Wie schon angedeutet, habe ich das Crossover mit John Sinclair (Der britische Kommissar) fortgesetzt. Ich weiß, dass in diesem Teil der Gruselfaktor nicht so sonderlich hoch ist und ich sehr auf die Gefühle der einzelnen Personen eingegangen bin, aber das ist wichtig. Warum wird im vierten und fünften Teil erklärt.
Das Wiedersehen
Blaue Augen, kurze blonde Haare, schlanke Gestalt. Genau das hatte Alex vor Augen. Und nicht die Bank, in der gerade eine Geiselnahme stattfand und auf die sie sich eigentlich konzentrieren sollte. Seit Stunden liefen sie hinter den geparkten Polizeiwagen herum, um bei dem kalten Wetter nicht am Boden fest zu frieren, berieten sich mit der Einsatzleitung, setzten sich kurz hin, nur um dann wieder aufzuspringen. Die Gangster, höchstwahrscheinlich zwei schwer bewaffnete Männer, hatten sich mit dem Chef der Bank und zwei Kassiererinnen im Gebäude verschanzte. Es gab keine Forderungen, keinen Kontakt mit den Männern. Die Polizisten und das SEK standen um das Gebäude verteilt, meist hinter den Autos, die im Halbkreis um den Eingang aufgestellt worden waren und wurden langsam aber sicher ungeduldig. Aber da man das Leben der Geiseln nicht gefährden wollte, wartete man ab. Alex war lausig kalt, Weihnachten war vorbei, das neue Jahr war angebrochen. Und der Winter machte seinem Namen dieses Mal alle Ehre. Neben Alex hockte ihr Kollege Michael. Und der hatte genauso schlechte Laune wie seine Kollegin. Heute war Valentinstag und eigentlich hatte er was vor. Michaels Laune wurde immer schlechter, mit jeder Minute, die verrann. Er hatte für heute Abend ein nettes Essen mit seiner Kollegin geplant, aber leider wollten ihm die Verbrecher in der Bank einen Strich durch die Rechnung machen. Er hatte noch nicht mal die Zeit gehabt, Alex überhaupt einzuladen, da man ihn auf dem Weg zur Arbeit über den Raubüberfall und die Geiselnahme informiert hatte. Er blickte zu Alex hinüber, die neben ihm kauerte und mit ihren Gedanken auch nicht in der momentanen Situation zu sein schien. Ihr Gesichtszüge waren entspannt und weich und ihre Mundwinkel zu einem leichten Lächeln nach oben gezogen. "Da kommt einer", sagte Chris Petersen, ein Kollege vom SEK. "Nein, beide. Sind die bescheuert, oder wollen die sich ergeben?" Er schaltete sein Funkgerät ein. "Sieht jemand die Geiseln?" Negative Antworten von allen anderen. Mit bis zum Zerreißen gespannten Nerven hockten die Menschen mit den Waffen im Anschlag hinter den Wagen und beobachteten die beiden maskierten Männer, die ihre Waffen hoben und plötzlich rausstürmten. "Nach Ergeben sieht das nicht aus", sagte Michael und zog den Kopf ein. "Die sind irrsinnig." Die Automatikwaffen ratterten im selben Moment los, als Chris diese Bemerkung fallen gelassen hatte. Blech wurde durchbohrt, Reifen zerschossen, Glas splitterte. Die Männer stürmten ohne nach rechts und links zu schauen geradeaus und sprangen auf das nächstgelegene Auto. Da die Beamten vom SEK keine Menschen gefährden wollten, schossen sie anfangs nicht zurück. Auch Michael und Alex hockten hinter einem inzwischen schrottreifen Wagen und hielten den Kopf zwischen den Händen. Ihre Waffen hielten sie zwar in den Händen, aber auch sie hatten noch keine Gelegenheit gesehen, zurück zu feuern. Jetzt, da die Verbrecher auf der Motorhaube eines Autos standen, sahen die SEK-Beamten ihre Chance. Sie hoben die Waffen und schossen. Sie trafen auch, aber die Kugeln schienen in den Sachen der Männer förmlich aufgesogen zu werden, ohne eine Wirkung zu hinterlassen. Diese lächelten unter ihren Strumpfmasken und sahen sich kurz um. Dann fiel ihr Blick nach unten, wo zwei Beamte kauerten, die Augen auf den Boden gerichtet. In den Augen der Verbrecher blitzte es, als sie die Waffen langsam nach unten richteten, ohne darauf zu achten, dass die anderen Polizisten sie nach wie vor als lebende Zielscheiben missbrauchten.
Danke für das Kommi, aber keine Ghouls. Nein, nein, nein...
Kugeln sirrten durch die Luft, Querschläger streiften nicht nur die Wagen, sondern auch einige der Polizisten. Michael hockte mit eingezogenem Kopf auf dem Boden, Alex neben ihm. Er hob ein wenig den Kopf und sah sie an. "Alles okay?", flüsterte er. Sie nickte und zog den Kopf ein, als über ihnen die Seitenscheibe des Fahrzeugs zersprang. Michael schaute kurz nach oben, um zu sehen, ob das Glas von der Schutzfolie zusammengehalten wurde und blickte in die Mündung einer Waffe. Erschrocken schluckte er und hob die Hände. Dumpf klang die Stimme des Maskierten unter der Maske. "Lust auf ein kleines Spiel? Ihr ein Schuss, wir einen Schuss." Der Mann lachte hämisch. "Ist doch fair, oder?" Verwirrt nahm Michael seine Waffe. Ihm fielen die Einschusslöcher auf, die die Sachen der Männer fast zerfetzt hatten, darunter sah man teilweise die bleiche Haut der Verbrecher, aber kein Blut. Was ging hier vor? Er hatte zuerst vermutet, dass die Männer vielleicht schusssichere Westen trugen, aber dem war nicht so. "Komm hoch, Alex." Es war ruhig geworden. Die SEK-Beamten standen still und mit den Waffen im Anschlag. Sie konnten jetzt nicht feuern, denn auch sie hatten begriffen, dass ihre Kugeln hier nichts ausrichten konnten. Wenn sie die Verbrecher reizten, würden ihre Kollegen sterben. Also warteten sie ab. Alex erhob sich langsam und sah die Männer ebenso verwirrt an wie Michael. Dann zog sie eine Waffe, die sie ungeladen in der Jackentasche trug. Sie schob eine Kugel in das Magazin, mehr Chancen würde sie eh nicht bekommen. Ihr Blick traf den von Michael, der seine Waffe wegsteckte und eine andere zog. "Wir zuerst?", fragte Michael herausfordernd. "Da wir euch mit einem Schuss erledigen, klar. Ihr zuerst." Ein gelbliches Glühen erschien in den Augen des Mannes. "Herz?", fragte Alex leise. "Herz." Michael legte an, zielte und atmete tief durch. Neben ihm hob Alex die Waffe und richtete sie auf den anderen Mann. Die beiden spreizten die Arme und hielten still, sicher dass die Polizisten ihnen nichts antun konnten. Die Schüsse fielen gleichzeitig. Im ersten Moment geschah nichts und die Männer lachten höhnisch. Sie hoben ihre Waffen, um nun ihrerseits einen Schuss abzugeben. Plötzlich fielen ihnen die Waffen aus der Hand, krümmten sich zusammen, fassten sich an die Brust und stießen unmenschliche Schreie aus. In einem wahren Ascheregen explodierten die Körper, die Sachen blieben auf dem Wagen liegen.
Hier habt ihr noch einen Teil. Danke für die lieben Kommis *freu*
Michael sah die Waffe in seiner Hand an. Sie war eine Erinnerung an einen sehr speziellen Fall, der seine gesamte Weltanschauung auf den Kopf gestellt hatte. Sie war eine Erinnerung an einen Londoner Scotland-Yard-Beamten, der im Laufe eines Falles im letzten Herbst zu einem Freund geworden war. Und der ihnen gerade mal wieder das Leben gerettet hatte. Chris Petersen kam auf die beiden Polizisten zu. Sein Mund stand ungläubig offen, die Augen waren weit aufgerissen. "Schreibt ihr den Bericht? Bitte?" "Ja, kein Problem." Michael lächelte. Als Chris etwas sagen wollte, winkte er ab. "Frag nicht. Es war ein langer, harter Vormittag. Die Kälte, das Starren auf die Tür, da spielen einem die Augen schon mal einen Streich." "Ja, genau. Der Tag war wirklich sehr, sehr lang." Vollkommen perplex ging er weg, sammelte seine Männer ein und fuhr davon. Michael hörte ihn noch leise murmeln: "Ich brauche Urlaub, sehr schnell und sehr lange." Alex und Michael blieben zurück. Schweigend sahen sie sich an und nickten sich kurz zu. Obwohl sie genau wussten, was sie erwarten würde, gingen sie in die Bank. Sie durchquerten den Schalterraum, sahen hier aber nichts. Keiner der Mitarbeiter war an seinem Platz. Langsam, die Waffen noch in den Händen, gingen sie weiter. Sie näherten sich dem offen stehenden Tresor. Die Tür war nur einen Spalt breit geöffnet und drinnen war es stockdunkel. Michael sah sich um und drückte einen Lichtschalter, außen an der Tür. Drinnen ging das Licht an. Vorsichtig schob er die Tür auf und betrat den Raum. Dort lagen die Geiseln, bleich, bewegungslos, an ihren Kehlen waren kleine Bisswunden zu sehen. Alle drei waren tot. Michael hörte Alex leise keuchen, dann war sie nach draußen verschwunden. Er warf noch einen Blick auf die Toten, unsicher ob sie auch tot bleiben würden und folgte dann seiner Kollegin nach draußen. Hatte sie die Kälte vor wenigen Minuten noch verflucht, suchte sie jetzt die frische Luft. Um nicht an den Anblick drinnen zu verdrängen, packte sie die Sachen der Verbrecher ein und auch die Aschereste, die darunter lag. Sie sah Michael, der neben sie trat und ihr den Beutel mit den Beweismitteln abnahm, die nicht viele Leute je zu sehen bekommen würden. Genauso wenig wie die Beweisbänder der Bank oder die Leichen der Opfer. Eine halbe Ewigkeit schwiegen die beiden Kommissare und vermieden es, sich anzusehen. Schließlich fasste Michael sich ein Herz. "Alex, auch wenn das jetzt unpassend sein sollte, magst du heute mit mir noch was Essen gehen? Ich weiß, es war ein harter Tag, aber vielleicht können wir auch noch mal drüber reden." Sie wollte erst ablehnen, da ein gemütliches Essen nicht das war, wonach ihr jetzt der Sinn stand, doch dann sah sie seinen bittenden Blick. "Klar, hol mich um sieben ab." "Ich fahre ins Büro und bringe unterwegs die Sachen hier weg." Er hob die Beweismittel hoch. "Und ich melde uns bei Kirkitadse ab." "Okay, bis heute Abend dann." Sie lächelte müde und ging zu Fuß zu ihrer Wohnung, die nicht sehr weit vom Ort des Geschehens entfernt lag. Der Dienstwagen stand zum Glück in einer Seitenstraße und war nicht von der Zerstörungswut betroffen. Mit einem Seufzen ließ Michael sich auf den Sitz fallen und wählte die Nummer des Staatsanwaltes. "Kirkitadse", meldete der sich. "Herr Staatsanwalt, die Geiselnahme ist beendet. Die Typen sind einfach wild schießend rausgestürmt. Das SEK hat zurück geschossen, getroffen…" "Dann sind sie tot, gut." "Das SEK hat zurück geschossen, getroffen, aber konnte sie nicht verletzen. Alex und ich haben sie erledigt, mit Silberkugeln. Die Geiseln sind tot, sie haben Bisswunden am Hals. Die Sachen der Typen konnte ich sichern, etwas Asche ebenfalls. Die Leichen der Geiseln liegen noch in der Bank. Ich bringe die Sachen ins Labor, fahre kurz noch mal ins Büro und dann nach Hause." Kirkitadse schwieg kurz. "Gut", sagte er dann. "Ich kümmere mich um alles. Wir reden morgen noch mal drüber oder übermorgen. Ruhen Sie sich aus, den Bericht bekomme nur ich." "Klar."
Schöööööööön, eine Fortsetzung!! Und ich ahne, was das für Wesen sind*grins* Vampire, hab ich recht, principessa?*lächel* Auf jedenfall eine gaaaaaaaaaaanz tolle Fortsetzung und ich freu mich schon auf mehr!
Einfach genial!!! Das passt perfekt zu der ersten Story !(Den eben durchgelesen hab) Mal sehen, was da jetzt noch weiter passiert!!!! Bin gespannt, wie es weiter geht!!!
Danke euch beiden für die lieben Kommis. Hier ein weiterer Teil:
London im Februar war grau. Es nieselte, dazwischen fiel schmutziger Schneegraupel und bildete auf den Straßen und Gehwegen nassen, rutschigen Matsch. Ich hatte einige Mühe, meinen Bentley auf der Straße zu halten, vor allem, als ich die Stadt verlassen hatte. Hier, wo weniger Verkehr unterwegs war, war der Schneematsch teilweise gefroren. In den Kurven merkte ich es besonders doll. Erst als ich die Wälder erreichte, die das Kloster St. Patricks verbargen, zu dem ich unterwegs war, konnte ich besser fahren. Hier lag kein Schnee, die Straßen waren trocken und ich konnte ein wenig die Gedanken schweifen lassen. Heute war Valentinstag, der Tag der Verliebten. Ich hasste diesen Tag. Nicht, weil ich gerade Single war, sondern weil dieser Tag mich daran erinnerte, warum ich es war. Als Sohn des Lichts und ewiger Kämpfer für das Gute hatte ich zu viele Feinde, um eine Freundin zu haben. Ich hatte welche gehabt und binnen kürzester Zeit waren sie zur Zielscheibe meiner Gegner geworden. Gegner, an die andere Menschen nicht einmal glaubte und deren Existenz auch von meinen Kollegen standhaft geleugnet wurden, egal wie oft sie schon damit konfrontiert worden waren. Ich merkte, wie mir ein Lächeln über die Lippen huschte. Nicht alle Kollegen leugneten, manche konnte ich überzeugen. So wie meine Münchner Kollegen, die ich vor wenigen Monaten kennen gelernt hatte. Auch dort war ich von einer Seite mit Skepsis beäugt worden, in Person von Michael Naseband. Der Mann hatte mich nicht leiden können, weil ich ihm erzählen musste, dass nicht alles so war, wie es schien. Und er hatte mich gehasst, weil seine Kollegin Alex mich gemocht hatte. Ich konnte spüren, wie mein Gesicht weicher wurde, das Lächeln breiter. Diese tolle Frau, voller Witz und Charme, mit ihren wunderhübschen, rehbraunen Augen und den sinnlichen Lippen, konnte ich einfach nicht vergessen. Nachdem wir mit Grimes in München einige Probleme gehabt hatten, war ich mit ihr Essen gewesen. Es hatte ganz schön zwischen uns geknistert, sie hatte mir auch mehr angeboten, aber ich hatte es nicht gewollt. Mein Herz klopfte immer noch schneller, wenn ich an sie dachte. Deshalb hatte ich damals abgelehnt. Diese Frau war zu schade für eine Nacht. Und dann war da noch Gerrit. Ein junger Mann, der mir optisch sehr ähnelte und von meinem Beruf so begeistert war, dass es schon fast an Übereifer grenzte. Aber es hatte sich herausgestellt, dass er in Notsituationen wirklich zu gebrauchen war. Und sein bedingungsloser Glaube an meine Worte, ohne dass er Beweise sehen wollte, hatten mir die Arbeit sehr erleichtert. Seufzend konzentrierte ich mich wieder auf die Straße. Ein sehr guter, alter Freund von mir, Pater Ignatius, hatte mich gebeten, zu ihm zu kommen. Er war eine Art Mentor für mich, warnte mich immer wieder vor, wenn große Dinge bevorstanden. Er kannte meine Berufung, bevor ich davon wusste und unterstützte mich mit allem, was ihm zur Verfügung stand. Hauptsächlich war es Wissen. Und er stellte für mich Silberkugeln her und weihte sie. Diese Kugeln, mit denen ich niedere und mittelstarke Dämonen erledigen konnte, waren schon oft eine Lebensversicherung für mich gewesen. Doch dieses Mal würde es nicht um irgendwelche geheimen Zeichen gehen oder um meine Silberkugeln, von denen ich noch genug hatte. Es ging um eine neue große Bedrohung, wie Ignatius es schon oft genannt hatte. Es ging um einen neuen Gegner, stärker als jeder zuvor, wie immer. Es ging um den Sohn der Finsternis. Mir war eine Prophezeiung über diesen neuen Dämon in die Hände gefallen, die niemand lesen konnte. Ignatius hatte mir einen winzigen Teil übersetzt und mir war dieser Teil in den letzten Monaten immer wieder durch den Kopf gegangen. 'Und es wird kommen der Tag, wo ER wird auftauchen beim Sohn des Lichts und dieser wird nicht in der Lage sein, IHN zu erkennen. SEINE Aura wird sein neutral, weder weiß noch schwarz und keine Waffe des Lichts wird IHM schaden. Bis zum Moment, wo sie sich im Kampf gegenübertreten, werden sie leben nebeneinander her.' Er klang nicht so bedrohlich wie manch andere Prophezeiungen, die ich schon gehört hatte und gerade das machte mich stutzig. Ich hoffte wirklich, dass Ignatius endlich etwas mehr herausgefunden hatte. Mit seinen Andeutungen konnte ich auf Dauer wirklich nichts anfangen. Müde streckte ich mich, insoweit mein Bentley das zuließ. Der Abend, den ich mit meinen besten Freunden Suko und Bill verbracht hatte, war ziemlich lang gewesen. Als die Klostermauern vor mir auftauchten, seufzte ich innerlich erleichtert auf. Ich drosselte die Geschwindigkeit und parkte direkt vor der Tür. Parkplätze waren vor Klöstern eher schlecht zu finden. Ich hatte die Wagentür noch nicht einmal richtig geöffnet, als Ignatius auch schon aus der Pforte trat. Er winkte mir zu und da ich ihn kannte, wusste ich, dass jedes Hallo überflüssig war. Also nickte ich ihm zu und schloss noch schnell ab, bevor ich mich endlich seinem Wortschwall ergab. "John, gut, dass endlich da bist." Der alte Mönch reichte mir die Hand und zog mich mit sich in das Gebäude. "Ich habe unglaubliche Dinge herausgefunden. Du hast einen Bruder."
Danke euch beiden. *knuddel* Und hier mehr zum Bruder.
Bruder? Dieses Wort hallte in meinem Kopf wieder. Was Ignatius mir noch erzählte, hörte ich nicht. Wie konnte ich einen Bruder haben? Seit dem brutalen Mord an meinen Eltern hatte ich keine Familie mehr. Und jetzt sollte da plötzlich doch noch jemand sein? Während ich langsam den Kopf schüttelte, blickten meine Augen Ignatius so verständnislos an, dass der tatsächlich kurz Luft holte. "John, hörst du mir überhaupt zu?" Er legte seine Hand auf meinen Oberarm. "John?" "Wie?" Langsam kehrte Geist in diesen Raum zurück. "Du hast nicht ein Wort verstanden, oder?" "Bruder?", brachte ich mühsam das Wort hervor, welches ich noch verstanden hatte. "Kein Bruder im biologischen Sinn und trotzdem ein Mensch, der dir näher ist, als ein Familienangehöriger dir je sein könnte. In den Schriften steht, dass die Seele eines jeden Sohnes des Lichts gespalten wird, wenn er entsteht. Also, gezeugt wird. Du weißt, wovon ich rede." "Besser als du", gab ich zurück und erntete einen bösen Blick. "Wie auch immer. Als du… entstanden bist, teilte sich deine Seele und ein kleiner Teil übernahm die Kontrolle über einen anderen Menschen. Ein Kind, welches im selben Moment entstand. Es ist der Teil deine Seele, der böse ist." "Das heißt, er ist mein Gegenstück?" "Ja und nein. Er ist ein Mensch wie du, eigentlich." Verständnislos sah ich ihn an. "Bahnhof?" Etwas geistreicheres fiel mir in diesem Moment wirklich nicht ein. "Er ist in gewissem Sinn ein Mensch wie du, soweit ich das verstanden habe. Normalerweise sind die so genannten Söhne der Finsternis…" "Wie passend." "John. Normalerweise sind sie Menschen, die einfach böse sind und damit ein Gleichgewicht zu den Söhnen des Lichts herstellen. In diesem Fall ist es etwas anderes. Du bist nicht wie deine Vorgänger, du bist stärker. Du hast eine mächtige Waffe, die mächtigste, die es gibt." Ich fasst mir an die Brust, wo mein Kreuz an einer Kette hing. "Nein, nicht das Kreuz. Du hast Freunde. Du bist der erste Sohn des Lichts, der die Gabe besitzt, Menschen anzuleiten, gegen Dämonen zu kämpfen. Deine Vorgänger waren immer Einzelgänger. Sie waren allein. Du bist stärker als sie und dadurch wohl auch der älteste Sohn des Lichts, den es auf dieser Welt gibt." "Toll. Das muss ich mir sagen lassen. Mit 38. Was ist denn nun mit dem Sohn der Finsternis?" "Er ist ebenfalls sehr mächtig. Wie ich gelesen habe, ist seit langem eine bestimmte Sternenkonstellation vorausgesagt, in dem zwei mächtige Kämpfer geboren werden." "Lass mich raten, mein Geburtstag." "Richtig." Der alte Mann seufzte und ließ sich auf eine harte Bank fallen. "Diese Konstellation gab dir die Macht, Hilfe zu finden. Diese Konstellation gibt ihm die Fähigkeit, selber zu entscheiden. Deshalb ist es dir so schwer möglich, ihn zu finden. Deshalb kannst du ihn nicht erkennen. Er kann sich verstellen. Er sucht sicher Hilfe bei den Dämonen, da er ein halber Dämon ist und gleichzeitig kann er in unserer Welt unerkannt leben." "Okay, er hat also Gefühle und weiter? Anderen Dämonen ist das doch egal." "Eben nicht, das ist ja das nächste Problem. Es ist vorausgesagt, dass der mächtigste Sohn der Finsternis eines Tages die Ober- und die Unterwelt führen wird. Und zwar, indem er die Macht des Lichts in sich aufnimmt und zueigen macht. John, er wird dich töten wollen, um dein Blut zu trinken. Damit würde er die Seele in sich vereinen, die ihr euch teilt." Jetzt wurde es unangenehm. "Wer ist er? Was macht ihn so gefährlich?" "So weit bin ich noch nicht. Über sein Aussehen oder Merkmale, wie man ihn doch erkennen kann, habe ich noch keine Hinweise gefunden." "Ich muss ihn also finden und töten?" "Ja. So sieht es wohl aus. Es tut mir leid, John." Ich winkte ab. Hatte ich für Sekunden doch die Hoffnung gehabt, eine Art Verwandten zu finden, fühlte ich mich jetzt vollkommen niedergeschlagen. Manchmal war das Leben echt bescheiden. Die Augen von Pater Ignatius ruhten auf mir, jetzt wieder mit der typischen Ruhe, die ihn auszeichnete. Er war seine Botschaft los geworden, der Rest blieb an mir hängen.
Armer John...Doch kein Bruder (im eigentlichen Sinne...)... Ich bin ja jetzt mal gespannt, wer der Sohn der Finsternis ist...Ich hätte da ja jemanden im Auge Jetzt möcht ich gern wissen, ob meine Idee stimmt...Also hau rein, principessa!
PS: Ich seh John verdutztes Gesicht förmlich vor mir Hast Du klasse beschrieben!
"Aber ich muss doch…" "Doktor Alsleben. Gehen Sie nach Hause, André und ich kümmern uns um die Opfer." "Kümmern?" Der Mann sah sie entgeistert an. "Die Leute sind tot. Da gibt es nichts mehr zu kümmern. Michael und Alex erwarten die Ergebnisse der Obduktion." "Gehen Sie." Staatsanwalt Kirkitadse drängte ihn zur Tür. André behielt den Raum im Auge. In seiner Hand, die in der Tasche seiner Jacke steckte, hielt er einen Holzpflock. Der Raum, in dem die drei Leichen aufgebahrt waren, die bei der Geiselnahme am Vormittag umgekommen waren, war hell erleuchtet. Die Neonröhren summten, der Raum leuchtete in einem leichten Grün, welches die Leichentücher, die Fliesen und der Boden zurückwarfen. Es roch nach Desinfektionsmitteln und dem süßlichen Geruch, den die Toten verströmten. Doktor Alsleben entwand sich dem Griff von Sewarion Kirkitadse. Nachdrücklich sagte er: "Herr Staatsanwalt. Dies hier ist mein Arbeitsplatz und ich werde meine Arbeit…" "Herr Kirkitadse, sehen Sie." André deutete auf eine der Kassiererinnen. Deren leblose Hand ragte unter dem Tuch hervor, fing aber plötzlich an zu zucken. Die Finger krümmten sich, ballten sich zu einer Faust, öffneten sich wieder. Doktor Alsleben trat ungläubig einen Schritt auf die Frau zu, doch André hielt ihn zurück. "Bleiben Sie, wo Sie sind." Die Tote richtet sich in eine sitzende Position auf, das Tuch rutschte von ihrem Gesicht. Gelbe Augen funkelten die Männer an, die Lippen waren geöffnet, die Eckzähne ragten spitz hervor. Sie stieß ein Fauchen aus und sprang so schnell auf, dass man es kaum sah. Das Tuch fiel zu Boden. Der Gerichtsmediziner konnte nicht glauben, was er hier sah. Sicher, es gab Scheintote. Aber die sprangen nicht plötzlich hoch und schon gar nicht veränderten sie ihr Aussehen. Die Person, die ihn jetzt fixierte, machte ihm Angst. Er drückte sich mit dem Rücken gegen die Wand neben der Tür. Andre sprang mit einem Knurren auf die Frau zu und hob den Pflock. Gemeinsam stürzten sie zu Boden, wo sie miteinander rangen. Kirkitadse holte ein Kreuz aus seiner Jacke hervor und eine kleine Flasche mit Weihwasser. Er öffnete sie, zögerte dann aber, denn André war ihm im Weg und er war sich nicht sicher, ob er ihn damit verletzen konnte. In diesem Moment sprang die zweite Kassiererin hoch und riss sich das Tuch von ihrem Körper. Mit lautem Gebrüll stürzte sie sich auf die ringenden Personen. Sie riss den Mund weit auf und schlug ihre Zähne in Andrés Hals. Sekunden später zuckte sie spukend und würgend zurück. André schlug mit der Faust nach der Frau, die unter ihm lag. Für den Bruchteil einer Sekunde war sie benommen. Diese nutzte er, holte aus und rammte ihr den Pflock in die Brust. Die Vampirin hielt inne, starrte den Mann über sich an und explodierte in einer Staubwolke. Die andere Frau hatte sich, rasend vor Wut, auf den Staatsanwalt stürzen wollen, doch der hielt das Kreuz hoch, so dass sie erschrocken stehen geblieben war und wütend fauchend die Hände vor ihre Augen hielt. "Nimm es weg", knurrte sie. Kirkitadse blickte sie emotionslos an. "Nein." Er hob das Wasser und besprühte damit ihr Gesicht. Sofort fing die Haut der Frau an zu rauchen und zu zischen. Sie schien förmlich zu verbrennen, die Haut wurde schwarz und sie stieß gellende, unmenschliche Schmerzensschreie aus. André sprang auf und hob den Pflock. Er erlöste die sich inzwischen auf dem Boden windende Frau mit einem gezielten Stoß. Er erhob sich und riss das Tuch von dem Mann runter, der noch auf der Bahre lag. Er und Kirkitadse standen schweigend neben ihm. Kirkitadse träufelte etwas Weihwasser auf ihn, aber nichts geschah. Zufrieden deckte er den Mann bis zur Schulter zu und wand sich an Alsleben. "Den können Sie obduzieren. Aber ich kann Ihnen die Arbeit ersparen. Er ist an Blutarmut gestorben. Um genau zu sein…" Er drehte dessen Kopf ein wenig zur Seite. "Er wurde bis auf den letzten Tropfen ausgesaugt. André, sei so nett und kläre unseren Gerichtsmediziner auf. Ich bin müde und brauche noch etwas Schlaf, sonst rede ich morgen in der Verhandlung nur Unsinn." "Ja, Herr Staatsanwalt." André sah dem Mann nach, bis er verschwunden war. Dann wand er sich dem Gerichtsmediziner zu, der zitternd am Türrahmen saß und auf die zwei Aschehaufen blickte, die zurück geblieben waren. "Doktor Alsleben. Geht es Ihnen gut?" Verständnislos sah der Mann ihn an. "Seh ich aus?" "Nein." "Was war das eben?" "Vampire. Diese Menschen wurden von Vampiren getötet. Darum gab es auch keine Leichen der Geiselnehmer. Alex und Michael konnten sie aufhalten. Sie haben leider die Geiseln getötet und zwei von ihnen sogar umgewandelt." "André… wovon redest du eigentlich?"