Danke für eure Kommis. Und nic, ich erwarte dein Feedback.
Die Gerüchteküche ruhte jedoch nur für kurze Zeit. Im Zusammenhang mit Alex Geburtstag, wo viele Kollegen es sich nicht nehmen ließen, vorbei zu gehen, um ihr zu gratulieren, wurden die Gemüter wieder erhitzt. Immerhin war zu sehen, dass Alex zugenommen hatte und die noch kleine Wölbung des Bauches war bereits sichtbar geworden. Natürlich bekamen Alex und Michael es auch mit, dass wieder getratscht wurde, aber einige Zeit ignorierten sie es noch. Es war mittlerweile Anfang Juli und der Doc war bei den drei Kommissaren zu Besuch. „Alex? Ich habe da mal eine Frage“, setzte er an. Fragend schaute Alex ihn an, obwohl ihr bewusst war, was nun kommen würde. „Es ist ja nicht zu übersehen, dass du zugenommen hast, was dir natürlich sehr gut steht. Aber die Proportionen machen auf mich den Eindruck, … als ob du schwanger bist. Kann das sein?“ brachte er schließlich zögerlich und schüchtern hervor. Michael und Branco konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Jetzt wo du es sagst Doc. Es könnte tatsächlich sein. Spricht ja nichts dagegen, ich bin eine Frau, habe auch ein Privatleben und da könnte es durchaus vorkommen, dass ich schwanger werde“, sagte Alex leicht amüsiert über die unbeholfene Art des Docs. „Das wollte ich auch nicht abstreiten, … aber stimmt es denn nun? … Und wer ist denn der Vater?“ versuchte er es erneut. „Ja, es stimmt. Und der Vater ist mein Freund und Lebensgefährte, den ich schon eine Weile habe … und nein, ich werde ihn euch nicht so schnell vorstellen“, gab sie schließlich zu. „Och Alex, das kannst du nicht tun. Wir sind doch deine Lieblingskollegen“, gab Michael seinen Senf dazu. „Ehrlich gesagt mag ich es nicht, wenn berufliches und privates zu sehr miteinander vereinbart werden. Außerdem hattest du ihn schon einmal gesehen Michael“, sagte Alex, darum bemüht glaubwürdig zu klingen. „Du meinst diesen einen komischen Typen von neulich?“ fragte er vollkommen ernst, und scheinbar entsetzt, nach. „Den meine ich. Stimmt, er kann auf andere etwas komisch wirken“, sagte Alex nun doch grinsend. Michael ersparte sich jeglichen Kommentar.
„Ich habe eine Idee, wie das Gerede aufhört“, sagte Alex, als der Doc wieder das Büro verlassen hatte. Erstaunt sahen Branco und Michael sie an. „Wenn ich in die Offensive gehe, wird es wieder Ruhe geben“, versuchte sie ihre Kollegen aufzuklären. „Wie meinst du das?“ wollte Branco wissen. Doch Alex antwortete nicht, sie nahm sich ein Blatt Papier und schrieb in großen roten Buchstaben etwas drauf. Neugierig näherten sich Michael und Branco ihrem Schreibtisch und lasen, was Alex schrieb.
Ich, Alexandra Rietz, gestehe hiermit, dass ich schuldig bin.
Ja ich bin schwanger und habe die Frechheit besessen, meinen Lebensgefährten, den ich schon seit längerem habe, euch vorzuenthalten.
Des Weiteren gestehe ich, dass ich auch vorhabe, dies weiter zu tun. Für alles weitere mache ich von meinem Recht zu schweigen gebrauch. Bei weiteren Fragen wenden Sie sich bitte an meinen Anwalt, Herrn Staatsanwalt Sewarion Kirkitadse.
Gez. Alexandra Rietz
„Das ist gut“, kommentierte Branco das Ganze lachend. Auch Michael stimmte ihm lachend zu. „Was hast du nun damit vor?“ wollte er noch von Alex wissen. „Ich werde es ans schwarze Brett hängen“, antwortete diese mit ernster Stimme, bevor sie aufstand und das Büro verließ. Überrascht schauten die beiden Männer ihr hinterher. „Meinst du, Alex macht das wirklich?“ fragte Branco. „So wie sie aussah schon, … aber ich denke nicht, dass das die Kollegen vor weiteren Spekulationen abhält. Lassen wir uns überraschen“, sagte Michael leicht nachdenklich.
Schon wieder viele neue Teile *freu* Bin ja mal gespannt wie ihre Verkündung am schwarzen Brett ankommt Is wirklich ne klasse Story und warte gespannt auf den nächsten Teil
Danke für eure Kommis und es freut mich, dass euch die Story scheinbar so gut gefällt. Damit keine Langeweile aufkommt, hier der nächste Teil.
Dieser Aushang sprach sich schnell herum und war die Hauptattraktion des Kommissariats. Immer wieder sammelte sich eine Menschentraube vor dem schwarzen Brett. Dadurch wurde auch der Staatsanwalt, der gerade im K11 unterwegs war, darauf aufmerksam. Während er noch nachschaute, was so viel Interesse weckte, bemerkte er sehr wohl, dass um ihn herum getuschelt wurde. Amüsiert las er die Zeilen. Er wollte sich gerade auf den Weg ins Büro der Kommissare machen, als sich dann doch einige trauten ihn anzusprechen. „Herr Kirkitadse, wissen Sie, wer der Lebensgefährte von Frau Rietz und der Vater des Kindes ist?“ „Ja ich weiß es“, gab dieser zu. „Ist es Herr Naseband?“ „Ich dachte, Frau Rietz und Herr Naseband hätten auf der Scheinhochzeit deutlich gemacht, was sie von solchen Flurgerüchten halten. Warum lassen Sie nicht einfach die Spekulationen? Wenn Frau Rietz es nicht sagen möchte, dann muss Sie es auch nicht. Immerhin ist es ihre Privatsache und es ist ihr gutes Recht, um es mit ihren Worten zu formulieren, in dieser Sache zu schweigen“, sagte der Staatsanwalt sehr ernst. „Aber so, wie sie sich auf der Hochzeit verhalten haben, könnte man da wirklich von mehr ausgehen“, stellte ein weiterer Kollege fest. „So viel kann ich Ihnen sagen, der Lebensgefährte von Frau Rietz war in diese Scheinhochzeit eingeweiht und hatte kein Problem damit. Ich habe persönlich mit ihm darüber gesprochen“, sagte der Staatsanwalt wahrheitsgemäß. Somit war für ihn das Gespräch an dieser Stelle beendet und er machte sich auf den Weg ins Büro der Kommissare.
„Eigentlich wollte ich gar nicht herkommen, aber, … Frau Rietz, wir müssen uns einmal über mein Honorar unterhalten.“ Mit diesen Worten betrat der Staatsanwalt den Raum. Überrascht schaute Alex auf, und wusste nicht direkt, was der Staatsanwalt meinte. Seine ernste Tonlage ließ das Ganze etwas dramatisch erscheinen. Natürlich bemerkte der Staatsanwalt, dass keiner der Drei verstand, wovon er sprach. „Eins muss ich Ihnen lassen, das Geständnis war einmalig“, klärte er sie lachend auf. Erleichtert atmete Alex aus. „Es tut mir leid, dass ich Sie so ohne weiteres mit einbezogen habe. Das Ganze war eine Kurzschlussreaktion“, gab Alex leise zu. „Dann müssen Sie allerdings auch damit leben, dass ich meine Sache ernst nehme“, äußerte er sich. Fragend schauten ihn die drei Kommissare an. „Was meinen Sie damit?“ fragte Alex etwas schockiert nach. „Nun ja, ich bin auf Ihr Geständnis aufmerksam geworden, weil sich eine kleine Menschentraube davor gebildet hatte. Dies hat mich natürlich neugierig gemacht. Anschließend wurde ich direkt dazu befragt“, sprach er, als ob er im Gerichtssaal stand. Entsetzen machte sich auf Alex' Gesicht breit. Der Staatsanwalt beobachtete dies amüsiert, ließ es sich aber nicht anmerken. „Die Frage, ob ich Ihren Lebensgefährten und den Vater des Kindes kenne, habe ich mit einem Ja beantwortet“, setze er an und brach dann ab, um die Spannung noch etwas zu erhöhen. „Auf die Frage, wer es denn wäre, habe ich gesagt, dass es Ihre Privatangelegenheit sei. Außerdem habe ich Ihre Kollegen darauf hingewiesen, dass Sie und Herr Naseband bei der Hochzeit schon klar gemacht hätten, was Sie von solch wilden Spekulationen halten und, dass Ihr Lebensgefährte von der Scheinhochzeit wusste. Ich hätte mit ihm persönlich darüber gesprochen“, klärte er anschließend auf. „Somit habe ich die Wahrheit gesagt, versucht die Kollegen etwas zu verwirren und ich vermute, für die nächste Zeit dürften Sie etwas Ruhe haben.“ „Danke, Herr Kirkitadse“, sagten Alex und Michael fast gleichzeitig. „Und entschuldigen Sie, dass ich Sie da einfach mit hineingezogen habe“, ergänzte Alex noch. „Kein Problem. Ich muss sagen, Ihre Idee war richtig gut. Von daher habe ich gerne mitgespielt und auch mir wäre es lieb, wenn dieses Gerede endlich aufhört.“
Danke für eure Kommis. Nachdem es in letzter Zeit etwas lustig war, wird es nun wieder eher "dramatisch", aber dies ist nun mal keine lustige Story.
Die Aussage des Staatsanwalts sprach sich herum, und wie es bei Gerüchten nun mal war, wurde es immer wieder ein wenig anders weitergegeben. So hieß es dann schon nach kurzer Zeit, dass Alex schon vor der Scheinhochzeit einen Freund hatte und dieser auch Vater des Kindes wäre. Mit diesen Gedanken im Kopf fanden viele auf einmal, dass Alex und Michael sich wirklich nur wie gute Freunde benahmen. So nahm das Gerede schnell ab, und scheinbar alle akzeptierten, dass Alex Privatleben nicht jeden zu interessieren hatte. Branco, der diese Gerüchte verständlicherweise noch eher mitbekam, berichtete Alex und Michael davon. Diese waren darüber natürlich sehr erfreut, auch wenn sie doch etwas überrascht waren, dass das Gerede nun aufgehört hatte. Niemand hätte erwartet, dass Alex Geständnis und die Aussage des Staatsanwaltes so etwas bewirken würden.
Langsam gewöhnte sich Alex an den Gedanken, dass sie schwanger war. Auch wenn es die Erinnerung wieder deutlich hervorrief, wollte sie diesem Kind eine Chance geben. Gemeinsam mit Michael schaute sie sich noch einmal die Akten von dem Fall Tamara an und suchte nach Hinweisen, aber dies war leider nicht von Erfolg gekrönt. „Ich glaube, es wäre ein Wunder, wenn wir jemals erfahren würden, wer das war oder zumindest, ob sie noch lebt“, stellte Alex eines Tages fest. „Vielleicht geschieht ja noch ein Wunder. Mehr als darauf hoffen, können wir leider nicht machen“, sagte Michael. Mittlerweile war es Mitte Juli geworden, Alex Bauch war in letzter Zeit sehr stark gewachsen und da sie in der 22. Schwangerschaftswoche war, stand auch die zweite große Ultraschalluntersuchung an. Michael wollte sie dabei begleiten und so waren sie nun gemeinsam in der Praxis. Fasziniert stand Michael neben Alex und beobachtete wie die Ärztin mit dem Ultraschallkopf über Alex Bauch fuhr, bevor er schließlich auf den Monitor schaute. Er gab sich wirklich Mühe auf dem Monitor etwas zuerkennen, aber da ihm das nicht wirklich gelang, hoffte er, dass die Ärztin bald etwas erläutern würde. Doch diese war erstaunlicherweise sehr ruhig. Auch Alex bemerkte dies. „Stimmt etwas nicht mit dem Baby?“ fragte sie leise und etwas unsicher nach. „Wie kommen Sie denn darauf?“ kam die Gegenfrage von der Ärztin. „Sie sind so ruhig heute, so als hätten Sie etwas entdeckt“, stellte Alex fest. „Da haben Sie sogar Recht, ich habe tatsächlich etwas entdeckt, keine Angst, es ist nichts Schlimmes. Allerdings weiß ich nicht genau, wie Sie darauf reagieren werden, immerhin waren Sie nicht wirklich begeistert, als ich Ihnen erzählt habe, dass Sie ein Kind erwarten“, äußerte sich die Ärztin zaghaft. „Stimmt also doch etwas nicht mit dem Kind“, kommentierte Alex die Aussage der Ärztin. „Nein, Ihren Kindern geht es gut.“ „Was ist dann los?“ wollte Alex nun etwas ungeduldig wissen, so ganz waren die letzten Worte der Ärztin noch nicht zu ihr durchgedrungen. „Was sagten Sie gerade? Kinder?“ fragte Michael entsetzt nach. Die Ärztin nickte nur, während Alex verwirrt von Michael zu der Ärztin und wieder zu Michael schaute. „Ja, ich sagte Kinder. Sie bekommen Zwillinge“, sprach die Ärztin nun endlich ihre Entdeckung aus. „Wie kann das sein? Ich wüsste nicht, dass es bei uns in der Familie schon einmal Zwillinge gab“, wollte Alex entsetzt wissen. „Ab dem 30. Lebensjahr steigt die Wahrscheinlichkeit für Mehrlingsschwangerschaften rapide an. Das hat nicht unbedingt etwas mit Veranlagung zu tun, sondern ist eine Art Fehlproduktion des weiblichen Körpers. Bei Frauen ihres Alters kommt es vor, dass öfter mal zwei Eizellen gleichzeitig heranreifen und werden beide befruchtet, kommt es zwangsläufig zu einer Mehrlingsschwangerschaft“, klärte die Ärztin Alex und Michael auf. „Wir werden uns in Zukunft also häufiger sehen. In den nächsten sechs Wochen noch alle 14 Tage und anschließend wöchentlich.“ „Warum das?“ fragte Alex nach, während sie sich vom restlichen Ultraschallgel befreite und sich wieder richtig anzog. Als Alex und Michael dann vor ihr am Schreibtisch saßen, informierte die Ärztin die werdenden Eltern darüber, dass eine Zwillingsschwangerschaft eine Risikoschwangerschaft sei. „...in der heutigen Zeit nicht mehr so, wie noch vor einigen Jahren, aber dennoch werden diese Frauen deutlich besser beobachtet, weil die Gefahr für Komplikationen deutlich höher ist“, beendete sie schließlich ihre Ausführungen. Geschafft verließen Alex und Michael nach diesem Gespräch die Praxis. Diesen Schock mussten sie erst einmal verdauen.
Uhi wie niedlich Zwillinge!!!! Mal sehen ob sie das dann auf die reihe bekommen und sich damit zufrieden geben... Freue mich schon auf einen neuen Teil!!!
Danke für die Kommis. Hier kommt nun der nächste Teil.
Der Nachhauseweg verlief schweigend. Beide hingen ihren eigenen Gedanken nach. Erst als sie wieder zu Hause waren, unterbrach Michael das Schweigen. Er reichte Alex einen Kaffee. „Es ist schon komisch zu wissen, dass es jetzt zwei Kinder werden, aber im Großen und Ganzen ändert es ja nichts, außer, dass es mehr Arbeit am Anfang ist“, begann er das Gespräch. „Irgendwie hast du ja Recht. … Es ist komisch zu wissen, dass es gleich zwei Babys werden, aber es ist nun einmal so. … Ich habe mich dazu entschieden, dem Baby eine Chance zu geben, und dass es nun zwei Babys werden, ändert nichts an der Tatsache. Es ist nun einmal Schicksal, aber ich glaube wir werden es hinbekommen“, sagte Alex zögerlich, so als ob sie sich selbst mit ihren Worten noch überzeugen wollte. Eine Weile war es ruhig. „Wir schaffen das“, kam es dann auf einmal von Alex, und Michael merkte, dass Alex es jetzt akzeptiert hatte und selber von ihren Worten überzeugt war.
Dass es Zwillinge werden würden, behielten Alex und Michael für sich, lediglich Mike weihten sie ein. Dieser freute sich unheimlich darüber, dass er nun zwei Geschwister bekam. Er hoffte auf einen Jungen und ein Mädchen, allerdings musste er sich da überraschen lassen, da Alex und Michael sich entschieden hatten, dass sie es nicht wissen wollten, was es wird. Immer wieder versuchte Mike seinen Vater und Alex umzustimmen, aber bisher war er nicht wirklich erfolgreich bei dieser Aktion. So kam es, dass er mit seiner Mutter vereinbarte, dass er seine letzte Ferienwoche, Ende August, in München verbringen durfte. Da er wusste, dass Alex nur noch Innendienst machte, war das auch kein Problem, so hatte sie doch halbwegs geregelte Arbeitszeiten. An einem Samstag, früh morgens, ging es los. Seine Mutter brachte ihn zum Bahnhof und achtete darauf, dass Mike im richtigen Zug saß. „Mama, ich bin kein kleines Kind mehr. Ich bin doch schon öfter zu Papa gefahren, das funktioniert alles“, versuchte er sie genervt los zu werden. Diese Bemutterung ging ihm gehörig auf den Geist und mit 13 Jahren fühlte er sich dafür deutlich zu alt. „Ich weiß, aber wenn du angekommen bist, rufst du mich trotzdem an!“ Nachdem Mike diese bejaht hatte, verabschiedete sich Ute noch kurz von ihm und ließ ihn ziehen.
Hihi, Mike wird bemuddelt. Schön das er sich auch auf die Babys freut. Vll. wird mit den Babys alles anders, bzw. das Micha & Alex nicht so schmerzhaft an die Vergangenheit erinnert werden.
Vielleicht wird wirklich alles anders. Aber damit du dich nicht langweilst, hier der nächste Teil für dich.
Eine ganze Zeit lief Mike durch den Zug, auf der Suche nach einem geeigneten Sitzplatz. Aber jedes Mal, wenn er einen freien Platz fand, passte ihm die Nase seines Sitznachbarn nicht. Er wollte gerade aufgeben und war zu dem Entschluss gekommen, dass er sich jetzt den nächsten freien Platz einfach nehmen würde, da scheinbar heute nur komische Gestalten unterwegs waren, da entdeckte er ein Mädchen, dass nicht viel jünger als er selber war. Dieses Mädchen zog ihn magisch an und neben ihr war ein Platz frei. „Darf ich mich neben dich setzen?“ fragte er höflich das Mädchen mit dem leicht gelockten Haar. Sie drehte den Kopf und schaute ihn an. Mike war überrascht, sie hatte nicht nur die gleiche Haarfarbe wie er, sondern auch die gleichen blauen Augen. Irgendwie hatte er fast das Gefühl, als hätte er sein weibliches Ebenbild gefunden. „Ja, kannst du gerne machen“, antwortete das Mädchen schüchtern und leise, aber mit einem kleinen Lächeln im Gesicht. „Danke. Ich hatte schon Angst, ich müsste mich neben so eine komische Person setzen. Ach, ich bin übrigens Mike, und du?“ redete er auf das Mädchen ein, während er seine Tasche im Gepäckfach verstaute und sich anschließend neben sie setzte. „Ich bin Selina“, sagte sie nur kurz. „Was ist los mit dir? Du wirkst so bedrückt. Fast so, als würdest du irgendwo hinfahren, wo du gar nicht hin möchtest“, löcherte Mike neugierig sein Gegenüber. „Nichts, alles in Ordnung“, gab diese nur leise zurück. „OK, kann verstehen, wenn du nicht mir reden willst, bin ja schließlich vollkommen fremd für dich. Aber ich würde dir gerne zuhören“, sagte er entschuldigend, „manchmal hilft es über Probleme oder so zu reden. Dann fühlt man sich besser.“ „Ja, ich weiß, aber ich möchte nicht.“ „OK! Wo fährst du denn hin? Ich will nach München.“ „Das ist ja gut, ich auch. Dann brauch ich mir keine Sorgen machen, dass vielleicht noch jemand Komisches nachher neben mir sitzt“, gab Selina, mit einem Grinsen im Gesicht, von sich. „Ich habe einen iPod dabei, magst du mit Musik hören?“ fragte Mike und reichte Selina auch gleich einen Ohrhörer rüber. So saßen sie nun einige Zeit schweigend nebeneinander und hörten Musik. Als sich der Kontrolleur näherte, kramte Mike seine Fahrkarte heraus. Da tippte ihn Selina plötzlich an. Mike schaute sie fragend an und registrierte, dass sie sich aus irgendeinem Grund unbehaglich fühlte. „Lässt du mich bitte mal durch? Ich muss mal auf die Toilette“, sagte sie schließlich zögerlich. Einen Moment schaute Mike sie an. „Du hast keine Fahrkarte!“ stellte er fest. „Aber auf Toilette jetzt zu verschwinden ist auch nicht wirklich sinnvoll. Pass auf, spiel bitte gleich einfach mit, ich mach das schon.“ Zweifelnd schaute Selina ihn an, gab ihm dann aber doch mit einem leichten Nicken zu verstehen, dass sie einverstanden war. Nur kurz darauf stand der Kontrolleur auch schon bei ihnen. „Die Fahrkarten bitte!“ forderte er die Kinder auf. Mike zeigte sein Wochenendticket. „Das ist für meine Schwester und mich“, sagte er und deutete dabei auf Selina. „Wo wollt ihr beiden denn hin?“ fragte er, während er die Karte abstempelte. „Zu unserem Vater nach München. Unsere Eltern sind geschieden und da wir noch eine Woche Ferien haben, wollten wir diese bei unserem Vater verbringen“, gab Mike bereitwillig Auskunft. Er wusste, dass er das eigentlich nicht sagen brauchte, aber er hoffte, dass der Mann ihm so die Geschwister Geschichte glaubte. „Dann wünsche ich euch beiden viel Spaß in München. Seid ihr eigentlich Zwillinge? Habe bisher selten erlebt, dass Geschwister sich so ähnlich sehen“, wollte der Kontrolleur wissen. „Nein, wir sind keine Zwillinge, aber das werden wir öfter gefragt“, log Mike, ohne rot zu werden, glücklich darüber, dass die Geschichte glaubwürdig klang.
„Danke!“, sagte Selina, als der Kontrolleur schon eine Weile weg war. „Gern geschehen. Ich mag dich, auch wenn ich dich erst kurz kenne. Aber eine Frage habe ich dennoch an dich. Du bist irgendwie traurig, dass habe ich dir schon ganz am Anfang angesehen, und außerdem fährst du schwarz, kann es sein, dass du von zu Hause abgehauen bist?“ fragte er Selina und beobachtete sie dabei sehr genau, um sehen zu können, wie sie darauf reagierte, da er nicht wirklich mit einer Antwort rechnete. „Ja, … du hast Recht, ich bin von zu Hause abgehauen“, antwortete sie zögerlich und leise, zu Mikes Überraschung. „Aber ich möchte nicht darüber sprechen, warum ich es getan habe.“ „Na gut, wenn du nicht möchtest, kann ich dich auch nicht dazu zwingen. Aber was hast du nun vor? Wo willst du hin?“ „Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Ich bin schon eine Weile mit dem Zug herum gefahren, aber weiter habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ich wollte einfach nur weg.“ „Du kommst erst einmal mit mir mit. Am Bahnhof werde ich von der Freundin meines Vaters abgeholt, ich werde sie davon überzeugen, dass du erst einmal bei uns bleibst. Vielleicht können sie dir helfen“, schlug Mike vor. „OK, warum nicht? … Warum machst du das? Du kennst mich doch gar nicht und hilfst mir jetzt schon zum zweiten Mal.“ „Genau weiß ich es auch nicht. Aber irgendwie hatte ich von Anfang an das Gefühl, als würde ich dich schon ewig kennen. Ich mag dich. Aber eins kann ich dir jetzt schon sagen, irgendwann werden mein Vater und Alex dich fragen, und vor allem wissen wollen, warum du abgehauen bist. Da kann ich dir leider nicht helfen“, gab Mike zu Bedenken. „Das ist mir klar, vielleicht schaffe ich es auch, was darüber zu erzählen, aber im Moment nicht. Bitte sei mir nicht böse.“ „Ich bin dir nicht böse. Ich merke doch, dass dich irgendwas bedrückt und manchmal ist es schwer, über gewisse Sachen zu reden.“ Somit beendeten Mike und Selina das Gespräch. Den Rest der Zugfahrt saßen sie schweigend nebeneinander und hörten Musik. Mike dachte darüber nach, wie er Alex beibringen konnte, dass Selina erst einmal ein paar Tage bei ihnen bleiben sollte.