Bach runter." Zu seiner Überraschung zuckten alle ziemlich gleichgültig mit den Schultern. Ben hatte sie vor Wochen darauf hingewiesen, dass das passieren könnte und wahrscheinlich auch würde. So waren sie jetzt weder überrascht, noch enttäuscht und schon gar nicht verärgert. Denn eines war klar. Wenn Gerrit es sich irgendwie leisten könnte, würden sie ganz schnell ihre alten Gehälter wieder bekommen.
"Ach kommen Sie Wutkowski. Sie wussten doch genau, dass Rick sich anderweitig umgesehen hat." Michael sah ihn provozierend an. Der Mann machte dem ersten Teil seines Nachnamens alle Ehre und schlug heftig mit der Faust auf seinen Schreibtisch. "Rick war mein bester Mann, meine rechte Hand. Er hatte in meinem Laden genauso viel zu sagen wie ich und alle haben gespurt, wenn er was angeordnet hat. Und ich will verdammt noch mal wissen, welches Schwein ihn umgebracht hat." "Ganz ruhig", sagte Alex. Michael nickte zustimmend. "Wir haben Rick seit Wochen observiert. Er wollte weg, das große Geld machen, anstatt hier bei Ihnen immer wieder den Kopf hinhalten zu müssen." "Er wollte nicht weg. Rick war nicht nur gut, er war auch ein sehr loyaler Mitarbeiter." "Und dafür haben Sie ihn beschützt. Zum Beispiel mit dem Alibi, als er wegen des Mordes an einem Ihrer Kollegen vor Gericht stand, nicht wahr?" Wutkowski lehnte sich entspannt in seinem Sessel zurück. "Naseband, der Fall ist durch. Rick war es nicht." "Er war es. Sie wissen es, ich weiß es…" "… und der Richter hat ihn frei gesprochen." Wutkowski grinste breit. Alex presste die Zähne hart zusammen. "Justizpanne", murmelte sie leise. "Noch mal zum Mitschreiben für Sie beide. Ich weiß nicht, wer Rick umgebracht hat. Aber wenn ich es rausfinde, wird sein Mörder einen Unfall haben. Und jetzt dürfen Sie gehen." Michael nickte und erhob sich. "Wir sehen uns wieder. Ganz bestimmt." Gemeinsam mit Alex verließ er das Bordell des Mannes. Sie fuhren zurück ins Büro, tippten den Bericht über die Vernehmung und fuhren dann zum 'Red Tycoon'.
"Hallo, Ali." "Michael, Alex. Kommt rein, der Boss wartet schon." Alex schob sich lachend an dem Türsteher vorbei. Sie gingen zu einer Sitznische, die etwas erhöht und von Wänden verborgen war. Dort saß Gerrit mit Nina im Arm. Die beiden küssten sich und Nina rechte Hand lag zwischen Gerrits Beinen. Michael räusperte sich vernehmlich und Gerrit schob Nina ein wenig verlegen von sich. "Geh an deine Arbeit." "Klar, Chef." Sie zwinkerte ihm zu. "Was willst du von der Kleinen? Die ist noch ein halbes Kind." "Sie 18 und weiß sehr genau, was sie will." Gerrit bot Michael ein Bier und Alex einen Cocktail an. Sie nahm ihn dankend und grinste. "Sie will dich." "Offensichtlich." Er kratzte sich ein wenig verlegen am Hinterkopf. "Ich habe meinen Leuten gesagt, dass ich an ihrem Gehalt rumschraube." "Und?" Er sah Michael grinsend an. "Es war ihnen egal." Er grübelte. "Bezahle ich sie zu gut?" "Definitiv." Er stieß mit Gerrit an. "Wir haben mit Wutkowski gesprochen. Er ist stinksauer, weil Rick tot ist und will den Kopf des Täters." "Na da haben wir doch nichts dagegen. Aber ich hätte gern den ganzen Täter." Gerrit streckte sich. "Ich habe mit meinen Leuten gesprochen, aber die haben überhaupt keine Ahnung, ob Rick weg wollte. Das Gerücht kennt anscheinend nur Kirkitadse. In der Szene hat es jedenfalls noch nicht die Runde gemacht." Sie saßen noch eine ganze Weile zusammen und redeten über den Fall, bevor sich Michael und Alex verabschiedeten. Sie wollten noch ein wenig ihr Wiedersehen feiern. "Ihr könnt ein Zimmer haben. Ich mach es euch günstiger." Die Kommissare lachten, sahen sich an und nahmen Gerrits Angebot dann tatsächlich an. Michael grinste auf dem Weg nach oben. "Ich hatte noch nie Sex in einem Bordell." "Du bist wahrscheinlich der erste Mann, der in einem Bordell Sex mit seiner Freundin hatte, hat und haben wird." Alex küsste ihn grinsend und ließ sich von ihm in das Zimmer tragen, welches Gerrit ihnen zugeteilt hatte.
Hustend stemmte er sich von der alten Matratze hoch, die ihm als Bett diente. Das Sweatshirt war immer noch feucht von der letzten Nacht, die Matratze und die alte Decke jetzt natürlich ebenfalls. Aber das war alles egal. Es zählte nicht, es war unwichtig. Er sah sich die Waffe an, sie war das gepflegteste Objekt in der Ein-Zimmer-Wohnung. Sie musste ja auch funktionieren, um sein Werk zu vollenden. Liebvoll strich er mit der Hand darüber, ging zur Tür und verließ die Wohnung. Er ging langsam durch die Straßen, bis er hinter dem 'Hot Love' stand. Es war fünf Uhr morgens und hier war nicht mehr viel los. Die Kunden waren zu Hause, die Nutten gingen nach und nach, dann auch die Türsteher. Jetzt hieß es warten. Aber das Warten war er gewöhnt. Er hatte in den letzten Tagen und Wochen oft gewartet. Und er hatte beobachtet. Regungslos stand er an der Ecke zum Parkplatz und hielt den Blick starr auf die Eingangstür gerichtet. Es war wieder nasskalt, wie in der vergangenen Nacht. Er fror jämmerlich in seinen dünnen Sachen, doch als sich die Tür öffnete und er die Waffe zog, zitterte diese nicht ein bisschen. Langsam schob er sich aus dem Schatten heraus und an der Wand entlang. Markus Lehm schloss die Tür ab und drehte sich um, um mit seinem BMW nach Hause zu fahren, doch er kam nicht weit, dann plötzlich stand er vor einem Mann. "Geh nach Hause, wir haben zu", fuhr er ihn an. Dann bemerkte er die Waffe in dessen Hand. Er trat einen Schritt zurück und hob langsam die Hände. "Hey, ganz ruhig. Wenn du Geld willst, dann kann ich dir was geben." Er wollte in die Innentasche seiner Jacke greifen, wo auch seine Waffe war, aber der andere war schneller. Er sprang auf ihn zu und schlug ihn nieder. Lehm keuchte schmerzerfüllt auf und hielt sich das Kinn. Langsam rappelte er sich auf. Unsicher sah er sein Gegenüber an. Der Mann wirkte schwächlich und war eher klein, sein Gesicht war unter der Kapuze, die er trug, kaum zu sehen. Aber der Kerl hatte Kraft und eine sehr schnelle Reaktion. Es war wohl besser abzuwarten, was der von ihm wollte. Der Unbekannte sah sich kurz um, winkte dann mit der Waffe und lotste Lehm in die Seitengasse. Der ging auch, blieb nach einigen Metern dann im Halbdunkel stehen und blickte starr die Waffe an. Der aufgeschraubte Schalldämpfer ließ sie noch größer und bedrohlicher erscheinen, als sie eh schon war. "Was willst du von mir?" Die Stimme des Zuhälters zitterte vor Angst. Sein Gegenüber hob die Waffe in Brusthöhe und zielte auf das Herz des Mannes vor sich. Dann öffnete er den Mund und sprach langsam und tonlos die letzten Worte, die Markus Lehm in diesem Leben zu hören bekam. "Du sollst den Namen deines Herrn nicht unnütz führen, denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht."
Genervt öffnete Michael die Augen und befreite einen Arm aus Alex Umklammerung. Gähnend nahm er sein Handy und ging ran. "Tut mir leid, dich zu wecken, Michael." "Doc. Es ist halb sieben. Ich hätte noch ´ne schöne Stunde schlafen können." "Wir haben einen zweiten Toten." "Einen zweiten… du meinst…" "Er hat eine Zwei auf der Stirn." Er seufzte leise. "Okay, Alex und ich kommen sofort. Wo bist du?" "Hinter dem 'Hot Love'. Der Tote ist laut Ausweis der Besitzer. Ich muss jetzt meine Arbeit machen." Michael legte das Handy weg und weckte Alex. "Komm, wach auch. Wir haben ein zweites Mordopfer." Sie streckte sich und gähnte. "Ich liebe es, auf diese Weise von dir geweckt zu werden." "Weiß ich doch." Er küsste sie flüchtig und ging dann duschen. So hatte Alex noch einige Minuten, um richtig aufzuwachen.
Zwei Stunden später saßen sie in ihrem Büro. Kirkitadse war aufgebracht, denn natürlich machte man ihm Druck von oben. "Der Täter nummeriert seine Opfer. Er bringt sie immer morgens um und mordet anscheinend mit Vorliebe im Milieu." Michael klappte die Akte zu. "Das ist nicht sehr viel." "Das weiß ich, Herr Staatsanwalt." Doktor Alsleben betrat das Büro. "Ich bin fertig mit der ersten Untersuchung. Es scheint wie beim letzten Fall. Direkter Schuss ins Herz. Augenscheinlich dasselbe Kaliber. Zumindest sah die Kugel genauso aus wie die vom gestrigen Opfer." Alex nahm sich den Bericht der ballistischen Untersuchung. "Smith & Wesson, 9 Millimeter. Die Kugel von gestern war auch nummeriert." "Passende Kugeln für die Opfer. Das ist doch…" Michael blickte auf seinen Bildschirm. Kirkitadse blätterte in einer Akte. "Der Typ von gestern, dieser Rick war nicht ganz koscher. Aber wir haben seit Jahren nicht mehr gegen ihn ermittelt. Markus Lehm, vorbestraft wegen mehrfachen Betruges. Er hat von Kunden die Kartendaten geklaut und von deren Konten Geld abgehoben. Nur von solchen Leuten, die nicht zur Polizei gegangen sind, aus Angst, dass die Ehefrauen von den Bordellbesuchen erfahren. Als einer doch zu uns gekommen ist, hatte der Mann einen tragischen Unfall. Wir sind uns heute noch sicher, dass es Mord war, aber wir konnten es ihm nicht nachweisen." "Zwei Leute, die unter Mordverdacht standen, denen man es aber nicht nachweisen konnte. Vielleicht ist das der Zusammenhang." "Das hilft uns nicht weiter, Frau Rietz." Kirkitadse schüttelte den Kopf. "Denn diese Beschreibung trifft auf nahezu jeden dritten im Milieu zu." "Morgen. Oh, Herr Staatsanwalt." "Herr Grass. Haben Sie irgendwas gehört?" "Der Mord ist heute morgen passiert, da waren die Clubs zu. Ich denke aber, heute Abend dürfte die Gerüchteküche überkochen. Es ist der zweite Mord, da fangen die Leute sicher doch an zu spekulieren." "Halten Sie die Ohren offen. Und passen Sie auf sich auf." Michael winkte ab. "Wenn der Typ böse Leute abknallt, dann ist Gerrit nicht in Gefahr. Er ist nicht unbedingt das, was man unter einem Zuhälter oder Bordellbesitzer im eigentlichen Sinn versteht." "Hoffentlich sieht unser Killer das auch so." Gerrit setzte sich auf das Sofa im Büro. "Ben und Ali weichen mir kaum noch von der Seite. Das nervt." Kirkitadse winkte ab. "Das ist ganz gut so. Die beiden kennen jede Nase im Milieu. Eine Sorge weniger." Damit verschwand er. "Da muss ich Kirkitadse recht geben. Du stehst auf der Liste möglicher Opfer vielleicht ganz weit unten, aber du stehst drauf, Gerrit. Du bist Bordellbesitzer." Der lehnte sich zurück und schloss die Augen. "Ich weiß. Und sowohl die Jungs, als auch die Mädchen halten mir das immer wieder vor. Die machen sich schon genug Sorgen um mich und damit um ihre Gehälter." Alex und Michael lachten leise. "Meint ihr, der mordet weiter in diesem Tempo?" "Morgen früh wissen wir es."
Er mordete weiter. Natürlich tat er das. Er musste es tun. Was blieb ihm auch anderes übrig. Heute regnete es zumindest nicht, seine Sachen hatten so mal die Chance zu trocknen, während er sich die Blätter durchlas, die in einem grünen Hefter über sein Opfer gesammelt waren und sich dann auf den Weg machte. Der Wind war kalt, er würde sicher krank werden über kurz oder lang. Da er kaum aß, fehlten ihm immer mehr die Kräfte, sich gegen Krankheiten zu wehren. Aber er hatte keine Zeit zu Essen, er musste Rache nehmen. Er musste seine Mission erfüllen. Und so folgte er dem alten Mann durch den Park. Die weißen Haare leuchteten, jedes Mal, wenn er unter einer der Laternen hindurch lief. Er drehte sich mehrfach um, fühlte sich wohl verfolgt, aber er sah seinen Verfolger nicht. Der blieb weit entfernt, zog die Waffe und schraubte langsam den Schalldämpfer auf. Dann erreichten sie den verwinkelsten Teil. Dichte Büsche rechts und links des Weges schirmten vor neugierigen Blicken ab. Jetzt lief er schneller. Er holte auf und packte den Mann an der Schulter. Der blieb erschrocken stehen und drehte sich um. Durch die dicke Brille, die er trug, funkelte er sein Gegenüber an. "Wer sind Sie? Was wollen Sie von mir?" Langsam trat er zurück und hob die Waffe. Er entsicherte sie, sah den letzten Funken Mut aus dem Blick des alten Mannes weichen und sagte leise aber deutlich: "Du sollst den Feiertag heiligen." Damit drückte er ab. Er schrieb dem Mann eine Drei auf die Stirn und rannte davon.
"Langsam reicht es wirklich. Wieso haben wir keine Spuren?" Michael zuckte mit den Schultern. "Das dritte Opfer heißt Karl-Heinz Böckler. Der Mann stammt aus Hamburg, hatte früher mal einen Club, war Menschenhändler, Drogenhändler und saß wegen mehrfachen Mordes im Gefängnis. Seine Frau, hochschwanger, starb Weihnachten vor 20 Jahren. Die Kollegen von damals haben vermutet, dass er sie die Treppe hinab gestoßen hat, weil er sie loswerden wollte. Sie und sein Kind. Aber sie konnten es ihm nicht nachweisen." "Die Opfer hatten keine Verbindung, außer dem Milieu. Nach welchen Richtlinien sucht unser Killer die Opfer aus? Das müssen wir herausfinden, sonst haben wir keine Chance ihn zu schnappen." "Sehr richtig, Alex. Aber wie? Sie hatten nichts miteinander zu tun. Wenn man Böckler sieht, der war raus aus dem Milieu. Lebte in einer kleinen Wohnung von der Stütze." Sie sah Michael an. "Schon. Aber er hat eine Gemeinsamkeit mit den anderen. Er stand wegen eines Mordes vor Gericht und wurde freigesprochen." "Davon gibt es viele im Milieu. Und wenn unser Mörder sich tatsächlich so alte Fälle aussucht, dann sind es unglaublich viele mögliche nächste Opfer." Gerrit kam zur Tür herein. Er sah müde aus, als würde er sofort im Stehen einschlafen, arbeitete er tagsüber doch meistens im Büro, nachts bis morgens in seinem Club. Deshalb fiel er jetzt auch mit geschlossenen Augen auf das Sofa. "Das Milieu kocht. Alle rätseln um den Täter, die meisten haben Schiss. Vor allem die, die Dreck am Stecken haben. Ich habe in meinem Laden einen riesigen Zulauf von 'Kollegen', wenn ich die Mal so nennen darf. Andere Zuhälter und zwielichtige Typen. Sie fühlen sich in meiner Gegenwart sehr wohl, wo sie noch vor ein paar Tagen über mich gelacht haben." "Tja, mit ´nem Bullen in einem Raum ist nicht so übel, wenn draußen ein Serienkiller rumrennt." Michael lachte leise. "Aber mal im Ernst, wir stehen ziemlich blöd da. Der Killer hinterlässt keine brauchbaren Spuren, nicht mal bei dem Mord im Park. Wir wissen ja noch nicht mal, ob es ein Mann oder eine Frau ist." "Ermittlungsarbeit braucht nun mal Zeit", sagte Alex und fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. "Zeugen gibt es nicht, Spuren auch nicht, dafür jeden Tag eine neue Leiche. Was erwarten unsere Chefs eigentlich? Wir können weder hellsehen noch zaubern." "Manche von uns können nicht mal arbeiten", sagte Michael leise und deutete zu Gerrit hinüber, der sich auf die Seite drehte und die Jacke über seine Schultern zog. Sie lächelte. "Lass ihn doch. Er ist todmüde. Und wirklich helfen kann er uns auch nicht. Unser Killer ist nicht blöd und macht bisher leider keine Fehler." "Wir müssen etwas übersehen haben." "Ja, aber was?"
Er soll den Feiertag heiligen? Mhmm...das ist schon das 3. Opfer. Warum tötet er die Männer nur? Jetzt aufeinmal haben alle Angst und flüchten zu Gerrit. *kicher* er arme Gerrit ist totmüde...er soll sich mal ein Tag entspannen.
Abends war Gerrit wieder so fit, dass er im Club an der Bar stand und seine Gäste beobachtete. Ali stand neben ihm. "Halte die Augen offen. Hier treibt sich ein Haufen Gesindel rum." "Spinnst du? Pfoten weg, du Arschloch." Schimpfend kam Melanie angelaufen. "Der Kerl verlangt Dinge, die nicht abgesprochen waren." Sie zeigte ihre Handgelenke, die blau anliefen. "Der wollte mich vergewaltigen, der Scheißkerl." Ali packte sich den Freier, der abhauen wollte. Gerrit half ihm und sie brachten den Mann vor die Tür. "Raus hier", sagte Gerrit leise. "Du hast Hausverbot. Lebenslang. Sei froh, dass wir dich nicht anzeigen." Mit einem Stoß schubste er ihn auf den Bürgersteig und Michael genau vor die Füße. "Anzeigen? Gibt es Probleme?" "Nee, lass mal, Micha. Das kläre ich mit Kurtchen schon allein, nicht wahr?" Der Mann rappelte sich auf. "Jaja, keine Probleme." "Du schuldest mir noch Geld. Bis morgen habe ich die Kohle, klar?" "Klar, Gerrit. Bis morgen. Ich melde mich dann bei Ali." Damit verschwand er. "Bleib hier an der Tür und ruf mir Nico und Daniel an. Die sollen herkommen. Ich will sie drinnen noch haben." Der Türke zog eine Augenbraue hoch. "Aber die beiden haben frei." "Das mir scheißegal. Entweder kreuzen sie in der nächsten halben Stunde hier auf oder sie können Dauerurlaub nehmen", sagte Gerrit in einem Ton, der besser zu einem Bordellbesitzer als zu einem Polizisten passte. "Klar, Boss." Ali zog sein Handy aus der Tasche, während Gerrit wieder im Club verschwand, gefolgt von Michael und Alex. Gerrit saß an der Bar und hielt Melanie im Arm. Deren Wut war gewichen, jetzt hatte sie Angst. Sie zitterte und kämpfte verbissen gegen ihre Tränen. "Ich hab mich gleich wieder im Griff", versprach sie Gerrit leise. "Geht gleich wieder. Ich hatte nur echt Schiss grade." Er hielt ihre Hände, während Nina ihr einen Drink hinstellte und sie leise überredete, ihn zu trinken. "Genau, trink etwas. Du musst heute nicht mehr arbeiten. Nimm deine Sachen und fahr nach Hause." Sie sah ihn erschrocken an. "Nein, wirklich, es geht schon, Gerrit." Vorsichtig legte er ihr seine Hände auf die Wangen und hob ihr Gesicht an. "Du trinkst jetzt noch etwas, dann gehst du nach Hause. Nico und Daniel werden gleich hier sein. Ali soll dich heim bringen. Ruh dich aus und morgen bist du wieder fit." Er lächelte ihr aufmunternd zu. "Und wenn nicht, dann kommst du übermorgen wieder." Ungläubig sah Melanie ihren Chef an. "Du bist zu nett für dieses Milieu." Sie umarmte ihn. "Ich bin morgen wieder hier. Versprochen." Er nickte und ging dann zu der Sitzgruppe, wo sich Alex und Michael niedergelassen hatten.
Jetzt hat Gerrit auch noch Ärger mit einem Kunden, na super. Ich hab so ein komisches Gefühl, was Melanie betrifft. Aber der Mörder schlägt ja nur bei den Besitzern zu...*grübel*
"Die Kommissare Rietz und Naseband. In so einem Club. Suchen Sie den Serienkiller?" Michael sah den Mann an. Es war Grigori Baschnikow, ein Weißrusse, vorbestraft wegen Drogenhandels, Förderung der Prostitution und Körperverletzung. Alex zog ihn auf die Couch und sah den Mann herausfordernd an. "Haben Sie denn eine Ahnung, wer es sein könnte, Grigori?" "Aber Frau Rietz, dann hätten Sie die Leiche schon im Kommissariat. Darf ich Ihnen ein Glas Champagner anbieten?" Michael nickte ihm zu und der Mann winkte in Richtung Bar. Er ließ sich eine neue Flasche bringen und zwei Gläser und goss den Kommissaren sogar etwas ein. Gerrit hatte Recht. Die richtig dicken Fische fühlten sich in Gegenwart von Polizisten plötzlich sehr, sehr wohl. "Was machen Sie hier?", fragte Grigori Alex. "Zusätzlich etwas verdienen?" "Das hätten Sie wohl gern." Der Mann grinste anzüglich. "Für eine Nacht mit Ihnen würde ich eine Menge zahlen." Als Michael dem Mann an die Kehle gehen wollte, hielt Alex ihn zurück. "Keine Sorge, Micha, so viel Geld hat er nicht." Sie lehnte sich gegen ihn. "Ach so, Sie sind zusammen… Schade." Er steckte sich eine Zigarre an. "Dann muss ich mir wohl doch eine der Damen des Hauses aussuchen." "Musst du wohl." Gerrit schwang sich neben ihn auf das Sofa. "Alles klar? Habt ihr Neuigkeiten?" Michael sah sich um. Die Gespräche waren verstummt und viele Leute sahen sie interessiert an. Keiner von denen war ihr Täter, denn alle hatten Angst. "Nein. Der Killer läuft immer noch rum. Wir haben keine Ahnung, wer er ist und wer das nächste Opfer sein könnte." "Was macht ihr eigentlich, außer Bordelle zu leiten?" Gerrit drehte sich zu einem anderen Zuhälter um, den er gar nicht mit Namen kannte. "Kaffee trinken, Akten ordnen, mit den Kollegen quatschen. Braucht alles seine Zeit." Einige der Leute lachten, andere schienen Gerrits Worte ernst zu nehmen. Michael schüttelte den Kopf. Gerrit war zwar immer noch derselbe Polizist wie vor zwei Jahren, als er den Club übernommen hatte, aber er war nicht mehr derselbe Mensch. Er hatte sich hier im Milieu durchaus seinen Platz geschaffen und er verteidigte diesen auch. Die anderen Zuhälter lachten ein wenig über seine Methoden, aber sie lachten schon lange nicht mehr über ihn. "Micha, Alex, könntet ihr eventuell heute hier schlafen? Ihr seht ja, dass hier die Hölle los ist. Ihr könnt meine Privatzimmer haben, da habt ihr auch eine Dusche und alles, was ihr braucht." "Ja, klar, kein Problem." Alex sah Michael an, der nickte. "Ich fahre nur kurz nach Hause und hole Sachen für Alex und mich. Du passt auf sie auf." "Genauso wie auf jedes meiner Mädchen." Er sah Gerrit an. "Gut. Dann ist sie ja in den besten Händen." "Boss, da sind wir." Nico und Daniel traten hinter Gerrit. "Nico, du gehst raus. Sag Ali, dass er Melanie nach Hause bringen soll, aber zügig. Daniel, du bleibst hier und passt auf Alex auf. Ich bin in meinem Büro." Er stand auf, während seine Männer die Anweisungen sofort in die Tat umsetzten. "Sag Bescheid, wenn du wieder hier bist, ich zeige euch dann meine Zimmer", rief er Michael nach. Der winkte ab und verließ den Club.