So, hier kommt jetzt dann mal meine zweite K11 Story. Hauptperson des Ganzen ist Branco ... Bin gespannt was ihr dazu so sagt!
Na dann: Here we go!
Dunkle Vergangenheit. Dunkle Zukunft?
„Mensch, wo bleibt er denn? Sein Flugzeug kam doch schon vor über einer halben Stunde!“ sagte Michael genervt und starrte zum wiederholten Male auf seine Uhr. „Nun bleib doch mal ruhig. Er wird schon kommen, vielleicht muss er noch auf sein Gepäck warten, oder so …“ antwortete ihm Alexandra und war inzwischen auch etwas genervt, allerdings von Michals Ungeduld. „Na endlich! Da ist er ja!“ sagte Michael nach weiteren zehn Minuten und stieß Alexandra leicht an. Sie drehte sich um und schaute ebenfalls in die Richtung, die Michael ihr deutete. Und da sah sie ihn, Branco kam auf sie zu. „Wow, er hat sich ganz schön verändert“ sagte sie zu Michael. Dieser nickte nur. Branco hatte sich äußerlich wirklich sehr verändert. Er hatte seine Reisetasche lässig über die Schulter gehängt. Sein Gesicht und seine Arme hatten einen leicht sonnengebräunten Ton. Die Frisur hatte sich von fünf Zentimeter, hochgegelt auf etwa einen Zentimeter verkürzt. Das schwarze Shirt, das er trug, betonte seinen beinahe perfekt wirkenden Oberkörper, in dem jeder einzelne Muskel extrem trainiert wirkte, und die lässige Jeans rundete das Gesamtbild ab. Doch eins vermisste Alexandra, es war seine Ausstrahlung. Sie hatte sie als immer freundlich in Erinnerung. Auch sein Lächeln hatte sich verändert, eigentlich existierte es im Moment nicht. Branco wirke sehr ernst und konzentriert. Michael ging ihm entgegen und begrüßte seinen Freund, indem er ihm die Hand mit den Worten: „Willkommen zu Hause“ reichte und ihn kurz an sich drückte. Auch Alexandra begrüßte ihn herzlich. Wobei ihr auffiel, das Branco kaum eine Gefühlsregung zeigte. Das Lächeln, das jetzt auf seinem Gesicht war wirkte irgendwie gezwungen, fand sie. Auch als sie ihm in die Augen sah fand sie darin nichts außer eine gewisse Distanz und Kälte. Michael schien davon nichts zu merken und so verdrängte Alexandra ihre Gedanken erst einmal. Wenn Michael, der wie sie wusste, auch eine sehr gute Menschenkenntnis besaß nichts merkte musste sie sich einfach täuschen. So fragte sie Branco: „Und wie war’s? Heimweh scheint’st du ja nicht gehabt zu haben – gemeldet hast du dich ja nicht oft.“ Branco schwieg kurz und Michael meinte nur zu Alexandra: „War ja klar! Er ist kaum gelandet, da machst du ihm schon wieder Vorwürfe“ Und zu Branco gewandt fügte er an: „So sind sie eben, die Frauen.“ Branco lächelte kurz und sagte dann zu seiner Kollegin: „Ich weiß, ich hab nicht oft angerufen. Aber ich hatte echt nicht viel Freizeit. Wenn man spät abends erst von seinem Dienst in sein Zimmer kommt will man nur noch schlafen.“ „Ist schon klar, sollte ja auch kein Vorwurf sein.“ antwortete Alexandra ihm. Branco nickte als antwort nur. „So …“ begann Michael scherzend „… wie können wir denn jetzt unserem Kollegen Vukovic nach einem Jahr Kosovo im dienste den Vaterlandes eine Freude machen? Können wir dich zum Essen einladen, oder so?“ Branco überlegte kurz und sagte dann: „Seit mir bitte nicht böse. Aber ich möchte jetzt einfach erst einmal nach Hause. Die Reise war doch etwas anstrengend.“ „Nein, warum sollten wir böse sein? Ist schon in Ordnung.“ sagte Alexandra darauf und Michael meinte grinsend: „Du bist müde von den paar Stunden Flug? Du siehst aus als könntest du sofort am ‚Iron Man’ teilnehmen!“ Dabei drückte er mit Daumen und Zeigefinger an Brancos Oberarm herum und fragte dann: „Was hast du in dem Jahr gemacht? Nur Muskeltraining? Ich sah nach meinem Jahr im Kosovo nicht so aus.“ Branco grinste nur und meinte: „Na ja ich hab manchmal aus langer Weile ein paar Liegestütze gemacht oder bin mit zwei, drei Leuten joggen gewesen.“ „Das klingt aber sehr harmlos, für das Ergebnis … Aber na ja, wenn du nah Hause willst versteh ich das schon, warst ja lange genug nicht da. Aber ich bestehe darauf, dass wir dich hinfahren.“ sagte Michael und schnappte sich Brancos Tasche. „Das ist nett, danke!“ antwortete Branco und folgte Alexandra und Michael raus aus dem Flughafen, zum Parkplatz wo der altbekannte grüne Skoda stand. Michael verstaute Brancos Tasche im Kofferraum und stieg dann auf der Fahrerseite ein. Alexandra saß auf dem Beifahrersitz und Branco hatte auf der Rückbank platz genommen. Während der Fahrt fragten beide Kommissare ihren Kollegen regelrecht über die Zeit im Kosovo aus. Wobei es Alexandra schien, als antworte Branco so kurz wie möglich. Nach etwa zwanzig Minuten Fahrt waren sie dann am Ziel. Branco verabschiedete sich von seinen Kollegen und stieg aus. Er ging zum Kofferraum und nahm seine Tasche heraus. Dann ging er zum Hauseingang und verschwand in dem Mehrfamilienhaus.
dazu sag ich eigentlich nur zwei sachen: das erste,könnetst du bitte versuchen absätze in die teile zu setzen? weil ich bin dauernd in den zeilen verrutscht. es istz sehr schwer ohne absätze zu lesen=) und das zweite: du hast eigentlich alles gut formuliert und ich bin jetzt mega gespannt wie es weitergeht,schreib doch bitte so schnell wie möglich weiter
Zitat von ScoutNo1Okay! Danke für die Info mit den Absätzen ... werd mich Mühen mehr einzubauen Vielleicht geht's heute Abend nochweiter ....
supi..... freu mich schon drauf,denn wie gesgt,deine story(oder erst mal der anfang) ist echt gut. besonders die überschrift macht neugierig..... aber ma ne frage,wir das ne love-story zwischan alex un michi oder so?
Also eine Love-Story wird das nicht - hoffe das ist nicht all zu schlimm. Aber ich glaube Love-Storys liegen mir eh nicht so, das sollen die schreiben, die es wirklich können Hauptperson ist Branco ... und der erlebt noch einiges. Ansonsten kann ich soviel sagen: Es wird relativ depri mit viel Monolog werden ...
Zitat von ScoutNo1Also eine Love-Story wird das nicht - hoffe das ist nicht all zu schlimm. Aber ich glaube Love-Storys liegen mir eh nicht so, das sollen die schreiben, die es wirklich können Hauptperson ist Branco ... und der erlebt noch einiges. Ansonsten kann ich soviel sagen: Es wird relativ depri mit viel Monolog werden ...
ENDLICH mal eine eine story,wo branco die hauptperson ist und es keine liebesgeschichte zwischen alex und micha wird ich freu mich schon auf die nächsten teile.....
Nachdem Michael ein Stück von Brancos Wohnhaus gefahren war fragte Alexandra ihn: „Findest du auch, dass Branco völlig anders ist?“ „Ja schon, er ist erwachsener geworden. Aber ich denke es ist auch normal, dass man sich nach einem Jahr in einer nicht ganz gefahrlosen Region verändert.“ antwortete Michael. „Das schon. Aber Branco wirkt uns gegenüber distanziert und ich finde seine ganze Art hat sich geändert. Er strahlt eine gewisse Kälte aus …“ erwiderte Alexandra. Doch Michael unterbrach sie: „Frauen! …“ stöhnte er „… Warum müsst ihr immer gleich alles psychologisch analysieren? Wie ich bereits sagte ist der Kosovo immer noch keine sichere Region und somit ist es völlig normal, dass man sich verändert, wenn man ein Jahr dort ist und vielleicht mit Dingen konfrontiert wird, die schlichtweg nicht schön sind. Außerdem ist Branco gerade erst angekommen. Lass ihn sich erst einmal wieder richtig einleben.“ Damit war das Thema für Michael erledigt. Wenn Alexandra darüber nachdachte hatte er wahrscheinlich auch Recht, vielleicht musste Branco sich wirklich erst wieder richtig einleben.
Branco war zu seiner Wohnung in den dritten Stock gegangen, hatte den Haustürschlüssel aus seiner Tasche herausgekramt und war dann in seine Wohnung gegangen. Dort war er sofort ins Wohnzimmer gegangen, hatte seine Tasche in die eine Ecke geworfen und sich aufs Sofa fallen lassen. „Endlich wieder zu Hause!“ war es ihm durch den Kopf gegangen. „Hoffentlich ist jetzt endlich alles vorbei.“ Er lehnte sich zurück, schloss die Augen und ließ, soweit er sich erinnerte, das vergangene Jahr Revue passieren. Eigentlich hatte sein Aufenthalt im Kosovo recht gut angefangen. Er war gut in dem Team, welchem er zugeteilt worden war, aufgenommen worden und die ersten zwei, drei Monate vergingen schnell. Doch dann änderte sich viel … ab da konnte er sich nur noch an viel Schreckliches erinnern. Je mehr er über die letzten zehn Monate nachdachte umso sicherer wurde er sich, dass sein ganzes Martyrium noch lange nicht zu ende war und sich der Spruch: „Wir finden dich, wir überwachen dich, vor uns bist du nirgends sicher!“ bewahrheiten würde. Selbst hier in Deutschland würde er nicht wissen, wem er trauen konnte. Doch! Zwei Personen kannte er, denen er rückhaltlos vertraute – Michael und Alexandra – mit ihnen musste er reden. Unbedingt! Er musste ihnen sagen, dass alles, was er ihnen bisher erzählt hatte nicht der Wahrheit entsprach. Was wirklich passiert war! Branco musste bei dem Gedanken, was er seinen Kollegen erzählt hatte beinahe grinsen, so abstrus war es, die Wirklichkeit kratzte es allerhöchstens etwas. So hätte er von sich aus niemals eine solche ‚Kampfmaschine’ aus sich gemacht. Hätte nicht letztlich sein Leben daran gehangen hätte er niemals ein Nahkampf- und Scharfschützentraining mitgemacht oder sich bis zum Schwächeanfall mit Krafttraining geschunden. Wobei dieses auch nur zur Belustigung seiner Peiniger diente. Branco erinnerte sich gut, wie sie ihn Stunde um Stunde gequält hatten. Das Ergebnis dieser Tortur sah er bei jedem Blick in den Spiegel: Sein Körper war bis in die letzte Faser durchtrainiert. Aber für welchen Preis? Branco war in den letzten Wochen beinahe regelmäßig vor Erschöpfung zusammengebrochen. Aber das Schlimmste für ihn war der seelische Druck. Er konnte mit niemandem darüber reden, weil er nicht wusste, ob nicht noch mehr mit in diese Angelegenheit verwickelt waren. Ebenso hätte es seinen sicheren Tod bedeutet, wenn sein Reden an die falschen Leute geriet. Aber noch etwas schmerzte ihn zutiefst in der Seele: Er hatte mit ansehen müssen wie ein Kollege und guter Freund kaltblütig erschossen wurde. Diese Bilder verfolgten ihn auch jetzt, nach Monaten, noch im Schlaf. Manchmal, wenn der psychische Druck ihm einfach unerträglich erschien hatte getrunken. Ein paar Mal hatte er auch Drogen konsumiert. So hatte er Hasch geraucht oder gekokst. Und alles nur um für kurze Zeit aus der Realität zu fliehen. Inzwischen war er an einem Punkt angelangt, an dem er die Wirkung von Kokain allem anderen vorzog. Jetzt, wenn er darüber nachdachte war ihm klar, dass es so nicht weitergehen konnte und durfte. Aber genauso wusste er, dass diese Gedanken dann wieder verschwunden waren, wenn es ihm schlecht ging oder seine nahe Vergangenheit, der er gerade einmal vierzehn Stunden entflohen war, ihn wieder einholen sollte.
Ich finde die Story genial. Sie strahlt eine innere Düsternis und eine Liebe zum Detail aus, wie ich es selten erlebt habe. Mal abgesehen davon, dass Branco eh mein Lieblings-Charackter ist, ist die Story einmalig. Dieses Thema, was Branco so im Kosovo passiert ist, kann man so wunderbar unendlich ausreizen, finde ich. Ich bin sehr, sehr, sehr gespannt auf eine Fortsetzung und das kommt bei mir nicht so häufig vor. Gratulation zu der Idee und ihrer Umsetzung, wirklich klasse.
Wow, da werd ich ja ganz rot! Danke für den lieben Kommi Kitty!!!
@Teilla Warum sollte ich böse sein? Ist doch berechtigt!
So, dann geht's mal weiter....
Branco sah sich um, hier in seiner Wohnung und mit seinen Freunden würde er hoffentlich etwas zur Ruhe kommen können. Gleich Morgen wollte er ihnen alles erzählen, auch wenn er Angst hatte sie so in Gefahr zu bringen. Denn beobachtet wurde er mit Sicherheit. Seine Peiniger hatten es wahrscheinlich schon längst engagiert, die nötigen Befugnisse und Ränge besaßen sie jedenfalls. Ebenso hatten sie ihm gesagt, dass ihm durch sein Wissen nur zwei Möglichkeiten blieben: Entweder er spielte mit oder er starb. Aber weder das eine, noch das andere wollte er. Das hatten sie gemerkt und so hatten sie begonnen ihn fertig zu machen. Es dauerte nicht lange und Branco war auf seinem Sofa eingeschlafen. Mehrere Stunden schlief er ruhig. Doch mitten in der Nacht begann er sich hin und her zuwälzen, Schweiß trat auf seine Stirn und schließlich fiel er vom Sofa, wodurch er wach wurde. Branco rappelte sich hoch und sah sich um, er brauchte einen Augenblick um zu realisieren wo er war. Dann lehnte er sich wieder zurück und atmete tief durch. Wieder hatte er davon geträumt, wieder genau dieselbe Szene: Er ging mit seinem Freund Marc spät abends durch die Straßen, in Richtung ihrer gemeinsamen Unterkunft. Plötzlich hielt sein Freund inne, blieb stehen und deutete zu einer nahen Querstraße. Branco sah dorthin und nun nahm er auch gedämpft Stimmen war. Es waren zwei, eine davon kannte er. Zusammen mit Marc ging er etwas näher heran. Jetzt konnten sie einzelne Worte verstehen. Es war der stellvertretende Chef der deutschen Polizisten, der sich mit einem Einheimischen zu streiten schien. Branco und Marc blieben an der Ecke stehen, sie konnten kaum glauben, worum es in diesem Gespräch ging: Der Deutsche handelte mit dem Einheimischen um beinahe einhundert Kilogramm Heroin! Warum machte er das? Er war Polizist, er hatte dafür zu sorgen, dass es hier sicherer wurde und jetzt handelte er mit Heroin? Branco und Marc sahen sich nur ungläubig an. Plötzlich hörten sie etwas hinter sich. Erschrocken drehten sie sich um und starrten in den Lauf einer Pistole, die ihnen ein ebenfalls deutscher, hochrangiger Polizist entgegenhielt. „Was macht ihr hier?“ fragte er und lud die Waffe durch. Jetzt hatten auch die beiden Streitenden mitbekommen, dass sie belauscht worden waren. Der Einheimische drehte sich um und verschwand in der Dunkelheit. Während der Deutsche auf Branco und Marc zukam. Er grinste sie seltsam an und sagte: „Ah, sieh an. Vukovic und Schäfer. Was habt ihr hier zu suchen? Ich hoffe ihr wisst, was das jetzt für euch bedeutet, das eben war nicht für eure Ohren bestimmt.“ „Sie spinnen ja wohl! Drogenhandel? Sie sollen hier für Ordnung sorgen!“ brach es voller Wut aus Marc heraus. „Sei ruhig!“ zischte Branco ihm zu. „Ah, ich sehe Vukovic hat etwas mehr Grips.“ sagte der Vize-Chef und kam noch ein Stück näher. „Da ihr ja jetzt wisst worum es geht habt ihr zwei Möglichkeiten: Entweder ihr macht mit, gute Leute kann man immer brauchen, oder mein Kollege muss leider gebrauch von seiner Waffe machen. Also wie entscheidet ihr euch?“ Während er das gesagt hatte war sein Kollege mit der Waffe neben ihn getreten und starrte nun auch Marc und Branco an. Marc sah wütend und hasserfüllt von einem zum andern und sagte dann: „Sie wagen es mich zu fragen, ob ich in ihren Drogenscheiß mit einsteige? Natürlich nicht!“ Branco sah ihn erschrocken an, warum sagte er das? War er lebensmüde? Im Augenwinkel sah er nur eine ruckartige Bewegung. Fast zeitgleich hörte er einen Schuss und Marcs Aufschrei! Er sah nach links, der Polizist hatte seine Waffe gehoben und abgedrückt. Langsam sah er nach rechts. Marc stand da. Völlig blass, schwer atmend und mit schweißnasser Stirn. In seiner Brust klaffte eine stark blutende Wunde. Langsam drückte er seine Hände darauf und spürte wie schnell sich sein Blut darauf verteilte. Dann sackte er in sich zusammen, seine Beine hielten ihn einfach nicht mehr. Branco hielt ihn fest, legte ihn sanft auf den Boden und kniete sich neben ihn. Völlig geschockt und erstarrt sah er in das immer blasser werdende Gesicht seines Freundes. „Branco. Pass auf dich auch! Mach den Scheiß nicht mit … bitte.“ hauchte Marc. „Marc … gibt nicht auf, du schaffst das.“ sagte Branco mit tränenerstickter Stimme. Marc schüttelte kaum merklich den Kopf. „Es gibt keine Hoffnung. Pass auf dich auf. Ich wünsch dir alles Gute.“ sagte Marc kaum hörbar. Danach wurde sein Blick leer, seine Atmung stoppte und jeder Muskel erschlaffte. „Marc, hey Marc“ sagte Branco leise und rüttelte ihn leicht an der Schulter, doch er reagierte nicht mehr, er war tot! „Hast du auch das Bedürfnis zu sterben?“ fragte der Vize. Branco, der noch neben Marc kniete sah zu ihm hoch. Ihm war klar, dass auch er sterben würde, wenn er jetzt den geringsten Widerstand leisten würde. So schüttelte er nur den Kopf. „Ich hab doch gewusst, dass du was im Kopf hast.“ sagte der Vize grinsend. Nach dieser Nacht und Marcs Tod hatte sich viel für ihn geändert. Danach wurde er ein Einzelgänger, er wusste nicht mehr, wem er trauen konnte. Auch die Quälereien begannen danach.
Branco sah sich in seiner Wohnung um. Sein Blick blieb an der Wanduhr hängen. Es war kurz nach drei Uhr Morgens und an schlafen war für ihn nicht mehr zu denken. Er stand auf und ging in die Küche um etwas zu trinken. Mit dem Glas Wasser in der Hand stellte er sich ans Fenster und sah hinaus. Draußen war es ruhig und heute war ein fantastischer Sternenhimmel zu sehen. Branco trank das Wasser aus, ging dann in den Flur, nahm seine Jacke von der Garderobe und ging raus. Er ging durch ein paar menschenleere Straßen zum nahen Park. Dort setzt er sich auf eine Bank und starrte vor sich hin, wobei sein Blick immer wieder in dem wunderbaren Sternenhimmel hängen blieb. Die kühle Nachtluft ließ alles um ihn herum frei und weit wirken, während es am Tag, durch die sommerliche Hitze beinahe erdrückend war. „Fast wie im Kosovo“ dachte Branco. Auch dort waren die Nächte sehr viel angenehmer gewesen, als die Tage. Und auch dort hatte er manch schlaflose Nacht an der kühlen Nachtluft verbracht. Wenn er wieder durch seine Albträume aus dem Schlaf gerissen wurde hatte er sich aus dem Quartier geschlichen und war auf das flache Dach des Hauses gegangen. Von dort aus hatte er auf die schlafende Stadt unter sich geschaut, ebenso in den Sternenhimmel. Er hatte sich gefragt, wie es seinen Freunden ging, ob sie an ihn dachten und ob ihn vielleicht jemand vermisste. Er hatte sich oft so einsam gefühlt und bei dem Gedanken an seine Familie und seine Freunde, an seine Heimat war er beinahe verzweifelt. Hier war es so schrecklich und er hatte oft daran gezweifelt dieses Jahr zu überstehen. Aber Branco hatte sich irgendwann vorgenommen dieses Jahr zu überstehen, für Marc. Er sollte nicht umsonst gestorben sein. Er würde durchhalten und dann zusammen mit Michael und Alexandra die Mörder überführen und den Drogenhandel stoppen. Jetzt war es soweit. Er war wieder in Deutschland – zu Hause, bei seinen Freunden. Er würde endlich aus der psychischen Gefangenschaft ausbrechen, er hatte sich jetzt über so lange Zeit unterdrücken lassen, das musste jetzt endlich vorbei sein. Jetzt erst wurde ihm bewusst, dass er ganze zehn Monate durchgehalten hatte. Der Vize und seine zwei Gehilfen, die er kannte, hatten es nicht geschafft seinen Willen zu brechen. Branco stand schließlich von der Bank auf und legte sich auf den Rasen, die Arme verschränkte er unter dem Kopf und starrte in den Himmel. Bei aller Hoffnung auf eine Besserung seiner Situation hatte er auch große Angst, dass es so weiterging. Man hatte ihm gesagt, dass es auch Kontaktleute in München gab und das glaubte er ohne Zweifel. Wieder liefen seine Gedanken nur auf eine Lösung hinaus: Er musste mit Michael und Alexandra reden. Nur so kam er aus diesem Teufelskreis.
Branco war schon über eine Stunde im Park, langsam bemerkte er, dass sich am Horizont der Sonnenaufgang ankündigte. Allmählich wurde es hell. Über das Gesicht des Kommissars zog sich ein kurzes Lächeln. Auch in seiner Situation schien es ihm als kündigte sich ein Sonnenaufgang an. Der gerade anbrechende Tag, war der erste in der Heimat. Nachher würde er zum K11 fahren und in Ruhe mit seinen Kollegen über alles reden. Sie würden ihm helfen, dessen war er sich sicher. Branco setzte sich auf und sah dem Sonnenaufgang zu, welcher den Himmel in ein prächtiges Meer aus blau, rot, orange und gelb warf. Als die Sonne eine gewisse Höhe erreicht hatte und der Himmel einheitlich blau war stand der Kommissar auf und machte sich auf den Rückweg zu seiner Wohnung. Dort wollte er Frühstücken und dann zum K11 fahren und endlich wieder in den gewohnten Alltagsrhythmus kommen, den er so vermisst hatte. Doch es sollte alles anders kommen. Branco war nach etwa zehn Minuten wieder an seiner Wohnungstür angelangt und kramte den Schlüssel aus seiner Jackentasche. Dann schloss er auf und trat in die Wohnung ein. Er zog seine Jacke aus und wollte sie an die Garderobe hängen, als er plötzlich inne hielt. Da hing eine Jacke, die definitiv nicht ihm gehörte. Brancos Puls ging schlagartig in die Höhe und Angst stieg in ihm auf. Hier war jemand in seiner Wohnung! Er hängte seine Jacke hin und ging dann weiter Richtung Küche, vorsichtig und langsam. Als er in den Raum hineinsah erschrak er sehr. An seinem Esstisch saß ein, ihm völlig unbekannter, Mann und grinste zu ihm herüber. Branco musterte ihn kurz, er war nicht älter als dreißig. Groß, sportlich und durchtrainiert. Seine Gesichtszüge strahlten Kälte, Skrupellosigkeit und eine unheimliche Selbstsicherheit aus. Welche wahrscheinlich zum großen Teil von der Pistole, die sich in einer Tasche an seinem Gürtel befand, herrührte. „Was wollen Sie hier?“ fragte Branco nun mit fester Stimme. „Kannst du dir das nicht denken? Du hast einen Auftrag und ich soll aufpassen das du ihn erledigst.“ war die Antwort des Mannes. „Eigentlich soll ich dich nur überwachen. Aber ich dachte ich stell mich vor.“ redete er weiter. Branco war klar, wer diesen Typen geschickt hatte und das er auch nur direkt zu ihm gekommen war um ihm seine Überlegenheit zu demonstrieren und ihn einzuschüchtern. „Ich bin Dominic Jansen und wer mich geschickt hat wirst du wahrscheinlich wissen.“ Branco nickte. „Nun gut …“ sprach Jansen weiter, stand von dem Stuhl auf, auf welchem er gesessen hatte und kam auf Branco zu. „… ich will nicht lange drum herum reden: Du weißt, was du tun sollst und ich soll aufpassen, dass du es tust. Wenn nicht bist du dran, wahlweise aber auch deine Freunde, Alexandra Rietz und Michael Naseband.“ Als Beweis, dass er wusste von wem er sprach, zog er ein paar Fotos aus seiner Jackentasche und reichte sie Branco. Dieser sah sie nur ungläubig an. Die Fotos waren vom Vortag. Sie zeigten Michael und Alexandra, wie sie im Flughafen auf ihn warteten, auf dem nächsten wie sie ihn begrüßten. Dann wie sie zum Auto gingen. Die letzten Fotos zeigten Beide vor ihrer jeweiligen Wohnung.
EDIT:
Branco wurde blass. Ihm wurde wieder bewusst, in was für ein Räderwerk er gelangt war. Er konnte hier nicht einfach entfliehen indem er mit seinen Kollegen redete. Im Moment schien es sogar ziemlich unmöglich. Wenn er mit jemandem redete brachte er ihn zwangsläufig in Gefahr. Es würde also doch genau so weitergehen wie im Kosovo – er wurde zum Spielball irgendwelcher Drogenbosse, die das Leben seiner Freunde und letztlich sein eigenes bedrohten. Sie würden ihn nur dann einigermaßen ihn Ruhe lassen, wenn er mitspielte und seinen ‚Auftrag’ erledigte. Er sollte im K11 die Ohren offen halten und die Hintermänner des Drogenrings vorwarnen, wenn es zum Beispiel eine Razzia gab. Aber er sollte auch bei großen Lieferungen dafür sorgen, dass die Polizei nichts davon mitbekam und im Notfall auch eingreifen. Branco hatte sich bisher fest vorgenommen diese Aufgaben selbstverständlich nicht auszuführen. Aber jetzt, den bewaffneten Typen vor sich sehend, der selbst für seine Freunde eine potenzielle Lebensgefahr darstellte, war er sich da nicht mehr so sicher. Auch wenn das gegen alle seine Prinzipien verstieß. Aber waren seine Prinzipien überhaupt noch etwas wert? Er hatte sie bereits mehrfach gebrochen. Er hatte getrunken, Drogen genommen – freiwillig! Beides waren Dinge die er selbst von sich nie erwartet hatte, aber er hatte es getan! Branco sah von den Fotos, die er immer noch in der Hand hielt, auf, Jansen direkt ins Gesicht. Er wirkte zwar skrupellos und kalt aber Branco wusste auch, dass er nur dann zur Gefahr wurde, wenn er einen Fehler machte und den ‚Auftrag’ nicht befolgte. Jansen war eine, von wahrscheinlich vielen, Marionetten des Vizes, er hatte seinen Auftrag und den würde er befolgen. Und Branco ahnte das der Auftrag ‚nur’ Überwachung und Einschüchterung beinhaltete. Auch wenn das schon schlimm genug war. Branco war sich sicher, dass er diesem Psychoterror nicht lange unbeschadet standhalten würde. Er musste einen Weg finden um aus alledem herauszukommen. „Ach ja, bevor ich es vergessen, das hier wirst du jetzt immer bei dir tragen, verstanden?“ sagte Jansen dann zu Branco und warf ihm etwas kleines Rundes zu. Branco fing es auf und erkannte bei genauerem hinsehen, dass es sich um ein sehr kleines Mikrofon handelte. Jansen hatte also wirklich vor ihn auf Schritt und Tritt zu überwachen! Branco nickte einfach nur. Jansen grinste kurz und verließ dann die Wohnung. Völlig geschockt ließ Branco sich auf einen Küchenstuhl sinken. All sein Enthusiasmus war dahin. Es würde genau so weitergehen, wie es aufgehört hatte, nein schlimmer. Im Kosovo hatte er nicht gewusst, wem er trauen konnte und so auch nicht die Chance gehabt mit jemandem zu reden. Hier in Deutschland wusste er wem er vertrauen konnte, aber jetzt konnte er nicht reden ohne Michael und Alexandra zwangsläufig in Gefahr zu bringen. Branco ahnte nur, dass die folgenden Arbeitstage für ihn grausam werden würden. Er wollte gern möglichst viel Zeit mit seinen Freunden und Kollegen verbringen, so lange hatte er sie nicht um sich gehabt. Aber nun schien es ihm das Beste möglichst wenig mit ihnen zu reden um nicht zu riskieren, dass sie ihn zu sehr über en Kosovo ausfragten oder er zu viel erzählte und sie somit alle in Gefahr brachte. So vergingen die Tage. Branco blieb nur die notwendigste Zeit im Büro, kam fast immer zu spät und ging so früh es nur irgend möglich war. Auch redete er nicht viel mit Michael, Alexandra oder seinen anderen Kollegen, nur das Nötigste. Wann immer er aus dem Büro ging sah er nicht weit vom Gebäude entfernt Jansen, der ihn beobachtete und dann wieder zu seiner Wohnung verfolgte. Er war einfach immer da. Deshalb wagte Branco es auch nicht die Wanze, die es Jansen ermöglichte ihn ständig zu überwachen außer Gefecht zu setzten. Er hatte einfach nur Angst. Um dieser Angst wenigstens kurzzeitig zu entfliehen und auf andere Gedanken zu kommen betrank er sich beinahe regelmäßig. Und so war es inzwischen ebenso beinahe eine Gewohnheit geworden, dass er sich am Morgen, anstatt zu Frühstücken, Aspirin mit etwas Wasser herunterwürgte. Auch seine Wohnung und letztlich sein Äußeres litten unter diesem Lebensstiel. Seine Wohnung war unaufgeräumt, in der Küche stapelte sich das Geschirr ebenso wie im Wohnzimmer leere Flaschen von alkoholischen Getränken jeglicher Art. Auch Branco selbst erinnerte nur noch leicht an den jungen, gutaussehenden Mann, der er einmal war. Er trug jetzt einen Dreitagebart, hatte dunkle Ränder unter den Augen und jeglicher Glanz war aus seinen Augen verschwunden, ebenso sein Lächeln. Auch an diesem Abend war es nicht viel anders, als an den vorherigen. Branco kam von seinem Dienst nach Hause und ließ sich aufs Sofa fallen. Kurz dachte er noch mal über die Szene nach, die sich heute im K11 abgespielt hatte: Michael hatte ihn auf dem Flur abgefangen um mit ihm unter vier Augen zu reden. Er hatte ihm gesagt, dass er sich allmählich Sorgen um ihn mache, er sähe schlecht aus. Dann hatte er gefragt, ob alles in Ordnung sei und er ihm irgendwie helfen könne. Branco hatte dies mit einem gezwungenen Lächeln abgelehnt und war dann einfach weitergegangen. Er hätte nichts sagen können, dass war völlig unmöglich solange Jansen ihn überwachte. Branco griff eine halbvolle Flasche, die vor ihm auf dem Tisch stand, er sah gar nicht hin was es war, er goss sich etwas davon in ein Glas, dass ebenfalls auf dem Tisch stand und leerte dieses mit einem Zug. Kurz darauf folgte das Nächste. So ging es einige Zeit mit verschiedenen Getränken weiter, bis ihn ein wahrer Geistesblitz durchfuhr, wie er in seinem Zustand fand. Warum war ihm das nicht schon viel früher eingefallen? Branco stand auf, den Alkohol spürte er schon recht deutlich in seinem Körper, und ging in sein Schlafzimmer. Dort öffnete er einen Schrank und wühlte die Tasche hervor, die er mit im Kosovo hatte. Dann begann er jedes einzelne Fach der Tasche zu durchsuchen, bis er in der Hand hielt wonach er gesucht hatte: Ein kleines Tütchen, dessen Inhalt ein paar Gramm weißes Pulver waren. Damit ging er zurück ins Wohnzimmer. Er setzte sich wieder hin, schob ein paar Flaschen und Gläser auf dem Tisch beiseite, so dass er ein Stück freie Fläche hatte. Dann riss er die kleine Plastiktüte auf und schüttete den Inhalt behutsam auf den Tisch. Er blickte über den Tisch, auf der Suche nach einem passenden Gegenstand. Schließlich zog er seine Brieftasche aus der Hosentasche und das Erstbeste, was ihm in die Hände fiel war eine seiner Visitenkarten. Mit dieser Karte schob er nun das weiße Pulver in eine Linie, beugte sich dann darüber und sog es durch ein Nasenloch ein. Danach lehnte er sich wieder zurück und starrte zur Decke. Die gewünschte Wirkung trat nach etwa fünf Minuten ein. Branco fühlte sich großartig, er fühlte sich plötzlich hellwach und seine Sorgen waren wie weggeblasen. Alles schien ihm auf einmal gar nicht mehr so wichtig. Branco saß einfach nur da und genoss die berauschende Wirkung, welche nach viel zu kurzen eineinhalb Stunden, wie er fand, wieder abklang. Das Einzige was davon blieb war Brancos verlangen nach mehr Stoff, welchen er aber nicht besaß. Um sich davon abzulenken griff er abermals zu einigen alkoholischen Getränken, die vor ihm auf dem Tisch standen, bis er etwa gegen zwei Uhr auf dem Sofa einschlief.
„Wo bleibt den Branco nur? Zu spät war er ja die letzten Tage immer, aber zwei Stunden?“ sagte Alexandra mit einem Blick auf ihre Armbanduhr zu ihrem Kollegen. „Ich weiß nicht. Aber wenn ich ehrlich bin mache ich mir echt Sorgen um ihn. Er hat sich so extrem verändert, redet kaum noch und sieht völlig fertig aus.“ antwortete Michael und sah ebenfalls auf die Uhr, welche zehn Uhr fünf zeigte. Seit zwei Stunden hätte Branco bereits im Büro sein müssen, aber von ihm fehlte jede Spur. „Ich mache mir auch Sorgen um ihn. Er macht den Eindruck als belastet ihn irgendetwas. Aber ich verstehe nicht, warum er nicht mit uns redet, so wie früher.“ meinte Alexandra darauf nur. Michael nickte zustimmend, dann sagte er: „Ich geb’ ihm noch fünf Minuten. Wenn er dann nicht da ist fahre ich zu seiner Wohnung und sehe nach ob er dort ist.“ „Okay“ stimmte Alexandra dem Vorschlag zu. Auf die Minute zehn Uhr zehn stand Michael auf, nahm seine Jacke und ging zur Bürotür. Bevor er rausging rief er Alexandra noch ein „Tschüß“ zu. Dann ging er durch das Gebäude hinunter zum Parkplatz und stieg dort in sein Auto. Nach etwa zwanzig Minuten fahrt erreichte er dann Brancos Haus. Er parkte den Wagen auf der gegenüberliegenden Straßenseite, stieg aus und ging dann in die dritte Etage des Mehrfamilienhauses. An Brancos Tür klingelte er mehrmals, aber drinnen rührte sich nichts. So nahm Michael seinen Schlüsselbund hervor und suchte daran den Schlüssel, den Branco ihm gegeben hatte, als er in den Kosovo abreiste. Michael sollte ab und zu mal nach seiner Wohnung sehen, während er nicht da war. Und Michael hatte es bis jetzt vergessen seinem Kollegen den Schlüssel wiederzugeben. Endlich hatte Michael den Schlüssel gefunden und öffnete die Tür. Er trat ein und ging durch den Flur auf das Wohnzimmer zu. Als er in den Raum hineinsehen konnte, wollte er seinen Augen nicht trauen: Branco lag auf dem Sofa und schlief noch. Vor ihm auf den niedrigen Couchtisch standen massenhaft leere und halbvolle Flaschen mit Alkohol in jeglicher Form und Konzentration. Michael ging zu Branco und rüttelte ihn leicht an der Schulter, dazu sagte er: „Hey Junge, komm werd wach!“ Nach etwa zwei Minuten merkte Michael wie Branco langsam wach wurde. So setzte er sich auf den Sessel, der neben dem Sofa stand und ließ seinen Blick über den Tisch schweifen. Und noch einmal wollte er seinen Augen nicht trauen und hoffte, dass das, was er sah nicht der Wahrheit entsprach: Sein Blick war an einer kleinen Plastiktüte hängen geblieben, welche auf dem Tisch lag. Daneben befanden sich noch ein paar Reste, wie es schien, von einem weißen Pulver. Michael sah genauer hin, feuchtete seinen rechten Zeigefinger kurz an der Zunge an und drückte die Fingerkuppe kurz auf die Pulverreste, so dass etwas davon an ihr hängen blieb. Noch einmal sah er sich das Pulver genau an, bevor er ein klein wenig davon in den Mund nahm. Der Geschmack war typisch und eindeutig, er hatte sich also nicht getäuscht. Völlig entsetzt darüber sah er zu Branco herüber. Dieser hatte inzwischen die Augen geöffnet und schien mitbekommen zu haben, was Michael gerade getan hatte, denn er starrte diesen völlig geschockt an. Kurze Zeit herrschte Stille. Michael war der Erste, der seine Sprache wieder fand: „Kokain?!“ sagte er entsetzt „Spinnst du jetzt völlig? Was soll der Scheiß? Reicht es dir nicht mehr dich fast täglich zu zukippen?! Was ist denn bloß los mit dir?“ Branco sah seinen Kollegen an und sagte leise: „Woher weißt …“ „Woher ich von deinen ‚Trinkgewohnheiten’ weiß?“ unterbrach ihn Michael „Ich habe Augen im Kopf, das reicht. Denkst du es fällt nicht auf, wenn du tagelang völlig verkatert im Büro auftauchst? Außerdem sahst du auch schon mal besser aus.“ Langsam setzte Branco sich auf, er fühlte sich absolut mies und sein Kopf fühlte sich so an, als würde er gleich zerspringen. Michael bemerkte das und fragte seinen Kollegen: „Hast du hier irgendwo Aspirin oder so, dann hole ich dir was.“ Branco überlegte kurz und sagte dann: „Ja ich glaube in der Küche auf dem Tisch liegt eine Packung.“ Michael nickte und ging um die Packung zu holen. In der Küche erschrak er abermals, auch hier herrschte das Chaos. Schließlich fand er das Gesuchte und auch ein Glas, welches er mit Wasser füllte und eine Tablette darin auflöste. Mit dem Glas in der Hand ging er schließlich zu Branco zurück. Er setzte sich wieder in den Sessel und reichte ihm das Glas. Branco nahm es und trank es mit zwei Zügen aus. Dann stellte er es vor sich auf den Tisch. Michael hatte ihn die ganze Zeit über schweigend beobachtet, doch jetzt brach er die Stille und fragte: „Nimmst du das Zeug öfter und wo hast du es her?“ Branco sah unsicher zu Michael, schwieg aber. Er konnte ihm die Wahrheit nicht erzählen. „Mensch Branco, du bist Polizist. Du weißt was das Zeug anrichten kann. Du hast, genau wie ich, auch schon öfter mit Abhängigen zu tun gehabt. Mensch Junge, willst du auch so enden?“ sagte Michael in einem ungewohnt ernsten Ton. Branco sah ihn abermals an. Natürlich wollte er nicht so enden wie die ganzen Junkies die er bisher getroffen hatte. Michael merkte, das Branco über seine Worte nachdachte und sagte: „Jetzt komm schon, nimmst du das Zeug öfter und wo hast du es her. Ich will dir doch nur helfen.“ Branco ahnte, dass Michael erst Ruhe geben würde, wenn er ihm antwortete. So gab er sich einen Ruck und sagte leise: „Das Koks ist aus dem Kosovo. Und ich nehme es nicht oft.“ „Was heißt ‚nicht oft’“ hakte Michael nach. „Das …“ Branco deutete mit einer leichten Kopfbewegung auf die spärlichen Kokainreste auf dem Tisch „… war die erste Line, die ich gezogen hab, seit ich wieder in Deutschland bin.“ Während er das sagte wagte er es nicht Michael anzuschauen. Michael stockte kurz und fragte dann: „Heißt das, du hast im Kosovo öfter …?“ Branco nickte leicht, bevor Michael den Satz beendet hatte. „Wie oft?“ war gleich Michaels nächste Frage. Branco überlegte, dann sagte er: „Ein, zwei Mal pro Woche. Maximal drei Mal.“ Branco starrte nur auf den Boden, aber er konnte Michaels entsetzten Blick förmlich spüren. Eine Zeit lang herrschte Stille. Michael konnte es nicht fassen. Hatte Branco das gerade eben wirklich gesagt? Er wollte es einfach nicht glauben. „Warum hast du damit überhaupt angefangen? Es muss doch einen Grund dafür geben?“ fragte er seinen Kollegen schließlich. Branco war klar gewesen, dass so eine Frage früher oder später kommen würde und davor hatte er Angst gehabt. Das konnte er unmöglich beantworten. Weder jetzt noch später – es ging einfach nicht! So sagte er erstmal nichts, war sich aber sicher, dass Michael auch hierauf eine Antwort haben wollte. Und so war es auch. Er wiederholte seine Frage nach dem Grund. Branco antwortete darauf jetzt ziemlich neutral: „Mir ging es einfach nicht gut, da kam das Zeug gerade recht.“ und hoffte das Michael sich damit zufrieden gab. Doch das war keineswegs der Fall. Der Kommissar stellte gleich die nächste Frage: „Was war denn, warum ging’s dir nicht gut?“ Branco wurde allmählich wütend. Michaels Fragen nervten, aber am meisten nervte ihn, dass er zu feige war die Wahrheit zu erzählen. Aber die Angst siegte einfach in ihm. So geriet seine Antwort in einen aggressiveren Tonfall, als er wollte: „Ich wüsste nicht, was dich das angeht! Es gibt einfach auch Dinge die privat sind!“ Michaels Antwort folgte prompt: „Reg’ dich nicht auf! Ich will dir doch nur helfen!“ „Verdammt, ich brauche deine Hilfe nicht! Ich brauche überhaupt keine Hilfe!“ schrie Branco darauf beinahe auch wenn sein Kopf durch die Lautstärke fast zu platzen schien. „Gut, wenn du keine Hilfe brauchst – ich brauch auch keinen Junkie als Freund!“ sagte Michael sauer und stand auf. Auf dem Weg zur Tür sagte er noch: „Mach ruhig so weiter! Mit dem Pfandgeld, das hier rumsteht bezahlen andere ihre Miete! Und wenn’s Koksen dir so’n Spaß macht sehn’ wir uns wahrscheinlich bald wieder – bei einer Razzia am Bahnhof!“ Dann knallte er die Wohnungstür hinter sich zu und ging runter zu seinem Wagen. Branco konnte es nicht glauben. Michael war gegangen und mit dem Knall der Wohnungstür war er wieder in seine Wirklichkeit zurückgekehrt, nur das es ihm jetzt noch schlimmer erschien. Er hatte gerade einen Freund verloren, einen Menschen, dem er alles erzählen konnte. Branco stützte das Gesicht in die Hände. „Scheiße.“ sagte er leise. Michael würde Alexandra bestimmt davon erzählen. So enttäuscht hatte er Michael noch nie erlebt. „Scheiße.“ wiederholte er noch einmal, aber etwas lauter. Hatte er jetzt wirklich niemanden mehr zum Reden? Hatte er jetzt seine besten Freunde verloren? Er hatte sich doch so sehr gewünscht endlich aus diesem Teufelskreis auszubrechen, in dem er sich seit zehn Monaten befand. Er wollte doch nur wieder ein ganz normales Leben führen. Sollte dieser Traum jetzt, bevor er begonnen hatte schon zu ende sein? Branco stiegen Tränen der Verzweiflung, aber auch der Wut in die Augen. Jetzt stand er wieder allein da, ohne Hilfe, die er doch so dringend brauchte. Und dieses Selbsteingeständnis machte ihn wütend. Er wusste doch, wie es um ihn stand. Warum nur hatte er Michael davon nichts erzählt, warum hatte er den Mut nicht? Branco sah ein Stück auf, sah auf den Tisch, der mit Flaschen und Gläsern zugestellt war. Sollte das wirklich seine Zukunft sein? Allmählich wurde ihm immer bewusster, dass es genau so enden würde, wie Michael es gesagt hatte. Er würde als Junkie enden, wenn er so weiter machte. Branco starrte weiter auf den Tisch, die Flaschen und Gläser erschienen ihm wie ein Spiegelbild. Er sah darin alles was ihn belastete. Seine Angst, seine Verzweiflung, aber auch die Sehnsucht etwas zu finden, was alles besser machte. Wütend stieß er mit dem Arm einige Flaschen um, andere fielen zu Boden und zersprangen. Nein! So durfte es nicht weitergehen! Er musste etwas ändern, jetzt! Er hatte sich vorgenommen diese Drogenmafia zu besiegen. Allein schon für Marc, er sollte nicht umsonst gestorben sein. Langsam stand Branco vom Sofa auf. Etwas wackelig war er immer noch und auch sein Kopf schmerzte noch heftig, aber langsam zeigten die Tabletten ihre Wirkung. Er ging zum Fenster und sah hinaus. Es war ein schöner Tag, der Himmel strahlte in einem wunderschönen blau und keine Wolke war zu sehen. Branco wandte den Blick vom Himmel ab und sah die Straße entlang. Wie schon in den letzten Tagen sah er Jansens Auto. Er war also immer noch da und beobachtete ihn.