„Es ist besser so.“, antwortete sie endlich nach einiger Zeit sehr zögerlich. Man konnte nur zu deutlich hören, dass es ihr nicht leicht fiel, da ihr bewusst war, dass eine weitere Erklärung nun fällig war. Langsam schaute sie auf und blickte den Mann, der ihr gegenüber saß, schüchtern an. „Willst du mir nicht noch ein wenig mehr erzählen, warum du dich so entschieden hast?“, fragte dieser nun doch vorsichtig nach. „Nach dem Gespräch eben, bin ich der Meinung, dass Sie wissen, was passiert ist. Reicht Ihnen das nicht als Erklärung?“ „Das ist ein Grund, aber ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass du so eine Kurzschlusshandlung machen würdest. Ich habe eher das Gefühl, als wenn du dir das sehr genau überlegt hast.“ „In gewisser Weise war das Abhauen aber doch eine Kurzschlusshandlung.“, widersprach Tamara. „Du meinst, es war eine einmalige Sache, dieser extreme Ausbruch und die Misshandlungen, die dir widerfahren sind?“ Verzweifelt schaute Tamara auf. „Ich weiß es nicht genau.“, sagte sie leise. „Wie, du weißt es nicht? Erkläre mir bitte, was du genau damit meinst.“, forderte der Psychologe sie vorsichtig zum weiter erzählen auf. „Es gibt Situationen, an die ich mich erinnere. Ich weiß ganz genau, was im Vorfeld passiert ist und dann nur noch, dass es Ärger gab. Aber ich weiß nicht, was dann passiert ist.“, sagte sie beschämt und leicht verzweifelt. „Das ist nichts, wofür du dich schämen musst. Es kommt öfter vor, dass der Kopf Sachen ausblendet, die er nicht verarbeiten kann, oder die einen zu sehr verletzen.“ Tröstend redete der Psychologe mit ihr. „Ehrlich gesagt, will ich auch gar nicht wissen, was da genau passiert ist.“, sagte sie leicht entschuldigend. „Das kann ich durchaus nachvollziehen und es ist auch nicht wichtig, dass du dich jetzt daran erinnerst. Reden wir doch noch über etwas anderes.“ Er holte kurz Luft, einen Moment wollte er dem Mädchen noch geben, um sich auf etwas anderes einzustellen. Es war durchaus möglich, dass auch dieses andere Thema nicht leicht war für sie war. „Montag ist ja die Verhandlung. Wie fühlst du dich mit dem Wissen?“, fragte er schließlich. Tamara wendete den Blick ab und spielte nervös mit ihren Fingern rum. „Es ist ein komisches Gefühl und … ich habe etwas Angst vor Montag.“, gab sie leise zu. „Das mit dem komischen Gefühl kann ich nachvollziehen. Immerhin wird morgen entschieden, ob du Selina oder Tamara bist.“, stimmte ihr der Psychologe zu. „Aber wovor hast du Angst?“ Fragend schaute er sie an. Er hatte zwar eine Vermutung, aber es war ihm wichtig, dass Tamara ihre Ängste aussprach, denn nur so konnte man ihr helfen und vor allem sie sich ihrer Angst stellen. „Morgen sehe ich sie wieder und … sie wird sehr sauer sein.“ Tamara sprach noch leiser und sie war kaum zu verstehen. „Du weißt, dass du keine Angst haben brauchst. Sie kann dir nichts tun. Du meinst doch die Frau, die bisher noch offiziell als deine Mutter gilt?“, fragte er doch noch einmal zur Absicherung nach. Tamara zögerte kurz und nickte dann. „Ja, die meine ich ….“, sagte sie und unterbrach dann ihre Ausführungen. „Ich bin mir nicht so sicher, dass ich wirklich keine Angst haben brauche.“, flüsterte sie nun schon fast, so als ob das Aussprechen dieser Tatsache ein Unheil herauf beschwören könnte. „Da bin ich mir aber sicher. Frau Rietz und Herr Naseband sind beide Polizisten und wissen, wie sie dich schützen können. Außerdem gibt es da noch die Möglichkeit, wenn du wirklich so viel Angst hast ihr zu begegnen, dass du im Richterzimmer vernommen wirst. Dann musst du sie auch nicht sehen.“ Der Psychologe war sichtlich bemüht, dem Mädchen die Angst zu nehmen. Ein kleiner Hoffnungsschimmer war in Tamaras Augen zu sehen. „Wirklich?“, fragte sie erstaunt nach. „Ja, du solltest über deine Angst vielleicht noch einmal mit Frau Rietz und Herrn Naseband, sowie der Anwältin sprechen. Sie werden mit Sicherheit alles tun, damit es dir gut geht.“, ergänzte er noch. Eine Weile sprachen sie noch über weitere Dinge. Natürlich hatte der Psychologe im Hinterkopf noch etwas mehr über das Mädchen herauszufinden. Aber er schaffte es auch, ihr ein wenig die Angst vor der Verhandlung zu nehmen. „Ich danke Ihnen.“, sagte Tamara bei der Verabschiedung. Erstaunt sah sie der Mann an. „Wieso dankst du mir?“, fragte er nach, mit dieser Reaktion konnte er nichts anfangen. „Sie haben mir gezeigt, dass ein Psychologe eigentlich ganz in Ordnung ist. Die Psychologin, wo ich vorher war, war mir nicht nur unsympathisch, sondern gab mir immer das Gefühl, dass sie mich nicht Ernst nimmt.“, klärte Tamara ihn auf, bevor sie nach draußen ging.
Kein Wunder, das Tamara nicht zu einem Psychologen wollte... Mal sehen ob sie mit Alex und Michael über ihre Angst spricht und wenn ja, was dann passiert, ob sie sich entschliest offen aufzutreten oder doch lieber einzeln angehört zu werden..... ich bin super Gespannt, wie das jetzt weiter geht und auch wie die Verhandlung ablaufen wird....
Jetzt weiß ich auch, warum sie so eine Angst hatte, vor dem Pychologen. So wurde ihr wenigstens ein bissl Angst genommen. Vll. könne Micha & Alex noch was erreichen. Auf die Verhandlung bin ich auch gespannt.
Deswegen wollte Tami nicht zum Psychologen....kann mich nur anschließen, bin auch total gespannt wie die Verhandlung läuft und ob sie mit Alex und Micha noch redet. Wieder ein klasse Teil!!
Am Abend überwand sich Tamara endlich und erzählte Alex und Michael von ihrer Angst vor der Verhandlung. Die Beiden versprachen ihr, dass sie alles versuchen würden, damit Tamara nicht im Gerichtssaal aussagen müsste. Den Samstag verbrachten Alex und Michael damit, dass sie mit den beiden Kindern in der Münchner Innenstadt unterwegs waren. Gemeinsam wollten sie für Tamara neue Kleidung kaufen, da sie nicht wirklich viel dabei hatte und der Kauf sollte den Neuanfang für Tamara verdeutlichen. Mike und Tamara hatten viel Spaß, immer wieder suchten sie die verrücktesten Sachen raus und probierten diese an, um sich anschließend kaputt zu lachen, wie man nur so etwas Grauenhaftes anziehen konnte. Durch diesen Shoppingtrip wurde Tamara von der Verhandlung abgelenkt, aber auch von der Tatsache, dass Mike am nächsten Tag zurück nach Düsseldorf musste, da seine Ferien zu Ende waren. Der Sonntag war gekommen und somit auch die Verabschiedung von Mike. Einige Tränen flossen bei den Kindern, da sie sich so sehr aneinander gewöhnt hatten und sich nun nicht wirklich trennen wollten. Nach einiger Zeit schafften sie es schließlich doch, sich voneinander zu verabschieden, wobei Mike noch Tamara das Versprechen abnahm, dass sie ihn sofort nach der Verhandlung informieren sollte, was herausgekommen war.
In der folgenden Nacht schlief Tamara sehr unruhig. Die anstehende Verhandlung beschäftigte sie doch sehr stark. Mitten in der Nacht wurde Alex wach, als sie Tamara erst schreien und dann jammern hörte. Mit der Angst, dass etwas passiert sein könnte, machte sie sich auf den Weg ins Zimmer. Aber Tamara lag zusammengerollt in ihrem Bett und schien zu schlafen. Alex wollte gerade wieder das Zimmer verlassen, als erneut ein „Bitte nicht! Ich will das nicht!“ zu vernehmen war. Irritiert wandte sich Alex wieder um, und stellte fest, dass Tamara nun schon fast in einer Abwehrhaltung lag. So langsam kam ihr der Gedanke, dass sie träumte und im Schlaf wohl redete. Vorsichtig setzte sie sich aufs Bett und versuchte Tamara zu wecken. In dem Moment kam auch Michael ins Zimmer. „Was ist passiert?“, wollte er sogleich besorgt wissen. „Nichts. Tami träumt nur. Ich wollte sie gerade wecken.“, beruhigte ihn Alex. Vorsichtig strich Alex ihr mit der Hand über die Wange. „Tami, aufwachen, du träumst nur.“ „Ja, alles in Ordnung. War nur ein Traum. … Aber wenn sie es wieder macht?“, murmelte Tamara vor sich hin. „Wir werden aufpassen, dass so etwas nie wieder passiert.“, versuchte Alex weiterhin das Mädchen zu beruhigen. Nach einiger Zeit hatte Alex es geschafft, das Mädchen wieder zu beruhigen und auch schnell war sie wieder eingeschlafen.
Früh am nächsten Morgen saßen sie gemeinsam beim Frühstück. Tamara trank nur einen Tee, anstatt etwas zu essen. Michael hatte zwar versucht sie mit den verschiedensten Angeboten zum Essen zu überreden, war aber nicht wirklich erfolgreich dabei. So gab er schließlich auf. „Was hast du heute Nacht eigentlich geträumt?“, fragte er das Mädchen interessiert. Erstaunt schaute Tamara auf. „Keine Ahnung. Warum?“ Kam auch sogleich die Gegenfrage. „Naja, nachdem was du noch im Schlaf von dir gegeben hast, war es nicht wirklich schön.“, antwortete Michael etwas erstaunt über die Frage von Tamara. „Habe ich im Schlaf geredet?“ Verwirrt schaute sie die beiden Erwachsenen an. „Ja hast du. Es war gar nicht so einfach dich zu beruhigen. Weißt du das nicht mehr, dass wir noch eine Weile miteinander geredet haben?“, beteiligte sich nun auch Alex an der Unterhaltung. Entschuldigend und etwas beschämt schüttelte Tamara den Kopf. Es war ihr irgendwie unangenehm, dass sie keine Ahnung hatte, was sie alles erzählt hatte.
Desorientierung und vergessen nach einem Albtraum, keine schlimme Sache passiert Jedem..... Mal sehen, was die Verhandlung bringt und ob Mike danach auch zu Michael und Alex ziehen will.... Bin super gespannt, wie es weiter geht!
Überpünktlich erreichten sie das Gericht. Während Alex und Tamara noch einmal die Toilette aufsuchten, wartete Michael auf Isabella Schulien. Alex bemerkte ein leichtes Ziehen im Unterleib und auch ihr Rücken machte sich schon seit einigen Tagen bemerkbar. So langsam musste sie sich doch eingestehen, dass die Aufregungen der letzten Tag nicht unbedingt gut für sie waren. Allerdings erzählte sie niemandem davon. Michael hätte ihr mindestens Bettruhe verordnet, wenn er sie nicht sogar ins Krankenhaus gebracht hätte. Aber sie wollte unbedingt für Tamara bei der Verhandlung dabei sein, um ihr so etwas seelische Unterstützung zu bieten. Jedoch bemerkte Tamara, dass Alex das Gesicht kurzzeitig verzog. Besorgt schaute sie Alex an. „Was ist mit dir? Geht es dir nicht gut?“, wollte sie auch gleich wissen. „Nein. Alles in Ordnung, mach dir keine Sorgen. Da sind nur gerade zwei der Meinung, sie müssten schon jetzt das Fußball spielen lernen.“, versuchte Alex das Mädchen zu beruhigen. Ihr fiel zwar selber auf, dass sie nicht wirklich überzeugend klang, aber Tamara war mit ihren Gedanken ganz woanders, so dass sie diese Aussage nicht in Frage stellte. Schnell war Tamara fertig auf der Toilette und wartete nun auf Alex vor der Tür. Völlig in Gedanken versunken, bemerkte sie nicht, wie sich ihr jemand näherte.
„Hallo Selina, mein Kind. Wie geht es dir?“ Erschrocken sah Tamara auf. Die Stimme hatte sie sofort erkannt und eine leichte Panik überkam sie. An alles hatten sie gedacht, aber ausgerechnet bei der Toilette musste sie ihr begegnen. „Du siehst blass aus. Sorgen die Leute nicht gut für dich? Wird Zeit, dass du wieder nach Hause kommst. Nachher fahren wir gemeinsam wieder Heim.“, sagte sie im besorgten Tonfall und wollte Tamara in den Arm nehmen. Auch wenn Tamara es nicht wollte, hatte sie Angst sich zu widersetzen. So ließ sie es über sich ergehen, auch wenn ihr deutlich anzusehen war, dass es ihr nicht gefiel, allein ihre angespannte Körperhaltung spiegelte den Widerwillen sehr deutlich wieder. „Ich weiß gar nicht, was dieser Scheiß hier soll. Als ob nicht klar wäre, dass du Selina bist. Naja, das Ganze wird schnell zu Ende sein.“, redete sie noch immer auf Tamara ein, die hoffte, dass Alex bald kam. Nur kurz darauf ging die Tür zur Toilette auf. „Hallo Mareike! Es wäre nett, wenn du Tamara wieder los lässt. Du dürftest ja selber bemerkt haben, dass ihr das unangenehm ist.“, sagte Alex im kühlen Tonfall. „Hallo. Dieser Blödsinn mit der Verhandlung ist also scheinbar auf deinem Mist gewachsen. Wenn du Selina meinst, wieso sollte es ihr unangenehm sein, wenn ihre eigene Mutter sie in den Arm nimmt?“, kam auch prompt die nicht gerade freundliche Erwiderung. „Das solltest du wohl am Besten selbst wissen und nun lass sie bitte los!“, forderte Alex mit einem gewissen Nachdruck. Mareike machte aber noch immer keine Anstalten Tamara loszulassen, im Gegenteil, sie verstärkte noch die Umarmung. Dies war so fest, dass Tamara einen Schmerzensschrei von sich gab. „Was soll das denn? Willst du, dass die Leute denken, ich bin eine schlechte Mutter?“, bläffte sie Tamara an. „Du hast mir wehgetan!“, gab diese nur von sich und nutzte den Überraschungseffekt, um sich aus der Umarmung zu befreien, da sich der Griff von Mareike etwas gelockert hatte. Hinter Alex suchte sie Schutz.
„Ah Tamara, hier bist du! Ich habe dich schon gesucht! Der Richter möchte schon vor der Verhandlung mit dir sprechen.“ Isabella Schulien kam kurz darauf zu den Dreien, was im Vorfeld war, hatte sie nicht mitbekommen und Mareike Immel kannte sie bisher auch nicht. „Komm mit, ich bringe dich eben zum Richterzimmer. Frau Rietz, sie sehe ich dann im Verhandlungssaal.“, redete sie unbehelligt weiter und verschwand mit Tamara. Alex und Mareike blieben zurück. „Was soll das Theater hier? Das ist mein Kind! Willst du mir so MEIN Kind wegnehmen?“, ging Mareike Alex an. „Dein Kind? Selina ist seit 11 Jahren tot. Wie kann das dein Kind sein?“, gab Alex etwas lauter und wütend zurück. „Selbst wenn, beweise das erst mal. Und wenn du es beweisen könntest, was gar nicht möglich ist, wie willst du einen Richter davon überzeugen, ein pubertierendes Mädchen aus seiner gewohnten Umgebung herauszureißen? Weit weg von ihren Freunden, ihrer Schule und der Familie soll sie ein neues Leben beginnen? Glaubst du wirklich, dass ein Richter so etwas befürwortet?“ Siegessicher und unverschämt grinste Mareike. Alex war entsetzt, nicht nur der Tonfall, in dem sie sprach, wirkte auf sie bedrohlich, sondern auch das, was sie sagte und vor allem, wie sie sich vor Alex aufbaute. So langsam konnte sie verstehen, warum Tamara so eine Angst hatte. Sie als erwachsene Frau fühlte sich schon bedroht, wie musste es da erst für ein zwölfjähriges Mädchen sein? Und dann besaß diese Frau auch noch die Frechheit zu sagen, dass es wahrscheinlich doch Tamara wäre, aber das Mädchen niemals in München bleiben würde. Alex wurde unsicher, entweder hatte diese Frau noch einen Trumpf oder sie war einfach nur dämlich. Einen Moment dachte sie nach, aber Michael und sie hatten sehr gründlich ermittelt, auch der Staatsanwalt und seine Lebensgefährtin hatten sich sehr an den Ermittlungen beteiligt. Es konnte nicht sein, dass sie etwas Wesentliches übersehen hatten.
Hmmmm wie es Alex wohl nach der Verhandlung geht.... Und was dabei rauskommt.... Mareike Immel ist ja wohl mal die Höhe..... Wie kann die so dreist sein??? Hoffentlich geht alles bei der Verhandlung gut! Bin mal gespannt, was da jetzt weiter passiert....